VwGH 29.04.2015, Ra 2015/13/0008
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Revision des *****, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7100343/2012, betreffend Einkommensteuer 2004 bis 2008, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
Im vorliegenden Fall wurde der Nachlass des Vaters des Revisionswerbers im Oktober 2004 zu 2/9 dem Revisionswerber und zu 7/9 anderen Hinterbliebenen als Erben eingeantwortet. Damit wurden u.a. zwei zur Verlassenschaft gehörende Einzelunternehmen zu Mitunternehmerschaften. Im November 2004 legte ein Wirtschaftstreuhänder dem Finanzamt Vollmachtsurkunden vor, die ihn zur Vertretung dieser Mitunternehmerschaften bevollmächtigten. Die Vollmachten waren von den zu 7/9 eingeantworteten Erben, nicht aber vom Revisionswerber unterfertigt. Mit Eingabe vom beanstandete der Revisionswerber das Einschreiten dieses Wirtschaftstreuhänders und dessen "ungültige Vollmacht". Das Finanzamt teilte ihm dazu mit Schreiben vom mit, die Bevollmächtigung durch Mitglieder, die "einen Anteil an der Personengemeinschaft von 7/9 repräsentieren", sei wirksam und der einschreitende Wirtschaftstreuhänder "auch als gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter der Personengemeinschaft anzuerkennen". Aufgrund der vom Bevollmächtigten eingereichten Erklärungen ergingen in weiterer Folge Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO, in denen dem Revisionswerber und den anderen Erben jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugerechnet und die an den Bevollmächtigten zugestellt wurden.
Revisionsgegenständlich ist die weitgehende Bestätigung den Revisionswerber betreffender Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2008, die - soweit strittig - auf den Feststellungsbescheiden beruhten und vom Revisionswerber mit dem Argument, der in den Feststellungsverfahren einschreitende Vertreter sei von ihm nicht bevollmächtigt gewesen, bekämpft wurden. Das Bundesfinanzgericht, das diesen Einwand verwarf, führte dazu u.a. aus, gemäß § 101 Abs. 3 BAO seien schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind, einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen und mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gelte die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird. Zur Bevollmächtigung gemäß § 81 BAO führte das Bundesfinanzgericht aus, nach dem für den vorliegenden Fall maßgebenden "Mehrstimmigkeitsprinzip nach Kapitalanteilen, § 1188 ABGB iVm § 833 ABGB" sei die Zustellung der Feststellungsbescheide an den "von der Mehrheit der Beteiligten (7/9 der Kapitalanteile)" bevollmächtigten Vertreter wirksam gewesen. Gemäß § 192 BAO würden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden sei.
Die - vom Bundesfinanzgericht als nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig erklärte - Revision macht als Revisionspunkt das Recht geltend, (ergänze: nicht) aus einer Entscheidung "belangt" zu werden, die dem Revisionswerber nicht zugestellt wurde. Zur Revisionszulässigkeit wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dargelegt, das Bundesfinanzgericht habe gegen die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen, wonach "§ 192 BAO in Ansehung der Bindungswirkung nur dann gilt, wenn dieser Bescheid jener Partei, für die die Bindung bestehen soll, wirksam zugestellt wurde (Entscheidungszitate unter D)".
Abschnitt D der Revision ist die nicht ganz eine Seite umfassende Begründung der Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses. Die Bindungswirkung eines "Feststellungs- bzw. Grundlagenbescheides" bestehe danach "nur dann, wenn dieser Bescheid demjenigen wirksam zugestellt wurde, für den die Bindung bestehen soll (; , 93/15/0088)". Nach den Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes seien die Feststellungsbescheide dem Revisionswerber aber niemals zugestellt worden, "sondern lediglich" dem in den Feststellungsverfahren eingeschrittenen Steuerberater. Dass dieser den Revisionswerber nie vertreten habe, sei aktenkundig und von ihm in einem Gerichtsverfahren "auch zugestanden" worden. Hiezu verweist die Revision auf ein beigelegtes Verhandlungsprotokoll, wonach dieser Vertreter bei einer Vernehmung als Zeuge angegeben habe, er habe den Revisionswerber "nicht als Gesellschafter der GesBR vertreten, sondern nur die Gesellschaft selbst". Ausführungen zu § 81 BAO - betreffend die Vertretung der Mitunternehmerschaft - oder zu § 101 Abs. 3 BAO - betreffend die Fiktion der Zustellung an alle ihre Mitglieder - sind in der Revision nicht enthalten. Es wird im Besonderen nicht behauptet, auf die in § 101 Abs. 3 BAO angeordnete Rechtsfolge sei in den Ausfertigungen nicht hingewiesen worden.
Der zur Zulässigkeit der Revision vorgebrachte Grund (§ 34 Abs. 1a i.V.m. § 28 Abs. 3 VwGG), das Bundesfinanzgericht sei von den Erkenntnissen vom , 83/13/0168, und vom , 93/15/0088, abgewichen, liegt nicht vor. Im ersten der mit diesen Erkenntnissen entschiedenen Fälle, der die Bindungswirkung eines Einheitswertbescheides gemäß § 186 BAO betraf, waren die Zustellungsbevollmächtigung und die Zustellung an den Bevollmächtigten nicht strittig, die Beschwerde wurde abgewiesen. Der zweite Fall, in dem ein Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde, betraf einen Feststellungsbescheid gemäß § 189 BAO. Bescheide dieser Art waren von der in § 101 Abs. 3 BAO in seiner damaligen Fassung angeordneten Zustellungsfiktion ausdrücklich nicht erfasst (sie bezog sich auf die Fälle des § 191 Abs. 1 lit. a und c BAO in dessen damaliger Fassung, das waren Feststellungsbescheide gemäß § 186 und 188 BAO). Das in der Revision ins Treffen geführte Erkenntnis hielt daher auch ausdrücklich fest, eine "Zustellfiktion" greife im zu entscheidenden Fall "nicht ein". Für den vorliegenden Fall von Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO gilt nach § 101 Abs. 3 BAO (nach wie vor) das Gegenteil, weshalb es kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet, wenn das Bundesfinanzgericht in diesem Fall zu einem anderen Ergebnis gelangte als der Verwaltungsgerichtshof in dem ins Treffen geführten Erkenntnis zu einem Feststellungsverfahren gemäß § 189 BAO. Die gesetzliche Zustellungsfiktion - zu deren Voraussetzungen die Revision, wie erwähnt, nichts vorbringt - erfüllt das im ersten der ins Treffen geführten Erkenntnisse u.a. erwähnte Erfordernis einer Zustellung an den Betroffenen, was in neuerer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch schon ausdrücklich klargestellt wurde (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2003/15/0022, VwSlg 8025/F: "muss ... zugestellt werden oder iSd § 101 Abs. 3 als zugestellt gelten").
In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | ABGB §1188; ABGB §833; BAO §101 Abs3; BAO §186; BAO §188; BAO §189; BAO §191 Abs1 lita; BAO §191 Abs1 litc; BAO §192; BAO §81; B-VG Art133 Abs4; VwGG §34 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015130008.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-50482