VwGH 16.10.2014, Ra 2014/16/0021
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, in der Revisionssache der S Ö in W, vertreten durch Dr. Bernhard Brehm, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Linke Wienzeile 124/10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7100167/2014, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für September 2010 bis Dezember 2011, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesfinanzgericht den Bescheid des Finanzamtes W vom , mit welchem das Finanzamt von der Revisionswerberin Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurückgefordert hatte, welche sie für ihren Sohn M für den Zeitraum September 2010 bis Dezember 2011 bezogen hatte.
Das Bundesfinanzgericht stützte sich dabei auf seine Tatsachenfeststellungen, dass im Streitzeitraum der Ehemann der Revisionswerberin in Ungarn gearbeitet habe und die Revisionswerberin mit ihm in aufrechter ehelicher Gemeinschaft mit ihrem Kind in Ungarn gewohnt und in Österreich keine Wohnung innegehabt habe. Vor dem Hintergrund des § 2 Abs. 1 und Abs. 8 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) und des Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABlEU Nr. L 166 vom idF der Berichtigung ABlEU Nr. L 200 vom folgerte das Bundesfinanzgericht rechtlich daraus, dass die Revisionswerberin im Streitzeitraum in Österreich keinen Wohnsitz und auch nicht den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gehabt habe.
Das Bundesfinanzgericht sprach in seinem Erkenntnis aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
Die vorliegende außerordentliche Revision erblickt ihre Zulässigkeit iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zusammengefasst darin, dass das Bundesfinanzgericht eine Reihe näher aufgeführter Verfahrensgrundsätze missachtet, darunter das Parteiengehör verletzt und gegen das Überraschungsverbot verstoßen habe. Weiters habe das Bundesfinanzgericht trotz einer "geradezu erdrückenden Beweislage" angenommen, dass sich die Revisionswerberin in Ungarn aufhalte.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die behauptete Verletzung des Parteiengehörs und die Missachtung des Überraschungsverbotes im Revisionsfall einen schwerwiegenden Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ro 2014/16/0014) darstellen würden. Die Revisionswerberin führt als konkrete Verletzung von Verfahrensvorschriften, welche sie dem Bundesfinanzgericht vorwirft, im Rahmen der gesonderten Zulässigkeitsgründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) nämlich an, das Bundesfinanzgericht hätte ihr vorhalten müssen, dass sie "offenbar" unentgeltlich eine Wohnung in Österreich bewohne. Dem im Akteninhalt gedeckten angefochtenen Erkenntnis ist allerdings zu entnehmen, dass der Revisionswerberin mit der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom vorgehalten wurde, die Revisionswerberin sei mehrmals erfolglos aufgefordert worden, einen Mietvertrag vorzulegen, habe aber angegeben, immer nur bei befreundeten Familien im Haushalt wohnhaft gewesen zu sein und in Österreich keine eigene Wohnung gehabt zu haben.
Die behauptete Verfahrensverletzung durch das Bundesfinanzgericht liegt demnach nicht vor.
Soweit die Revisionswerberin im Rahmen der gesonderten Zulässigkeitsgründe die "haarsträubende Begründung" bekämpft, welche das Bundesfinanzgericht zu seinen Tatsachenfeststellungen gelangen ließen, zeigt sie damit keine grundsätzliche Rechtsfrage, von deren Lösung die Revision abhinge, darüber hinaus nicht einmal eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes auf. Denn das Bundesfinanzgericht hat durchaus die für den Standpunkt der Revisionswerberin sprechenden Umstände der Geburt des Kindes der Revisionswerberin und dessen Impfungen in Österreich sowie das Absolvieren von positiven Prüfungen der Revisionswerberin im Rahmen ihres Studiums in Österreich berücksichtigt, andererseits die gegen die Revisionswerberin sprechenden Umstände der aufrechten ehelichen Gemeinschaft mit ihrem in Ungarn wohnenden Ehemann, die leichte Erreichbarkeit des Studienortes durch den in Ungarn in Grenznähe zu Österreich gelegenen gemeinsamen Familienwohnsitz und die Beschäftigung des Ehemannes in Ungarn für ausschlaggebend gehalten.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | 32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit Art11; B-VG Art133 Abs4; FamLAG 1967 §2 Abs1; FamLAG 1967 §2 Abs8; VwGG §28 Abs3; VwGG §34 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014160021.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-50171