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VwGH 23.06.2014, Ra 2014/08/0001

VwGH 23.06.2014, Ra 2014/08/0001

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
RS 1
Die Unkenntnis der Gesetzeslage durch einen beruflichen Parteienvertreter stellt grundsätzlich keinen minderen Grad des Versehens dar, wobei eine rezente Änderung der Rechtslage besondere Aufmerksamkeit verdient.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Revision des *****, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-KO-13-2143, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes beträgt gemäß § 26 Abs. 1 VwGG sechs Wochen.

Die sechswöchige Frist hat im vorliegenden Fall mit der Zustellung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom am begonnen (§ 26 Abs. 1 Z 1 VwGG) und am geendet.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGG war die vorliegende Revision beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich einzubringen. Der Revisonswerber hat sie jedoch direkt beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, wo sie am eingelangt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 62 Abs. 1 VwGG iVm § 6 Abs. 1 AVG die Revision am an das für die Einbringung zuständige Landesverwaltungsgericht Niederösterreich weitergeleitet und sohin den Postenlauf an die richtige Stelle (§ 33 Abs. 3 AVG) nicht mehr innerhalb der Revisionsfrist in Gang setzen können. Die nach dem beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingelangte Revision ist verspätet.

Die Revision war wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Anträge des K. E. in H., vertreten durch die BMA Brandstätter Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wallnerstraße 3, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung gegen die Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision und betreffend Wiederaufnahme des Zurückweisungsverfahrens, den Beschluss gefasst:

Spruch

Den Anträgen wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit Beschluss vom hat der Verwaltungsgerichtshof eine außerordentliche Revision des Revisionswerbers gemäß § 26 Abs. 1 VwGG als verspätet zurückgewiesen. Zur Verspätung kam es, weil die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof statt an das zuständige Landesverwaltungsgericht Niederösterreich adressiert und entsprechend eingebracht worden war.

Mit dem nunmehrigen Wiedereinsetzungsantrag macht der Antragsteller geltend, er habe seinen Schulkollegen, Rechtsanwalt Dr. W. A. persönlich und mündlich damit beauftragt, sich "um diese Sache zu kümmern". Nun habe nicht Dr. W. A. selbst, sondern Mag. D. A. die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof statt richtigerweise an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich adressiert. Deren Verschulden könne dem Antragsteller nicht zugerechnet werden, weil er Mag. D. A. nicht bevollmächtigt habe. Darüber hinaus liege ein entschuldbarer Rechtsirrtum vor. In Anbetracht der "neuartigen Einbringungsverpflichtung" beim Verwaltungsgericht verwechsle auch ein sorgfältiger Anwalt leicht die Gerichte. "Gesprochen" würden sich die Gerichtsbezeichnungen "Verwaltungsgericht" und "Verwaltungsgerichtshof" stark ähneln.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens gehandelt hat.

Die Unkenntnis der Gesetzeslage durch einen beruflichen Parteienvertreter stellt grundsätzlich keinen minderen Grad des Versehens dar, wobei eine rezente Änderung der Rechtslage besondere Aufmerksamkeit verdient. (Im Übrigen blieb auch die Rechtsmittelbelehrung im damals angefochtenen Erkenntnis unbeachtet.) Der Revisionswerber hat auch nicht - wie er im Wiedereinsetzungsantrag behauptet - "Herrn Dr. W. A. selbst" mit seiner Vertretung betraut, sondern die A. Rechtsanwälte GmbH, die im Namen des Revisionswerbers die - von dem befugten Organ unterfertigte - außerordentliche Revision (mag sie auch von Mag. A. konzipiert worden sein) an den Verwaltungsgerichtshof adressiert und diese entsprechend eingebracht hat. Der bevollmächtigte Vertreter hätte bei Unterfertigung des Schriftsatzes prüfen müssen, ob er den Schriftsatz an die richtige Stelle adressiert.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung war daher gemäß § 46 VwGG keine Folge zu geben.

Als Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens macht der Antragsteller geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe es unterlassen, "das Ergebnis seiner Kontrollrechnung" zur Fristversäumnis dem Antragsteller vorzuhalten. Da die behauptete Unterlassung keinen der Wiederaufnahmegründe des § 45 Abs. 1 VwGG verwirklicht, war auch dem diesbezüglichen Antrag keine Folge zu geben.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den weiteren Antrag, dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §33 Abs3;
AVG §6 Abs1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §26 Abs1 Z1;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §62 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014080001.L00.1
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-50111