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VwGH 14.12.2017, Ro 2016/07/0013

VwGH 14.12.2017, Ro 2016/07/0013

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
VwRallg;
WRG 1959 §112 Abs2;
WRG 1959 §27 Abs1 litg;
WRG 1959 §27 Abs2;
WRG 1959 §27 Abs3;
RS 1
Im WRG 1959 ist keine Bestimmung vorgesehen, nach der die gemäß § 27 Abs. 3 WRG 1959 gesetzte Frist zur Wiederaufnahme des ordnungsgemäßen Betriebs einer Anlage verlängert werden kann. § 27 Abs. 2 WRG 1959 bezieht sich ausdrücklich nur auf die Möglichkeit der Verlängerung der gesetzlich bestimmten dreijährigen Erlöschensfrist nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 für den Fall des Wegfalls oder der Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen. § 112 Abs. 2 legcit hat wiederum nur die Verlängerung von Baubeginns- und Bauvollendungsfristen, die bei der Bewilligung einer Wasseranlage vorzuschreiben sind, zum Gegenstand (vgl. ).
Normen
VwRallg;
WRG 1959 §27 Abs3;
RS 2
Ein Ansuchen um Verlängerung der Frist zur Wiederaufnahme des Betriebs einer Wasseranlage kann nur als Antrag auf Abänderung des rechtskräftigen wasserbehördlichen Auftrages gemäß § 27 Abs. 3 WRG 1959 angesehen werden (vgl. ; , 96/07/0148; , 2008/05/0151), zumal im Verfahren keine wesentlichen Änderungen der Sach- und Rechtslage vorgebracht wurden.
Normen
RS 3
Eine Partei hat keinen Rechtsanspruch auf Ausübung des behördlichen Aufsichtsrechtes. Die Ausübung des Aufsichtsrechtes kann zwar angeregt, nicht aber erzwungen werden. Auf die Erstreckung der Frist eines in Rechtskraft erwachsenen Auftrages nach § 27 Abs. 3 WRG 1959 steht somit niemandem ein Rechtsanspruch zu (vgl. ; , 2008/05/0151).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der A B in E, nunmehr Verlassenschaft nach der verstorbenen A B, vertreten durch die Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH in 3300 Amstetten, Graben 42, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-652/001-2016, betreffend eine Frist nach § 27 Abs. 3 WRG 1959 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Amstetten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (BH) vom wurde u.a. der Rechtsvorgängerin der nunmehr revisionswerbenden Verlassenschaft und der Gemeinde E. gemäß § 27 Abs. 3 WRG 1959 aufgetragen, den ordnungsgemäßen Betrieb einer näher beschriebenen Wasserversorgungsanlage bis "" aufzunehmen, andernfalls das Wasserbenutzungsrecht für erloschen erklärt werde. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

2 Mit an die BH gerichtetem Schreiben vom beantragte die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Verlassenschaft, die Frist zur Aufnahme des ordnungsgemäßen Betriebs der Wasserversorgungsanlage bis zu erstrecken, weil der Betrieb ohne ihr Verschulden nicht habe hergestellt werden können. Sie habe die Gemeinde E. bislang erfolglos aufgefordert, die "für die Herstellung des ordnungsgemäßen Betriebs erforderlichen Handlungen" vorzunehmen, weshalb sie nunmehr ein gerichtliches Verfahren gegen die Gemeinde E. angestrengt habe.

3 Mit Bescheid vom berichtigte die BH den Bescheid vom gemäß § 62 Abs. 4 AVG unter Spruchpunkt I. dahingehend, dass die festgesetzte Frist nicht am "", sondern am ende. Unter Spruchpunkt II. wurde dem Antrag der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Verlassenschaft auf Erstreckung der Frist zur Wiederaufnahme des ordnungsgemäßen Betriebs der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage nicht stattgegeben, was damit begründet wurde, dass eine Fristverlängerung nicht vorgesehen und die Angemessenheit der Frist bereits "im abgeführten Verfahren" abgehandelt worden sei.

4 2. In ihrer gegen Spruchpunkt II. dieses Bescheides gerichteten Beschwerde brachte die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei im Wesentlichen vor, die Gemeinde E. habe den Eigentümern des Grundstücks, auf dem sich die gegenständliche Quelle befinde, den Wasserbezug in Form einer eigenen Wasserleitung genehmigt, wodurch der Wasserbezug der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei verhindert worden sei. Es sei daher nur rechtens, von der Gemeinde E. die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes zu verlangen, was nunmehr im Klagsweg durchzusetzen sei. Vor diesem Hintergrund sei die Frist zur Wiederaufnahme des ordnungsgemäßen Betriebes der Wasserversorgungsanlage angemessen zu erstrecken.

5 3. Mit dem angefochtenen Beschluss vom wurde die Beschwerde abgewiesen.

6 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, die BH habe keine Sachentscheidung getroffen, weshalb Spruchpunkt II. des Bescheides vom als Zurückweisung des Fristerstreckungsersuchens zu werten sei. Eine Verlängerung der gegenständlich festgesetzten Frist zur Wiederinbetriebnahme der Wasserversorgungsanlage, mithin eine Abänderung des rechtskräftigen Bescheides in Bezug auf die festgelegte Zeitdauer, wäre nur dann zulässig, wenn eine gesetzliche Bestimmung die Durchbrechung der Rechtskraft (des ursprünglichen Bescheides) ermöglichte. Eine solche Ausnahmebestimmung sei im WRG 1959 in Bezug auf die nach § 27 Abs. 3 WRG 1959 festzulegende (materiellrechtliche) Frist von vornherein nicht vorgesehen. Vielmehr hätte die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Verlassenschaft bereits im vorangegangenen Verfahren die nicht in ihrer Sphäre gelegenen Hindernisse für die Wiederinbetriebnahme der Wasserversorgungsanlage geltend machen müssen.

7 Die Revision ließ das Verwaltungsgericht mit der Begründung zu, dass bislang keine Rechtsprechung zur Frage der Verlängerbarkeit von nach § 27 Abs. 3 WRG 1959 für die Wiederinbetriebnahme von Wasserbenutzungsanlagen festgelegten Fristen vorliege.

8 4. Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die das Verwaltungsgericht samt den Akten des Verfahrens vorgelegt hat. Die BH hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, ohne darin Aufwandersatz zu beantragen.

9 Mit Schreiben vom teilte die BH mit, dass die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei mittlerweile verstorben sei. Aufgrund einer Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes gab der Rechtsvertreter der Rechtsvorgängerin der nunmehr revisionswerbenden Verlassenschaft mit Schreiben vom deren Eintritt in das gegenständliche Revisionsverfahren bekannt.

10 5. Der revisionswerbenden Partei mangelt es aus nachstehenden Gründen an der Berechtigung zur Erhebung der Revision:

11 5.1. Die revisionswerbende Partei erachtet sich im Recht auf "Gewährung einer im Konkreten angemessenen Frist zur Wiederaufnahme des Betriebs" der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage verletzt.

12 Die Frist für die Wiederaufnahme des Betriebs der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage gemäß § 27 Abs. 3 WRG 1959 wurde mit rechtskräftigem Bescheid der BH vom iVm dem Berichtigungsbescheid vom festgesetzt. Die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Verlassenschaft beantragte mit Schreiben vom die Verlängerung dieser Frist.

13 5.2. § 27 WRG 1959, BGBl. Nr. 215 in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 74/1997, lautet auszugsweise:

"Erlöschen der Wasserbenutzungsrechte.

§ 27. (1) Wasserbenutzungsrechte erlöschen:

(...)

g) durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen, wenn die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert hat, wobei der Wegfall oder die Zerstörung wesentlicher Teile der Anlage dem gänzlichen Wegfall oder der gänzlichen Zerstörung gleichzuhalten ist;

(...)

(2) Die Wasserrechtsbehörde kann die im Abs. 1 lit. g bestimmte Frist bei Vorliegen außerordentlicher oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten bis zu fünf Jahren verlängern.

(3) War nach erfolgter Herstellung und Inbetriebsetzung einer genehmigten Anlage der ordnungsgemäße Betrieb während dreier aufeinanderfolgender Jahre eingestellt, ohne daß die Voraussetzungen des Erlöschens nach Abs. 1 lit. g vorliegen, so kann dem Berechtigten, falls nicht die Betriebseinstellung erweislich durch die Betriebsverhältnisse oder außerordentliche vom Willen des Berechtigten unabhängige Umstände bedingt war, von Amts wegen oder auf Antrag anderer Interessenten von der zur Genehmigung der Anlage berufenen Behörde eine angemessene, mindestens mit einem Jahre zu bemessende Frist zur Wiederaufnahme des ordnungsmäßigen Betriebes mit der Ankündigung bestimmt werden, daß nach fruchtlosem Ablaufe der Frist das Wasserbenutzungsrecht als erloschen erklärt würde.

(...)"

14 5.3. Im WRG 1959 ist keine Bestimmung vorgesehen, nach der die gemäß § 27 Abs. 3 WRG 1959 gesetzte Frist zur Wiederaufnahme des ordnungsgemäßen Betriebs einer Anlage verlängert werden kann. Insbesondere sind auch die in der Revision angesprochene Bestimmung des § 27 Abs. 2 WRG 1959 und die Fristverlängerungsbestimmung des § 112 Abs. 2 WRG 1959 auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. § 27 Abs. 2 WRG 1959 bezieht sich ausdrücklich nur auf die Möglichkeit der Verlängerung der gesetzlich bestimmten dreijährigen Erlöschensfrist nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 für den Fall des Wegfalls oder der Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen. § 112 Abs. 2 hat wiederum nur die Verlängerung von Baubeginns- und Bauvollendungsfristen, die bei der Bewilligung einer Wasseranlage vorzuschreiben sind, zum Gegenstand (vgl. ).

15 5.4. Das in Rede stehende Ansuchen um Verlängerung der Frist zur Wiederaufnahme des Betriebs einer Wasseranlage kann daher nur als Antrag auf Abänderung des rechtskräftigen wasserbehördlichen Auftrages gemäß § 27 Abs. 3 WRG 1959 angesehen werden (vgl. , und , 96/07/0148, zur Erstreckung von in wasserpolizeilichen Aufträgen festgesetzten Erfüllungsfristen; wiederum VwGH 95/07/0068 zur Verlängerung der Frist zur Vornahme einer letztmaligen Vorkehrung; aus jüngerer Zeit , zur Verlängerung einer Mängelbeseitigungsfrist gemäß § 13 Abs. 1 Oö. Feuerpolizeigesetz), zumal im Verfahren keine wesentlichen Änderungen der Sach- und Rechtslage vorgebracht wurden:

16 Zum einen erfolgte nämlich die - nach dem Vorbringen der Revisionswerberin von der Gemeinde E. genehmigte - Nutzung der gegenständlichen Quelle durch die Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich diese befindet, bereits vor Erlassung des Bescheides vom . Zum anderen wird mit dem Vorbringen, die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei habe gegen die Gemeinde E. aufgrund deren Untätigkeit ein zivilgerichtliches Verfahren angestrengt, nicht ausreichend konkret dargetan, inwiefern dieses Gerichtsverfahren der faktischen Wiederaufnahme des Betriebs der Wasserversorgungsanlage durch die revisionswerbende Partei entgegenstehe.

17 5.5. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes steht niemandem ein Anspruch zu (§ 68 Abs. 7 erster Satz AVG).

18 Aus dieser Rechtslage folgt, dass eine Partei keinen Rechtsanspruch auf Ausübung des behördlichen Aufsichtsrechtes hat. Die Ausübung des Aufsichtsrechtes kann zwar angeregt, nicht aber erzwungen werden. Auf die Erstreckung der Frist eines in Rechtskraft erwachsenen Auftrages nach § 27 Abs. 3 WRG 1959 steht somit niemandem ein Rechtsanspruch zu (vgl. etwa nochmals VwGH 94/07/0164 sowie 2008/05/0151, jeweils mwN).

19 6. Die revisionswerbende Partei kann daher in dem von ihr geltend gemachten subjektiven Recht nicht verletzt werden, weshalb die Revision mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war (vgl. etwa wiederum VwGH 96/07/0148, 95/07/0068 und 2008/05/0151).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs3;
AVG §68 Abs4;
AVG §68 Abs7;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;
WRG 1959 §112 Abs2;
WRG 1959 §27 Abs1 litg;
WRG 1959 §27 Abs2;
WRG 1959 §27 Abs3;
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden
und von Parteierklärungen VwRallg9/1
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht
Anfechtungsrecht VwRallg9/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016070013.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-49686