Suchen Hilfe
VwGH 14.10.2015, Ra 2015/04/0055

VwGH 14.10.2015, Ra 2015/04/0055

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
RS 1
Zur Frage, wo die Grenze zwischen einer - nach § 13 Abs. 8 AVG unzulässigen - wesentlichen Antragsänderung und einer zulässigen unwesentlichen Antragsänderung liegt, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dies sei letztlich eine Wertungsfrage, wobei darauf abzustellen sei, ob das Vorhaben durch die Änderung in einer für andere Beteiligte nachteiligen Weise oder so geändert werde, dass zusätzliche oder neue Gefährdungen entstehen (Hinweis Erkenntnisse vom , 2007/09/0122, und - zu § 74 GewO 1994 - vom , 2003/04/0190, 0191, jeweils mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision der H GmbH in F, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. LVwG-2/40/12-2014, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau; mitbeteiligte Parteien: 1. Ing. Mag. PP,

2. BT, 3. CM, 4. MB, 5. JB und 6. MB, alle in F und alle vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner, Dr. Robert Krivanec, Dr. Günther Ramsauer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 44), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom wurde der Revisionswerberin die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung ihrer - näher umschriebenen - gastgewerblichen Betriebsanlage erteilt.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dieser Bescheid vom Landesverwaltungsgericht Salzburg auf Grund der Beschwerde der mitbeteiligten Parteien gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG ersatzlos behoben und die ordentliche Revision dagegen an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.

In seiner Begründung wertete das Verwaltungsgericht das in der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen der Revisionswerberin zur Betriebszeit als wesentliche - und damit unzulässige - Antragsänderung und somit als neuen Antrag. Der bekämpfte Bescheid sei daher wegen der konkludenten Zurückziehung des ursprünglichen Antrages ersatzlos zu beheben gewesen.

2. Dagegen erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , E 1541/2014-4, ablehnte und sie mit Beschluss vom , E 1541/2014-6, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge erhob die Revisionswerberin die vorliegende außerordentliche Revision.

3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3. In der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Soweit zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht habe die beantragte Betriebszeit losgelöst vom Willen der Antragstellerin (Revisionswerberin) angenommen und es sei immer beabsichtigt gewesen, die Anlage entsprechend der touristischen Schisaison zu betreiben, ist zu erwidern, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen sind und es somit darauf ankommt, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/17/0025, mwN). Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte und nicht das Gewollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/07/0139, mwN).

Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht in der Zeitangabe "1. November bis 30. April" gegenüber der Zeitangabe "in den Wintermonaten" eine Antragsausdehnung erblickt hat. Der fallbezogen in vertretbarer Weise erfolgten Auslegung von Parteierklärungen kommt keine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Das Verwaltungsgericht ist - entgegen der Auffassung der Revisionswerberin - nicht vom hg. Erkenntnis vom , 2001/04/0156, abgewichen, zumal es in diesem Erkenntnis nicht um das Verhältnis zweier Parteierklärungen zueinander, sondern um die Frage der Bestimmtheit einer bescheidmäßig aufgetragenen Auflage ging.

Zur Frage, wo die Grenze zwischen einer - nach § 13 Abs. 8 AVG unzulässigen - wesentlichen Antragsänderung und einer zulässigen unwesentlichen Antragsänderung liegt, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dies sei letztlich eine Wertungsfrage, wobei darauf abzustellen sei, ob das Vorhaben durch die Änderung in einer für andere Beteiligte nachteiligen Weise oder so geändert werde, dass zusätzliche oder neue Gefährdungen entstehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2007/09/0122, und - zu § 74 GewO 1994 - vom , 2003/04/0190, 0191, jeweils mwN). Im erstzitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Qualifikation einer Ausweitung der Betriebszeiten als wesentliche Änderung als nicht unvertretbar angesehen. Ausgehend davon ist die im vorliegenden Fall erfolgte Einstufung der Ausdehnung der Betriebszeiten auf sechs Monate im Jahr als wesentlich nicht unvertretbar, zumal - entgegen der Auffassung der Revisionswerberin, die darin keine Änderung der Emissionssituation für die Nachbarn erblickt - dadurch über einen längeren Zeitraum hinweg Belästigungen herbeigeführt werden können. Zudem durfte das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang die Grenzen der Sache des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens berücksichtigen (siehe zu den Grenzen der Sache bei einer Antragsänderung im Zuge des Berufungsverfahrens vor Einführung der Verwaltungsgerichte das hg. Erkenntnis vom , 2013/12/0224, sowie zum unveränderten Verständnis dessen, was "Sache des Verfahrens" ist, das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/07/0002, 0003).

4. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015040055.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-50292

Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,

die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen. Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.

Hinweis ausblenden