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VwGH 09.09.2015, Ra 2014/03/0056

VwGH 09.09.2015, Ra 2014/03/0056

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §71 Abs4;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §46;
VwGG §62 Abs1;
RS 1
Auf dem Boden des § 24 Abs 1 VwGG ist auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist zur Einbringung einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen (§ 62 Abs 1 VwGG iVm § 71 Abs 4 AVG; Hinweis B vom , Ra 2014/01/0070; B vom , Ra 2014/05/0005), wofür im Übrigen auch schon spricht, dass Schriftsätze im Revisionsverfahren erst ab Vorlage der Revision seitens des Verwaltungsgerichts an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen sind.
Normen
VwGG §24 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §26;
VwGG §61 Abs6;
VwGG §61;
VwRallg;
RS 2
Für den Lauf der Revisionsfrist ist - im Falle der Umbestellung des Verfahrenshelfers - allein die Zustellung des Umbestellungsbescheides maßgeblich (vgl in diesem Sinn etwa B vom , 98/21/0066).
Normen
RS 3
Mit Erkenntnis eines verstärkten Senats vom , VwSlg 12.275 A/1986, wurde klargestellt und in der Folge in ständiger Rechtsprechung zu den einschlägigen Vorschriften des AVG erkannt, dass die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängigen, aber noch nicht entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag sogleich auf Grund der Aktenlage zu entscheiden ist. Wird die Wiedereinsetzung später bewilligt, tritt die Zurückweisungsentscheidung von Gesetzes wegen außer Kraft. Diese - insbesondere zu den §§ 71 und 72 AVG ergangene - Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch auf die durch das VwGVG 2014 neu geschaffene Rechtslage übertragen (Hinweis B vom , Ra 2014/03/0037). Diese Rechtslage ist (sinngemäß) auch bezüglich der vorliegenden Konstellation einschlägig: Würde, nachdem die Revision gegen die Versagung der Wiedereinsetzung seitens des Verwaltungsgerichtes Erfolg hatte, die Wiedereinsetzung bezüglich der versäumten Frist zur Revision gegen den gegenständlich bekämpften Beschluss des Verwaltungsgerichtes bewilligt, träte die diesbezüglich vom Verwaltungsgerichtshof mit seiner vorliegenden Entscheidung getroffene Zurückweisung der Revision ex lege außer Kraft.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache des A B in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/23, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl VGW-102/076/28765/2014-4, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde nach § 28 Abs 6 VwGVG betreffend die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss

Spruch

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Sachverhalt

1. Mit dem der revisionswerbenden Partei am zugestellten Beschluss vom wies das Verwaltungsgericht Wien die Maßnahmenbeschwerde der revisionswerbenden Partei (schon damals durch den nunmehrigen Verfahrenshelfer vertreten) auf Grund des behaupteten grundlosen Aufsuchens seiner Wohnung gemäß § 28 Abs 6 iVm § 31 Abs 1 VwGVG zurück (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass gegen den Beschluss eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei (Spruchpunkt III.).

Auf Grund des am beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Antrags der revisionswerbenden Partei, ihr zur Erhebung einer Revision gegen diesen verwaltungsgerichtlichen Beschluss die Verfahrenshilfe zu bewilligen, bewilligte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom (nach Einholung einer Ergänzung des Antrages einschließlich der Bewilligung einer Fristerstreckung für diese Ergänzung) gemäß § 61 VwGG der revisionswerbenden Partei die Verfahrenshilfe, wobei unter anderem die Beigebung eines Rechtsanwalts gewährt wurde.

2. Mit Umbestellungsbescheid der Rechtsanwaltskammer in Wien vom wurde der nunmehrige Rechtsvertreter der revisionswerbenden Partei zum Verfahrenshelfer bestellt.

Dieser Beschluss wurde dem Verfahrenshelfer nach dem Revisionsschriftsatz vom am (einem Freitag) zugestellt, weshalb die sechswöchige Revisionsfrist (vgl § 36 Abs 1 Z 1 VwGG) am (ebenfalls an einem Freitag) endete.

3. Der schon genannte Revisionsschriftsatz vom war "An den Verwaltungsgerichtshof Judenplatz 11 1014 Wien" adressiert und langte dort im Wege des Web-ERV am ein. Er wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom an das Verwaltungsgericht Wien zuständigkeitshalber übermittelt.

4. Ferner langte beim Verwaltungsgerichtshof ein "An das Verwaltungsgericht Wien ... 1190 Wien" adressierter Schriftsatz vom ein, in dem neben der Ausführung der außerordentlichen Revision auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der außerordentlichen Revision gegen den eingangs genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom zur Nachholung der versäumten Verfahrenshandlung gemäß § 46 VwGG beantragt wurde.

Dieser trotz seiner Adressierung beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Schriftsatz wurde vom Verwaltungsgerichtshof ebenfalls (mit Schreiben vom ) zuständigkeitshalber dem Verwaltungsgericht Wien übermittelt.

5. Mit Beschluss vom gab das Verwaltungsgericht Wien dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs 4 und 1 VwGG nicht statt (Spruchpunkt I.), und sprach aus, dass gegen diesen Beschluss gemäß § 25a Abs 2 Z 1 iVm § 30a und Abs 9 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

6. In der Folge stellte die durch ihren Verfahrenshelfer vertretene revisionswerbende Partei per Web-ERV beim Verwaltungsgerichtshof den zu Ra 2015/03/0065 protokollierten Antrag vom (hier eingelangt am ), ihr die Verfahrenshilfe im vollen Umfang zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen jenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien, mit dem die Wiedereinsetzung versagt worden war, zu gewähren.

7. Mit Schreiben vom (hier eingelangt am ) legte das Verwaltungsgericht Wien die nunmehr verfahrensgegenständliche Revision gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom (siehe oben unter 1.) vor.

II. Würdigung

1. Gemäß § 24 Abs 1 zweiter Satz Z 2 VwGG sind Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Verwaltungsgerichts unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der gemäß § 61 Abs 3 leg cit über derartige Anträge entscheidet.

Auf dem Boden des § 24 zweiter Satz Abs 1 Z 1 VwGG sind ordentliche sowie außerordentliche Revisionen beim Verwaltungsgericht einzubringen, unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof sind Schriftsätze in Revisionsverfahren erst ab Vorlage der Revision seitens des Verwaltungsgerichtes an den Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Bis zur Vorlage der Revision seitens des Verwaltungsgerichtes an den Verwaltungsgerichtshof hat nach § 46 Abs 4 VwGG über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Verwaltungsgericht zu entscheiden.

Auf dem Boden des § 24 Abs 1 VwGG ist auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist zur Einbringung einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen (§ 62 Abs 1 VwGG iVm § 71 Abs 4 AVG; vgl ; ), wofür im Übrigen auch schon spricht, dass (wie erwähnt) Schriftsätze im Revisionsverfahren erst ab Vorlage der Revision seitens des Verwaltungsgerichts an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen sind.

2. Angesichts ihres besagten Wiedereinsetzungsantrags geht die revisionswerbende Partei zutreffend davon aus, dass bei der Einbringung der in Rede stehenden außerordentlichen Revision die sechswöchige Revisionsfrist versäumt und die außerordentliche Revision daher verspätet eingebracht wurde.

Wird - wie vorliegend - ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (vgl etwa , mwH).

Für den Lauf der Revisionsfrist ist allein die Zustellung des gegenständlichen Umbestellungsbescheides maßgeblich (vgl in diesem Sinn etwa ). Davon ausgehend wurde die am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte außerordentliche Revision zwar noch vor Ablauf des und derart am vorletzten Tag der Revisionsfrist eingebracht, obwohl sie beim Verwaltungsgericht einzubringen gewesen wäre (§ 24 Abs 1 VwGG). Die Revision wurde (erst) nach Ablauf der Revisionsfrist an das Verwaltungsgericht weitergeleitet, sie ist folglich als verspätet anzusehen (vgl ).

3. Mit Erkenntnis eines verstärkten Senats vom , VwSlg 12.275 A/1986, wurde klargestellt und in der Folge in ständiger Rechtsprechung zu den einschlägigen Vorschriften des AVG erkannt, dass die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängigen, aber noch nicht entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag sogleich auf Grund der Aktenlage zu entscheiden ist. Wird die Wiedereinsetzung später bewilligt, tritt die Zurückweisungsentscheidung von Gesetzes wegen außer Kraft. Diese - insbesondere zu den §§ 71 und 72 AVG ergangene - Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch auf die durch das VwGVG neu geschaffene Rechtslage übertragen (vgl ).

Diese Rechtslage ist (sinngemäß) auch bezüglich der vorliegenden Konstellation einschlägig: Würde, nachdem die Revision gegen die Versagung der Wiedereinsetzung seitens des Verwaltungsgerichtes Erfolg hatte, die Wiedereinsetzung bezüglich der versäumten Frist zur Revision gegen den gegenständlich bekämpften Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom bewilligt, träte die diesbezüglich vom Verwaltungsgerichtshof mit seiner vorliegenden Entscheidung getroffene Zurückweisung der Revision ex lege außer Kraft.

III. Ergebnis

Im vorliegenden Fall war (wie dargestellt) die sechswöchige Revisionsfrist mit Ablauf des und damit schon im Zeitpunkt der Weiterleitungsverfügung abgelaufen.

Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom erhobene Revision war daher nach § 34 Abs 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist (ohne weitere Auseinandersetzung mit der Frage ihrer Zulässigkeit nach Art 133 Abs 4 B-VG) zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §71 Abs4;
AVG §71;
AVG §72;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §26;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §46;
VwGG §61 Abs6;
VwGG §61;
VwGG §62 Abs1;
VwGVG 2014 §33;
VwRallg;
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014030056.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-50062