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VwGH 14.04.2016, Ra 2015/06/0115

VwGH 14.04.2016, Ra 2015/06/0115

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
VwGG §33 Abs1;
RS 1
Unter einer "Klaglosstellung" iSd § 33 Abs. 1 VwGG ist nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Entscheidung eingetreten ist (Hinweis B eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.092/A). § 33 Abs. 1 VwGG ist aber nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein (analoger) Einstellungsfall liegt auch dann vor, wenn beim Revisionswerber - objektiv - an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes kein rechtliches Interesse mehr besteht.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2014/18/0137 B RS 1
Normen
UVPG 2000 §19 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
RS 2
Die Revisionswerberin stützte ihre Parteistellung im Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 (ausschließlich) darauf, Bestandnehmerin einer Geschäftseinheit in der vom Erweiterungsvorhaben der mitbeteiligten Partei betroffenen Anlage zu sein. Unstrittig ist, dass die Revisionsweberin nicht mehr Bestandnehmerin ist und den Bestandgegenstand zurückgestellt hat. Die Revisionswerberin kann daher durch das angefochtene Erkenntnis, mit dem der mitbeteiligten Partei die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der "Erweiterung eines Centers" erteilt wurde, selbst wenn ihr als Bestandnehmerin Parteistellung zugekommen wäre, nicht mehr in subjektiven Rechten verletzt sein.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision der Cgesellschaft mbH in O, vertreten durch die Radel Stampf Supper Rechtsanwälte OG in 7210 Mattersburg, Brunnenplatz 5b, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W225 2106363- 1/9E, betreffend Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der "Erweiterung des D Centers", (mitbeteiligte Partei: O GmbH in P, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Burgenländische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom wurde der mitbeteiligten Partei die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der "Erweiterung des D Centers" erteilt. Zu den Einwendungen der Revisionswerberin wurde ausgeführt, dass juristische Personen nicht unter den Nachbarbegriff des § 19 Abs. 1 Z. 1 UVP-G 2000 fielen, weil sie durch ein Vorhaben niemals persönlich gefährdet oder belästigt werden könnten. Ebenso wenig (richtig: Ebenso) seien den Einwendungen der Revisionswerberin keine Ausführungen im Zusammenhang mit dem Schutz des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte immanent, die allenfalls eine Nachbarstellung und Parteistellung einer juristischen Person begründen würden.

2 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den vorgenannten Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften aus, die Revisionswerberin habe in dem verfahrensgegenständlichen Genehmigungsverfahren rechtzeitig Einwendungen erhoben, um als Nachbar gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 UVP-G 2000 Parteistellung zu erlangen. Juristische Personen fielen jedoch per se nicht unter den Nachbarbegriff der angeführten Bestimmung. Sie könnten durch ein Vorhaben nach dem UVP-G 2000 niemals persönlich gefährdet oder belästigt werden (Hinweis auf näher angeführte Literatur). Auch der Verwaltungsgerichtshof gehe davon aus, dass eine juristische Person nicht in ihrem Leben oder in ihrer Gesundheit gefährdet oder belästigt sein könne (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/04/0044, vom , Zl. 2005/04/0065, und vom , Zl. 2003/04/0159). Aus diesen Überlegungen heraus vermöge sich das Verwaltungsgericht den Ausführungen der Revisionswerberin, wonach auch die Parteistellung einer juristischen Person, deren Unternehmensbereich durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand eines Vorhabens nach dem UVP-G 2000 belästigt oder gefährdet werden könnte, zu bejahen sei, nicht anzuschließen. Als juristische Person werde die Revisionswerberin durch das gegenständliche Vorhaben in ihrem Unternehmensbereich weder persönlich gefährdet noch belästigt.

Zwar könne einer juristischen Person gegebenenfalls als Eigentümerin oder sonst dinglich Berechtigte zum Schutz des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte Nachbar- und Parteistellung gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 UVP-G 2000 zukommen (Hinweis auf näher angeführte Literatur). Im Rahmen des zwischen der Revisionswerberin und der mitbeteiligten Partei geschlossenen Bestandvertrages betreffend die Geschäftseinheit XY im D Center sei der Revisionswerberin lediglich die Stellung der Bestandnehmerin zugekommen. Dieser Bestandvertrag sei seitens der mitbeteiligten Partei zum aus wichtigem Grund aufgelöst worden. Mit näher angeführtem Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom sei dem Räumungsbegehren der mitbeteiligten Partei stattgegeben worden; die dagegen erhobene Berufung der Revisionswerberin sei mit näher angeführten Urteil des Landesgerichtes (für Zivilrechtssachen Wien) vom abgewiesen worden. Da somit in Bezug auf das geplante Vorhaben weder das Eigentum noch sonstige dingliche Rechte der Revisionswerberin gefährdet seien, ergebe sich auch hieraus nicht deren Parteistellung im gegenständlichen Genehmigungsverfahren.

3 Die mitbeteiligte Partei teilte mit Schreiben vom  mit, dass die Revisionswerberin die Geschäftseinheit XY im D Center am geräumt und an die mitbeteiligte Partei zurückgestellt habe.

4 Im Hinblick darauf wurde die Revisionswerberin mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom um Bekanntgabe ersucht, ob und gegebenenfalls in welchen subjektiven Rechten sie sich durch das angefochtene Erkenntnis (noch) verletzt erachtet.

5 In ihrer Äußerung mit Schreiben vom gab die Revisionswerberin als richtig zu, die Geschäftseinheit XY im D Center am geräumt und an die mitbeteiligte Partei zurückgestellt zu haben. Sie habe aber mit verbücherungsfähigem Kaufvertrag vom  mit näher angeführter GesmbH die Grundstücke 2383/29 und 2383/35 im Ausmaß von je 1458 m2 erworben. Eine Beschwer bestehe immer noch und sei durch den (derzeit noch außerbücherlichen) Erwerb der angeführten Grundstücke weiterhin gegeben.

6 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist die Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde. Unter einer "Klaglosstellung" in diesem Sinne ist nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Entscheidung eingetreten ist.

7 § 33 Abs. 1 VwGG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein (analoger) Einstellungsfall liegt auch dann vor, wenn beim Revisionswerber - objektiv - an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes kein rechtliches Interesse mehr besteht (vgl. zum Beispiel den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2014/18/0137).

8 Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Revisionswerberin stützte ihre Parteistellung im verfahrensgegenständlichen Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 (ausschließlich) darauf, Bestandnehmerin einer Geschäftseinheit in der vom Erweiterungsvorhaben der mitbeteiligten Partei betroffenen Anlage zu sein. Unstrittig ist, dass die Revisionsweberin nicht mehr Bestandnehmerin ist und den Bestandgegenstand am zurückgestellt hat. Die Revisionswerberin kann daher durch das angefochtene Erkenntnis, selbst wenn ihr als Bestandnehmerin Parteistellung zugekommen wäre, nicht mehr in subjektiven Rechten verletzt sein.

Soweit die Revisionswerberin in der Äußerung vom vorbringt, sie habe mit verbücherungsfähigem Kaufvertrag vom (und damit nach Erlassung des in Revision gezogenen Erkenntnisses) näher bezeichnete Grundstücke erworben und es komme ihr daher als außerbücherliche Eigentümerin Parteistellung zu, ist sie darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. aus jüngerer Zeit etwa den Beschluss vom , Zl. Ra 2015/11/0055, mwN) das Verwaltungsgericht seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten hat.

9 Zufolge des Wegfalls eines rechtlichen Interesses der Revisionswerberin an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes war die vorliegende Revision somit - in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG - als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

10 Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des in Revision gezogenen Erkenntnisses nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist - weder die Auffassung des Verwaltungsgerichtes noch die der Revisionswerberin kann von vornherein als zutreffend oder unzutreffend angesehen werden - und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Satz VwGG).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
UVPG 2000 §19 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2015060115.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-50351