VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0151
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Aus § 25a Abs. 5 VwGG ergibt sich, dass jede Revision, also auch eine außerordentliche, beim VwG einzubringen ist. War die Revisionsfrist schon im für den VwGH frühestmöglichen Zeitpunkt zur Weiterleitung abgelaufen, kann von einer Weiterleitung abgesehen werden (vgl. B , Ra 2014/18/0135). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2015/10/0031 B RS 1 |
Normen | VwGG §24 Abs1 Z1; VwGG §25a Abs5; VwGG §26 Abs1 Z1; VwGG §34 Abs1; |
RS 2 | Nach der Vorlage der außerordentlichen Revision an den VwGH durch das VwG kommt die Bestimmung des (mit "Schriftsätze" überschriebenen) § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG zum Tragen, wonach Schriftsätze im Revisionsverfahren ab Vorlage der Revision an den VwGH unmittelbar beim VwGH einzubringen sind. Die außerordentliche Revision des Revisionswerbers stellt aber keinen Schriftsatz iSd § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG in diesem Verfahren dar, weil es sich dabei um eine gegen dasselbe Erkenntnis des VwG gerichtete außerordentliche Revision einer anderen Verfahrenspartei handelt. Die außerordentliche Revision des Revisionswerbers hätte daher richtigerweise nicht beim VwGH, sondern nach § 25a Abs. 5 VwGG beim VwG eingebracht werden müssen. |
Normen | |
RS 1 | Die Unkenntnis einer neuen Gesetzeslage durch einen beruflichen Parteienvertreter stellt keinen minderen Grad des Versehens dar, weil vor allem eine rezente Änderung der Rechtslage besondere Aufmerksamkeit verdient (vgl. B , Ra 2014/08/0001). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2014/02/0013 B RS 2 |
Normen | ABGB §1332; VwGG §24 Abs1 Z1 idF 2013/I/033; VwGG §25a Abs5 idF 2013/I/033; VwGG §46 Abs1 idF 2013/I/033; VwGVG 2014 §30; |
RS 2 | Der Hinweis des VwG, wonach gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG Schriftsätze im Revisionsverfahren ab Vorlage der Revision an den VwGH unmittelbar bei diesem einzubringen sind, erfolgte in einem Verfahren über die Revision einer anderen Verfahrenspartei und bezog sich ausdrücklich auf Schriftsätze im dortigen Revisionsverfahren. Es überschreitet nicht das einem beruflichen Parteienvertreter zumutbare Maß an Sorgfalt, die Rolle der von ihm vertretenen Partei (als mitbeteiligte Partei) im Revisionsverfahren einer anderen Partei von ihrer Rolle als Revisionswerberin und damit zwischen der Einbringungsstelle von (allfälligen) Schriftsätzen als mitbeteiligte Partei und der Einbringungsstelle einer eigenen Revision als Revisionswerberin zu unterscheiden. Die Rechtsmittelbelehrung im damals angefochtenen Erkenntnis, die in Übereinstimmung mit der eindeutigen Rechtslage nach § 25a Abs. 5 VwGG ausdrücklich die Notwendigkeit der Einbringung der Revision beim VwGH nannte, blieb unbeachtet. Ein minderer Grad des Versehens liegt unter diesem Aspekt im vorliegenden Fall nicht vor. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenwarter, über die Revision der Wassergenossenschaft W, vertreten durch Dr. Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Pfarrgasse 15a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-550590/23/Wim/AK, LVwG- 550591/2/Wim/AK, LVwG-550592/2/Wim/AK, betreffend wasserrechtliche Bewilligung der Bachabkehr 2015 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt W), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Gemäß § 25a Abs. 5 VwGG ist die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Daraus ergibt sich, dass jede Revision, also auch eine außerordentliche, beim Verwaltungsgericht einzubringen ist.
Nach § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) sechs Wochen und beginnt in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung (Z 1 leg. cit.).
Im Revisionsfall wurde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Oberösterreich vom dem Revisionswerber nach seinen eigenen Angaben am zugestellt.
Die dagegen erhobene und an den Verwaltungsgerichtshof adressierte außerordentliche Revision wurde am , dem letzten Tag der Revisionsfrist, zur Post gegeben und langte am beim Verwaltungsgerichtshof ein.
Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt eine Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die für die Erhebung der Revision geltende Frist ist nur dann gewahrt, wenn die Revision noch innerhalb der Frist einem Zustelldienst zur Beförderung an die zuständige Stelle übergeben wird oder bei dieser einlangt (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , Ra 2014/13/0002, sowie vom , Ro 2014/10/0068).
Im vorliegenden Fall endete die Revisionsfrist am und war daher schon zum Zeitpunkt des Einlangens der Revision beim Verwaltungsgerichtshof (am ) abgelaufen, weshalb von einer Weiterleitung abgesehen werden konnte (vgl. zur Zulässigkeit einer Zurückweisung ohne Weiterleitung an das Verwaltungsgericht die hg. Beschlüsse vom , Ra 2014/15/0001, und vom , Ra 2014/18/0135).
Wenn der Revisionswerber zur Wahl der Einbringungsstelle darauf verweist, dass zufolge der Mitteilung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom im Falle der (gegen dasselbe Erkenntnis erhobenen) außerordentlichen Revision des J K und der M K (hg. Zl. Ra 2015/07/0129) gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG Schriftsätze an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar bei diesem einzubringen seien, weshalb die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht werde, so verkennt er die Rechtslage.
Der mit "Revision" überschriebene § 25a VwGG regelt unter anderem die Einbringungsstelle für (ordentliche und außerordentliche) Revisionen. Nach Abs. 5 des § 25a VwGG ist die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Nach § 30a Abs. 7 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Fall einer außerordentlichen Revision den Verfahrensparteien (und im Fall des § 29 VwGG dem zuständigen Bundesminister oder der zuständigen Landesregierung) eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Verfahrensakten vorzulegen.
Nach der Vorlage der außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof kommt die vom Revisionswerber genannte Bestimmung des (mit "Schriftsätze" überschriebenen) § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG zum Tragen, wonach Schriftsätze im Revisionsverfahren ab Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen sind.
Die außerordentliche Revision des Revisionswerbers stellt nach ihrem eindeutigen Inhalt aber keinen Schriftsatz im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG im Verfahren über die zu Zl. Ra 2015/07/0129 anhängige außerordentliche Revision dar. Unzweifelhaft handelt es sich dabei (ebenfalls) um eine gegen dasselbe Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gerichtete außerordentliche Revision einer anderen Verfahrenspartei. Diese außerordentliche Revision hätte daher richtigerweise nicht beim Verwaltungsgerichtshof, sondern nach § 25a Abs. 5 VwGG beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingebracht werden müssen.
Die Revision war demnach ohne Auseinandersetzung mit der Frage ihrer Zulässigkeit nach Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über den Antrag der Wassergenossenschaft W, vertreten durch Dr. Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Pfarrgasse 15a, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision in einer Angelegenheit des Wasserrechts, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit Beschluss vom , Ra 2015/07/0151-3, hat der Verwaltungsgerichtshof eine außerordentliche Revision der Revisionswerberin gemäß § 26 Abs. 1 VwGG als verspätet zurückgewiesen. Zur Verspätung kam es, weil die außerordentliche Revision direkt beim Verwaltungsgerichtshof statt beim zuständigen Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingebracht worden war.
Mit dem nunmehrigen Wiedereinsetzungsantrag macht die Antragstellerin geltend, ihr Rechtsvertreter habe den Hinweis des Landesverwaltungsgerichts vom in einem Verfahren über die Revision einer anderen Verfahrenspartei, wonach gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG Schriftsätze im Revisionsverfahren ab Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar bei diesem einzubringen seien, fehlinterpretiert. In einer dem Antrag beigeschlossenen Erklärung des Rechtsvertreters heißt es, dass er fälschlicherweise die Bestimmung des § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG in Bezug auf § 25a VwGG als maßgeblich angesehen habe.
Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Ein dem Rechtsvertreter widerfahrenes Ereignis stellt nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens gehandelt hat.
Die Unkenntnis der Gesetzeslage durch einen beruflichen Parteienvertreter stellt aber grundsätzlich keinen minderen Grad des Versehens dar, wobei eine rezente Änderung der Rechtslage besondere Aufmerksamkeit verdient (vgl. insbesondere die hg. Beschlüsse vom , Zl. Ra 2014/02/0013, und vom , Zl. Ra 2014/08/0001). Dies gilt auch im vorliegenden Fall.
Der Hinweis des Landesverwaltungsgerichts vom , wonach gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG Schriftsätze im Revisionsverfahren ab Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar bei diesem einzubringen seien, erfolgte in einem Verfahren über die Revision einer anderen Verfahrenspartei und bezog sich ausdrücklich auf Schriftsätze im dortigen Revisionsverfahren. Es überschreitet nicht das einem beruflichen Parteienvertreter zumutbare Maß an Sorgfalt, die Rolle der von ihm vertretenen Partei (als mitbeteiligte Partei) im Revisionsverfahren einer anderen Partei von ihrer Rolle als Revisionswerberin und damit zwischen der Einbringungsstelle von (allfälligen) Schriftsätzen als mitbeteiligte Partei und der Einbringungsstelle einer eigenen Revision als Revisionswerberin zu unterscheiden. Wie bereits im hg. Beschluss vom näher ausgeführt, ist diese Unterscheidung dem VwGG in unzweideutiger Weise zu entnehmen.
Dazu kommt, dass die Rechtsmittelbelehrung im damals angefochtenen Erkenntnis unbeachtet blieb, die in Übereinstimmung mit der eindeutigen Rechtslage nach § 25a Abs. 5 VwGG ausdrücklich die Notwendigkeit der Einbringung der Revision beim Verwaltungsgericht nannte. Ein minderer Grad des Versehens liegt auch unter diesem Aspekt im vorliegenden Fall nicht vor.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung war daher gemäß § 46 VwGG keine Folge zu geben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015070151.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-50387