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VwGH 10.10.2016, Fr 2016/17/0005

VwGH 10.10.2016, Fr 2016/17/0005

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Eine Kontrolle nach § 50 Abs 4 GSpG dient grundsätzlich der Überwachung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes und nicht nur ausschließlich der Überwachung der Einhaltung des in § 4 GSpG normierten Glücksspielmonopols. Sinn und Zweck einer Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 GSpG ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG und nicht nur jene das Glücksspielmonopol des Bundes betreffenden Bestimmungen eingehalten werden (vgl ).
Normen
RS 2
Eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols des Bundes und eine etwa daraus folgende Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des GSpG, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG sowie der §§ 53 und 54 GSpG betreffend die Beschlagnahme und Einziehung von Glücksspielautomaten und sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, bewirkt nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit einer Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 GSpG und damit verbundener Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Dies gilt selbst für den Fall, dass sich im Zuge einer Kontrolle nach § 50 Abs 4 GSpG der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielmonopol und einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs 1 Z 1, 6 bzw 9 GSpG ergibt und in weiterer Folge Glücksspielautomaten, sonstige Eingriffsgegenstände oder technische Hilfsmittel gemäß § 53 GSpG beschlagnahmt und gemäß § 54 GSpG eingezogen werden. Der Einwand der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols ist in diesem Fall im jeweils der Kontrolle nachfolgenden Beschlagnahme-, Einziehungs- und Strafverfahren zu prüfen.
Normen
RS 3
Das Bundesfinanzgericht hat im Verfahren über die Maßnahmenbeschwerde gegen eine nach § 50 Abs. 4 GSpG durchgeführte Kontrolle bei der hinsichtlich der Maßnahmenbeschwerde einen Fristsetzungsantrag nach § 38 VwGG stellenden Partei weder die im Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , E 945/2016-15, E 947/2016-14, E 1054/2016-10, kundgemacht am , BGBl I Nr 57/2016, genannten Rechtsvorschriften der §§ 52, 53 und 54 GSpG anzuwenden, noch eine in diesem Beschluss genannte Rechtsfrage im Zusammenhang mit der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols und der daraus folgenden Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des GSpG, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG sowie der §§ 53 und 54 GSpG betreffend die Beschlagnahme und Einziehung von Glücksspielautomaten und sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, zu beurteilen. Die Wirkungen des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom im Sinne des § 86a Abs 3 Z 1 lit a VfGG betreffen somit nicht das Verfahren und die Entscheidung über die Maßnahmenbeschwerde der antragstellenden Partei. Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom kann bereits deshalb nicht der Pflicht des Bundesfinanzgerichtes zur Entscheidung über die bei ihm anhängige Maßnahmenbeschwerde der antragstellenden Partei und der Zulässigkeit ihres Fristsetzungsantrages entgegenstehen. Der am beim Bundesfinanzgericht eingelangte Fristsetzungsantrag ist daher nicht "verfrüht" gestellt.

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Fr 2016/17/0006 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, in der Fristsetzungssache der M in S, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Hafferlstraße 7, gegen das Bundesfinanzgericht betreffend einer Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , mit dem der gegenständliche Fristsetzungsantrag als unzulässig zurückgewiesen wurde, wird aufgehoben.

Begründung

1 Die antragstellende Partei brachte am beim Bundesfinanzgericht eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG gegen das Verhalten von Organen der Finanzpolizei anlässlich einer Kontrolle ihres Lokals am gemäß § 50 Abs 4 Glücksspielgesetz (GSpG) und zwar in Bezug auf 1. das Betreten des Lokales durch Aufbrechen von drei Türen; 2. das Abkleben von acht Überwachungskameras; 3. die Entnahme von Strom und 4. das Aufbrechen von 18 Automaten ein.

2 Mit Beschluss vom , E 945/2016-15, E 947/2016- 14, E 1054/2016-10, kundgemacht am , BGBl I Nr 57/2016, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass bei ihm eine erhebliche Anzahl von Verfahren über Beschwerden im Sinne des § 86a Abs 1 VfGG anhängig sei, in denen gleichartige Rechtsfragen zu lösen seien. Es gehe um die Frage, ob die Rechtsgrundlagen i) für die Bestrafung wegen Übertretung der Verwaltungsstraftatbestände gemäß § 52 GSpG, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 105/2014, ii) für die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, von sonstigen Eingriffsgegenständen oder von technischen Hilfsmitteln gemäß § 53 GSpG, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 111/2010, und iii) für die Einziehung von Gegenständen, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen werde, gemäß § 54 GSpG, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 70/2013, (offenkundig) gegen Unionsrecht (insbesondere Art 56 - 62 AEUV) verstießen und die vor dem Verfassungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte wegen der daraus folgenden Unanwendbarkeit ohne gesetzliche Grundlage ergangen seien oder ob gegen die Rechtsgrundlagen für die genannten Bestrafungen und Anordnungen verfassungsrechtliche Bedenken bestünden und ob es allenfalls nach Aufhebung der zugrunde liegenden Rechtsvorschriften letztlich zur Aufhebung der vor dem Verfassungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte komme (Spruchpunkt I). Zur Beantwortung der in Spruchpunkt I genannten Rechtsfragen habe der Verfassungsgerichtshof § 52 GSpG, Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 105/2014, § 53 GSpG, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 111/2010, und § 54 GSpG, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 70/2013, anzuwenden (Spruchpunkt II).

3 Der verfahrensgegenständliche Fristsetzungsantrag wurde zunächst am direkt beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, mit verfahrensleitender Anordnung vom dem Bundesfinanzgericht übermittelt, wo der Antrag am einlangte. Begründend führte die antragstellende Partei aus, das Bundesfinanzgericht habe bis dato über die Maßnahmenbeschwerde nicht entschieden, und beantragte dem Bundesfinanzgericht aufzutragen, binnen angemessener Frist über die Maßnahmenbeschwerde zu entscheiden.

4 Mit Beschluss vom wies das Bundesfinanzgericht den Fristsetzungsantrag zurück. Seine sechsmonatige Entscheidungsfrist über die Maßnahmenbeschwerde sei zwar am abgelaufen und begründe der Ablauf dieser Frist grundsätzlich die Zulässigkeit eines Fristsetzungsantrages. Im gegenständlichen Fall sei jedoch die Auswirkung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom , E 945/2016-15, E 947/2016-14, E 1054/2016-10, mit dem gemäß § 86a VfGG die anhängigen Verfahren zu den Bestimmungen der §§ 52, 53 und 54 GSpG quasi ausgesetzt worden seien, auf den Fristsetzungsantrag zu prüfen. Ein solcher Beschluss bewirke, dass beim Verwaltungsgericht mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Beschlusses laufende Verfahren, in denen die im Beschluss genannten Rechtsvorschriften anzuwenden seien und eine darin genannte Rechtsfrage zu beurteilen sei, unterbrochen würden. Die Wirkungen des am im Bundesgesetzblatt kundgemachten Beschlusses seien am eingetreten. Im Zeitpunkt des Einlangens des Fristsetzungsantrages beim Bundesfinanzgericht sei die Sperre in Bezug auf die Bestimmungen des GSpG bereits wirksam gewesen. Als Folge dürften gemäß § 86a Abs 3 Z 1 lit a VfGG nur solche Handlungen vorgenommen oder Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden könnten oder die die Frage nicht abschließend regelten und keinen Aufschub gestatteten.

Zur effektiven Hintanhaltung von Beeinträchtigungen des Glücksspielmonopols normiere der Gesetzgeber in den §§ 50 ff GSpG umfassende Eingriffsbefugnisse der Finanzbehörden, aber auch der ihnen zugeordneten Exekutivorgane (Finanzpolizei). Dazu zählten neben den Verwaltungsstrafdrohungen (§ 52 Abs 1 Z 1 bis 11 GSpG) auch Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsbefugnisse (§ 50 Abs 4 GSpG), die Berechtigung zur Vornahme einer vorläufigen bzw endgültigen Beschlagnahme (§ 53 GSpG) und die Einziehung (§ 54 GSpG). In ihrer Gesamtheit bildeten diese einzelnen Maßnahmen eine effiziente Handhabe im Rahmen glücksspielrechtlicher Amtshandlungen. Den Organen würden damit wirkungsvolle Rechte eingeräumt, wobei sich die einzelnen Handlungsweisen ergänzten. Das umfassende Betretungsrecht von Betriebsstätten und Betriebsräumen bilde dabei das erste rechtliche Instrument im Ablauf einer Kontrollmaßnahme. Eine Beschlagnahme von Gegenständen gemäß § 53 GSpG als letzte Konsequenz zur Ahndung von Verstößen gegen das GSpG gestatte es den Organen effektive Sanktionen zu setzen. Auch das Aussprechen von Verwaltungsstrafen gemäß § 52 GSpG und die Einziehung gemäß § 54 GSpG seien zweckdienliche Sanktionen, die im Zuge von Betretungen ausgesprochen würden. Folglich wäre ein vom Gesetzgeber eingeräumtes Betretungsrecht ohne entsprechend vorgesehene Sanktionsinstrumentarien bei der Wahrnehmung von Verstößen gegen das GSpG im Ergebnis sinnlos. Auch umgekehrt wäre ein Recht zur Beschlagnahme von Glücksspielautomaten ohne vorhergehendes Betretungsrecht nicht zielführend. Die Gesamtheit der in §§ 50 ff GSpG normierten Maßnahmen gewährleiste eine effektive Überwachung und Kontrolle des Glücksspielmonopols.

Das konkrete Normprüfungsverfahren betreffe die grundlegenden Verwaltungsstrafbestimmungen im GSpG, welche unweigerlich im Zusammenhang mit dem Betretungsrecht stünden. Im Zuge der gegenständlichen Amtshandlung sei es zu einer auf § 53 GSpG gestützten vorläufigen Beschlagnahme von 15 Glücksspielautomaten, deren Öffnung die antragstellende Partei als rechtswidrig erachte, gekommen. Die beim Verfassungsgerichtshof in Prüfung stehenden Normen der §§ 52 bis 54 GSpG seien daher für das gegenständliche Verfahren präjudiziell.

Das Ziel eines Fristsetzungsantrags sei es, ein Verwaltungsgericht, das seine Entscheidung nicht innerhalb der für die Entscheidung vorgesehenen Frist getroffen habe, dazu zu veranlassen. Dieser Zweck wäre schon dann erreicht, wenn das Verwaltungsgericht noch vor Einlangen des Fristsetzungsantrags entschieden habe; die Durchführung eines weiteren Verfahrens betreffend den Fristsetzungsantrag, um den derart schon erreichten Zweck weiterhin zu verfolgen, gehe dann ins Leere. Dafür reiche es aus, wenn (zumindest) einer Partei des Verfahrens eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung zugestellt worden sei. Auch die Sperrwirkung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes nach § 86a Abs 3 lit a VfGG stehe dem Ziel eines Fristsetzungsantrages entgegen. Zwar werde anders als in § 38a Abs 3 lit c VwGG, in § 86a VfGG nicht erwähnt, dass durch den Beschluss die Frist zur Stellung eines Fristsetzungsantrages gehemmt werde. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass ein Beschluss des Verfassungsgerichtshofes nicht auch diese Wirkung entfalte. Zweck der Regelung des § 86a VfGG sei es zu verhindern, weitere Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig zu machen. Dem stünde es entgegen, wenn trotz dieser Sperrwirkung weiterhin Fristsetzungsanträge zulässig wären und die Verwaltungsgerichte trotz der in § 86a Abs 3 Z 1 lit a VfGG normierten Rechtsfolgen nach wie vor über die beim Verfassungsgerichtshof strittige Rechtsfrage entscheiden müssten.

Der Fristsetzungsantrag sei demnach während des Zeitraums der wirksamen Sperrwirkung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes nicht zulässig und daher gemäß § 30a Abs 8 VwGG zurückzuweisen.

5 Die antragstellende Partei wandte sich dagegen mit einem Vorlageantrag an den Verwaltungsgerichtshof und brachte vor, eine Zurückweisung des Fristsetzungsantrages aufgrund der Wirkungen des § 86a VfGG sei nicht zulässig. Gemäß § 86a Abs 3 Z 1 lit a VfGG trete zwar mit Ablauf des Tages der Kundmachung eines derartigen Beschlusses grundsätzlich die Wirkung ein, dass von den Verwaltungsgerichten nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden dürften, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden könnten oder die Frage nicht abschließend regelten und keinen Aufschub gestatteten.

Eine Feststellung des Verfassungsgerichtshofes dahin, ob das im GSpG normierte Monopolsystem verfassungskonform sei, habe keine Auswirkung für die Beurteilung der Unionsrechtskompatibilität der nationalen Regelung. Ebenso habe das Bundesfinanzgericht eigenständig und ohne Bindung an die Rechtsansicht anderer Gerichte die Unionsrechtswidrigkeit zu beurteilen. Deshalb könne die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes nicht durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes beeinflusst werden.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Fristsetzungsantrages in einem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 Gemäß § 38 Abs 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes- oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist, nicht binnen dieser entschieden hat. In Bezug auf eine Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG beträgt die Entscheidungsfrist gemäß § 34 Abs 1 VwGVG sechs Monate beginnend mit dem Einlangen der Beschwerde beim Verwaltungsgericht.

8 Ausgehend vom Einlangen der Maßnahmenbeschwerde beim Bundesfinanzgericht am ist die sechsmonatige Entscheidungsfrist, wie bereits das Verwaltungsgericht ausführte, am ohne Entscheidung über die Beschwerde abgelaufen. Zu prüfen ist, ob der mit wirksam gewordene Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom der Zulässigkeit des gegenständlichen Fristsetzungsantrags entgegensteht.

9 Gemäß § 86a Abs 3 Z 1 lit a VfGG dürfen mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Beschlusses gemäß Abs 1 in Rechtssachen, in denen ein Verwaltungsgericht die im Beschluss genannten Rechtsvorschriften anzuwenden und eine darin genannte Rechtsfrage zu beurteilen hat, nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

10 Der Maßnahmenbeschwerde der antragstellenden Partei liegt eine Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 GSpG zugrunde. Gemäß dieser Bestimmung sind die Behörden gemäß § 50 Abs 1 GSpG (die Bezirksverwaltungsbehörden bzw die Landespolizeidirektion) und die in § 50 Abs 2 und 3 GSpG genannten Organe (Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden) zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs 1, dem Amtssachverständigen und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach dem GSpG aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt. Die Behörde nach Abs 1 und die in Abs 2 und 3 genannten Organe sind ermächtigt, diese Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung ist dem Betroffenen anzudrohen. Die Organe haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchführung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig.

11 Eine Kontrolle nach § 50 Abs 4 GSpG dient demnach grundsätzlich der Überwachung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes und nicht nur ausschließlich der Überwachung der Einhaltung des in § 4 GSpG normierten und sowohl in der gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde von der antragstellenden Partei als auch in den dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zugrunde liegenden Verfahren in Bezug auf die Bestimmungen der §§ 52 bis 54 GSpG als unionsrechtswidrig monierten Glücksspielmonopols. Sinn und Zweck einer Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 GSpG ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG und nicht nur jene das Glücksspielmonopol des Bundes betreffenden Bestimmungen eingehalten werden (vgl ).

12 Eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols des Bundes und eine etwa daraus folgende Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des GSpG, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG sowie der §§ 53 und 54 GSpG betreffend die Beschlagnahme und Einziehung von Glücksspielautomaten und sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, bewirkt daher nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit einer Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 GSpG und damit verbundener Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Dies gilt selbst für den Fall, dass sich im Zuge einer Kontrolle nach § 50 Abs 4 GSpG der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielmonopol und einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs 1 Z 1, 6 bzw 9 GSpG ergibt und in weiterer Folge Glücksspielautomaten, sonstige Eingriffsgegenstände oder technische Hilfsmittel gemäß § 53 GSpG beschlagnahmt und gemäß § 54 GSpG eingezogen werden. Der Einwand der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols ist in diesem Fall im jeweils der Kontrolle nachfolgenden Beschlagnahme-, Einziehungs- und Strafverfahren zu prüfen.

13 Das Bundesfinanzgericht hat daher im Verfahren über die Maßnahmenbeschwerde der antragstellenden Partei weder die im Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom genannten Rechtsvorschriften der §§ 52, 53 und 54 GSpG anzuwenden, noch eine in diesem Beschluss genannte Rechtsfrage im Zusammenhang mit der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols und der daraus folgenden Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des GSpG, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG sowie der §§ 53 und 54 GSpG betreffend die Beschlagnahme und Einziehung von Glücksspielautomaten und sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, zu beurteilen.

14 Die Wirkungen des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom im Sinne des § 86a Abs 3 Z 1 lit a VfGG betreffen somit nicht das Verfahren und die Entscheidung über die Maßnahmenbeschwerde der antragstellenden Partei. Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom kann bereits deshalb nicht der Pflicht des Bundesfinanzgerichtes zur Entscheidung über die bei ihm anhängigen Maßnahmenbeschwerde der antragstellenden Partei und der Zulässigkeit ihres Fristsetzungsantrages entgegenstehen. Der Fristsetzungsantrag ist daher nicht "verfrüht" gestellt.

15 Der Zurückweisungsbeschluss des Bundesfinanzgerichtes vom erweist sich insofern im Hinblick auf den gebrachten Zurückweisungsgrund als rechtswidrig und war daher gemäß § 30b Abs 1 VwGG aufzuheben (vgl ).

16 Das Verfahren über den Fristsetzungsantrag wird in weiterer Folge gemäß § 38 Abs 4 VwGG fortgesetzt.

Wien, am

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ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:FR2016170005.F00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-50012