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VwGH 18.01.2018, Ro 2016/16/0008

VwGH 18.01.2018, Ro 2016/16/0008

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
RS 1
§ 54 Abs. 1 Z 3 GebAG gewährt Dolmetschern für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde eine höhere Gebühr als für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde. Der klare Gesetzeswortlaut spricht von einer Vernehmung, sodass bei zwei oder mehr Vernehmungen - mögen sie auch zeitlich hintereinander stattfinden, ebenso wie bei mehreren gerichtlichen Verhandlungen - jeweils die höhere Gebühr für die erste halbe Stunde zusteht. Ein Gebührenexzess ist dadurch nicht zu befürchten.
Normen
RS 2
Gegen den von der revisionswerbenden Partei behaupteten, im erhöhten Satz für die erste halbe Stunde der Mühewaltung gelegenen telos einer Abgeltung dafür, dass der beigezogene Dolmetscher aus seinem normalen Tagesablauf heraustreten und sich mental auf seine Tätigkeit als Dolmetscher, das ungewohnte Umfeld und den zu bearbeitenden Sachverhalt einstellen müsse, spricht, dass er in dieser Form nicht dem § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG unterstellt werden kann, weil diese Umstände auch zutreffen, wenn der Dolmetscher wegen Fernbleibens der zu vernehmenden Person keine Übersetzertätigkeit entfaltet und ihm nach § 32 iVm § 53 Abs. 1 GebAG Entschädigung für Zeitversäumnis zustehet (vgl. ). Somit fehlt es an einer planwidrigen Lücke für eine analoge Anwendung des § 33 Abs. 2 GebAG für eine Zusammenrechnung und Aufteilung mehrerer Vernehmungszeiten und besteht kein Zweifel am klaren und eindeutigen Wortlaut des § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG, wonach die höhere Gebühr für die erste halbe Stunde einer Vernehmung zusteht, ohne dass mehrere nicht gemeinsam durchgeführte Vernehmungen zusammengefasst werden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Thoma und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der Landespolizeidirektion Niederösterreich, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W208 2104479- 1/7E, betreffend Dolmetschergebühren (mitbeteiligte Partei: C M in F-U), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte wurde von der Landespolizeidirektion Niederösterreich (revisionswerbende Partei) am Samstag, den , in der Zeit von 9.00 Uhr bis 10.45 Uhr für zwei kriminalpolizeiliche Vernehmungen im Dienste der Strafrechtspflege als Dolmetscher beigezogen. Für seine Tätigkeit legte der Mitbeteiligte eine Gebührennote, in der er u. a. verzeichnete:

"II. Mühewaltung (§ 54)

Teilnahme a. d. Vernehmung/Verhandlung

2 x erste halbe Stunde (Samstag) a EUR 36, 75

EUR 73,50

2 x weitere halbe Stunde (Samstag) a EUR 18, 60

EUR 37,20"

2 Die revisionswerbende Partei bestimmte die Dolmetschergebühren - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - mit nur einer ersten halben Stunde zu 36,75 EUR und drei weiteren halben Stunden zu 18,60 EUR mit der wesentlichen Begründung, dass nur in einer Sprache übersetzt worden und nur ein Akt mit gleichem Sachverhalt bearbeitet worden sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde teilweise Berechtigung zuerkannt und ihm gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG eine zusätzliche Gebühr zugesprochen sowie die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig erklärt. Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, eine neue erste halbe Stunde könne bei jeder zu vernehmenden Person verrechnet werden, weil diese je als eine Vernehmung zu werten sei, zumal auch das Einstellen auf eine neue zu vernehmende Person zu Beginn einer Vernehmung durch den Dolmetscher durchaus aufwendiger und mühevoller sei. Eine analoge Anwendung des § 33 Abs. 2 GebAG, der eine Aufteilung der Entschädigung für Zeitversäumnis bei in zumindest annähernd zeitlichem und räumlichem Zusammenhang stehenden Vernehmungen regle, komme nicht in Frage, weil es sich hier um eine Gebühr für Mühewaltung handle (Hinweis auf Krammer/Schmidt, SDG - GebAG3 § 54 GebAG Anm. 5 und § 35 GebAG Anm. 9). Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auch) zur soeben dargestellten Rechtsfrage.

4 Die dagegen erhobene Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor. Der Mitbeteiligte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt dann, wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. , mwN).

7 Vor diesem Hintergrund ist die Revision unzulässig.

§ 54 Abs. 1 Z 3 GebAG gewährt Dolmetschern für die Zuziehung

zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde eine höhere Gebühr als für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde. Der klare Gesetzeswortlaut spricht von einer Vernehmung, sodass bei zwei oder mehr Vernehmungen - mögen sie auch zeitlich hintereinander stattfinden ebenso wie bei mehreren gerichtlichen Verhandlungen - jeweils die höhere Gebühr für die erste halbe Stunde zusteht.

8 Ein Gebührenexzess - wie er in der Revision angedacht wird -

ist dadurch nicht zu befürchten.

9 Die von der revisionswerbenden Partei vorgebrachte Einschränkung des § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG auf eine gerichtliche Vernehmung gibt es seit der Änderung des § 54 GebAG durch das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2008, BGBl. I Nr. 111, nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung nicht mehr, sodass die Vernehmung durch die Kriminalpolizei erfasst wird.

10 Gegen den von der revisionswerbenden Partei behaupteten, im erhöhten Satz für die erste halbe Stunde der Mühewaltung gelegenen telos einer Abgeltung dafür, dass der beigezogene Dolmetscher aus seinem normalen Tagesablauf heraustreten und sich mental auf seine Tätigkeit als Dolmetscher, das ungewohnte Umfeld und den zu bearbeitenden Sachverhalt einstellen müsse, spricht, dass er in dieser Form nicht dem § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG unterstellt werden kann, weil diese Umstände auch zutreffen, wenn der Dolmetscher wegen Fernbleibens der zu vernehmenden Person keine Übersetzertätigkeit entfaltet und ihm nach § 32 iVm § 53 Abs. 1 GebAG Entschädigung für Zeitversäumnis zustehet (vgl. ). Somit fehlt es - was das Verwaltungsgericht zutreffend erkannte - an einer planwidrigen Lücke für eine analoge Anwendung des § 33 Abs. 2 GebAG für eine Zusammenrechnung und Aufteilung mehrerer Vernehmungszeiten und besteht kein Zweifel am klaren und eindeutigen Wortlaut des § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG, wonach die höhere Gebühr für die erste halbe Stunde einer Vernehmung zusteht, ohne dass mehrere nicht gemeinsam durchgeführte Vernehmungen zusammengefasst werden.

11 Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von
Gesetzeslücken VwRallg3/2/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2016160008.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-49704