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VwGH 22.10.2014, Ra 2014/11/0049

VwGH 22.10.2014, Ra 2014/11/0049

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
32006R0561 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art10 Abs2;
32006R0561 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art19 Abs1;
AZG §28 Abs5 Z6;
AZG §28;
RS 1
Der Einwand des Revisionswerbers, die gegenständliche Strafsanktionsnorm des § 28 AZG sei unionsrechtswidrig, weil durch den unmittelbaren anwendbaren Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 kein Spielraum für § 28 AZG bleibe (sodass die letztgenannte Norm nach Ansicht des Revisionswerbers kraft Anwendungsvorranges unangewendet zu bleiben habe), ist schon im Ansatz unrichtig. Die beiden genannten Normen regeln nämlich Unterschiedliches und ergänzen einander, stehen somit zueinander nicht im Widerspruch. Während die genannte Verordnungsbestimmung das gebotene Verhalten des Verkehrsunternehmens gegenüber den angestellten Fahrern normiert, werden durch § 28 AZG - der teils sogar direkt an der Verordnungsbestimmung anknüpft (vgl. Abs. 5 Z 6 leg. cit.) - die Sanktionen für ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers (fallbezogen: Verkehrsunternehmers) festgelegt. Dass die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 der Sanktionsnorm des § 28 AZG keineswegs entgegensteht, ergibt sich insbesondere auch daraus, dass Art. 19 Abs. 1 dieser Verordnung von den Mitgliedstaaten sogar explizit die Festlegung von Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung verlangt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2014/11/0052 B RS 2
Normen
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1a;
RS 2
Soweit die Revision vorbringt, es sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob an die Begründung eines Verwaltungsgerichtes in Bezug auf die Zulässigkeit einer Revision ein geringerer Maßstab anzusetzen sei als an die Begründung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision durch den Rechtsunterworfenen, genügt der Hinweis, dass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision (iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG) an den diesbezüglichen Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden ist und der Revisionswerber an der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht gehindert ist (Hinweis B vom , Ra 2014/09/0022).
Normen
AZG §28;
VStG §5 Abs1;
RS 3
Ein geeignetes Kontrollsystem (hinsichtlich der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten) hat nach der hg. Rechtsprechung nicht nur Vorkehrungen für die Kontrolle durch den Arbeitgeber (fallbezogen: Verkehrsunternehmer), sondern auch ein geeignetes Sanktionssystem bei Zuwiderhandeln des Arbeitnehmers (fallbezogen: des Lenkers) zu enthalten (Hinweis Erkenntnisse vom , 2005/03/0175, vom , 2007/11/0256, vom , 2010/11/0188, , 2010/11/0079, und vom , 2010/11/0193).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des L, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG- 2013/14/1821-2, betreffend Übertretungen des AZG, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Der Revisionswerber bekämpft mit der Revision die Abweisung seiner Beschwerde gegen ein Straferkenntnis, mit welchem ihm als zur Vertretung nach außen berufener Person der T. GmbH mehrere Übertretungen des AZG zur Last gelegt wurden. Es wurden Geldstrafen zwischen EUR 100,-- und EUR 500,-- verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen festgesetzt.

Mit der Revision ist der Antrag verbunden, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Begründet wird dieser Antrag im Wesentlichen damit, dass keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen stünden und mit dem Vollzug der angefochtenen Entscheidung für den Revsionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil iSd. § 30 Abs. 2 VwGG verbunden wäre.

2. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug der angefochtenen Entscheidung ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils aus der Verpflichtung zu einer Geldleistung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.381/A, sowie im "Revisionssystem" den hg. Beschluss vom , Zl. Ro 2014/15/0007) schon im Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung durch zahlenmäßige Angaben über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu konkretisieren. Erst die ausreichende und zudem glaubhaft dargetane Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung.

Mangels jeglicher Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Revisionswerbers konnte dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben werden.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Revision des L T in R, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG- 2013/14/1821-2, betreffend Übertretungen des AZG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis, mit welchem der Berufung (nunmehr: Beschwerde) gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde teilweise Folge gegeben wurde, wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer eines näher genannten Transportunternehmens zahlreiche, im Einzelnen unter Bezug auf die Auswertungen des Arbeitsinspektorats angeführte Übertretungen des AZG iVm. der Verordnung (EG) 561/2006 zu verantworten. Die Übertretungen, die sich detailliert aus den Tabellen zu den einzelnen Übertretungsgruppen ergeben, ereigneten sich während eines Zeitraums von Jänner bis März 2012. Über den Revisionswerber wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen Geldstrafen in der Höhe von EUR 72,-- bis EUR 500,-- (jeweils unter Androhung einer Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.2.1.1. Die Revision erblickt das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, dass das Verwaltungsgericht ohne Verweis auf eine bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine "offene Unionsrechtswidrigkeit" nicht behandelt habe und mit einer "Scheinbegründung" die ordentliche Revision zu hindern suche. Es sei offenkundig eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, inwiefern die Bestimmung des § 28 AZG neben Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 Bestand haben könne, da es dem österreichischen Gesetzgeber nach Rechtsprechung des EuGH (C-7/90) und nach den in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 statuierten Pflichten des Verkehrsunternehmers verboten sei, Zuwiderhandlungen von Fahrern gegen die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 als solche festzustellen und gleichsam durch "unerwiesene Fiktionen" Tathandlungen als erwiesen einem Verkehrsunternehmen zu unterstellen.

2.2.1.2. Mit diesem Vorbringen wird jedoch das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt, weil eine Unionsrechtswidrigkeit der vom Verwaltungsgericht angewendeten Normen klar nicht vorliegt:

Der Einwand der Revision, die gegenständliche Strafsanktionsnorm des § 28 AZG sei unionsrechtswidrig, ist nämlich schon im Ansatz unrichtig, weil § 28 AZG und Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 Unterschiedliches regeln, einander ergänzen, und somit zueinander nicht im Widerspruch stehen. Während die genannte Verordnungsbestimmung das gebotene Verhalten des Verkehrsunternehmens gegenüber den angestellten Fahrern normiert, werden durch § 28 AZG - der teils sogar direkt an der Verordnungsbestimmung anknüpft (vgl. Abs. 5 Z 6 leg. cit.) -

die Sanktionen für ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers (fallbezogen: Verkehrsunternehmers) festgelegt. Dass die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 der Sanktionsnorm des § 28 AZG keineswegs entgegensteht, ergibt sich insbesondere auch daraus, dass Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 von den Mitgliedstaaten sogar explizit die Festlegung von Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung verlangt (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2014/11/0052).

Auch mit dem Hinweis auf das , wird das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt. Aus diesem Urteil (Rn 16) ergibt sich entgegen dem Revisionsvorbringen ausdrücklich die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Unternehmers für seine Arbeitnehmer, die Lenk- und Ruhezeiten nicht einhalten (vgl. auch hiezu den bereits erwähnten hg. Beschluss vom ).

2.2.2. Soweit die Revision vorbringt, es sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob an die Begründung eines Verwaltungsgerichtes in Bezug auf die Zulässigkeit einer Revision ein geringerer Maßstab anzusetzen sei als an die Begründung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision durch den Rechtsunterworfenen, genügt der Hinweis, dass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision (iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG) an den diesbezüglichen Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden ist und der Revisionswerber an der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht gehindert war (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2014/09/0022).

2.2.3. Soweit die Revision schließlich das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erkennbar darin erblickt, dass das Verwaltungsgericht das vom Revisionswerber im Verfahren behauptete Vorliegen eines ausreichenden Kontrollsystems übergangen habe, so ist ihr zu entgegnen, dass auch damit - vor dem Hintergrund der unstrittig zahlreichen (insgesamt 32), zwölf Lenker betreffenden Verstöße betreffend Lenkzeiten und Pausen, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg ereigneten und teilweise als schwerwiegende Verstöße zu qualifizieren sind - nicht aufgezeigt wird, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung und Einschätzung des Kontrollsystems von der hg. Rechtsprechung abgewichen wäre (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/11/0100, und den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2014/11/0045 bis 0047). Ein geeignetes Kontrollsystem hat nach der hg. Rechtsprechung nämlich nicht nur Vorkehrungen für die Kontrolle durch den Arbeitgeber (fallbezogen: Verkehrsunternehmer), sondern auch ein geeignetes Sanktionssystem bei Zuwiderhandeln des Arbeitnehmers (fallbezogen: des Lenkers) zu enthalten (vgl. dazu zB die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/03/0175, vom , Zl. 2007/11/0256, vom , Zl. 2010/11/0188, , Zl. 2010/11/0079, und vom , Zl. 2010/11/0193).

2.3. Der erkennende Senat hat aus diesen Erwägungen beschlossen, die Revision zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
AZG;
VwGG §30 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014110049.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-50132