VwGH 15.01.2016, Ra 2015/07/0176
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | VwGG §30 Abs2; WRG 1959 §121 Abs1; |
RS 1 | Nichtstattgebung - wasserrechtliches Kollaudierungsverfahren - Gegenstand der Revision, hinsichtlich derer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begehrt wird, ist eine Kollaudierung nach § 121 Abs. 1 WRG 1959. Es handelt sich dabei um einen (durch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts bestätigten) Feststellungsbescheid des Inhaltes, dass das ausgeführte Projekt mit der erteilten Bewilligung übereinstimmt. Mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde nur die Rechtskraft der Feststellung der Übereinstimmung der errichteten Anlage mit der Bewilligung sistiert werden (vgl. den hg. Beschluss vom , AW 2010/07/0057). Weitere rechtliche Folgen gingen damit nicht einher. |
Normen | |
RS 2 | Nichtstattgebung - wasserrechtliches Kollaudierungsverfahren - Gegenstand der Revision, hinsichtlich derer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begehrt wird, ist eine Kollaudierung nach § 121 Abs. 1 WRG 1959. Die Revisionswerberin macht als unverhältnismäßigen Nachteil nur Aspekte geltend, die mit der Beurteilung der zivilrechtlichen Vorfrage (hier betreffend ihr Grundeigentum) im Zusammenhang stehen. Dabei gesteht sie selbst zu, dass die Beurteilung der Vorfrage durch das Landesverwaltungsgericht rechtlich keine Bindungswirkung entfaltet; sie äußert lediglich vage Befürchtungen dahingehend, dass sich andere Verwaltungsbehörden oder das Bezirksgericht an der Beurteilung des Landesverwaltungsgerichts faktisch orientieren könnten. Entfaltet die Beurteilung der Vorfrage aber keine Bindungswirkung, dann kann eine solche auch durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht sistiert werden. Auch ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sind weder andere Verwaltungsbehörden noch die Gerichte an die Beurteilung der Vorfrage durch das Landesverwaltungsgericht gebunden. Die Revisionswerberin macht in ihrem Antrag somit Nachteile geltend, die nicht mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses verbunden sind. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dient schließlich auch nicht dazu, befürchtete rein faktische Vorbildwirkungen hintanzuhalten. Bereits an dieser Überlegung scheitert der vorliegende Antrag. Der Antrag war daher abzuweisen. |
Normen | AVG §8; WRG 1959 §102; WRG 1959 §111; WRG 1959 §121 Abs1; |
RS 1 | Aus der im § 121 Abs 1 WRG enthaltenen Regelung ergibt sich, dass in einem "Kollaudierungsverfahren" nicht nur der Projektswerber als Partei, sondern auch alle jene, deren Rechte durch die von der Wasserrechtsbehörde bewilligte Wasseranlage berührt werden, als Beteiligte beizuziehen und auch berechtigt sind, ihre Rechte insofern geltend zu machen, als sie behaupten können, das Projekt sei nicht dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid gemäß ausgeführt und sie seien dadurch in ihren subjektiven, im WRG gewährleisteten Rechten verletzt worden (Hinweis E , 878/72, VwSlg 8631 A/1974). Einer Partei des Bewilligungsverfahrens kommt diese Stellung auch im Kollaudierungsverfahren zu. Sie kann dort ihren Rechten nachteilige Abweichungen von der bewilligten Ausführungsart geltend machen (Hinweis E , 98/07/0100). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2000/07/0216 E RS 1 |
Norm | WRG 1959 §121 Abs1; |
RS 2 | Beim Kollaudierungsverfahren handelt es sich um ein von Amts wegen durchzuführendes Verfahren (vgl. E , 90/07/0149; E , 93/07/0041). Dieses Verfahren kann daher nicht mit einem über Antrag durchzuführenden gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren verglichen werden. |
Normen | B-VG Art133 Abs4; VwGG §34 Abs1; |
RS 3 | Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der Verwaltung fallenden Rechtsmaterien kommt dem VwGH keine Leitfunktion zu; er ist zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivilrechts nicht berufen, sodass die Auslegung zivilrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen kann, solange den VwG dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist. Eine derartige Unvertretbarkeit ist in der Regel dann auszuschließen, wenn die VwG eine zivilrechtliche Vorfrage im Einklang mit der Rechtsprechung der OGH gelöst haben (vgl. B ; B ). |
Norm | WRG 1959 §121 Abs1; |
RS 4 | Die nachträgliche Genehmigung von Abweichungen ist den Rechten des betroffenen Grundeigentümers nur dann nicht nachteilig, wenn dadurch keine über die erteilte Zustimmung hinausgehende Inanspruchnahme seines Grundeigentums erfolgt (vgl. E , 2004/07/0159; E , 2012/07/0100). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der M, vertreten durch Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG, Linke Wienzeile 124/10, 1060 Wien, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AB-14-0995, betreffend ein wasserrechtliches Kollaudierungsverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Horn; mitbeteiligte Partei: M KG, vertreten durch Dr. Engelbert Reis, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Florianigasse 5) erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den eine Anlage der mitbeteiligten Partei betreffenden wasserrechtlichen Kollaudierungsbescheid als unbegründet abgewiesen. Das Landesverwaltungsgericht setzte sich dabei im Rahmen einer Vorfragenprüfung auch mit der Frage auseinander, wer in bestimmten Bereichen des gemeinsamen Grenzverlaufs Grundstückseigentümer sei.
Ihren Antrag, der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, begründet die Revisionswerberin damit, dass die Art der Beurteilung von Grundeigentum bei der BH Horn und im Instanzenzug "sicher Vorbildwirkung" habe. Dies beschwere sie in anderen Verwaltungsverfahren, in denen sie ihre Rechte als Grundeigentümerin wahrnehmen müsse. Allfällige diesbezügliche Bescheide der BH zwängen sie dazu, im Instanzenzug weitere Beschwerden bei den Höchstgerichten einzubringen, was unzumutbar wäre. Beispielsweise sei bis dato die Baubehörde im Sinne der NÖ BauO völlig untätig. Wenngleich die Lösung der Vorfrage des Grundeigentums im Verwaltungsverfahren keine Bindungswirkung entfalte, übernähmen die Zivilgerichte die unrichtige Beurteilung durch das Landesverwaltungsgericht. Dadurch sei sie auch in anhängigen Zivilverfahren vor dem Bezirksgericht Horn beschwert. Dies werde beispielsweise durch die aktenkundige Aktenanforderung durch das Bezirksgericht offensichtlich. Deshalb werde sie auch dort gezwungen, zur regelmäßigen Wahrung ihrer Rechte als Grundeigentümerin den Instanzenzug zu beschreiten, was ihr unzumutbar sei und ihr sogar den Weg zur Überprüfung durch die Höchstgerichte abschneiden könnte. Öffentliche Interessen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hingegen nicht entgegen.
Nach § 30 Abs. 1 VwGG hat die Revision keine aufschiebende Wirkung. Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision jedoch der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Gegenstand der Revision, hinsichtlich derer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begehrt wird, ist eine Kollaudierung nach § 121 Abs. 1 WRG 1959. Es handelt sich dabei um einen (durch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts bestätigten) Feststellungsbescheid des Inhaltes, dass das ausgeführte Projekt mit der erteilten Bewilligung übereinstimmt. Mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde nur die Rechtskraft der Feststellung der Übereinstimmung der errichteten Anlage mit der Bewilligung sistiert werden (vgl. den hg. Beschluss vom , AW 2010/07/0057). Weitere rechtliche Folgen gingen damit nicht einher.
Die Revisionswerberin macht als unverhältnismäßigen Nachteil nur Aspekte geltend, die mit der Beurteilung der zivilrechtlichen Vorfrage im Zusammenhang stehen. Dabei gesteht sie selbst zu, dass die Beurteilung der Vorfrage durch das Landesverwaltungsgericht rechtlich keine Bindungswirkung entfaltet; sie äußert lediglich vage Befürchtungen dahingehend, dass sich andere Verwaltungsbehörden oder das Bezirksgericht an der Beurteilung des Landesverwaltungsgerichts faktisch orientieren könnten.
Entfaltet die Beurteilung der Vorfrage aber keine Bindungswirkung, dann kann eine solche auch durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht sistiert werden. Auch ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sind weder andere Verwaltungsbehörden noch die Gerichte an die Beurteilung der Vorfrage durch das Landesverwaltungsgericht gebunden. Die Revisionswerberin macht in ihrem Antrag somit Nachteile geltend, die nicht mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses verbunden sind. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dient schließlich auch nicht dazu, befürchtete rein faktische Vorbildwirkungen hintanzuhalten. Bereits an dieser Überlegung scheitert der vorliegende Antrag.
Der Antrag war daher abzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der M B in B, vertreten durch Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG in 1060 Wien, Linke Wienzeile 124/10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AB-14-0995, betreffend ein wasserrechtliches Kollaudierungsverfahren (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Horn; mitbeteiligte Partei: E R in M, vertreten durch Dr. Engelbert Reis, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Florianigasse 5), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Horn (BH) vom wurde der Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Befestigung des Unterwerkskanals oberhalb der Brücke zum Bauhof mit betonierter Sohle und betonierten Uferstützmauern sowie die Überplattung des Unterwerkskanals oberhalb der Brücke auf einer Länge von im Mittel 9 m auf dem Grundstück Nr. 294, KG G, erteilt.
2 Eine dagegen von der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom als unbegründet abgewiesen.
3 Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2007/07/0126, über Beschwerde der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben, weil der Verlauf der Grundgrenze, insbesondere der zwischen den Streitparteien vertraglich vereinbarte Grenzverlauf nicht konkret festgestellt worden sei.
4 Mit Bescheid des LH vom wurde der Berufung der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin insofern Folge gegeben, als Auflagenpunkt 1 des Bescheides der BH vom nunmehr dahingehend lautete, dass die linke Stützmauer im Sinne des rechtswirksamen Vergleiches vom herzustellen und an das linke Widerlager der Brücke unter Einlegung eines elastischen Fugenbandes anzuschließen sei. In diesem Bereich sei 2 m über der Werkskanalsohle eine Entwässerungsöffnung mit mindestens 0,03 m2 Größe vorzusehen. Der Bescheid der BH vom wurde weiters um die Vergleichsausfertigung vom und den (dieser beiliegenden) Lageplan (in der Größe von 1:250) mit dem rot eingezeichneten Grenzverlauf ergänzt und diese zu einem wesentlichen Spruchbestandteil dieses Bescheides erklärt.
5 Ein im Jahre 2013 gestellter Antrag der Revisionswerberin auf Wiederaufnahme und Bescheidaufhebung des Bewilligungsbescheides scheiterte.
6 Im Zuge der wasserrechtlichen Überprüfung des Bescheides der BH vom in der Fassung des Bescheides des LH vom führte die BH am eine kommissionelle Verhandlung vor Ort durch. Der Amtssachverständige für Wasserbautechnik erstattete dabei Befund und Gutachten.
7 Mit Bescheid der BH vom wurde gemäß § 121 WRG 1959 festgestellt, dass die Anlage der mitbeteiligten Partei im Wesentlichen der Bewilligung entspreche. Geringfügige Abweichungen wurden genehmigt. Die Einwendungen der Revisionswerberin wurden abgewiesen.
8 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG).
9 Die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei erstattete dazu eine Äußerung. Die Revisionswerberin replizierte mit Schriftsatz vom , in dem sie darauf verwies, sie sei mangels Durchführung eines Grundteilungsplans weiterhin Eigentümerin des Grundstückes, auf dem sich ein Teil der beschwerdegegenständlichen Anlage befinde. Aus näher dargestellten Gründen entspreche der vom Geometer Dipl.-Ing. H. ausgewiesene neue Grenzverlauf nicht dem zivilrechtlichen Vergleich vom .
10 Die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei trat dem in einer Gegenäußerung vom entgegen und verwies darauf, die Überplattung sei auf Eigengrund errichtet, was der rechtskräftig gerichtliche Vergleich absichere. In einem weiteren Schreiben vom verwies sie ua auf die mit roter Linie festgelegte Grenze in dem dem Vergleich beiliegenden Lageplan; es sei mit freiem Auge erkennbar, dass die Mauer mehrere Knicke und Bögen habe und dass der Ein-Meter-Abstand im Mittel zu verstehen sei. Im Mittel betrage der Grenzverlauf im Abstand zur Mauer 95 cm.
11 Das LVwG führte am und am mündliche Verhandlungen durch, bei denen die Revisionswerberin, die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei und Zeugen einvernommen, ein bautechnischer Amtssachverständiger gehört und Lokalaugenscheine durchgeführt wurden.
12 Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis des LVwG vom wurde die Beschwerde der Revisionswerberin abgewiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht zugelassen.
13 Das LVwG stellte fest, die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin des Grundstückes Nr. 296/1; die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei habe aufgrund der wasserrechtlichen Bewilligung vom eine Überplattung des Werkskanals auf dem Grundstück Nr. 294 errichtet. Zur Bereinigung eines Grenzstreites, der auch die Grenze zwischen diesen beiden Liegenschaften betroffen habe, hätten die Streitteile am einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen. Demnach "werde die Grenze zwischen den Grundstücken 294, 296/1 und 292/1 zwischen den Streitteilen einvernehmlich so wie auf dem Lageplan zu GZ 56-06, der einen integrierenden Bestandteil dieses Vergleiches bilde, eingezeichneten roten Linie festgelegt."
14 Bestandteil des Vergleiches sei ein Lageplan, in dem die Ufermauer des Werkskanales im strittigen Bereich (mit Ausnahme eines kurzen Abschnittes unmittelbar bei der Brücke) eingezeichnet sei. Weiters sei die vereinbarte neue Grundgrenze zwischen den Grundstücken Nr. 294 und Nr. 296/1 in Form einer geraden Linie verzeichnet und es fänden sich insgesamt fünf Markierungen an der wasserseitigen Mauerkante einerseits und an der die neue Grenze darstellenden Linie andererseits, jeweils mit der Angabe "1 m". Dieser Abstandswert sei auch zwischen der vereinbarten Grenze und einem mit der Zahl 1126 gekennzeichneten Punkt eingetragen, wobei dieser von der gedachten Fortsetzung der Linie, an welche die mauerseitigen Markierungen angebracht seien, vom Werksbach abgerückt sei. Die letzte unmittelbar davor befindliche Kotierung liege genau beim Vermessungspunkt 3, an dem sich die Mauer in der Plandarstellung verjünge. In diesem Bereich, etwa 7 m entfernt von der Grenze mit dem öffentlichen Gut, sei von Dipl.-Ing. T. in seinem Lageplan die Entfernung des Randes der Überplattung von der wasserbeschlagenen Mauerkante mit 1,03 m gemessen worden.
15 Mit näherer Begründung legte das LVwG weiters dar, warum seiner Ansicht nach die Grundgrenze im relevanten Abschnitt so verlaufe, wie im vorläufigen Vermessungsplan des Dipl.-Ing. H. dargestellt. Diese Grenze werde durch die Überplattung gar nicht bzw. allenfalls minimal (ca. 3 cm im Bereich des genannten Punktes 3) in Richtung des Grundstücks der Revisionswerberin überragt. Dies ergebe sich auch aus dem von der Revisionswerberin vorgelegten Vermessungsplan des Dipl.-Ing. T., wonach im Punkt 3 ein Abstand von 1,03 m gemessen worden sei, wo er laut Vergleich 1,00 m betragen sollte. Diese Messung entspreche in etwa auch dem Messergebnis bei der mündlichen Verhandlung.
16 Im Wesentlichen gehe es darum, ob durch das gegenständliche Vorhaben Grundeigentum der Revisionswerberin in Anspruch genommen werde und ob dies entgegen der wasserrechtlichen Bewilligung erfolgt sei. Entscheidende Bedeutung komme hinsichtlich dieser Frage der Auslegung des Vergleichs vom zu, beziehe sich darauf doch die rechtskräftige Berufungsentscheidung vom .
17 Die entscheidende Frage sei daher, wo nun konkret in der Natur die relevante Grenze laut Vergleich vom verlaufe. Diesbezüglich gebe es zwei Streitpunkte, nämlich erstens, ob der "Ein-Meter-Abstand" dem tatsächlichen Verlauf der Mauer folge oder eine Gerade mit einem mittleren Abstand von 1 m darstelle und zweitens die Frage nach der Position des Vermessungspunktes 1126 und damit nach dem Grenzverlauf in diesem Bereich.
18 In weiterer Folge befasste sich das LVwG mit der Auslegung des Vergleiches vor dem Hintergrund des § 914 ABGB und kam mit näherer Begründung - insofern der Revisionswerberin Recht gebend - zum Ergebnis, die Anführung mehrerer Koten im Plan könne nur so verstanden werden, dass jeweils der Meterabstand von den in der Natur vorhandenen Positionen der nicht geradlinig verlaufenden Mauer aus gemessen werden sollte.
19 Zwischen der Kote beim Punkt 3 und jener beim Punkt 1126 verlaufe die Grenze hingegen als Gerade zwischen den beiden genannten Punkten, ansonsten hätten die Parteien auch hier eine Kote setzen müssen. Selbst wenn man hier eine Unklarheit sehen wollte, könnte sich die Revisionswerberin nicht darauf berufen, wäre es doch ihre Sache gewesen, für eine eindeutige Vertragsformulierung Sorge zu tragen.
20 Was die strittige Lage des Punktes 1126 betreffe, so sei diesbezüglich vom Grundsatz abgewichen worden, dass die Mauer Ausgangspunkt der Entfernung von einem Meter sein solle. Hier sollte es sich offenbar um einen feststehenden Grenzpunkt handeln. Fraglich sei, wo sich dieser Punkt in der Natur befinde. Der als Zeuge vernommene Dipl.-Ing. H. habe für das Gericht sehr plausibel dargelegt, dass sich der gegenständliche Punkt durch vorhandene Koordinaten sehr gut reproduzieren lasse. Dies sei auch dem Gericht nachvollziehbar erschienen und vom seitens der Revisionswerberin namhaft gemachten Fachmann Dipl.-Ing. T. bestätigt worden. Das LVwG habe keinen Zweifel, den Punkt so anzunehmen, wie dies der Geometer Dipl.-Ing. H. getan habe.
21 Der vom Geometer Dipl.-Ing. H. eingetragene Grenzverlauf erscheine daher dem Gericht als derjenige, welcher dem in einem Vergleichsbestandteil bindenden Plan dargestellten am besten entspreche. In diesem Zusammenhang sei klarzustellen, dass damit keineswegs dem Vermesser die Festlegung der strittigen Grenze überlassen werde, sondern dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt sei, die von diesem angebotene Erklärung zur Auffindung des strittigen Punktes sei schlüssig und der daraus abgeleitete Grenzverlauf daher zwingend.
22 Daraus ergebe sich aber, dass alle Bauteile der Anlage, die Gegenstand der wasserrechtlichen Überprüfung seien, soweit sie sich südlich dieser Linie befänden, von einem gültigen Privatrechtstitel erfasst seien, wodurch das Eigentum der Revisionswerberin nicht verletzt werden könne. Lege man die so gefundene Grenze zu Grunde, könne eine Überschreitung der Grenze - mit Einschränkungen von Punkt 3 - nicht festgestellt werden. Einzig beim Punkt 3 scheine eine Überschreitung um etwa 3 cm vorzuliegen. Es könne in diesem Zusammenhang dahin gestellt bleiben, ob diese tatsächlich vorliege oder auf einem Messfehler beruhe. Selbst im ersteren Fall verfange nämlich im Ergebnis das Vorbringen der mitbeteiligten Partei, wenn sie sich auf den Eigentumsverlust der Revisionswerberin infolge Grenzüberbaues berufe.
23 Dazu stellte das LVwG die (ihrerseits auf Judikatur des Obersten Gerichtshofes Bezug nehmende) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Problematik des Eigentumserwerbs bei Bauführung auf fremden Grund näher dar, insbesondere den Spezialfall des sogenannten Grenzüberbaus (VwGH 2010/15/0139; 2010/06/0141). In Anwendung der §§ 415 und 416 ABGB entstehe grundsätzlich außerbücherliches Miteigentum an dem Bauwerk und an den Liegenschaften; bei geringfügiger Überbauung erwerbe hingegen der Bauführer in Analogie zu § 416 ABGB Alleineigentum an dem Bauwerk und der überbauten Fläche des Nachbargrundstückes.
24 Diese Auffassung halte der Verwaltungsgerichtshof im letztgenannten Erkenntnis auch in Bezug auf den unredlichen Bauführer (von Unredlichkeit, wofür leichte Fahrlässigkeit ausreiche, sei wohl im vorliegenden Fall auszugehen, hätte der Bauführer doch bei einer nicht vermessenen bzw. unvermarkten Grenze besondere Sorgfalt walten lassen müssen) aufrecht, wogegen der Oberste Gerichtshof (6 Ob 167/10t; 9 Ob 32/02z) dies nur im Rahmen des Schikaneeinwandes gelten lasse. Doch auch dieser träfe nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall bei einem möglichen Überbau im Ausmaß von ca. 3 cm zu, welcher ohne Zweifel in Bezug auf das gesamte Bauwerk geringwertig und in Bezug auf die Nachbarliegenschaft geringfügig sei, betreffe es doch maximal einige Quadratdezimeter eines Werksbachuferbereichs. Das Vorbringen der Revisionswerberin, für eine Grundstückszufahrt würde "jeder Zentimeter" benötigt, scheine in diesem Zusammenhang nicht plausibel, weil die fragliche Stelle nicht im Zufahrtsbereich an der Straße sondern an einer Stelle liege, wo das Grundstück bereits mehrere Meter breit sei. Ein zivilrechtlicher Beseitigungsanspruch müsse daher scheitern und damit auch der Einwand der Verletzung von im Wasserrechtsverfahren geschützten Rechten.
25 Zusammenfassend komme das LVwG zur Auffassung, dass im vorliegenden Fall keine die Rechte der Revisionswerberin verletzende Abweichung von der erteilten Bewilligung vorliege.
26 Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision heißt es, es seien keine Rechtsfragen zu lösen, die noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs gewesen seien. Die Rechtsprechung sei auch nicht widersprüchlich. Auch zur Auslegung des § 914 ABGB bestehe eine einhellige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wobei es im vorliegenden Fall bloß um die Anwendung der vom Gerichtshof aufgestellten Grundsätze auf den Einzelfall gegangen sei. Auch in Bezug auf die Anwendbarkeit der §§ 415, 416 und 418 ABGB sei die Rechtsprechung nicht uneinheitlich und es werde hievon nicht abgewichen.
27 Die Revisionswerberin wandte sich gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom , E 1600/2015-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie mit weiterem Beschluss vom , E 1600/215-8, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. 28 In der vorliegenden außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof macht die Revisionswerberin im Rahmen ihrer Zulässigkeitsdarstellung geltend, trotz der festgestellten Abweichungen von der wasserrechtlichen Bewilligung infolge Grenzüberschreitung durch einen (ohne überzeugende Begründung und schlüssige Messergebnisse angeblich geringfügigen) Grenzüberbau komme das LVwG rechtsirrig nicht zu dem Schluss, dass sie in ihrem Grundeigentum verletzt sei. Damit setze sich das LVwG über die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem VwGH 90/07/0099 oder 2001/07/0032) hinweg.
Weiters habe das LVwG den Bescheid der Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei zugestellt, die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am gar nicht mehr Eigentümerin der berechtigten Liegenschaft gewesen sei. Das LVwG hätte daher den Antrag abweisen und die Kollaudierung nicht gegenüber der Nichteigentümerin aussprechen dürfen. Der Mitbeteiligte als Einzelrechtsnachfolger im Liegenschaftseigentum habe keine Erklärung abgegeben, anstelle seiner Rechtsvorgängerin in das Kollaudierungsverfahren einzutreten. Auch diese Vorgangsweise widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 2002/04/0207).
29 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückbzw. Abweisung der Revision beantragte.
30 Auch die mitbeteiligte Partei beantragte die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision unter Ersatz der Kosten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
31 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
32 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
33 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
34 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2014/02/0114, mwN).
35 In den Zulässigkeitsgründen, die die Revision im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG anführt, werden mehrere Rechtsfragen dargestellt, denen nach Ansicht der Revisionswerberin grundsätzliche Bedeutung zukomme.
36 Soweit die Revisionswerberin unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2002/04/0207, geltend macht, das angefochtene Erkenntnis sei der Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei zugestellt worden, obwohl zu diesem Zeitpunkt die mitbeteiligte Partei bereits Wasserberechtigte gewesen sei, aber keine Eintrittserklärung ins Verfahren abgegeben habe, wird damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil die Revisionswerberin im vorliegenden Fall in ihren Rechten durch die unrichtige Adressierung des - die Übereinstimmung mit dem Bewilligungsbescheid feststellenden und geringfügige Abweichungen genehmigenden - Kollaudierungsbescheides an die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei statt an diese selbst nicht verletzt wurde.
Aus § 121 Abs. 1 WRG 1959 ergibt sich, dass in einem Kollaudierungsverfahren nicht nur der Projektwerber als Partei, sondern auch alle jene, deren Rechte durch die von der Wasserrechtsbehörde bewilligte Wasseranlage berührt werden, als Beteiligte beizuziehen und auch berechtigt sind, ihre Rechte insofern geltend zu machen, als sie behaupten können, das Projekt sei nicht dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid gemäß ausgeführt und sie seien dadurch in ihren subjektiven, im WRG 1959 gewährleisteten Rechten verletzt worden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/07/0086, mwN). Eine Partei des Bewilligungsverfahrens kann dort ihren Rechten nachteilige Abweichungen von der bewilligten Ausführungsart geltend machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/07/0100). Darüber hinausgehende Rechte kommen der Revisionswerberin im Kollaudierungsverfahren aber nicht zu. Im Übrigen handelt es sich beim Kollaudierungsverfahren um ein von Amts wegen durchzuführendes Verfahren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 90/07/0149, und vom , 93/07/0041). Dieses Verfahren kann daher nicht mit einem über Antrag durchzuführenden gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren verglichen werden, das dem von der Revisionswerberin zitierten hg. Erkenntnis vom , 2002/04/0207, zu Grunde lag. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wurde mit diesem Vorbringen daher nicht aufgezeigt.
37 Weiters wird in der Revision behauptet, die Anlage der mitbeteiligten Partei sei trotz der festgestellten Abweichung vom Konsens infolge Grenzüberbauung entgegen der Rechtsprechung kollaudiert worden. Bei Nichteinhaltung des im Bewilligungsbescheid mit der Bezugsklausel versehenen Privatrechtstitels hätte die Übereinstimmung der Ausführung mit dem Konsens nicht festgestellt werden dürfen.
Das LVwG habe das Ausmaß des Grenzüberbaus nicht festgestellt, nehme aber dennoch dessen Geringfügigkeit an. Folge man der Rechtsansicht des LVwG, käme es zu einem "eigentumsrechtlichen Fleckerlteppich" und einer "außerbücherlichen Unordnung" in den Eigentumsverhältnissen.
Schließlich sei auch die Rechtsfrage des Eigentumserwerbs des unredlichen Bauführers zu klären, gelange doch der Verwaltungsgerichtshof in einzelnen Entscheidungen zu anderen Ergebnissen als der Oberste Gerichtshof. Bei Vorliegen einer Judikaturdivergenz könne es zu einer Verletzung des "fair trail" kommen. Schließlich wäre auch noch die Frage der Zumutbarkeit eines Rückbaues zu prüfen gewesen.
38 Die wasserrechtliche Bewilligung, um deren Überprüfung es im vorliegenden Fall geht, war vor dem Hintergrund eines Privatrechtstitels, nämlich des Vergleichs vom und des diesem zugrunde gelegenen Planes über eine neue Grenzlinie (GZ 56-06), erteilt worden.
39 Die Revision zieht die (einzelfallbezogene) Interpretation des diesem Vergleich zu Grunde gelegenen Planes und das Verständnis der dort aufscheinenden roten Grenzlinie durch das LVwG nicht begründet in Zweifel.
40 Ausgehend von dem durch das LVwG festgestellten Verlauf der Grenzlinie ergibt sich nur im Bereich des Punktes 3 eine Überbauung der vereinbarten Grenze um 3 cm; dass insgesamt eine Überbauung größeren Ausmaßes als die vom LVwG angenommenen einigen Quadratdezimeter vorläge, wird seitens der Revisionswerberin nicht behauptet.
41 Die Revisionswerberin meint nun, es wäre - entgegen der Rechtsprechung - trotz Verletzung ihrer Eigentumsrechte durch die erfolgte Überbauung die Übereinstimmung der Ausführung der Anlage mit der Genehmigung festgestellt worden.
42 Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn der überbaute Grundstücksteil noch im Eigentum der Revisionswerberin stünde. Das LVwG vertrat aber die Ansicht, dieser Grundstücksteil sei Eigentum des Bauführers (der mitbeteiligten Partei bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) geworden. Das LVwG wies in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass es die Frage des Eigentums am Grenzüberbau als (zivilrechtliche) Vorfrage im Sinne des § 38 AVG gelöst habe. Über das vorliegende Verfahren hinaus komme der Lösung dieser Frage keine Bindung zu.
43 Nun hat der OGH in seinem Beschluss vom , 4 Ob 183/15h, unter Hinweis auf seine bereits bestehende Rechtsprechung die Ansicht vertreten, bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fallenden Rechtsmaterien komme ihm keine Leitfunktion zu; er sei zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts nicht berufen, sodass die Auslegung verwaltungsrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs. 1 ZPO begründen könne, solange den Vorinstanzen dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen sei (vgl. ua den Beschluss vom , 5 Ob 99/00w). Eine derartige Unvertretbarkeit sei in der Regel dann auszuschließen, wenn die Vorinstanzen eine verwaltungsrechtliche Vorfrage im Einklang mit der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gelöst hätten (vgl. den Beschluss vom , 1 Ob 86/10v).
44 Dies gilt umgekehrt auch für den Verwaltungsgerichtshof und dessen vor dem Hintergrund des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu verstehende Prüfungsbefugnis.
Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der Verwaltung fallenden Rechtsmaterien kommt dem Verwaltungsgerichtshof keine Leitfunktion zu; er ist zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivilrechts nicht berufen, sodass die Auslegung zivilrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen kann, solange den Verwaltungsgerichten dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist. Eine derartige Unvertretbarkeit ist in der Regel dann auszuschließen, wenn die Verwaltungsgerichte eine zivilrechtliche Vorfrage im Einklang mit der Rechtsprechung der Obersten Gerichtshofes gelöst haben.
45 Das LVwG hat sich bei der Beurteilung des Eigentums am Grenzüberbau (auch) begründet auf die näher genannte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Eigentumserwerb bei geringfügiger Überbauung gestützt, die unredliche Bauführung problematisiert, den in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung als relevant erachteten Schikaneeinwand näher behandelt und vor diesem Hintergrund die Ansicht vertreten, es wäre angesichts der Geringfügigkeit und Geringwertigkeit der überbauten Fläche im vorliegenden Einzelfall auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes einem unredlichen Bauführer das Eigentum am geringfügigen Grenzüberbau zugewachsen.
46 Von einer krassen Fehlentscheidung bei der Beurteilung der zivilrechtlichen Vorfrage kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Auch der Hinweis in der Revision auf angeblich gegenteilige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zeigt eine solche krasse Fehlbeurteilung nicht auf.
So behandelt der von der Revisionswerberin und dem LVwG gleichermaßen zitierte Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , 6 Ob 167/10t, einen (hier nicht vorliegenden) Eigengrundüberbau; es wird aber dort auch die bisherige Rechtsprechung zur Relevanz des Schikaneeinwands, auf den sich wiederum das LVwG beruft, wiedergegeben.
Dem weiters zitierten , ist (jeweils unter Hinweis auf frühere Rechtsprechung) ua zu entnehmen, dass bei einem geringfügigen Grenzüberbau der Schikaneeinwand auch des unredlichen Bauführers berechtigt sein kann, wenn eine Verhaltensweise des Grundnachbarn vorliegt, die weit überwiegend auf eine Schädigung des Bauführers abzielt, und die Wahrung und Verfolgung der sich aus der Freiheit des Eigentums ergebenden Rechte deutlich in den Hintergrund tritt. Ob Rechtsmissbrauch vorliegt, ist eine nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage. Bei der Beurteilung des Schikaneeinwandes komme der subjektiven Seite des Bauführers erhebliche Bedeutung zu; so sei eine bewusst rechtswidrige Aneignung einer Fläche von mehr als 1 m2 des Nachbargrundstückes als Fehlhandlung beurteilt worden, die nicht dem Schikaneverbot unterliege.
47 Angesichts dieser in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten Leitlinien erscheint die im vorliegenden Einzelfall getroffene rechtliche Beurteilung, wonach der Schikaneeinwand zu Gunsten des Bauführers spreche und daher der vorliegende geringfügige und geringwertige Grenzüberbau im Eigentum des Bauführers stehe, zumindest vertretbar und stellt jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung dar, die vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifen wäre.
Aus den oben dargestellten Gründen liegt in dieser zivilrechtlichen Vorfragenbeurteilung keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG.
48 Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich das LVwG im vorliegenden Fall auch mit der (vor der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit ergangenen) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung des Eigentums an einem Grenzüberbau auseinandergesetzt und unter anderem unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom , 2010/06/0141, näher dargelegt hat, dass auch daraus der Eigentumserwerb des Bauführers am geringfügigen Grenzüberbau folge. Das vorliegende Erkenntnis steht daher auch in Übereinstimmung mit der (früheren) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
49 Daraus folgt aber weiters, dass sich das LVwG - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - auch nicht über die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 121 WRG 1959 hinweg gesetzt hat, wonach die nachträgliche Genehmigung von Abweichungen den Rechten des betroffenen Grundeigentümers nur dann nicht nachteilig ist, wenn dadurch keine über die erteilte Zustimmung hinausgehende Inanspruchnahme seines Grundeigentums erfolgt (vgl. ua die hg. Erkenntnisse vom , 2004/07/0159, und vom , 2012/07/0100).
50 Zu einer Inanspruchnahme des Grundstückes der Revisionswerberin über den erteilten Konsens hinaus kommt es hier nämlich nicht. Der Grenzüberbau steht nicht im Eigentum der Revisionswerberin; ihr kommt daher auch nicht das Recht zu, eine damit im Zusammenhang stehende Rechtsverletzung geltend zu machen.
51 Der Revision gelingt es somit nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Sie war daher als unzulässig zurückzuweisen.
52 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 28. April 201628. April 201628. April 2016
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2015070176.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAF-50393