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VwGH 25.04.2018, Ra 2018/09/0026

VwGH 25.04.2018, Ra 2018/09/0026

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Es liegt kein Verstoß gegen das Verschlimmerungsverbot vor, wenn das VwG im Rahmen der vorzunehmenden eigenen Bewertung von Milderungs- und Erschwernisgründen trotz Wegfalls eines Erschwerungsgrundes oder Hinzutritts eines Milderungsgrundes begründeter Weise zur gleichen Strafhöhe gelangt wie die Verwaltungsstrafbehörde (vgl. ).
Normen
B-VG Art133 Abs4;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §34 Abs1;
RS 2
Der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG wird - aus Rechtschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Strafbescheides bzw der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, die beschuldigte Person rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Diese Rechtschutzüberlegungen sind auch für die Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs 2 VStG gegeben ist. Das bedeutet, dass die der beschuldigten Person vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit diese in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit ihr Rechtschutzinteresse zu wahren (vgl beispielsweise , und vom , 2000/10/0024).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2015/17/0109 B RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision des Mag. C W in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. 405- 10/385/1/9-2017, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg wurde der Revisionswerber einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild iVm § 52 Abs. 2 und § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 10.000,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl.  Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; , Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; , Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser - weiterhin maßgeblichen - Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall mit seiner Beurteilung jedenfalls im Ergebnis nicht abgewichen. Das Zulässigkeitsvorbringen zeigt nichts auf, was diesbezüglich zu einer anderen Beurteilung führen könnte. Die angefochtene Entscheidung steht entgegen diesem Vorbringen nicht im Widerspruch zum Pfleger, C-390/12.

6 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom , Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. , mwN).

7 Soweit der Revisionswerber ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung zum Verbot der reformatio in peius behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass kein Verstoß gegen das Verschlimmerungsverbot vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht im Rahmen der vorzunehmenden eigenen Bewertung von Milderungs- und Erschwernisgründen trotz Wegfalls eines Erschwerungsgrundes oder Hinzutritts eines Milderungsgrundes begründeter Weise zur gleichen Strafhöhe gelangt wie die Verwaltungsstrafbehörde (vgl. , VwSlg. 19322 A, mwN). Das Verwaltungsgericht hat im Revisionsfall eine eigene Bewertung der Strafzumessungsgründe vorgenommen und begründet, warum es trotz Hinzutretens eines Milderungsgrundes keine Herabsetzung der Geldstrafe vorgenommen hat. Zu dieser Bewertung enthält die Revision aber kein Vorbringen. Ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung zum Verschlimmerungsverbot wurde somit nicht aufgezeigt.

8 Mit dem Vorbringen zur behaupteten Verfolgungsverjährung zeigt der Revisionswerber ebenfalls keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG wird - aus Rechtsschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Strafbescheides bzw. der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, die beschuldigte Person rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch für die Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs. 2 VStG gegeben ist. Das bedeutet, dass die der beschuldigten Person vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit diese in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. , mwN).

9 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art133 Abs4;
VStG §19;
VStG §24;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §38;
VwGVG 2014 §42;
Schlagworte
Berufungsverfahren
Erschwerende und mildernde Umstände
Begründung von Ermessensentscheidungen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090026.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-49531