VwGH 04.10.2013, 2013/10/0171
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | 61989CJ0213 Factortame VORAB; 61993CJ0465 Atlanta Fruchthandelsgesellschaft mbH VORAB; EURallg; VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Der Verwaltungsgerichtshof hat, der Rechtsprechung des EuGH folgend (vgl. z.B. die Urteile vom , Rs C-213/89, Factortame, Slg. 1990, I-2433, Rn. 21 oder vom , Rs C-465/93, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft, Slg. 1995, I- 03761) bereits mehrmals nicht ausgeschlossen, dass auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht - über die im kassatorischen System der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgegebene Möglichkeit, der gegen einen Bescheid erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid im Falle seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben, hinaus - einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde (Hinweis Beschlüsse vom , Zl. AW 2001/10/0017, oder vom , Zl. AW 2005/17/0016). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2010/12/0169 B RS 1 |
Normen | EURallg; UniversitätsG 2002 §60; VwGG §30 Abs2 impl; VwGG §34 Abs1; |
RS 2 | Voraussetzung der Erlassung einer einstweiligen Anordnung durch den VwGH ist, dass der Antragsteller den behaupteten Anspruch an zuständiger Stelle, gegebenenfalls im Rechtsmittelweg geltend gemacht hat und ihm die Einräumung der angestrebten Rechtsposition verweigert wurde. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Fasching als Richter, unter Beiziehung des Schriftführers Mag. Uhlir, in der Beschwerdesache des F H in Graz, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Am Eisernen Tor 3, über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung betreffend Zulassung des Antragstellers zum Diplomstudium Humanmedizin an der Medizinischen Universität Graz ab dem Studienjahr 2013/2014, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Senates der Medizinischen Universität Graz vom wurde der auf Zulassung zum Diplomstudium Humanmedizin (N 202) gerichtete Antrag des Antragstellers, eines deutschen Staatsangehörigen, vom , im Instanzenzug abgewiesen und dessen (in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid gestellter) Antrag auf Zulassung zum Wintersemester 2011/12, in eventu zum Sommersemester 2012 "abgelehnt".
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass an der Medizinischen Universität Graz (MUG) durch die gültige Verordnung des Rektorats über die Zugangsbeschränkungen im Diplomstudium Humanmedizin für das Studienjahr 2011/2012, veröffentlicht im Mitteilungsblatt der MUG, 11. Stk, Nr. 63 vom , die Festlegung zur Durchführung eines Auswahlverfahrens vor der Zulassung zum Studium an der MUG erfolgt sei. Der Antragsteller erhalte mangels der hiefür zwingenden Voraussetzung der positiven Absolvierung des Auswahlverfahrens im Sinne dieser Verordnung keinen für die Zulassung zum Diplomstudium Humanmedizin erforderlichen Studienplatz, weshalb die Zulassungsvoraussetzungen im Sinne des § 10 der Verordnung iVm. § 60 Universitätsgesetz 2002 nicht vorlägen.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller die zur hg. Zahl 2013/10/0092 protokollierte Beschwerde erhoben.
Mit Eingabe vom beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof die Erlassung einer einstweiligen Anordnung, wonach der Senat der Medizinischen Universität Graz "bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die gegenständliche Beschwerde verpflichtet wird, den Antragsteller mit WS 2013/2014 zum Diplomstudium der Humanmedizin zuzulassen".
Zur Antragsbegründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller in Deutschland näher genannte medizinische Vorkenntnisse erlangt habe, weshalb die Nichtzulassung zum Studium nach Maßgabe der österreichischen Zulassungsvorschriften eine mittelbare Diskriminierung im Sinne des Artikel 18 AEUV darstellen würde.
Grundsätzlich ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsprechung des EuGH folgend (vgl. z.B. die Urteile vom , Rs C-213/89, Factortame, Slg. 1990, I-2433, Rn. 21 oder vom , Rs C-465/93, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft, Slg. 1995, I-03761) bereits mehrmals nicht ausgeschlossen hat, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht - über die im kassatorischen System der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgegebene Möglichkeit, der gegen einen Bescheid erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid im Falle seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben, hinaus - einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 2010/12/0169, mwN).
Nach dem Gesagten ist Voraussetzung der Erlassung einer einstweiligen Anordnung durch den Verwaltungsgerichtshof, dass der Antragsteller den behaupteten Anspruch an zuständiger Stelle - im vorliegenden Fall beim Rektorat der MUG, gegebenenfalls im Rechtsmittelweg vor dem Senat der MUG - geltend gemacht hat und ihm die Einräumung der angestrebten Rechtsposition verweigert wurde. Dies war hier jedoch nicht der Fall; denn Gegenstand des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung ist die Zulassung des Antragstellers zum Diplomstudium Humanmedizin "mit WS 2013/2014". Der Antragsteller behauptet nicht, einen entsprechenden Antrag an das zuständige Organ der Universität gerichtet zu haben; demgemäß kann auch nicht gesagt werden, dass ihm jene Rechtsposition, deren vorläufige Einräumung er im Wege der einstweiligen Anordnung anstrebt, überhaupt verweigert worden wäre. Die beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 2013/10/0092 protokollierte Beschwerde des Antragstellers betrifft nicht - wie der hier zur Beurteilung stehende Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung - die Zulassung "mit WS 2013/2014", sondern die (Verweigerung der) Zulassung zum Diplomstudium Humanmedizin "zum Wintersemester, 2011/12, in eventu zum Sommersemester 2012". In der Entscheidung, die die Behörde über den zuletzt genannten Antrag getroffen hat, liegt somit nicht die Weigerung, dem Antragsteller jene Rechtsposition einzuräumen, die er mit dem vorliegenden Antrag anstrebt, nämlich die Zulassung "mit WS 2013/2014".
Wien, am
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Normen | 61989CJ0213 Factortame VORAB; 61993CJ0465 Atlanta Fruchthandelsgesellschaft mbH VORAB; EURallg; UniversitätsG 2002 §60; VwGG §30 Abs2 impl; VwGG §30 Abs2; VwGG §34 Abs1; |
Schlagworte | Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1 Gemeinschaftsrecht vorläufige Aussetzung der Vollziehung provisorischer Rechtsschutz EURallg6 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2013:2013100171.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-49909