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VwGH 24.04.2014, 2013/09/0178

VwGH 24.04.2014, 2013/09/0178

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §14;
AVG §15;
AVG §18 Abs4;
AVG §44;
AVG §62 Abs2;
LBG Slbg 1987 §57 Abs4;
VwGbk-ÜG 2013 §2 Abs1;
VwGbk-ÜG 2013 §2 Abs4;
VwGG §33 Abs1 idF 2013/I/033;
RS 1
Die Zustellung einer Verhandlungsschrift (§ 44 iVm §§ 14 und 15 AVG) samt der darin enthaltenen Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG der am Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgten mündlichen Verkündung des Bescheides ist nicht der nach § 57 Abs. 4 Slbg LBG 1987 zu erfolgenden Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung (die den Vorschriften des § 18 Abs. 4 AVG zu entsprechen hat) gleichzuhalten. Gemäß § 2 Abs. 4 VwGbk-ÜG 2013 tritt der Bescheid einer "sonstigen unabhängigen Verwaltungsbehörde", der vor Ablauf des mündlich verkündet wurde, dann, wenn die Zustellung einer den Beginn der Rechtsmittelfrist auslösenden schriftlichen Ausfertigung des Bescheides jedoch bis zum Ablauf dieses Tages nicht veranlasst worden ist, mit Ablauf dieses Tages außer Kraft. Die Bestimmung des § 57 Abs. 4 Slbg LBG 1987, wonach eine Ausfertigung eines mündlich verkündetes Disziplinarerkenntnisses immer auch schriftlich zugestellt werden muss, hat zur Folge, dass die Frist zur Einbringung einer Beschwerde an den VwGH von der Zustellung des schriftlichen Bescheides abhängig ist (vgl. E , 93/14/0170); die Ausfertigung löst sohin iSd § 2 Abs. 4 VwGbk-ÜG 2013 den Beginn einer Rechtsmittelfrist aus. Als "sonstige unabhängige Verwaltungsbehörde" gelten gemäß § 2 Abs. 1 VwGbk-ÜG 2013 die in der Anlage (BGBl. I Nr. 2012/51) zum B-VG genannten, mit Ablauf des aufgelösten unabhängigen Verwaltungsbehörden. Da bis zum Ablauf des keine Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides veranlasst war, ist der Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft getreten. Der Beamte kann daher durch den angefochtenen Bescheid in keinem subjektiv öffentlichen Recht mehr verletzt sein. Er ist im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG klaglos gestellt.
Normen
B-VG Art139;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
LBG Slbg 1987 §55 Abs1 Z2 idF 2013/039;
VwGG §42 Abs2 Z2;
RS 2
Der Verfassungsgerichtshof hat mit E vom , G 105/2013, V 65/2013, die Verfassungswidrigkeit des § 55 Abs. 1 Z 2 Slbg LBG 1987 idF LGBl. Nr. 39/2013 betreffend die Möglichkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarbehörde in Abwesenheit des Beschuldigten wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz sowie die Gesetzwidrigkeit der Geschäftseinteilung der Senate der Disziplinarkommission für Salzburger Landesbeamte/innen beim Amt der Landesregierung für das Jahr 2013 festgestellt. Der angefochtene Bescheid wäre daher auch wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben gewesen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kupec, in der Beschwerdesache des Dr. JH in B, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den (mündlich verkündeten) Bescheid der Disziplinarkommission für Landeslehrer beim Amt der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 30303-200/465/36-2013, betreffend Disziplinarstrafe nach dem Salzburger Landes-Beamtengesetz 1987 (weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Disziplinarbehörde erster Instanz vom wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 2 Salzburger Landes-Beamtengesetz 1987 (Sbg L-BG 1987) für schuldig erkannt und die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von 40 % des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage ausgesprochen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Die (gemäß § 38 Abs. 2 Sbg L-BG 1987 idF vor dem eingerichtete) Disziplinarkommission für Salzburger Landesbeamte/innen beim Amt der Salzburger Landesregierung beraumte für den eine mündliche Verhandlung "in Abwesenheit des Beschuldigten" an.

Nach dem Verhandlungsprotokoll sei Dr. AR als Vertreter für den Beschwerdeführer erschienen. Die belangte Behörde habe sodann beschlossen, die mündliche Verhandlung gemäß § 55 Abs. 1 Z. 2 L-BG dennoch in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchzuführen. Nach Verkündung dieses Beschlusses sei der Vertreter des Beschwerdeführers ersucht worden, die Verhandlung zu verlassen und es sei die Verhandlung in Abwesenheit "des Beschuldigten" fortgesetzt worden.

Die belangte Behörde verkündete mündlich nach Durchführung dieser mündlichen Verhandlung am einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Die von (Beschwerdeführer), vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. AR mit Schriftsatz vom gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarbehörde erster Instanz vom

, Zahl ... erhobene Berufung wird als unbegründet

abgewiesen."

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen mündlich verkündeten Bescheid, "zugestellt am in Form einer Verhandlungsschrift" die gegenständliche Beschwerde.

In der über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes erstatteten Stellungnahme des Beschwerdeführers vom gab der Beschwerdeführer bekannt, dass keine Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides erfolgt sei. Auch aus dem vom Landesverwaltungsgericht Salzburg vorgelegten Verwaltungsakt ist ein solcher Vorgang nicht zu entnehmen.

§ 42 Sbg L-BG 1987 lautet:

"Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, sind

auf das Disziplinarverfahren anzuwenden:

1. das AVG mit Ausnahme der §§ 2 bis 4, 12, 42 Abs. 1 und 2, 51, 51a, 57, 62 Abs. 3, 63 Abs. 1, 64 Abs. 2, 64a, 67a bis 67g, 68 Abs. 2 und 3 und 75 bis 80; ...

..."

§ 57 Sbg L-BG 1987 in der bis zum geltenden

Fassung lautete (auszugsweise):

"Disziplinarerkenntnis

§ 57 (1) Die Disziplinarbehörde hat bei ihrer Entscheidung nur auf das, was in der mündlichen Verhandlung vorgekommen ist, sowie auf eine allfällige Stellungnahme gemäß § 55 Abs. 2 Rücksicht zu nehmen. Dies gilt auch für die Disziplinarkommission, wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist.

...

(4) Eine schriftliche Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses ist den Parteien längstens innerhalb von zwei Wochen zuzustellen und der Dienstbehörde unverzüglich zu übermitteln.

..."

§ 62 AVG lautet auszugsweise:

"(1) Wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden.

(2) Der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides ist, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluß der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden.

..."

Die belangte Behörde hatte die Pflicht, gemäß § 57 Abs. 4 Sbg L-BG 1987 eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides zuzustellen.

Die Zustellung einer Verhandlungsschrift (§ 44 iVm §§ 14 und 15 AVG) samt der darin enthaltenen Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG der am Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgten mündlichen Verkündung des Bescheides ist nicht der nach § 57 Abs. 4 Sbg L-BG 1987 zu erfolgenden Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung (die den Vorschriften des § 18 Abs. 4 AVG zu entsprechen hat) gleichzuhalten.

Gemäß § 2 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) tritt der Bescheid einer "sonstigen unabhängigen Verwaltungsbehörde", der vor Ablauf des mündlich verkündet wurde, dann, wenn die Zustellung einer den Beginn der Rechtsmittelfrist auslösenden schriftlichen Ausfertigung des Bescheides jedoch bis zum Ablauf dieses Tages nicht veranlasst worden ist, mit Ablauf dieses Tages außer Kraft.

Die Bestimmung des § 57 Abs. 4 Sbg L-BG 1987, wonach eine Ausfertigung eines mündlich verkündetes Disziplinarerkenntnisses immer auch schriftlich zugestellt werden muss, hat zur Folge, dass die Frist zur Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof von der Zustellung des schriftlichen Bescheides abhängig ist (vgl. zur Bestimmung des § 287 BAO das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/14/0170, mwN); die Ausfertigung löst sohin im Sinne des § 2 Abs. 4 VwGbk-ÜG den Beginn einer Rechtsmittelfrist aus.

Als "sonstige unabhängige Verwaltungsbehörde" gelten gemäß § 2 Abs. 1 VwGbk-ÜG die in der Anlage (BGBl. I Nr. 2012/51) zum B-VG genannten, mit Ablauf des aufgelösten unabhängigen Verwaltungsbehörden. Die belangte Behörde ist in Punkt F 5. dieser Anlage genannt.

Da bis zum Ablauf des keine Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides veranlasst war, ist der Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft getreten.

Der Beschwerdeführer kann daher durch den angefochtenen Bescheid in keinem subjektiv öffentlichen Recht mehr verletzt sein. Er ist im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG klaglos gestellt.

Im Übrigen weist der Verwaltungsgerichtshof auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 105/2013, V 65/2013, hin, in dem die Verfassungswidrigkeit des § 55 Abs. 1 Z 2 Sbg L-BG 1987 idF LGBl. Nr. 39/2013 betreffend die Möglichkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarbehörde in Abwesenheit des Beschuldigten wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz sowie die Gesetzwidrigkeit der Geschäftseinteilung der Senate der Disziplinarkommission für Salzburger Landesbeamte/innen beim Amt der Landesregierung für das Jahr 2013 festgestellt wurde. Der angefochtene Bescheid wäre daher auch wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben gewesen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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Normen
AVG §14;
AVG §15;
AVG §18 Abs4;
AVG §44;
AVG §62 Abs2;
B-VG Art139;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
LBG Slbg 1987 §55 Abs1 Z2 idF 2013/039;
LBG Slbg 1987 §57 Abs4;
VwGbk-ÜG 2013 §2 Abs1;
VwGbk-ÜG 2013 §2 Abs4;
VwGG §33 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §42 Abs2 Z2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:2013090178.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-49907