VwGH 21.08.2014, 2012/11/0103
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Ein Interesse an einer grundsätzlichen Klärung der Rechtssache, so aus wirtschaftlichen Gründen, etwa auch um Schadenersatz im Wege der Amtshaftung geltend zu machen, vermöchte am Fehlen der Möglichkeit, durch den angefochtenen Bescheid fortdauernd in den Rechten verletzt zu sein, nichts zu ändern (siehe dazu beispielsweise schon den hg. Beschluss vom , Zl. 96/20/0726). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2007/06/0199 B RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, in der Beschwerdesache der Österreichischen Tierärztekammer in Wien, vertreten durch Dr. Peter Behawy, Rechtsanwalt in 4120 Neufelden, Markt 38, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit vom , Zl. BMG-74120/0005-II/B/10/2012, betreffend Aufhebung von Beschlüssen der Hauptversammlung der Österreichischen Tierärztekammer gemäß § 50 Abs. 3 TÄG, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
Mit Beschluss vom (TOP 17.1. der Tagesordnung) beauftragte die Hauptversammlung der Österreichischen Tierärztekammer deren Präsidenten mit der Einsetzung eines Kontrollausschusses zur Überprüfung und Berichterstattung kammerinterner Vorgänge und Finanzgebarungen nach (näher umschriebenen) Vorgaben der Hauptversammlung (Punkt 1.), legte namentlich die Besetzung des aus fünf Personen bestehenden Kontrollausschusses fest (Punkt 2.) und sprach aus, dass der genannte Kontrollausschuss seine Arbeit sofort aufnehmen solle (Punkt 3.).
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den genannten Beschluss vom gemäß § 50 Abs. 3 Tierärztegesetz, BGBl. Nr. 16/1975 idF BGBl. I Nr. 3/2009 (kurz: TÄG), als gesetzwidrig auf.
In der Begründung führte sie (hier auf das Wesentliche zusammengefasst) aus, dass zwar Punkt 1. des genannten Beschlusses vom als rechtskonforme Änderung der Geschäftsordnung (§ 36 Abs. 5 Z 5 TÄG) betreffend eine Regelung zur Einsetzung eines Kontrollausschusses zwecks Wahrnehmung der in § 36 Abs. 5 Z 2 TÄG genannten Aufgaben interpretiert werden könne. Im Zusammenhang mit den weiteren Punkten 2. und 3. des genannten Beschlusses vom erweise sich dieser Beschluss jedoch
- in seiner Gesamtheit - als rechtswidrig:
Die Einsetzung von Ausschüssen zur Vorbereitung von Verhandlungsgegenständen für die Hauptversammlung und Berichterstattung an die Hauptversammlung sei nämlich in der taxativen Aufzählung der Kompetenzen der Hauptversammlung in § 36 Abs. 5 leg. cit. nicht enthalten (und insbesondere auch nicht durch § 36 Abs. 5 Z 8 TÄG gedeckt), sondern obliege gemäß § 37 Abs. 5 TÄG dem Vorstand der Österreichischen Tierärztekammer.
Durch die sofortige Einsetzung des Kontrollausschusses und die Beschickung desselben mit Personen, die der Hauptversammlung nicht angehörten, werde eigenmächtig ein gesetzlich nicht vorgesehenes Gremium geschaffen, sodass der gegenständliche Beschluss vom durch die Aufsichtsbehörde als gesetzwidrig aufzuheben gewesen sei.
Gegen diesen (am erlassenen) Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Österreichischen Tierärztekammer. Auf diese Beschwerde sind, weil das VwGbk-ÜG nicht anderes bestimmt, gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die Bestimmungen des letztgenannten Gesetzes in seiner bis geltenden Fassung anzuwenden.
Das Tierärztegesetz, BGBl. Nr. 16/1975 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 135/2006, lautete bis zum Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 86/2012 (Bundesgesetz, mit dem ein Tierärztekammergesetz erlassen und das Tierärztegesetz geändert wird) mit Ablauf des auszugsweise:
"§ 36. (1) Die Hauptversammlung setzt sich aus den Präsidenten und den Vizepräsidenten der Außenstellen zusammen. Sie steht unter dem Vorsitz des Präsidenten der Kammer.
...
(5) Der Beschlussfassung der Hauptversammlung sind vorbehalten:
der Jahresvoranschlag über Einnahmen und Ausgaben der Kammer;
die Prüfung und die Genehmigung des Jahresabschlusses und der Gebarung des Vorstandes, dessen Entlastung sowie die Wahl von zwei Rechnungsprüfern für die Dauer von zwei Jahren;
3. die Festsetzung der von den Kammermitgliedern zu entrichtenden Kammerumlage;
4. die Festsetzung der Höhe der Aufwandsentschädigung für die Kammerorgane;
5. die Erlassung oder Änderung der Geschäftsordnung, Dienstordnung und Umlagenordnung;
6. die Durchführung der der Hauptversammlung vorbehaltenen Wahlen;
7. der Antrag auf Verlust eines Mandates als Mitglied der Hauptversammlung oder als Vorstandsmitglied beim Verfassungsgerichtshof (Art. 141 Abs. 1 lit. d B-VG und § 71 VfGG);
8. die Beschlussfassung in allen Angelegenheiten, deren Entscheidung sich die Hauptversammlung vorbehalten hat oder die der Hauptversammlung vorgelegt werden;
die Förderung wirtschaftlicher und Wohlfahrtseinrichtungen;
die Erlassung einer Schlichtungsordnung;
die Erlassung der Satzungen für die Wohlfahrtseinrichtungen;
die Festsetzung der Fondsbeiträge;
die Erlassung von Richtlinien für die Beschaffenheit von Ordinationen und privaten Tierspitälern (§ 16 Abs. 2);
die Erlassung der Honorarordnung (§ 18 Abs. 1);
die Bestellung des Kuratoriums (§ 63 Abs. 1);
die Wahl der Mitglieder der Kommissionen gemäß § 14c Abs. 1;
die Festlegung der veterinärmedizinischen Fachgebiete, für die Fachtierarzttitel vergeben werden können;
18. die Festlegung von Art und Dauer der fachspezifischtheoretischen Weiterbildung gemäß § 14 Abs. 3.
19. Die Erlassung von Richtlinien für die veterinärmedizinische fachliche Weiterbildung und die Zuerkennung einschlägiger Spezialistentitel.
...
§ 37. (1) Der Vorstand besteht aus dem Präsidenten der Kammer und vier Vizepräsidenten der Kammer.
...
(5) Der Vorstand, in dringenden Einzelfällen der Präsident, kann Ausschüsse zur Vorbereitung von Verhandlungsgegenständen für die Hauptversammlung und Berichterstattung an die Hauptversammlung bestellen. Das Nähere, einschließlich die Entschädigung für die Teilnahme unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 47 Abs. 5, ist in der Geschäftsordnung zu regeln.
...
§ 50. (1) Die Kammer untersteht der Aufsicht der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen.
...
(3) Gesetzwidrige Beschlüsse von Organen der Kammer sind von der Aufsichtsbehörde aufzuheben.
..."
Die Novelle zum Tierärztegesetz, BGBl. I Nr. 86/2012, die gemäß § 75b Abs. 1 leg. cit. mit Ablauf der am erfolgten Kundmachung in Kraft trat, lautet auszugsweise:
"§ 75b. ...
(4) Mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes treten die §§ 29 bis 67 - vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 5 - außer Kraft.
(5) § 36 Abs. 6 und 7 bleibt bis zur Angelobung der Delegiertenversammlung nach den Bestimmungen des Tierärztekammergesetzes (TÄKamG), Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 86/2012, längstens jedoch bis zum in Kraft.
...."
Das Tierärztekammergesetz-TÄKamG, BGBl. I Nr. 86/2012, das am in Kraft trat, lautet in der derzeit geltenden Fassung BGBl. I Nr. 80/2013 auszugsweise (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"§ 1. (1) Zur Vertretung der Angehörigen des tierärztlichen Berufes ist die 'Österreichische Tierärztekammer' (im Folgenden: Tierärztekammer) mit Sitz in Wien eingerichtet. Ihr Wirkungsbereich erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet. In jedem Bundesland ist eine Landesstelle einzurichten.
(2) Die Tierärztekammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
...
§ 14. Organe der Tierärztekammer sind:
die Delegiertenversammlung;
der Vorstand;
die Präsidentin/der Präsident;
der Kontrollausschuss;
...
Kontrollausschuss
§ 18. (1) Von der Delegiertenversammlung wird für die Dauer von jeweils vier Kalenderjahren ein Kontrollausschuss, der aus drei Kammermitgliedern besteht, gewählt. Für jedes Mitglied wird weiters eine Stellvertreterin bzw. ein Stellvertreter gewählt.
(2) Dem Kontrollausschuss obliegt die Kontrolle der Gebarung der Tierärztekammer auf Rechtmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, insbesonders die Überprüfung des Rechnungsabschlusses und des Jahresvoranschlages der Tierärztekammer auf ziffernmäßige Richtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Sie können sich zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten geeigneter und befugter Personen bedienen, deren Kosten aus dem Budget der Tierärztekammer zu erstatten sind.
(3) Der Kontrollausschuss hat über die Prüfung einen schriftlichen Bericht an die Delegiertenversammlung zu erstatten.
(4) Alle Organe der Tierärztekammer und das Kammeramt haben dem Kontrollausschuss alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Einschau in die Originalunterlagen zu ermöglichen. Die Delegiertenversammlung kann den Kontrollausschuss durch Beschluss ersuchen, eine Sonderprüfung von bestimmten Teilen der Gebarung vorzunehmen.
...
Überleitung der Organe
§ 83. (1) Zur Konstituierung der Delegiertenversammlung nach diesem Bundesgesetz ist die erstmalige Wahl der Delegierten bis durchzuführen. Die Wahl des Vorstandes, der Kontrollausschusses und der Mitglieder des Kuratoriums nach diesem Bundesgesetz hat unverzüglich nach Angelobung der neugewählten Delegiertenversammlung zu erfolgen.
(2) Bis zur Angelobung der nach Abs. 1 erster Satz gewählten Delegiertenversammlung bleiben
1. die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes gewählten Mitglieder der Hauptversammlung sowie deren Stellvertreterinnen bzw. Stellvertreter und
2. die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes gewählten Mitglieder des Kuratoriums im Amt; die Hauptversammlung gilt als Delegiertenversammlung, für Abstimmungen ist § 36 Abs. 6 und 7 des Tierärztegesetzes anzuwenden.
...
(4) In der ersten Sitzung der Delegiertenversammlung nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ist eine Kontrollausschuss zu wählen, dessen Funktionsperiode bis zur Angelobung der nach Abs. 1 zweiter Satz gewählten Organe, längstens jedoch bis zum Ablauf des dauert. Bis zur Wahl dieses Kontrollausschusses bleiben die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes gewählten Rechnungsprüferinnen bzw. Rechnungsprüfer im Amt."
Im vorliegenden Fall geht es um die Frage der Rechtmäßigkeit des Beschlusses der Hauptversammlung der Österreichischen Tierärztekammer vom , mit dem der Präsident mit der Einsetzung eines (in seiner Zusammensetzung festgelegten) Kontrollausschusses zur Überprüfung und Berichterstattung kammerinterner Vorgänge und Finanzgebarungen beauftragt wurde.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid von der Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses aus, wohingegen sich die Beschwerdeführerin in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof aus näher ausgeführten Beschwerdegründen im Recht auf Selbstverwaltung und auf Einsetzung und Besetzung eines Kontrollausschusses als verletzt erachtet.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu in ständiger Rechtsprechung erkennt, tritt eine Klaglosstellung nur dann ein, wenn der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid formell aufgehoben wird. Wurde hingegen der angefochtene Bescheid durch keinen formellen Akt aus dem Rechtsbestand beseitigt, kann eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Es ist nämlich nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage keine praktische Bedeutung mehr zukommt (vgl. aus vielen den hg. Beschluss vom , Zl. 2012/01/0095, mwN).
Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall gegeben, weil die Beschwerdeführerin auch im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof in dem von ihr bezeichneten Recht auf Einsetzung und Besetzung eines Kontrollausschusses nicht besser gestellt sein kann:
Durch die mit BGBl. I Nr. 86/2012 bewirkte Änderung der Rechtslage (Erlassung eines eigenen Tierärztekammergesetzes und Streichung der diesbezüglichen Bestimmungen im Tierärztegesetz) ist nunmehr ex lege (so insbesondere auch durch § 83 Abs. 1 und 4 TÄKamG) die Einsetzung (Wahl) eines Kontrollausschusses durch die Delegiertenversammlung (als solche gilt gemäß § 83 Abs. 2 TÄKamG vorübergehend auch die vormalige Hauptversammlung) der Österreichischen Tierärztekammer vorgesehen.
Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof hätte somit keine praktische Bedeutung für die Österreichische Tierärztekammer mehr. Soweit die Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom dagegen vorbringt, dass im Falle der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides "die damals handelnden Organe durch Nichtbefolgung des Auftrages zur Einsetzung des Kontrollausschusses rechtswidrig gehandelt haben", woraus "Schadenersatzansprüche resultieren könnten" und damit "auch die Verantwortung gegenüber den beitragzahlenden Mitgliedern gewahrt werde", so ist dieses (u.a. hinsichtlich des Anspruchsgegners nicht näher präzisierte) Vorbringen schon deshalb nicht geeignet, ein aufrechtes Interesse an der inhaltlichen Entscheidung über die Beschwerde darzutun, weil nach ständiger hg. Rechtsprechung die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadenersatz bzw. die Möglichkeit der Amtshaftung (die Österreichische Tierärztekammer, der das Handeln ihrer Organe zuzurechnen ist, ist gemäß § 1 Abs. 2 TÄKamG eine Körperschaft öffentlichen Rechts und damit Rechtsträger iSd § 1 AHG) am Fehlen der Möglichkeit, durch den angefochtenen Bescheid fortdauernd in Rechten verletzt zu sein, nichts zu ändern vermag (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluss, Zl. 2012/01/0095 mwN, sowie etwa jenen vom , Zl. 2007/06/0199, sowie - mit Hinweis auf § 11 AHG - den Beschluss vom , Zl. 2006/06/0032).
Das Verfahren über die gegenstandslos gewordene Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG mit Beschluss einzustellen.
Da die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens iSd § 58 Abs. 2 VwGG einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, ist über die Kosten unter Heranziehung des in § 58 Abs. 1 VwGG verankerten Grundsatzes zu entscheiden, nach dem - soweit die §§ 47 bis 56 nicht anderes bestimmen - jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden
Aufwand selbst zu tragen hat (vgl. abermals den zitierten Beschluss Zl. 2012/01/0095 mwN).
Wien, am
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Schlagworte | Allgemein |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:2012110103.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-49872