Suchen Hilfe
VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0051

VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0051

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
12010E267 AEUV Art267;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4 Abs1;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4 Abs5;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4 Abs6;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4 Abs7;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4;
32005D0370 AarhusKonvention Art2;
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs3;
32010L0075 Industrie-Emissions-RL;
32011L0092 UVP-RL;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
62003CJ0459 Kommission / Irland;
62004CJ0344 IATA und ELFAA VORAB;
62009CJ0240 Lesoochranarske zoskupenie VORAB;
62012CJ0404 Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe ;
62014CJ0137 Kommission / Deutschland;
AVG §42;
WRG 1959 §102 Abs1 lita;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §15;
RS 1
Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Räumt Art. 4 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie - WRRL) oder die WRRL als solche einer Umweltorganisation in einem Verfahren, das keiner Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) unterliegt, Rechte ein, zu deren Schutz sie nach Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde (Aarhus-Übereinkommen), Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren hat?

Bei Bejahung der Frage 1:

2. Ist es nach den Bestimmungen des Aarhus-Übereinkommens geboten, diese Rechte bereits im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde geltend machen zu können, oder genügt die Möglichkeit einer Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde?

3. Ist es zulässig, dass das nationale Verfahrensrecht (§ 42 AVG) die Umweltorganisation - so wie andere Verfahrensparteien auch - dazu verhält, ihre Einwendungen nicht erst in einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht, sondern bereits im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden rechtzeitig geltend zu machen, widrigenfalls sie ihre Parteistellung verliert und auch keine Beschwerde mehr an das Verwaltungsgericht erheben kann?
Normen
VwGG §33 Abs1;
VwGG §42 Abs3;
RS 1
Auch bei einer Revision bewirkt die Beseitigung der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung - durch wen auch immer oder aus welchem Titel auch immer - die Klaglosstellung der revisionswerbenden Partei, wobei auch die (auf dem Boden des § 42 Abs 3 VwGG rückwirkende) Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung durch den VwGH auf Grund der Revision eines Dritten eine Klaglosstellung nach sich zieht (Hinweis B vom , 2012/03/0142, mwH).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2015/03/0054 B RS 1
Normen
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art102;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §59;
WRG 1959;
RS 2
Die Vollziehung des WRG 1959 erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung. Kostenersatzpflichtiger Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG wäre daher der Bund. Da daneben keine Kostenersatzpflicht eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf die Inanspruchnahme des "Landes" gerichtete Antrag der revisionswerbenden Partei abzuweisen (vgl. B , Ra 2014/17/0029; E , Ro 2014/07/0041).

Entscheidungstext

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:

* EU-Register: EU 2015/0007

* EuGH-Zahl: C-663/15

Vorabentscheidungsverfahren:

* Vorabentscheidungsantrag:

Ra 2015/07/0051 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenwarter, in der Revisionssache des Umweltverband W in W, vertreten durch Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG- 2014/19/0303-41, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol; mitbeteiligte Partei: Ö GmbH in U, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16), den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Räumt Art. 4 der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie - WRRL) oder die WRRL als solche einer Umweltorganisation in einem Verfahren, das keiner Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) unterliegt, Rechte ein, zu deren Schutz sie nach Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde (Aarhus-Übereinkommen), Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren hat?

Bei Bejahung der Frage 1:

2. Ist es nach den Bestimmungen des Aarhus-Übereinkommens geboten, diese Rechte bereits im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde geltend machen zu können, oder genügt die Möglichkeit einer Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde?

3. Ist es zulässig, dass das nationale Verfahrensrecht (§ 42 AVG) die Umweltorganisation - so wie andere Verfahrensparteien auch - dazu verhält, ihre Einwendungen nicht erst in einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht, sondern bereits im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden rechtzeitig geltend zu machen, widrigenfalls sie ihre Parteistellung verliert und auch keine Beschwerde mehr an das Verwaltungsgericht erheben kann?

Begründung

I. Sachverhalt und Ausgangsverfahren:

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Antrag der Ö GmbH auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage an der Ö Ache.

Die mündliche Verhandlung über diesen Antrag erfolgte in der in §§ 41 und 42 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) vorgeschriebenen Form und enthielt auch eine Belehrung über die Rechtsfolgen im Sinne des § 42 AVG.

Der Revisionswerber, eine nach § 19 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G 2000) anerkannte Umweltorganisation, beantragte im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde die Zuerkennung der Parteistellung. Er stützte diesen Antrag auf Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens.

2. Die Verwaltungsbehörde (Landeshauptmann von Tirol) erteilte der Ö GmbH nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen mit Bescheid vom die wasserrechtliche Bewilligung. Der Antrag des Revisionswerbers wurde zurückgewiesen. Begründend führte die Verwaltungsbehörde aus, dass der Kreis der Parteien für das wasserrechtliche Verfahren in § 102 Abs. 1 lit. a bis h WRG 1959 abschließend geregelt sei. Gestützt auf Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens sei dem Revisionswerber im wasserrechtlichen Verfahren keine Parteistellung einzuräumen. Dementsprechend sei der Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung der Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

3. Der Revisionswerber erhob mit Eingabe vom Berufung an den zu diesem Zeitpunkt zuständigen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW). In dieser Berufung berief er sich wieder auf Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens, diesmal erstmals in Verbindung mit der Verletzung von Bestimmungen der WRRL; ein zentrales Element der WRRL sei das Verschlechterungsverbot. Dieses besage im Wesentlichen, dass Projekte, die dazu führten, dass der (ökologische oder chemische) Zustand eines Gewässers verschlechtert werde, nur unter gewissen Voraussetzungen zulässig seien. Die Bestimmung betreffend Ausnahmen vom Verschlechterungsverbot würde in Österreich durch § 104a WRG 1959 umgesetzt. Die Verwirklichung des beantragten Projektes würde zu einer Verschlechterung des ökologischen Zustandes führen, ohne dass die Voraussetzungen des § 104a WRG erfüllt seien. Aus näher dargestellten Gründen dürfe daher das vorliegende Projekt nicht genehmigt werden.

4. Mit dem Erkenntnis vom wies das nunmehr zuständige Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) die als Beschwerde zu wertende Berufung des Revisionswerber als unbegründet ab.

Aus der Begründung geht hervor, dass dem Revisionswerber allein aus Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens keine Parteistellung zukomme. Im WRG 1959 selbst sei keine Bestimmung normiert, welche anerkannten Umweltorganisationen - wie dem Revisionswerber - Parteistellung einräume. Die Verwaltungsbehörde habe den Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung der Parteistellung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

5. Der Revisionswerber macht in seiner Revision geltend, dass im Zusammenspiel von WRRL und des Aarhus-Übereinkommens sein rechtliches Interesse weit auszulegen sei. Gerade im Zusammenhang mit Umweltorganisationen, welche sogar objektive Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht wahrnehmen könnten, sei eine Parteistellung aus dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot abzuleiten. Insofern könne der Revisionswerber das öffentliche Interesse geltend machen.

6. Die Ö GmbH erstattete als mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zulässigkeit der Revision in Frage stellte und ihre kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung beantragte.

II. Die maßgeblichen Bestimmungen des Unionsrechts:

1. Art. 2 Z. 4 und 5 sowie Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens haben folgenden Wortlaut:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens

1.

...

4.

bedeutet 'Öffentlichkeit' eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;

5. bedeutet 'betroffene Öffentlichkeit' die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben nichtstaatliche Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse.

Artikel 9

Zugang zu Gerichten

(1) ...

(3) Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen."

2. Die WRRL hat im Zusammenhang mit dem von dem Revisionswerber geltend gemachten Anspruch auf Beachtung des Verschlechterungsverbotes folgenden (auszugsweisen) Wortlaut:

"Artikel 4

Umweltziele

(1) In Bezug auf die Umsetzung der in den Bewirtschaftungsplänen für die Einzugsgebiete festgelegten Maßnahmenprogramme gilt folgendes:

a)

bei Oberflächengewässern:

i)

die Mitgliedstaaten führen, vorbehaltlich der Anwendung der Absätze 6 und 7 und unbeschadet des Absatzes 8, die notwendigen Maßnahmen durch, um eine Verschlechterung des Zustands aller Oberflächenwasserkörper zu verhindern;

ii) ...

(4) Die in Absatz 1 vorgesehenen Fristen können zum Zweck der stufenweisen Umsetzung der Ziele für Wasserkörper verlängert werden, sofern sich der Zustand des beeinträchtigten Wasserkörpers nicht weiter verschlechtert und die folgenden Bedingungen alle erfüllt sind:

...

(5) Die Mitgliedstaaten können sich für bestimmte Wasserkörper die Verwirklichung weniger strenger Umweltziele als in Absatz 1 gefordert vornehmen, wenn sie durch menschliche Tätigkeiten, wie gemäß Artikel 5 Absatz 1 festgelegt, so beeinträchtigt sind oder ihre natürlichen Gegebenheiten so beschaffen sind, dass das Erreichen dieser Ziele in der Praxis nicht möglich oder unverhältnismäßig teuer wäre, und die folgenden Bedingungen alle erfüllt sind:

...

(6) Eine vorübergehende Verschlechterung des Zustands von Wasserkörpern verstößt nicht gegen die Anforderungen dieser Richtlinie, wenn sie durch aus natürlichen Ursachen herrührende oder durch höhere Gewalt bedingte Umstände, die außergewöhnlich sind oder nach vernünftiger Einschätzung nicht vorhersehbar waren, insbesondere starke Überschwemmungen oder lang anhaltende Dürren, oder durch Umstände bedingt sind, die durch nach vernünftiger Einschätzung nicht vorhersehbare Unfälle entstanden sind, und wenn sämtliche nachstehenden Bedingungen erfüllt sind:

...

(7) Die Mitgliedstaaten verstoßen nicht gegen diese Richtlinie, wenn:

...

(8) Ein Mitgliedstaat, der die Absätze 3, 4, 5, 6 und 7 zur Anwendung bringt, trägt dafür Sorge, dass dies die Verwirklichung der Ziele dieser Richtlinie in anderen Wasserkörpern innerhalb derselben Flussgebietseinheit nicht dauerhaft ausschließt oder gefährdet und mit den sonstigen gemeinschaftlichen Umweltschutzvorschriften vereinbar ist.

(9) ..."

III. Die maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts:

1. Die hier relevanten Bestimmungen des AVG haben folgenden Wortlaut:

"§ 41. (1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies an der Amtstafel der Gemeinde, durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung oder durch Verlautbarung im elektronischen Amtsblatt der Behörde kundzumachen.

(2) Die Verhandlung ist so anzuberaumen, dass die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekanntzugeben.

§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.

(2) ..."

2. In Umsetzung der WRRL und des dort verankerten Verschlechterungsverbotes wurden durch die WRG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 82/2003, mehrere Bestimmungen des WRG 1959 neu formuliert und neue Bestimmungen ins WRG 1959 eingefügt. Stellvertretend für diese seien hier die Bestimmungen der §§ 30a Abs. 1 und § 104a WRG 1959 genannt:

"§ 30a. (1) Oberflächengewässer einschließlich erheblich veränderter und künstlicher Gewässer (§ 30b) sind derart zu schützen, zu verbessern und zu sanieren, dass - unbeschadet § 104a - eine Verschlechterung des jeweiligen Zustandes verhindert und - unbeschadet der §§ 30e und 30f - bis spätestens der Zielzustand erreicht wird. Der Zielzustand in einem Oberflächengewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen und einem guten chemischen Zustand befindet. Der Zielzustand in einem erheblich veränderten oder künstlichen Gewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen Potential und einem guten chemischen Zustand befindet.

(2) ...

Vorhaben mit Auswirkungen auf den Gewässerzustand

§ 104a. (1) Vorhaben, bei denen

1. durch Änderungen der hydromorphologischen Eigenschaften eines Oberflächenwasserkörpers oder durch Änderungen des Wasserspiegels von Grundwasserkörpern

a) mit dem Nichterreichen eines guten Grundwasserzustandes, eines guten ökologischen Zustandes oder gegebenenfalls eines guten ökologischen Potentials oder

b)mit einer Verschlechterung des Zustandes eines Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers zu rechnen ist,

2. durch Schadstoffeinträge mit einer Verschlechterung von einem sehr guten zu einem guten Zustand eines Oberflächenwasserkörpers in der Folge einer neuen nachhaltigen Entwicklungstätigkeit zu rechnen ist,

sind jedenfalls Vorhaben, bei denen Auswirkungen auf öffentliche Rücksichten zu erwarten sind (§§ 104 Abs. 1, 106).

(2) Eine Bewilligung für Vorhaben gemäß Abs. 1, die einer Bewilligung oder Genehmigung auf Grund oder in Mitanwendung wasserrechtlicher Bestimmungen bedürfen, kann nur erteilt werden, wenn die Prüfung öffentlicher Interessen (§§ 104, 105) ergeben hat, dass

1. alle praktikablen Vorkehrungen getroffen wurden, um die negativen Auswirkungen auf den Zustand des Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers zu mindern und

2. die Gründe für die Änderungen von übergeordnetem öffentlichem Interesse sind und/oder, dass der Nutzen, den die Verwirklichung der in §§ 30a, c und d genannten Ziele für die Umwelt und die Gesellschaft hat, durch den Nutzen der neuen Änderungen für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der Sicherheit der Menschen oder die nachhaltige Entwicklung übertroffen wird und

3. die nutzbringenden Ziele, denen diese Änderungen des Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers dienen sollen, aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder auf Grund unverhältnismäßiger Kosten nicht durch andere Mittel, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen, erreicht werden können.

(3) ...

(4) Die Gründe für ein Abweichen vom Verschlechterungsverbot sind im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (§ 55c) im Einzelnen darzulegen und die Ziele alle sechs Jahre zu überprüfen (§§ 133 Abs. 6, 135)."

Die Bestimmungen der Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren finden sich in den §§ 12 Abs. 2, 15 Abs. 1 und 102 Abs. 1 lit. a und lit. b WRG 1959 und haben folgenden Wortlaut:

"§ 12. (1) ...

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

(3) ...

§ 15. (1) Die Fischereiberechtigten können anlässlich der Bewilligung von Vorhaben mit nachteiligen Folgen für ihre Fischwässer Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehren. Dem Begehren ist Rechnung zu tragen, insoweit hiedurch das geplante Vorhaben nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Für sämtliche aus einem Vorhaben erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile gebührt den Fischereiberechtigten eine angemessene Entschädigung (§ 117).

(2) ...

§ 102. (1) Parteien sind:

a)

der Antragsteller;

b)

diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

ferner"

IV. Zur Vorlageberechtigung:

Der Verwaltungsgerichtshof ist ein Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass sich bei der Entscheidung des von ihm zu beurteilenden Revisionsfalles die im gegenständlichen Ersuchen um Vorabentscheidung angeführten und im Folgenden näher erörterten Fragen der Auslegung des Unionsrechts stellen.

V. Erläuterung der Vorlagefragen:

1. Vorauszuschicken ist, dass es sich im vorliegenden Fall um kein Verfahren handelt, das einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen gewesen wäre; die Bestimmungen der UVP-RL sind daher im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Es handelt sich vielmehr um ein (einfaches) wasserrechtliches Bewilligungsverfahren, das allein auf der Grundlage des WRG 1959 durchzuführen und zu entscheiden war.

2. Gegen die Annahme der Parteistellung der Umweltorganisation in diesem wasserrechtlichen Verfahren können zwei Argumentationslinien ins Treffen geführt werde:

2.1. Im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren bestimmt sich der Parteienkreis nach § 102 Abs. 1 lit. a und lit. b WRG 1959. Auch wenn dieser Aufzählung kein abschließender Charakter zukommt, kommt eine darauf gründende Parteistellung für Umweltorganisationen, denen keine subjektiv-öffentlichen Rechte zukommen, nicht in Betracht. Eine ausdrückliche Zuerkennung einer Parteistellung einer Umweltorganisation als Formalpartei, wo die Berührung subjektiv-öffentlicher Rechte nicht nachgewiesen werden müsste, findet sich im WRG 1959 nicht.

Allein vor dem Hintergrund der innerstaatlichen Rechtslage kam dem Revisionswerber keine Parteistellung zu. Auch aus der Aarhus-Konvention konnte eine solche Parteistellung nicht unmittelbar abgeleitet werden.

2.2. Ginge man aber von einer Parteistellung des Revisionswerbers im Verwaltungsverfahren aus, so hätte er seine Parteistellung wieder verloren.

Auch den Inhabern bestehender wasserrechtlich geschützter Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 und den Fischereiberechtigten nach § 15 WRG 1959 kommt nämlich Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nur dann zu, wenn sie eine Verletzung dieser wasserrechtlich geschützten Rechte im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde rechtzeitig geltend machen; auf die Verletzung allfälliger anderer Rechte kann eine Parteistellung im Wasserrechtsverfahren nicht gestützt werden.

Der Revisionswerber berief sich im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde lediglich auf § 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens. Selbst wenn ihm Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zugekommen wäre, so verabsäumte er, im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde rechtzeitig Einwendungen zu erstatten, die die Verletzung eines wasserrechtlich geschützten Rechtes zum Gegenstand hatten.

Einer Nachholung von wasserrechtlich relevanten Einwendungen steht die Bestimmung des § 42 AVG entgegen, wonach die Stellung als Partei verloren geht, wenn nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhoben werden. Demzufolge ging das LVwG auch davon aus, dass - wenn dem Revisionswerber überhaupt die Stellung als Partei im Verfahren zugekommen wäre - diese mangels rechtzeitig erhobener wasserrechtlich relevanter Einwendungen verloren gegangen wäre.

2.3. Gemäß Art. 132 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Demnach können nur diejenigen natürlichen oder juristischen Personen eine solche Beeinträchtigung von Rechten mit Beschwerde an ein Gericht (hier: LVwG) geltend machen, denen in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung zukam oder zuerkannt wurde.

Parteistellung im Verwaltungsverfahren und die Befugnis zur Beschwerdeerhebung an ein Verwaltungsgericht hängen nach der innerstaatlichen Rechtslage somit unmittelbar zusammen. Der Verlust der Parteistellung im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde führt daher in einem Bewilligungsverfahren auch zum Verlust der Beschwerdelegitimation an das Verwaltungsgericht.

3. Zur ersten Vorlagefrage:

3.1. Der Revisionswerber beruft sich im Verfahren vor dem LVwG in Bezug auf seine Parteistellung auf Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens in Verbindung mit dem Unionsrecht, insbesondere der WRRL.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind die Vorschriften dieses Übereinkommens integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung (vgl. dazu die Urteile vom , IATA und ELFAA, C-344/04, Randnr. 36, und vom , Kommission/Irland, C-459/03, Randnr. 82). Im Rahmen dieser Rechtsordnung ist demnach der Gerichtshof dafür zuständig, im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung dieses Übereinkommens zu befinden (vgl. dazu das Urteil vom , C-240/09, Lesoochranarske zoskupenie, Randnr. 30).

3.2. Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens spricht von "Mitgliedern der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen". Dem Revisionswerber kommt als innerstaatlich anerkannter Umweltorganisation der Status der "betroffenen Öffentlichkeit" bzw. des "Mitglieds der Öffentlichkeit" im Sinne des Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens zu. Er kann daher gegebenenfalls die aus dieser Bestimmung ableitbaren Rechte geltend machen.

3.3. Im vorliegenden Fall betrifft der Ausgangsrechtsstreit die Frage, ob eine Umweltschutzvereinigung Partei oder rechtsmittelbefugt in einem Verfahren sein kann, das die wasserrechtliche Genehmigung einer Wasserkraftanlage zum Inhalt hat, wobei behauptetermaßen dabei gegen das in der WRRL gründende Verschlechterungsverbot verstoßen wird. Dieser Rechtsstreit unterliegt dem Unionsrecht (vgl. dazu das , Lesoochranarske zoskupenie, Randnr. 37 und 38).

Im zitierten Urteil des EuGH heißt es in Beantwortung der ersten Vorlagefrage, dass Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens keine unmittelbare Wirkung hat (vgl. in diese Richtung gehend auch das Stichting Natuur en Milieu, C-404/12P, Randnr. 53).

Die Berufung allein auf diese Bestimmung des Übereinkommens vermag daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes dem Revisionswerber keine Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zu verschaffen.

3.4. Nach dem , Lesoochranarske zoskupenie, ist das Verfahrensrecht in Bezug auf die Voraussetzungen, die für die Einleitung eines verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Überprüfungsverfahrens vorliegen müssen, so weit wie möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Art. 9 Abs. 3 dieses Übereinkommens als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte auszulegen, um es einer Umweltschutzorganisation zu ermöglichen, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, das möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten.

Die Parteistellung und/oder das Anfechtungsrecht von Entscheidungen stehen einer Umweltorganisation daher insoweit zu, als es um den Rechtsschutz für die "durch das Unionsrecht verliehenen Rechte" geht.

3.5. Diese durch das Unionsrecht verliehenen Rechte könnten im vorliegenden Fall in der WRRL begründet sein; der Revisionswerber beruft sich diesbezüglich auf das Verschlechterungsverbot, das in Art. 4 Abs. 1 der WRRL seine Grundlage findet.

Das Verschlechterungsverbot ist ein zentrales Element der WRRL. Es besagt im Wesentlichen, dass Projekte, die dazu führen, dass der (ökologische oder chemische) Zustand eines Gewässers verschlechtert wird, nur unter gewissen Voraussetzungen zulässig sind. Die WRRL beinhaltet in ihrem Art. 4 an die Mitgliedstaaten gerichtete Verpflichtungen, um die dort genannten Umweltziele umzusetzen; in den Absätzen 5 bis 7 des Art. 4 der WRRL werden aber auch die Voraussetzungen für die Festsetzung weniger strenger Umweltziele (Abs. 4), für die Toleranz einer vorübergehenden Verschlechterung des Zustands von Wasserkörpern (Abs. 5) oder für das Nichterreichen anzustrebender Gewässerzustände bzw. das Nichtverhindern einer Verschlechterung (Abs. 7) festgelegt. Das Verschlechterungsverbot ist daher zwar eine grundsätzliche Maxime verwaltungsbehördlichen Handelns, es gilt aber keinesfalls uneingeschränkt oder absolut.

Fraglich ist daher, ob sich eine Umweltorganisation auf die Wahrung des Verschlechterungsverbots (des Art. 4 der WRRL) als ein ihr zukommendes Recht berufen kann und ob ihr eine solche Bezugnahme in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren eine Rechtsposition einräumt, die zum Schutz dieses Rechtes nach Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren mit sich bringt.

Die erste Vorlagefrage bezieht sich daher darauf, ob das in der WRRL (insbesondere in Art. 4 leg. cit.) zum Ausdruck kommende Verschlechterungsverbot oder die WRRL als solche einer Umweltorganisation in einem Verfahren, das keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, Rechte einräumt, zu deren Schutz sie nach Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben muss.

4. Zur zweiten Vorlagefrage:

Für den Fall, dass einer Umweltorganisation ein solches Recht erwächst, stellt sich die zweite Vorlagefrage.

Der Revisionswerber hat es nämlich unterlassen, eine Rechtsverletzung im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde geltend zu machen. Erst im Verfahren vor dem LVwG hat er sich auf seine aus der WRRL erwachsenden Rechte und damit auf Aspekte berufen, die in einem wasserrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen sind.

Nach dem , Lesoochranarske zoskupenie, müssen die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen so weit als möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Art. 9 Abs. 3 dieses Übereinkommens als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte ausgelegt werden, um es einer Umweltschutzorganisation zu ermöglichen, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, das möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten.

Demzufolge könnte es für die Wahrung der Rechte einer Umweltorganisation ausreichen, eine Entscheidung anfechten zu können, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist. Für den vorliegenden Fall würde dies bedeuten, dass allein der Erhebung einer Beschwerde an das LVwG und deren Inhalt Relevanz zukäme. Auf die Unterlassung geeigneter Verfahrensschritte im Verfahren vor der Behörde käme es hingegen nicht an.

Umgekehrt wäre es aber auch nicht ausgeschlossen, einer Umweltorganisation vor dem Hintergrund der Effektivität des Rechtsschutzes bereits das Recht zuzusprechen, auch im Verfahren vor der Behörde als Verfahrenspartei aufzutreten und Einwendungen in einem früheren Verfahrensstadium zu Gehör bringen zu können. Dafür spräche der Umstand, dass bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren auf die Einwendungen reagiert und sie fachlich geprüft werden könnten. Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens scheint jedoch nur eine Rechtsstellung zu vermitteln, die ein Einschreiten im Verfahren vor dem Gericht (hier: im Verfahren vor dem LVwG) ermöglicht.

Vor diesem Hintergrund ist die zweite Vorlagefrage zu verstehen; fraglich ist, ob es nach den Bestimmungen des Aarhus-Übereinkommens geboten ist, dass die einer Umweltorganisation (aus der WRRL) erfließenden Rechte bereits im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde geltend gemacht werden können oder ob die Möglichkeit einer Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde genügt.

5. Zur dritten Vorlagefrage:

Nimmt nun eine Umweltorganisation bereits im behördlichen Verfahrensstadium als Verfahrenspartei teil, stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit einer verfahrensrechtlichen Vorschrift über den Verlust der Parteistellung in Folge der Anwendung der Präklusionsregelung des § 42 AVG.

Nach dieser Bestimmung verliert eine Person ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Mit dem Verlust der Parteistellung im Bewilligungsverfahren geht auch der Verlust der Beschwerdelegitimation an das Verwaltungsgericht einher.

Vor dem Hintergrund des zu den Bestimmungen der UVP-RL und der Industrie-Emissions-RL 20120/75/EU ergangenen , stellt sich daher im vorliegenden Fall die Frage, ob auch in einem Verfahren, das nicht an den einschlägigen Vorschriften der UVP-RL zu messen ist und demgemäß in Bezug auf die Umweltauswirkungen regelmäßig Vorhaben geringerer Bedeutung zum Inhalt hat, die durch den Verlust der Parteistellung eintretende Beschränkung der Anfechtbarkeit der Rechtmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen gegen den Grundsatz des Zugangs zu Gericht verstößt und den effektiven gerichtlichen Rechtsschutz der betroffenen Öffentlichkeit unzulässigerweise einschränkt.

Dagegen kann eingewendet werden, dass mit dieser Rechtsvorschrift die Rechtssicherheit und die Effizienz verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Verfahren gewährleistet wird, zumal es den Umweltorganisationen ja frei steht, rechtzeitig entsprechende Einwendungen zu erheben, um eine umfassende materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Kontrolle in diesen Verfahren, die in Bezug auf die Umweltauswirkungen regelmäßig Vorhaben geringerer Bedeutung (als die einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehenden Vorhaben) zum Inhalt haben, zu bewirken. Mit dem Aarhus-Übereinkommen wird der Zugang der Umweltorganisationen zu diesen Verfahren gesichert; die nähere Ausgestaltung wird aber dem innerstaatlichen Verfahrensrecht überlassen, das im Sinne der Verfahrensökonomie solche spezifische Verfahrensvorschriften trifft.

Daher ist die Frage zu stellen, ob auch eine Umweltorganisation in einem Bewilligungsverfahren vor der Verwaltungsbehörde der im Sinne der Verfahrensökonomie getroffenen Regelung des § 42 AVG unterliegt, wonach mangels rechtzeitiger Erhebung von Einwendungen die Parteistellung (wieder) verloren wird oder ob der Anwendbarkeit dieser Bestimmung das Gebot der Effizienz des Rechtsschutzes entgegen steht.

VI. Da die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht als derart offenkundig erscheint, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (vgl. hierzu das , Srl C.I.L.F.I.T. und andere, Slg. 1982, 3415), werden die eingangs formulierten Fragen gemäß Art. 267 AEUV mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung vorgelegt.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Beachte

* Vorabentscheidungsantrag mit Ra 2015/07/0051 B zurückgezogen

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Umweltverbandes W in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Bischofplatz 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG- 2014/19/0303-41, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol; mitbeteiligte Partei: Ö GmbH in U, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis vom , Ra 2015/07/0067, hat der

Verwaltungsgerichtshof das zitierte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

2 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt auch bei einer Revision die Beseitigung der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung - durch wen auch immer oder aus welchem Titel auch immer - die Klaglosstellung der revisionswerbenden Partei, wobei auch die (auf dem Boden des § 42 Abs. 3 VwGG rückwirkende) Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Revision eines Dritten eine Klaglosstellung nach sich zieht (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2015/03/0054, mwN).

3 Das Verfahren war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 1 VwGG gebildeten Senat einzustellen.

4 Der Kostenantrag der revisionswerbenden Partei ist darauf gerichtet, dass "das Land" der revisionswerbenden Partei die durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zu ersetzen habe. Gemäß § 47 Abs. 5 VwGG ist der dem Revisionswerber zu leistende Aufwandersatz von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat.

5 Die Vollziehung des WRG 1959 erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung. Kostenersatzpflichtiger Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG wäre daher der Bund. Da daneben keine Kostenersatzpflicht eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf die Inanspruchnahme des "Landes" gerichtete Antrag der revisionswerbenden Partei abzuweisen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom , Ra 2014/17/0029, und das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/07/0041).

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
12010E267 AEUV Art267;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4 Abs1;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4 Abs5;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4 Abs6;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4 Abs7;
32000L0060 Wasserrahmen-RL Art4;
32005D0370 AarhusKonvention Art2;
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs3;
32010L0075 Industrie-Emissions-RL;
32011L0092 UVP-RL;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
62003CJ0459 Kommission / Irland;
62004CJ0344 IATA und ELFAA VORAB;
62009CJ0240 Lesoochranarske zoskupenie VORAB;
62012CJ0404 Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe ;
62014CJ0137 Kommission / Deutschland;
AVG §42;
WRG 1959 §102 Abs1 lita;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §15;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015070051.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-50368

Feedback

Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,

die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen. Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.

Hinweis ausblenden