VwGH 10.09.2018, Ra 2018/09/0148
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | DMSG 1923 §1; DMSG 1923 §3; VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Nichtstattgebung - Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz - Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Erhaltung eines näher bezeichneten Wohn- und Geschäftshauses - ausgenommen das Innere der Wohnungen - gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz im öffentlichen Interesse gelegen sei. Die revisionswerbenden Parteien führen in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen aus, eine Unterschutzstellung als Denkmal bedeute einen einschneidenden Eingriff in die persönliche Verfügungsgewalt, der mit "massiver Vermögensvernichtung" verbunden sei. Da durch die - das gegenständliche Gebäude umfassende - Schutzzone "Innere Stadt" der Wiener Bauordnungsnovelle 1972 der Schutz des Erscheinungsbilds der Fassade gegeben sei, erscheine vor einer endgültigen Beendigung des Unterschutzstellungsverfahrens eine möglicherweise vorübergehende Zuständigkeit des Bundesdenkmalamts "wenig zielführend". Mit diesen allgemein gehaltenen Ausführungen zeigen die revisionswerbenden Parteien einen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses verbundenen unverhältnismäßigen Nachteil nicht auf; ein solcher ist nach der Lage des Falles auch nicht ohne weiteres zu erkennen (siehe zu Fällen nach dem Denkmalschutzgesetz etwa ; , AW 2005/09/0024; , AW 2004/09/0029; , AW 2003/09/0002). |
Normen | |
RS 1 | Welchem von mehreren, einander widersprechenden Gutachten das Gericht folgt, hat es nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung danach zu prüfen, welchem die höhere Glaubwürdigkeit beizumessen ist (siehe ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/09/0117 B RS 3 |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Ra 2018/09/0150
Ra 2018/09/0149
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des Dipl.- Ing. Dr. P, sowie der 2. Dr. E und 3. Dr. V, alle vertreten durch die Winkler Reich-Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, der gegen das am mündlich verkündete und am schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W176 2009537-1/22E, betreffend Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz, erhobenen außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Erhaltung eines näher bezeichneten Wohn- und Geschäftshauses in Wien -ausgenommen das Innere der Wohnungen - gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz im öffentlichen Interesse gelegen sei.
2 Gegen dieses richtet sich die mit einem Antrag auf aufschiebende Wirkung verbundene außerordentliche Revision der revisionswerbenden Parteien.
3 Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Antrag des Revisionswerbers einer Revision gemäß § 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, soweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
4 Um die vom Gesetz geforderte Interessensabwägung vornehmen zu können, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa den Beschluss eines verstärkten Senats vom , VwSlg 10.381 A/1981) erforderlich, schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzulegen, aus welchen tatsächlichen Gründen sich der vom Revisionswerber behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach der Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen.
5 Die revisionswerbenden Parteien führen unter diesem Gesichtspunkt im Wesentlichen aus, eine Unterschutzstellung als Denkmal bedeute einen einschneidenden Eingriff in die persönliche Verfügungsgewalt, der mit "massiver Vermögensvernichtung" verbunden sei. Da durch die - das gegenständliche Gebäude umfassende - Schutzzone "Innere Stadt" der Wiener Bauordnungsnovelle 1972 der Schutz des Erscheinungsbilds der Fassade gegeben sei, erscheine vor einer endgültigen Beendigung des Unterschutzstellungsverfahrens eine möglicherweise vorübergehende Zuständigkeit des Bundesdenkmalamts "wenig zielführend".
6 Mit diesen allgemein gehaltenen Ausführungen zeigen die revisionswerbenden Parteien einen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses verbundenen unverhältnismäßigen Nachteil nicht auf; ein solcher ist nach der Lage des Falles auch nicht ohne weiteres zu erkennen (siehe zu Fällen nach dem Denkmalschutzgesetz etwa ; , AW 2005/09/0024; , AW 2004/09/0029; , AW 2003/09/0002).
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Ra 2018/09/0150
Ra 2018/09/0149
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision 1. des Dipl.- Ing. Dr. P S in R, sowie der 2. Dr. E E und 3. Dr. V E, beide in W, alle vertreten durch die Winkler Reich-Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, gegen das am mündlich verkündete und am schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W176 2009537-1/22E, betreffend Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesdenkmalamt), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen, angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Erhaltung des Wohn- und Geschäftshauses in Wien 1, F-Kai 43, ausgenommen das Innere der Wohnungen, gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz (DMSG) im öffentlichen Interesse gelegen sei. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
2 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Die revisionswerbenden Parteien sehen die Zulässigkeit ihrer Revision darin begründet, dass das Bundesverwaltungsgericht zwar der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend ausführe, dass dem Fachgutachten eines Amtssachverständigen zur geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung außer bei Unschlüssigkeit oder ersichtlicher Tatsachenwidrigkeit solange zu folgen sei, als seine Richtigkeit nicht im Verwaltungsverfahren durch Gegenausführungen oder Gegenbeweise von vergleichbarem Aussagewert widerlegt worden sei. Es weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch dadurch ab, dass es das Gutachten des Sachverständigen ohne sich kritisch damit auseinanderzusetzen seiner Entscheidung zu Grunde lege und dabei verkenne, dass es Gegenausführungen von vergleichbarem Aussagewert gebe, die im eklatanten Widerspruch zum Gutachten des Sachverständigen stünden. Darin wird von den revisionswerbenden Parteien ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei einander widersprechenden Gutachten nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu prüfen sei, welchem von ihnen höhere Glaubwürdigkeit beizumessen sei, erblickt. Die Ausführungen des Erstrevisionswerbers, der selbst 34 Jahre, davon 24 Jahre in leitender Funktion, bei der belangten Behörde tätig gewesen und Mitglied des Denkmalbeirates sei, seien vom Bundesverwaltungsgericht fälschlich nicht als solche von vergleichbarem Aussagewert qualifiziert worden. Zum anderen führe das Bundesverwaltungsgericht keine nachvollziehbaren Gründe an, weshalb es dem Gutachten des Gerichtssachverständigen im Vergleich zu den Ausführungen des Erstrevisionswerbers einen höheren Beweiswert zumesse. Bei richtiger Rechtsanwendung hätte sich das Bundesverwaltungsgericht mit den widersprechenden Sachverständigenausführungen in kritischer Weise auseinanderzusetzen, der Entscheidung die Ausführungen des Erstrevisionswerbers zu Grunde zu legen und den Bescheid der belangten Behörde zur Gänze zu beheben gehabt.
5 Nach gesicherter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht - im Rahmen der Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts - das Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und sich im Rahmen der Begründung des Erkenntnisses mit dem Gutachten auseinanderzusetzen und es entsprechend zu würdigen. Die Parteien haben die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens des Verwaltungsgerichts aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. dazu etwa , mwN).
6 Im vorliegenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht über die von den revisionswerbenden Parteien vorgebrachten Einwände gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen unter dessen Beiziehung mündlich verhandelt und ging der Sachverständige bei dieser Tagsatzung auf das erstattete fachliche Vorbringen näher ein.
7 Zwar ist den Revisionswerbern insofern zuzustimmen, als das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis zunächst festhielt, dass die Parteien dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen nicht auf gleichem wissenschaftlichen Niveau entgegengetreten seien. Es kann hier jedoch dahingestellt bleiben, ob die Einwände des Erstrevisionswerbers bereits die Qualität eines Privatgutachtens erreichten (siehe in diesem Zusammenhang etwa ). Das Bundesverwaltungsgericht setzte sich im vorliegenden Fall in seiner Beweiswürdigung - entgegen der Darstellung in der Revision - inhaltlich mit Einwänden der revisionswerbenden Parteien auseinander und schloss sich jeweils mit näherer Begründung dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen an.
8 Ob jedoch ein Gutachten in seiner konkreten Ausgestaltung zu Recht als schlüssig qualifiziert wurde, stellt hingegen keine grundsätzliche Rechtsfrage, sondern eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, welche jedenfalls dann keine Zulässigkeit der Revision begründet, wenn sie zumindest vertretbar ist (vgl. ). Auch welchem von mehreren, einander widersprechenden Gutachten das Gericht folgt, hat es nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung danach zu prüfen, welchem die höhere Glaubwürdigkeit beizumessen ist (siehe , ua). Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der in einem Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung aber nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (siehe auch dazu , mwN). Davon kann im vorliegenden Fall im Hinblick auf die beweiswürdigenden Darlegungen im angefochtenen Erkenntnis, weshalb entgegen den Einwendungen der revisionswerbenden Parteien dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen gefolgt wurde, jedoch keine Rede sein.
9 Zudem zeigen die Revisionsausführungen eine Relevanz des geltend gemachten Mangels nicht auf, lässt sich doch aus dem Vorbringen nicht erkennen, in welchem Punkt das Verwaltungsgericht zu welcher anderen Beurteilung hätte kommen müssen, wenn es welchen konkreten - weiteren - Einwänden der revisionswerbenden Parteien gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen gefolgt wäre oder sich mit diesen näher auseinandergesetzt hätte.
10 Mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | DMSG 1923 §1; DMSG 1923 §3; VwGG §30 Abs2; |
Schlagworte | Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht Unverhältnismäßiger Nachteil |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090148.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAF-49536