VwGH 02.09.2014, Ra 2014/18/0006
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | VwGG §24 Abs1; VwGG §26 Abs1; VwGG §26 Abs3; VwGG §34 Abs1; VwGG §61; |
RS 1 | Gemäß § 24 Abs. 1 VwGG sind außerordentliche Revisionen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Der verfahrensgegenständliche Revisionsschriftsatz wurde entgegen dieser Bestimmung beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Wird ein fristgebundener Schriftsatz nicht bei der für dessen Einbringung gesetzmäßig vorgesehenen Stelle, sondern bei einer dafür unzuständigen Stelle eingebracht und von dieser weitergeleitet, dann ist die Frist nur gewahrt, wenn der Schriftsatz entweder vor Fristablauf bei der für die Einbringung zuständigen Stelle einlangt oder von der unzuständigen Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Weiterleitung an diese zur Post gegeben wurde (Hinweis B vom , Ro 2014/02/0096, mwN). Im vorliegenden Fall langte die außerordentliche Revision nach deren Weiterleitung beim Bundesverwaltungsgericht nach Ablauf der Revisionsfrist ein und ist daher als verspätet anzusehen. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen. |
Normen | |
RS 1 | Ist die Ursache für die Versäumung der Frist zur Einbringung einer außerordentlichen Revision eine unrichtige rechtliche Beurteilung der gesetzlich vorgesehenen Einbringungsstelle, die in den juristischen Aufgabenbereich des Rechtsvertreters selbst fällt, ist dem Rechtsvertreter im Hinblick auf diese in seinen Verantwortungsbereich fallende unzutreffende rechtliche Beurteilung ein eigenes Verschulden an der Verspätung der eingebrachten Revision anzulasten. An dieser Verantwortlichkeit ändert der Verweis auf das Zuarbeiten durch die Rechtsanwaltsanwärterin nichts. Das Verschulden des Rechtsvertreters kann hier jedoch in Hinblick auf die in diesem Zusammenhang zu klärende Rechtsfrage vor dem Hintergrund der umfassenden Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die eine Auseinandersetzung mit den in diesem Zusammenhang geänderten Behördenstrukturen erfordert, nicht nur als ein minderer Grad des Versehens qualifiziert werden (Hinweis B vom , 2013/02/0151, mwN). |
Entscheidungstext
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2014/21/0056 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klammer, in der Revisionssache der revisionswerbenden Partei M S in Wien, vertreten durch Mag. Kersten Bankler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. 1433806-1/5E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als verspätet zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichthofes vom wurde dem Revisionswerber die Verfahrenshilfe samt Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. 1433806-1/5E, bewilligt.
Mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien vom , Zl. Vz 615/2014, wurde aufgrund des oben genannten Beschlusses Mag. Kersten Bankler zum Vertreter des Revisionswerbers bestellt. Dieser Bestellungsbeschluss wurde dem Verfahrenshelfer am zugestellt.
Die direkt beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte außerordentliche Revision wurde aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet, wo sie am einlangte.
1.1. Der festgestellte zeitliche Verfahrenshergang ist aktenkundig und stimmt mit dem Vorbringen des Verfahrenshelfers zur Rechtzeitigkeit der Revision überein (zur Zugrundelegung der Angaben betreffend die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 94/18/0663).
2. Gemäß § 26 Abs. 3 VwGG beginnt die Revisionsfrist im Falle der Bewilligung der Verfahrenshilfe mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwalts an diesen. Ausgehend von diesem fristauslösenden Ereignis endete die Frist zur Erhebung der außerordentlichen Revision am .
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGG sind außerordentliche Revisionen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Der verfahrensgegenständliche Revisionsschriftsatz wurde entgegen dieser Bestimmung beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.
Wird ein fristgebundener Schriftsatz nicht bei der für dessen Einbringung gesetzmäßig vorgesehenen Stelle, sondern bei einer dafür unzuständigen Stelle eingebracht und von dieser weitergeleitet, dann ist die Frist nur gewahrt, wenn der Schriftsatz entweder vor Fristablauf bei der für die Einbringung zuständigen Stelle einlangt oder von der unzuständigen Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Weiterleitung an diese zur Post gegeben wurde (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. Ro 2014/02/0096, mwN).
Im vorliegenden Fall langte die außerordentliche Revision nach deren Weiterleitung - eine die Frist allenfalls wahrende Postaufgabe durch die weiterleitende Stelle kommt hier ausgehend von den Feststellungen nicht zum Tragen - beim Bundesverwaltungsgericht erst am , sohin nach Ablauf der Revisionsfrist, ein und ist daher als verspätet anzusehen.
3. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, unter Beiziehung des Schriftführers Mag. Klammer, über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des M S in W, vertreten durch Mag. Kersten Bankler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7, gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. 1433806-1/5E (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), betreffend eine Asylangelegenheit, im Umlaufweg den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Begründung
1. Mit Erkenntnis vom wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom erhobene Beschwerde des Antragstellers gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet ab und verwies das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück. Gleichzeitig sprach es aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Mit hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2014/18/0006- 12, wurde die außerordentliche Revision des Antragstellers als verspätet zurückgewiesen.
2. Mit Eingabe vom stellte der Antragsteller einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der außerordentlichen Revision.
Begründend führte er aus, die mit der Bearbeitung des Falles beauftragte Rechtsanwaltsanwärterin des bestellten Verfahrenshelfers sei aufgrund "eines unerklärbaren Lesefehlers" beim Lesen der Rechtsmittelbelehrung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, Rechtsmittel an den Verwaltungsgerichtshof seien unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Rechtsanwaltsanwärterin sei bereits oftmals mit der Überprüfung von Zuständigkeiten - auch von komplexen Sachverhalten mit Auslandsbezug - betraut gewesen und habe bisher stets sorgfältig und korrekt gearbeitet. Zudem sei der Verfahrenshelfer bei der Überwachung und Anleitung der Mitarbeiter außerordentlich genau und streng und sei die Rechtsanwaltsanwärterin von Anfang an aufgefordert und ermutigt worden, sich bei Fragen oder Unklarheiten an die Kanzleipartner zu wenden. Im Hinblick auf die Verwaltungsreform habe der Verfahrenshelfer die Rechtsanwaltsanwärterin darauf aufmerksam gemacht, die Zuständigkeitsänderungen genau zu überprüfen. Diese habe dem Verfahrenshelfer auch nach Heranziehung eines Lehrbuches mehrfach zugesichert, sämtliche Formvoraussetzungen beachtet zu haben. Darüber hinaus habe der Verfahrenshelfer vor Unterzeichnung der mehrfach korrekturgelesenen Revision nochmals nachgefragt, ob insbesondere die Einbringungsstelle richtig sei und habe dies die Rechtsanwaltsanwärterin nach nochmaligem Lesen der Rechtsmittelbelehrung bejaht. Die Einbringung der Revision bei der falschen Einbringungsstelle und die damit verbundene Fristversäumnis würden daher auf einem unvorhersehbaren bzw. unabwendbaren Ereignis aufgrund minderen Verschuldens beruhen.
3. Der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war bereits aus folgenden rechtlichen Gründen abzuweisen:
3.1. § 46 Abs. 1 VwGG lautet:
"Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."
3.2. Vorauszuschicken ist, dass das Vorbringen, das "Ereignis", welches den Antragsteller an der Einhaltung der Frist zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gehindert habe, sei darin gelegen, dass der Rechtsanwaltsanwärterin des Verfahrenshelfers bei der Prüfung der Einbringungsstelle für die außerordentliche Revision ein "unerklärbarer Lesefehler" unterlaufen sei, nichts daran ändert, dass es sich bei der vorgebrachten Ursache der Fristversäumnis letztlich um einen - auf welche Weise auch immer herbeigeführten - Rechtsirrtum handelt.
3.3. Der vorgebrachte Irrtum der juristischen Mitarbeiterin des Verfahrenshelfers kann die beantragte Wiedereinsetzung nicht erfolgreich begründen:
Ein Verschulden des Bevollmächtigten ist dem Verschulden einer Partei selbst gleichzuhalten. Hingegen trifft das Verschulden eines Kanzleibediensteten des Parteienvertreters nicht schlechthin die Partei. Allerdings vermag ein Versehen eines Kanzleibediensteten für einen Rechtsanwalt und damit für die von ihm vertretene Partei nur dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darzustellen, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber dem Kanzleiangestellten nachgekommen ist. Der bevollmächtigte Rechtsanwalt muss die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass die fristgerechte Setzung von mit Präklusion sanktionierten Prozesshandlungen sichergestellt wird. Dabei wird durch entsprechende Kontrolle dafür vorzusorgen sein, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (vgl. den hg. Beschluss vom , Zlen. 2008/17/0232 und 0233).
Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Frage, ob rein manipulative Tätigkeiten von einer Kanzleikraft auch tatsächlich und richtig durchgeführt bzw ausreichend überwacht wurden. Die Ursache für die Versäumung der Frist im gegenständlichen Fall ist vielmehr eine unrichtige rechtliche Beurteilung der gesetzlich vorgesehenen Einbringungsstelle für die außerordentliche Revision, die in den juristischen Aufgabenbereich des Rechtsvertreters selbst fällt. Dem Rechtsvertreter ist im Hinblick auf diese in seinen Verantwortungsbereich fallende unzutreffende rechtliche Beurteilung ein eigenes Verschulden an der Verspätung der eingebrachten Revision anzulasten. An dieser Verantwortlichkeit ändert der Verweis auf das Zuarbeiten durch die Rechtsanwaltsanwärterin nichts.
Das Verschulden des Rechtsvertreters kann hier jedoch in Hinblick auf die in diesem Zusammenhang zu klärende Rechtsfrage vor dem Hintergrund der umfassenden Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die eine Auseinandersetzung mit den in diesem Zusammenhang geänderten Behördenstrukturen erfordert, nicht nur als ein minderer Grad des Versehens qualifiziert werden (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 2013/02/0151, mwN).
Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag war daher gemäß § 46 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am
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Normen | VwGG §24 Abs1; VwGG §26 Abs1; VwGG §26 Abs3; VwGG §34 Abs1; VwGG §61; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014180006.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-50186