VwGH 31.08.2016, 2013/17/0421
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BAO §212a; VwGG §34 Abs1; |
RS 1 | Die von einem Beschwerdeführer angestrebte Bewilligung der Aussetzung nach § 212a BAO hätte - da selbst im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheids über die Ablehnung der Aussetzung gleichzeitig der Ablauf der Aussetzung wegen einer zwischenzeitig in der Hauptsache ergangenen Berufungsentscheidung zu verfügen gewesen wäre - dem Beschwerdeführer keine andere Rechtsposition verliehen, als er durch den angefochtenen Bescheid hat (vgl etwa , und vom , 2011/16/0131). |
Norm | BAO §212a; |
RS 2 | Jener Teil der (älteren) Rechtsprechung, nach dem zur Verhinderung von möglichen Rechtsverletzungen auch nach einer Berufungserledigung eine Bewilligung der Aussetzung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung in Betracht komme (vgl etwa , vom , 93/17/0055, ua), ist zur Rechtslage vor den Änderungen durch das Budgetbegleitgesetz 2001 (BGBl I Nr 142/2000) ergangen und damit als überholt zu erachten (vgl , vom , 2010/16/0196, und vom , 2003/13/0129). |
Normen | |
RS 3 | Die Verweigerung der Aussetzung hat auf eine vor der Antragstellung eingetretene Säumnis und erfolgte Festsetzung eines Säumniszuschlags keine Auswirkungen, war doch die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlags - weil der Abgabenbetrag nicht am Fälligkeitstag entrichtet wurde - ungeachtet einer allfälligen späteren (erst) ab dem Zeitpunkt der Antragstellung wirksamen Aussetzung bereits entstanden und nicht mehr rückgängig zu machen (vgl etwa , und vom , 2009/17/0148). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Bamminger, in der Beschwerdesache der H GmbH in G, vertreten durch die Schwartz Huber-Medek & Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , IIIa-241.145, betreffend Abweisung eines Antrags auf Aussetzung der Einhebung von Kriegsopferabgabe und Säumniszuschlag, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Bürgermeister der Gemeinde A setzte mit Bescheiden vom 20. April, 19. Mai, 17. Juni und die von einer (näher bezeichneten) GmbH, deren Gesamtrechtsnachfolgerin die Beschwerdeführerin ist, nach dem Vorarlberger Kriegsopferabgabegesetz (im Folgenden kurz: KOAbG) zu entrichtende Kriegsopferabgabe für das Aufstellen bzw den Betrieb eines Wettterminals im Zeitraum März bis August 2011 mit EUR 700,-- monatlich zuzüglich 2 % Säumniszuschlag fest. Dem ging jeweils voraus, dass die Abgabepflichtige in ihren Abgabenerklärungen die Abgabe mit EUR 0 berechnet, eine dem entsprechende bescheidmäßige Festsetzung beantragt und die bis zum 15. des Folgemonats abzuführende Abgabe nicht entrichtet hatte.
1.2. Gegen diese Bescheide erhob die Abgabepflichtige mit Schriftsätzen vom 5. Mai, 9. Juni, 30. Juni und jeweils Berufung mit dem Vorbringen, die Besteuerung von Wettterminals nach dem KOAbG sei verfassungswidrig, die Voraussetzungen für die Abgabenpflicht seien wegen bloßer Vermittlung der Wettabschlüsse an die Berufungswerberin nicht gegeben. Mit den Berufungen verband die Abgabepflichtige jeweils einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO.
2.1. Mit Bescheiden vom 1. August und wies der Bürgermeister die Aussetzungsanträge gemäß § 212a Abs 2 lit a BAO ab. Demnach sei die Aussetzung nicht zu bewilligen, wenn - wie hier - die Berufung wenig erfolgversprechend erscheine. Die Abgabepflichtige habe unstrittig ein Wettterminal aufgestellt gehabt, sodass die Voraussetzungen für die Besteuerung gegeben seien. Auf eine allfällige Verfassungswidrigkeit der Abgabenvorschriften komme es nicht an, sei doch die Behörde an ordnungsgemäß kundgemachte Gesetze gebunden.
2.2. Gegen diese Bescheide erhob die Abgabepflichtige mit Schriftsätzen vom 3. August und jeweils Berufung mit dem wesentlichen Vorbringen, der Einwand der Verfassungswidrigkeit wäre in die Beurteilung der Erfolgsaussichten einzubeziehen gewesen. Da von der Erfolglosigkeit des Einwands nicht auszugehen sei, wäre dem Aussetzungsantrag stattzugeben gewesen.
3. Mit Bescheiden vom wies die belangte Behörde die Berufungen gegen die Bescheide des Bürgermeisters vom 20. April, 19. Mai, 17. Juni und als unbegründet ab. Den dagegen erhobenen Beschwerden gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2013/17/0415, 2013/17/0417 bis 0418, 2013/17/0422, nicht Folge.
4.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen gegen die Bescheide des Bürgermeisters vom 1. August und als unbegründet ab. Nach § 212a Abs 1 BAO setze die Bewilligung der Aussetzung voraus, dass die dem Antrag zugrunde liegende Berufung noch anhängig sei, ab der Erledigung der Berufung komme die Aussetzung nicht mehr in Betracht. Nach der Rechtsprechung sei daher das rechtliche Interesse an der Beseitigung eines die Aussetzung verweigernden Bescheids zu verneinen, sobald die Berufungsentscheidung erlassen worden sei. Vorliegend seien die Berufungsverfahren betreffend die Festsetzung der Kriegsopferabgabe mit der Zustellung der Berufungsbescheide abgeschlossen worden, die Berufungen gegen die Abweisung der Aussetzungsanträge seien daher als unbegründet abzuweisen gewesen. Im Übrigen seien die Berufungen auch wenig erfolgversprechend gewesen, habe doch der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , G 6/12, ausgesprochen, dass die einschlägigen Bestimmungen des KOAbG nicht als verfassungswidrig aufgehoben würden, eine gleichheitswidrige Besteuerung nicht vorliege, die Abgabenhöhe unbedenklich sei und auch ein Missbrauch der Abgabenform nicht vorliege.
4.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die gegenständliche Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin im Recht auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO verletzt erachtet. Die Beschwerdeführerin bringt vor, nach einem Teil der (näher erörterten) Rechtsprechung könne die Aussetzung auch nach erfolgter Berufungsentscheidung in der Hauptsache bewilligt werden. Es spreche nämlich nichts gegen eine rückwirkende Zuerkennung des Zahlungsaufschubs, für eine solche aber der Umstand, dass andernfalls die Behörde durch Säumigkeit oder rechtswidrige Abweisung die vom Gesetz beabsichtigten Wirkungen der Aussetzung vereiteln könnte. Auf Grund der Zulässigkeit der Aussetzung auch noch nach erfolgter Berufungsentscheidung hätte die belangte Behörde das Vorliegen eines Hinderungstatbestands im Sinn des § 212a Abs 2 BAO (hier das vom Bürgermeister angenommene Fehlen hinreichender Erfolgsaussichten der Berufung) prüfen müssen.
4.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde sowie die Zuerkennung von Schriftsatz- und Vorlageaufwand beantragte.
5. Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
6.1. § 212a BAO idF BGBl Nr 312/1987 sieht in Abs 1 vor, dass die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen im näher beschriebenen Umfang auszusetzen ist, es sei denn, dass ein nach Abs 2 die Aussetzung hindernder Grund vorliegt; gemäß Abs 3 können Anträge auf Aussetzung bis zur Entscheidung über die Berufung gestellt werden. Nach § 212a Abs 5 BAO idF BGBl I Nr 97/2002 besteht die Wirkung der Aussetzung in einem Zahlungsaufschub, der mit dem Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf endet; der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Berufung ergehenden Berufungsentscheidung zu verfügen. Gemäß § 212a Abs 4 BAO idF BGBl I Nr 97/2002 sind die für Aussetzungsanträge geltenden Vorschriften auf Berufungen gegen die Abweisung solcher Anträge sinngemäß anzuwenden.
6.2. Nach § 230 Abs 6 BAO idF BGBl Nr 312/1987 dürfen bis zur Erledigung eines Aussetzungsantrags Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon betroffenen Abgaben weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Gemäß § 212a Abs 7 BAO idF BGBl I Nr 142/2000 steht dem Abgabepflichtigen bei bewilligter Aussetzung für die Abgabenentrichtung eine Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des Bescheids über den Ablauf oder den Widerruf der Aussetzung zu; wurde einem - vor Ablauf der für die Abgabenentrichtung zur Verfügung stehenden Frist oder während eines Zahlungsaufschubs nach § 212 Abs 2 Satz 2 BAO eingebrachten - Aussetzungsantrag nicht stattgegeben, so steht für die Abgabenentrichtung (ebenso) eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des Bescheids zu. Gemäß § 230 Abs 2 BAO idF BGBl I Nr 142/2000 dürfen bei einer durch Bescheid zuerkannten oder gesetzlich zustehenden Zahlungsfrist - wie der Nachfrist im Sinn des § 212a Abs 7 BAO - Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden.
7.1. Ausgehend von der soeben dargestellten Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof - auch in ganz ähnlich gelagerten Fällen - bereits wiederholt ausgesprochen, dass die von einem Beschwerdeführer angestrebte Bewilligung der Aussetzung nach § 212a BAO - da selbst im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheids über die Ablehnung der Aussetzung gleichzeitig der Ablauf der Aussetzung wegen einer zwischenzeitig in der Hauptsache ergangenen Berufungsentscheidung zu verfügen gewesen wäre - dem Beschwerdeführer keine andere Rechtsposition verliehen hätte, als er durch den angefochtenen Bescheid hat (vgl etwa , und vom , 2011/16/0131).
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt klargestellt, dass jener Teil der (älteren) Rechtsprechung, nach dem zur Verhinderung von möglichen Rechtsverletzungen auch nach einer Berufungserledigung eine Bewilligung der Aussetzung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung in Betracht komme (vgl etwa , vom , 93/17/0055, ua), zur Rechtslage vor den Änderungen durch das Budgetbegleitgesetz 2001 (BGBl I Nr 142/2000) ergangen ist und damit als überholt zu erachten ist (vgl , vom , 2010/16/0196, und vom , 2003/13/0129).
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen, dass die Verweigerung der Aussetzung auch auf eine - wie hier - vor der Antragstellung eingetretene Säumnis und erfolgte Festsetzung eines Säumniszuschlags keine Auswirkungen hat, war doch die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlags - weil der Abgabenbetrag nicht am Fälligkeitstag (hier am 15. des jeweiligen Folgemonats) entrichtet wurde - ungeachtet einer allfälligen späteren (erst) ab dem Zeitpunkt der Antragstellung wirksamen Aussetzung bereits entstanden und nicht mehr rückgängig zu machen (vgl etwa , und vom , 2009/17/0148).
Auf die Erörterungen in den angeführten Entscheidungen kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden (§ 43 Abs 2 VwGG).
7.2. Auch die Beschwerdeführerin vermochte kein Vorbringen zu erstatten, aus dem fallbezogen eine mögliche Rechtsverletzung durch die Ablehnung der Aussetzung und damit ein rechtliches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Bescheids abzuleiten wäre (vgl , wonach der Abgabepflichtige die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach § 212a BAO, wobei es sich um eine begünstigende Bestimmung handelt, darzulegen und glaubhaft zu machen hat).
8. Insgesamt ergibt sich daher, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem geltend gemachten Recht nicht verletzt werden konnte, weshalb ihr die Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde fehlt. Die Beschwerde war deshalb gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen (vgl etwa , und vom , 91/15/0011).
9. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 51) VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455, die gemäß § 3 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, idF BGBl II Nr 8/2014, weiter anzuwenden ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:2013170421.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-49940