Suchen Hilfe
VwGH 16.12.2014, Ra 2014/11/0081

VwGH 16.12.2014, Ra 2014/11/0081

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
RS 1
§ 7i Abs. 3 AVRAG 1993 stellt unter Strafe, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer "beschäftigt oder beschäftigt hat", ohne ihnen den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Lohn zu leisten. Schon das Verb "beschäftigen" stellt klar, dass die strafbare Handlung im gesetzwidrigen (weil unzureichend entlohnten) Beschäftigen des Arbeitnehmers liegt und als Dauerdelikt (vgl RV 1076 Blg NR 24 GP, 8) andauert, so lange die unterbezahlte Beschäftigung aufrecht erhalten wird. Hingegen ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass der Tatbestand auch durch das bloße Unterlassen der Nachzahlung erfüllt wird. Aus § 7i Abs. 4 letzter Satz AVRAG 1993 ergibt sich vielmehr, dass die Nachzahlung einen Milderungsgrund darstellt, nicht aber die Beendigung des Tatzeitraumes.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2014/11/0063 B RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Revision der Salzburger Gebietskrankenkasse in Salzburg, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Wilhelm-Spazier-Straße 2a, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. LVwG- 7/262/4-2014, betreffend Übertretung des AVRAG (belangte Behörde:

Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg in 5024 Salzburg; mitbeteiligte Partei: D F in D, vertreten durch Dr. Katharina Taudes, Rechtsanwältin 5020 Salzburg, Schrannengasse 10E), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Kostenersatzbegehren des Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Beschluss wurde das gegen den Mitbeteiligten wegen Übertretung des § 7i Abs. 3 AVRAG geführte Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG wegen Verfolgungsverjährung eingestellt. In den Entscheidungsgründen führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dem Mitbeteiligten sei in seiner Funktion als Arbeitgeber mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom erstmals angelastet worden, sechs namentlich genannten Arbeitnehmer/innen zwischen und (längstens) beschäftigt zu haben, ohne diesen den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn geleistet zu haben. Ausgehend vom Ende der Beschäftigungen (spätestens) am , durch welches das strafbare Verhalten aufgehört habe (§ 31 VStG), sei die gegenständlich maßgebende einjährige Verfolgungsverjährungsfrist (§ 7i Abs. 5 AVRAG) im Zeitpunkt der genannten ersten Verfolgungshandlung vom bereits verstrichen gewesen.

Das Verwaltungsgericht erklärte die Erhebung einer Revision gegen diesen Beschluss gemäß § 25a Abs. 1 VwGG für unzulässig.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3. Die Revisionswerberin erachtet ihre (auf § 7i Abs. 7 AVRAG gestützte) Revision ungeachtet des Ausspruches durch das Verwaltungsgericht für zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann eine Übertretung nach § 7i Abs. 3 AVRAG beendet sei und damit die Verjährungsfrist zu laufen beginne, nicht vorliege. Aus einem "Ministerialentwurf" zur Änderung des AVRAG und einer Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates sei aber zu entnehmen, dass es sich bei der Übertretung nach § 7i Abs. 3 AVRAG um ein Dauerdelikt handle, bei dem auch "das Bestehenlassen der Unterentlohnung" zum Tatbestand gehöre.

4. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

Ein Dauerdelikt liegt vor, wenn das strafbare Verhalten nicht nur in der die Herbeiführung, sondern auch in der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes besteht (vgl. die Judikaturzitate bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, E 277 ff. zu § 22 VStG und E 45 ff. zu § 31 VStG, und bei Raschauer/Wessely, VStG, Rn 26 zu § 1).

Der § 7i Abs. 3 AVRAG stellt unter Strafe, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer "beschäftigt oder beschäftigt hat", ohne ihnen den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Lohn zu leisten. Schon das Verb "beschäftigen" stellt klar, dass die strafbare Handlung im gesetzwidrigen (weil unzureichend entlohnten) Beschäftigen des Arbeitnehmers liegt und als Dauerdelikt (vgl. die RV 1076 Blg NR 24. GP, 8) andauert, so lange die unterbezahlte Beschäftigung aufrecht erhalten wird. Hingegen ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass der Tatbestand auch durch das bloße Unterlassen der Nachzahlung erfüllt wird. Aus § 7i Abs. 4 letzter Satz AVRAG ergibt sich vielmehr, dass die Nachzahlung einen Milderungsgrund darstellt, nicht aber die Beendigung des Tatzeitraumes (vgl. zum Ganzen die hg. Beschlüsse vom , Zl. Ra 2014/11/0061 und Zl. Ra 2014/11/0063).

5.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

6.

Für die ohne Einleitung des Vorverfahrens (§ 36 Abs. 1 VwGG) von der mitbeteiligten Partei unaufgefordert eingebrachte Revisionsbeantwortung gebührt kein Kostenersatz.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der
wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung
Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014110081.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-50137