VwGH 19.02.2014, AW 2013/10/0063
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | SchischulG Slbg 1989 §15 Abs3 lita; SchischulG Slbg 1989 §7 Abs1 litd; SchischulG Slbg 1989 §7 Abs4; VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Stattgebung - Entziehung der Schischulbewilligung - Mit dem angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom wurde die dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom erteilte unbeschränkte Schischulbewilligung am Standort R gemäß § 15 Abs. 3 lit. a Sbg. SchischulG entzogen. Begründend wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid vom die unbeschränkte Schischulbewilligung für den Standort R erteilt worden, dies unter der Auflage, ein Zeugnis über die Ablegung der Schiführerprüfung im Rahmen der Bergführerausbildung bis der Behörde vorzulegen. Diese Frist wurde schließlich bis verlängert. Der Beschwerdeführer betreibt auf Grundlage der mit Bescheid vom erteilten unbeschränkten Schischulbewilligung eine Schischule seit mehr als fünf Jahren, ohne dass das in § 7 Abs. 4 Sbg. SchischulG (u.a.) vorgesehene Zeugnis über die Ablegung der Schiführerprüfung im Rahmen der Bergführerausbildung vorgelegt worden wäre. Dass der Beschwerdeführer in dieser Zeit Anlass zu konkreten Beanstandungen im Hinblick auf seine fachliche Befähigung im Sinne des § 7 Abs. 1 lit. d Sbg. SchischulG gegeben hätte, ist dem Vorbringen der belangten Behörde nicht zu entnehmen. Die belangte Behörde behauptet weder, dass der Beschwerdeführer selbst Schitouren durchgeführt hat, noch dass er solche durch nicht befähigte Personen durchführen hat lassen; es wird auch nicht vorgebracht, dass die Sicherheit von Schigästen in irgendeiner anderen Art und Weise durch ein Verhalten des Beschwerdeführers gefährdet worden wäre. Bei dieser Sachlage ist aber nicht erkennbar, dass es aus den von der belangten Behörde ins Treffen geführten Gründen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen zwingend einer sofortigen Verwirklichung der getroffenen Maßnahme bedarf. Aus dem (bloßen) Anbieten von Schitouren und Schneeschuhwanderungen auf der Homepage der Schischule lässt sich ein derartiges zwingendes öffentliches Interesse nicht ableiten. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Beschwerdefall daher nicht vom Vorliegen von zwingenden öffentlichen Interessen ausgehen, die einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides erfordern würden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des B, vertreten durch Dr. Josef Dengg, Dr. Milan Vavrousek und Mag. Thomas Hölber, Rechtsanwälte in 5600 St. Johann/Pongau, Pöllnstraße 2, der gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 201-SCHU/233801/16-2013, betreffend Entziehung einer Schischulbewilligung, erhobenen und zur hg. Zl. 2013/10/0260 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom wurde die dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom erteilte unbeschränkte Schischulbewilligung am Standort R gemäß § 15 Abs. 3 lit. a Salzburger Schischul- und Snowboardschulgesetz, LGBl. Nr. 83/1989 idF LGBl. Nr. 103/2012 (Sbg. SchischulG), entzogen.
Begründend wurde - soweit im vorliegenden Zusammenhang von Relevanz - ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid vom die unbeschränkte Schischulbewilligung für den Standort R erteilt worden, dies unter der Auflage, ein Zeugnis über die Ablegung der Schiführerprüfung im Rahmen der Bergführerausbildung bis der Behörde vorzulegen. Die zur Vorlage des Zeugnisses gesetzte Frist sei von der Behörde mit Schreiben vom , und verlängert worden. Im zuletzt genannten Schreiben sei die Frist letztmalig bis zum verlängert worden. Der Beschwerdeführer habe bis dato aber kein derartiges Zeugnis vorgelegt. Da der Beschwerdeführer somit den in der Auflage vorgeschriebenen Nachweis nicht erbracht habe, sei die Auflage nicht erfüllt worden und die persönliche Voraussetzung des Nachweises der abgelegten Schiführerprüfung weggefallen, weshalb die Bewilligung gemäß § 15 Abs. 3 lit. a Sbg. SchischulG zu entziehen gewesen sei.
Mit der gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde ist der Antrag verbunden, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wird dieser Antrag damit, dass die Maßnahme der Behörde existenzbedrohende Wirkung habe. Der Beschwerdeführer beziehe seinen Lebensunterhalt aus dem Betrieb seiner Schischule und sei für seine Frau und drei Kinder sorgepflichtig. Im Falle des Vollzugs des angefochtenen Bescheides wäre es dem Beschwerdeführer nicht möglich, eine annähernd gleichwertige berufliche Position zu finden. Es sei praktisch auszuschließen, dass der Beschwerdeführer nach Absolvierung der Schiführerprüfung nochmals die Möglichkeit habe, die Bewilligung für diese Schischule zu erlangen. Es sei davon auszugehen, dass sofort ein Mitbewerber oder anderer Antragsteller diesen Platz übernehmen werde. Neben der Gefährdung des Unterhalts für sich und seine Familie sei der Beschwerdeführer auch dadurch in seiner Existenz bedroht, dass er hohe Summen in die Schischule investiert habe und Bankverbindlichkeiten im Betrag von rund EUR 80.000,-- offen seien. Im Falle eines Vollzuges des angefochtenen Bescheides sei zu befürchten, dass er diese Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen könne und daher eine Insolvenz nicht auszuschließen sei.
Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde u.a. vor, er habe sich ernsthaft um die Ablegung der Schiführerprüfung bemüht, die dazu besuchten Kurse aber mehrmals aus gesundheitlichen Gründen abbrechen müssen. Die bei den Kursen aufgetretene Dyspnoe mit Hämoptoe (Blutung aus den Atemwegen), hervorgerufen durch ein mittelgradiges hyperreagibles Bronchialsystem, sei dem Beschwerdeführer bei Erteilung der Bewilligung noch nicht bekannt gewesen. Durch diese gesundheitlichen Probleme sei jedoch die Fähigkeit des Beschwerdeführers zur persönlichen Führung der Schule in keiner Weise eingeschränkt.
Die belangte Behörde nahm zum Aufschiebungsantrag mit Schriftsatz vom Stellung. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, aus einer (im Verwaltungsverfahren erstatteten) Stellungnahme des Beschwerdeführers gehe u.a. hervor, dass die Schischule des Beschwerdeführers keine Schitouren anbiete und durchführe. Dem sei entgegenzuhalten, dass auf der Homepage der Schischule auch Schitouren und Schneeschuhwanderungen angeboten würden. Durch die Anträge des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Frist zur Erfüllung der genannten Auflage bzw. durch deren Stattgabe durch die Behörde müsse dem Beschwerdeführer klar gewesen sein, dass ohne Vorlage des genannten Zeugnisses die Bewilligung zu entziehen sei. Aus Sicht der Behörde sei die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nur dann möglich, wenn der Beschwerdeführer eine Person benennen könne, die die Ausbildung zum Schiführer absolviert habe und für die Schischule des Beschwerdeführers tätig sei. Eine "Durchführung von Schitouren durch eine nicht befähigte Person" gefährde "die Sicherheit der Schigäste, sodass das zwingende öffentliche Sicherheitsinteresse" der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehe.
Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG (in der hier gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 noch maßgeblichen Fassung, die bis zum Ablauf des in Geltung stand) kommt den Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, kann von zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenlage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug des angefochtenen Bescheides gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht ohne weiteres schon zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als "zwingend" im Sinne der genannten Gesetzesstelle ansehen zu können (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2012/17/0056, mwN).
Derartige Umstände hat die belangte Behörde in ihrer erwähnten Stellungnahme nicht aufgezeigt:
Nach dem unstrittigen Akteninhalt betreibt der Beschwerdeführer auf Grundlage der mit Bescheid vom erteilten unbeschränkten Schischulbewilligung eine Schischule seit mehr als fünf Jahren, ohne dass das in § 7 Abs. 4 Sbg. SchischulG (u.a.) vorgesehene Zeugnis über die Ablegung der Schiführerprüfung im Rahmen der Bergführerausbildung vorgelegt worden wäre. Dass der Beschwerdeführer in dieser Zeit Anlass zu konkreten Beanstandungen im Hinblick auf seine fachliche Befähigung im Sinne des § 7 Abs. 1 lit. d Sbg. SchischulG gegeben hätte, ist dem Vorbringen der belangten Behörde nicht zu entnehmen. Die belangte Behörde behauptet weder, dass der Beschwerdeführer selbst Schitouren durchgeführt hat, noch dass er solche durch nicht befähigte Personen durchführen hat lassen; es wird auch nicht vorgebracht, dass die Sicherheit von Schigästen in irgendeiner anderen Art und Weise durch ein Verhalten des Beschwerdeführers gefährdet worden wäre. Bei dieser Sachlage ist aber nicht erkennbar, dass es aus den von der belangten Behörde ins Treffen geführten Gründen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen zwingend einer sofortigen Verwirklichung der getroffenen Maßnahme bedarf. Aus dem (bloßen) Anbieten von Schitouren und Schneeschuhwanderungen auf der Homepage der Schischule lässt sich ein derartiges zwingendes öffentliches Interesse nicht ableiten.
Der Verwaltungsgerichtshof kann im Beschwerdefall daher nicht vom Vorliegen von zwingenden öffentlichen Interessen ausgehen, die einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides erfordern würden. Es ist demnach in die gemäß § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehene Interessenabwägung einzutreten. Diese Abwägung schlägt zugunsten des Beschwerdeführers aus, da mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Dem Antrag war daher stattzugeben.
Auf die Vorschrift des § 30 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird
verwiesen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | SchischulG Slbg 1989 §15 Abs3 lita; SchischulG Slbg 1989 §7 Abs1 litd; SchischulG Slbg 1989 §7 Abs4; VwGG §30 Abs2; |
Schlagworte | Interessenabwägung Zwingende öffentliche Interessen Unverhältnismäßiger Nachteil Besondere Rechtsgebiete Diverses |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:AW2013100063.A00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-49969