VwGH 10.12.2014, Ra 2014/09/0036
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG enthält eine ausdrückliche Regelung. § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG bezieht sich nach seinem eindeutigen Wortlaut im Zusammenhang mit dem Verweis auf § 3 AsylG 2005 ausschließlich auf jene Ausländer, die in Österreich Schutz vor Verfolgung suchten und denen der Status als Asylberechtigte in Österreich zuerkannt wurde. Es bedarf nicht der zusätzlichen (umgekehrten) Normierung, dass auf Ausländer, denen in anderen EU-Mitgliedsstaaten der "Asylstatus" zuerkannt worden sei, die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG nicht zutreffe, weil § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG im Verhältnis einer Ausnahmebestimmung zum Regelfall der grundsätzlichen Anwendung des AuslBG auf die Beschäftigung von Ausländern steht, weil dies aus dem Normtext bereits eindeutig hervorgeht. Ausnahmen sind grundsätzlich eng auszulegen (vgl. E , 2009/09/0080). |
Norm | FlKonv Art26; |
RS 2 | Die Genfer Flüchtlingskonvention gewährt anerkannten Flüchtlingen keine internationale Reisefreiheit, sondern nur Bewegungsfreiheit innerhalb des Staates, in dem sie als Flüchtlinge anerkannt wurden. In allen anderen Staaten sind sie wie jeder andere Fremde zu behandeln. Denn Art. 26 Genfer Flüchtlingskonvention regelt, dass die vertragschließenden Staaten den Flüchtlingen, die sich erlaubterweise auf ihrem Gebiete aufhalten, das Recht gewähren sollen, ihren Wohnort zu wählen und frei "innerhalb ihres Gebietes herumzureisen, genau so, wie dies auch Ausländern unter den gleichen Umständen freisteht". Flüchtlinge sind weiterhin Staatsbürger ihres Herkunftslandes und nicht als Staatsbürger ihres Aufnahmelandes anzusehen. |
Normen | FlKonv Art26; FrPolG 2005 §31; |
RS 3 | Die Genfer Flüchtlingskonvention bezieht sich nur auf Flüchtlinge, die sich "erlaubterweise" auf dem Gebiet eines vertragschließenden Staates aufhalten. Die Voraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden in Österreich werden in § 31 FrPolG 2005 geregelt. Keiner der dort genannten Tatbestände gewährt Flüchtlingen, die in anderen Staaten als solche anerkannt wurden, aus diesem Grund ein Aufenthaltsrecht in Österreich. |
Normen | AuslBG §28 Abs1 Z1 lita; AuslBG §3 Abs1; B-VG Art133 Abs4; UNO Resolution 217A(III) (1948) Art23; UNO Resolution 217A(III) (1948) Art30; VwGG §34 Abs1; VwRallg; |
RS 4 | Aus Art. 23 (iVm Art. 30) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Resolution 217 A (III) vom , die keine verbindliche Rechtsquelle des Völker- und innerstaatlichen Rechtes ist, ist für anerkannte Flüchtlinge kein über den Aufnahmestaat hinausgehendes unmittelbares und unbeschränktes Recht auf Arbeit ableitbar. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die außerordentliche Revision der revisionswerbenden Parteien *****, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW- 041/073/24820/2014-12, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht Wien: Magistrat der Stadt Wien, MBA für den
18. Bezirk), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurde der Erstrevisionswerber schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Zweitrevisionswerberin zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin neun näher bezeichnete Ausländer (Staatsangehörigkeit u.a. Afghanistan, Nigeria, Sudan) beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Erstrevisionswerber habe dadurch neun Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden neun Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Die Zweitrevisionswerberin hafte gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über den Erstrevisionswerber verhängten Geldstrafen und sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen zur ungeteilten Hand.
Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides entgegnete die belangte Behörde dem Vorbringen der Revisionswerber, die von ihnen Beschäftigten unterlägen als Konventionsflüchtlinge nicht den Bestimmungen des AuslBG, dass dies nur für jene Personen zutreffe, denen der (Flüchtlings-)Status nach österreichischen Recht, sohin des Asylgesetzes 2005, verliehen worden sei. Die Beschäftigten verfügten ungarische Konventionspässe bzw. polnische Aufenthaltstitel. Auch Aufenthaltstitel anderer Staaten könnten eine Bewilligung nach dem AuslBG nicht ersetzen.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGG hat die Revision, wenn das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision u.a. dann zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3) zu überprüfen.
Die Revisionswerber bringen zusammengefasst vor, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob Ausländer, denen in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union Asylstatus zuerkannt wurde, auf Grund dessen sie Zugang zum Arbeitsmarkt jenes Staates haben, auf Grund näher genannter Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention, des AEUV und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
"auch Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt haben, zumal das AuslBG keine ausdrückliche gegenteilige Regelung und auch einen Vorbehalt zu den genannten zwischen- und überstaatlichen Normen enthält."
Die Revisionswerber verkennen, dass die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG die von ihnen vermisste ausdrückliche Regelung enthält. Denn § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG bezieht sich nach seinem eindeutigen Wortlaut im Zusammenhang mit dem Verweis auf § 3 AsylG 2005 ausschließlich auf jene Ausländer, die in Österreich Schutz vor Verfolgung suchten und denen der Status als Asylberechtigte in Österreich zuerkannt wurde.
Da angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes schon die Ausgangsprämisse der Revisionswerber nicht zutrifft, zeigt das oben wiedergegebene Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision schon deshalb keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
Der Verwaltungsgerichtshof ergänzt darüber hinaus:
Es bedarf entgegen der Ansicht der Revisionswerber nicht der zusätzlichen (umgekehrten) Normierung, dass auf Ausländer, denen in anderen EU-Mitgliedsstaaten der "Asylstatus" zuerkannt worden sei, die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG nicht zutreffe, weil § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG im Verhältnis einer Ausnahmebestimmung zum Regelfall der grundsätzlichen Anwendung des AuslBG auf die Beschäftigung von Ausländern steht, weil dies aus dem Normtext bereits eindeutig hervorgeht. Ausnahmen sind grundsätzlich eng auszulegen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0080, mwN).
Zudem gewährt die Genfer Flüchtlingskonvention anerkannten Flüchtlingen entgegen der Behauptung der Revisionswerber keine internationale Reisefreiheit, sondern nur Bewegungsfreiheit innerhalb des Staates, in dem sie als Flüchtlinge anerkannt wurden. In allen anderen Staaten sind sie wie jeder andere Fremde zu behandeln. Denn Art. 26 Genfer Flüchtlingskonvention regelt, dass die vertragschließenden Staaten den Flüchtlingen, die sich erlaubterweise auf ihrem Gebiete aufhalten, das Recht gewähren sollen, ihren Wohnort zu wählen und frei "innerhalb ihres Gebietes herumzureisen, genau so, wie dies auch Ausländern unter den gleichen Umständen freisteht". Flüchtlinge sind weiterhin Staatsbürger ihres Herkunftslandes und nicht als Staatsbürger ihres Aufnahmelandes anzusehen.
Aus letzterem Grund kann im Zusammenhang mit der Flüchtlingseigenschaft auch kein Sachverhalt vorliegen, der unter "Art. 56 AEUV über die Dienstleistungsfreiheit" fallen könnte.
Die Flüchtlingskonvention bezieht sich nur auf Flüchtlinge, die sich "erlaubterweise" auf dem Gebiet eines vertragschließenden Staates aufhalten. Die Voraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden in Österreich werden in § 31 FPG geregelt. Keiner der dort genannten Tatbestände gewährt Flüchtlingen, die in anderen Staaten als solche anerkannt wurden, aus diesem Grund ein Aufenthaltsrecht in Österreich.
Auch aus dem vom Revisionswerber angezogenen Art. 23 (iVm Art. 30) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Resolution 217 A (III) vom , die keine verbindliche Rechtsquelle des Völker- und innerstaatlichen Rechtes ist, ist für anerkannte Flüchtlinge kein über den Aufnahmestaat hinausgehendes unmittelbares und unbeschränktes Recht auf Arbeit ableitbar.
In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AsylG 2005 §3; AuslBG §1 Abs2 lita; AuslBG §28 Abs1 Z1 lita; AuslBG §3 Abs1; B-VG Art133 Abs4; FlKonv Art26; FrPolG 2005 §31; UNO Resolution 217A(III) (1948) Art23; UNO Resolution 217A(III) (1948) Art30; VwGG §34 Abs1; VwRallg; |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014090036.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-50125