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VwGH 05.06.2018, Ra 2018/08/0086

VwGH 05.06.2018, Ra 2018/08/0086

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
RS 1
Eine tatsächliche Beendigung der betrieblichen Tätigkeit eines noch im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführers einer GmbH kann schon auf Grund der Pflichten, die dem Geschäftsführer nach dem GmbHG zukommen, nicht angenommen werden (vgl. ).
Norm
GSVG 1978 §194 Z4;
RS 2
Die Überschreitung der Frist nach § 194 Z 4 GSVG hätte zur Erhebung von Säumnisrechtsbehelfen ermächtigt, macht die verspätete Entscheidung aber nicht unzulässig (vgl. allgemein zu den Rechtsfolgen einer Überschreitung von Entscheidungsfristen etwa , mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des H (geboren 1961), vertreten durch Mag. Helmut Hirsch, Rechtsanwalt in 8074 Raaba-Grambach, Josef-Krainer-Straße 46/I, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zlen. G303 2004089-1/5E, G303 2187965-1/2E, G303 2187961-1/2E, betreffend Pflichtversicherung und Beiträge nach dem GSVG, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof einer Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2 Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2014/08/0013, mwN).

3 Im vorliegenden Fall wird der Antrag lediglich damit begründet, dass die Revision "vielversprechend" sei und das Verhalten des Revisionswerbers nicht auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit von Sozialversicherungsbeiträgen gerichtet sei.

4 Mit diesem Vorbringen wird ein unverhältnismäßiger Nachteil nicht dargelegt, sodass der Antrag schon aus diesem Grund abzuweisen war.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des H K in H, vertreten durch Mag. Helmut Hirsch, Rechtsanwalt in 8074 Raaba-Grambach, Josef-Krainer-Straße 46/I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. G303 2004089-1/5E, G303 2187965-1/2E, G303 2187961-1/2E, betreffend Pflichtversicherung und Beiträge nach dem GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Dem vorliegenden Fall liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:

5 Mit undatiertem Bescheid aus dem Jahr 2009 stellte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden: SVA) gegenüber dem Revisionswerber gemäß § 25 GSVG die monatliche Beitragsgrundlage und gemäß § 27 GSVG die monatlichen Beiträge für das Jahr 2005 fest.

6 Auf Grund des vom Revisionswerber erhobenen Einspruchs behob der Landeshauptmann den Bescheid gemäß § 417a ASVG und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die SVA zurück. Er trug der SVA auf, die Versicherungspflicht des Revisionswerbers zu klären.

7 Mit Bescheid vom stellte die SVA fest, dass der Revisionswerber vom 3. Jänner bis zum der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG unterlegen sei. Unter einem stellte sie die Beitragsgrundlage und die monatlichen Beiträge in der Pensions- und Krankenversicherung fest.

8 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Einspruch. Die SVA stellte mit Einspruchsvorentscheidung vom fest, dass der Revisionswerber vom 3. Jänner bis zum der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterlegen sei. Außerdem wurde abermals die monatliche Beitragsgrundlage festgestellt, und es wurden dem Revisionswerber monatliche Beiträge sowie ein Beitragszuschlag vorgeschrieben.

9 Der Revisionswerber stellte einen Vorlageantrag (womit die Einspruchsvorentscheidung außer Kraft trat).

10 Der Landeshauptmann als Einspruchsbehörde behob daraufhin mit Bescheid vom gemäß § 417a ASVG den Bescheid der SVA vom und verwies die Angelegenheit an die SVA zurück. Der SVA wurde aufgetragen, über die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (anstelle jener nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG abzusprechen). Sie habe sich insofern nicht an den Zurückverweisungsbescheid vom gehalten.

11 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Berufung. 12 Noch während des anhängigen Berufungsverfahrens stellte

die SVA mit Bescheid vom fest, dass der Revisionswerber vom 1. Jänner bis zum der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterlegen sei. Außerdem wurde auch in diesem Bescheid die monatliche Beitragsgrundlage festgestellt, und es wurden dem Revisionswerber monatliche Beiträge sowie ein Beitragszuschlag vorgeschrieben.

13 Der Revisionswerber erhob Einspruch.

14 Mit Einspruchsvorentscheidung vom bestätigte die SVA den bekämpften Bescheid vom hinsichtlich der Feststellung der Pflichtversicherung und der Feststellung der monatlichen Beitragsgrundlage. Sie stellte außerdem die monatlichen Beiträge sowie einen Beitragszuschlag fest, sprach aber außerdem aus, dass das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der Versicherungsbeiträge und des Beitragszuschlages für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum gemäß § 40 GSVG verjährt sei.

15 Der Revisionswerber stellte einen Vorlageantrag. 16 Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz behob mit Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG den Bescheid des Landeshauptmannes vom und trug ihm eine Entscheidung in der Sache auf. Entgegen der Ansicht des Landeshauptmannes sei mit dem Zurückverweisungsbescheid vom nicht die Verpflichtung zur Feststellung der Pflichtversicherung nach einem bestimmten Tatbestand (§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) überbunden worden.

17 Die Zuständigkeit zur Entscheidung über den damit wieder beim Landeshauptmann anhängigen Einspruch gegen den Bescheid der SVA vom sowie über den Einspruch gegen den Bescheid der SVA vom ging mit gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) über.

18 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde gegen den Bescheid vom  mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Revisionswerber vom bis zum gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der Pensions- und Krankenversicherung pflichtversichert gewesen sei. Den Bescheid vom hob das BVwG gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG ersatzlos auf. Hinsichtlich der Beitragspflicht wurde der Bescheid vom gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit an die SVA zurückverwiesen. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

19 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass die M. GmbH von bis im Firmenbuch eingetragen gewesen sei. Mit seien alle Gewerbeberechtigungen der Gesellschaft erloschen. Der Revisionswerber sei von bis handelsrechtlicher Geschäftsführer der M. GmbH gewesen. Mit Abtretungsvertrag vom , ins Firmenbuch eingetragen am , sei er rückwirkend mit nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes durch Übertragung des gesamten Vermögens der M. GmbH deren Gesamtrechtsnachfolger geworden. Der Antrag auf Löschung der M. GmbH sei am bei Gericht eingelangt. Die Löschung sei sodann am in das Firmenbuch eingetragen worden. Der Revisionswerber sei außerdem ab dem  mit einem Anteil von 1% als Gesellschafter und Geschäftsführer der S. GmbH in das Firmenbuch eingetragen gewesen. Mit sei er als Geschäftsführer angestellt worden und auf Grund dieser unselbständigen Tätigkeit nach dem ASVG pflichtversichert gewesen.

20 Mit Einkommensteuerbescheid vom sei rechtskräftig festgestellt worden, dass der Revisionswerber im Jahr 2005 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR 40.181,35 bezogen habe. Diese Einkünfte stellten einen Übergangsgewinn in Folge der Umwandlung der M. GmbH dar.

21 In der rechtlichen Beurteilung führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass die M. GmbH bis zu ihrer Löschung aus dem Firmenbuch rechtlich existent und der Revisionswerber als ihr Geschäftsführer tätig gewesen sei. Diese betriebliche Tätigkeit sei erst mit der Eintragung der Umwandlung beendet worden. Gemäß § 7 Abs. 4 GSVG habe die Pflichtversicherung mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die betriebliche Tätigkeit beendet worden sei, geendet.

22 Der Revisionswerber sei somit vom bis zum als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M. GmbH auf Grund der im Einkommensteuerbescheid rechtskräftig festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb und mangels Bestehens einer Pflichtversicherung für diese Tätigkeit nach anderen gesetzlichen Bestimmungen der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterlegen.

23 Der Bescheid vom sei ersatzlos aufzuheben gewesen, weil damit entgegen § 68 Abs. 1 AVG über dieselbe Sache wie mit dem Bescheid vom abgesprochen worden sei.

24 Hinsichtlich der Feststellung der Beitragspflicht führte das BVwG aus, dass sich die SVA mit den Voraussetzungen für den Eintritt der Feststellungsverjährung gemäß § 40 Abs. 1 GSVG nicht ausreichend auseinandergesetzt und die dafür erforderlichen Tatsachenfeststellungen nicht getroffen habe. Im fortgesetzten Verfahren werde dies nachzuholen sein.

25 Gegen dieses Erkenntnis - mit Ausnahme des Spruchteils betreffend die ersatzlose Behebung des Bescheides vom  - richtet sich die vorliegende Revision.

26 Der Revisionswerber bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, dass das BVwG mit der Feststellung der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG die Sache des Verfahrens überschritten habe, weil mit dem bei ihm bekämpften Bescheid eine Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG festgestellt worden sei. Insofern sei das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

27 Dies trifft nicht zu. Wie sich dem oben dargestellten Verfahrensgang entnehmen lässt, wurde der SVA vom Landeshauptmann mit (in Rechtskraft erwachsenem) Bescheid vom eine umfassende Prüfung der Pflichtversicherung des Revisionswerbers nach dem GSVG aufgetragen (so auch die Deutung des Bundesministers im - ebenfalls rechtskräftigen - Bescheid vom ). Jedenfalls im Hinblick darauf ist davon auszugehen, dass mit der Feststellung der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG durch die SVA mit Bescheid vom zugleich - selbst ohne ausdrückliche Bezugnahme im Spruch - auch negativ über die nur subsidiär in Betracht kommende Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG abgesprochen wurde, sodass die Beurteilung dieses Pflichtversicherungstatbestandes ebenfalls Sache des Bescheides war. Die Sache des Beschwerdeverfahrens wurde daher mit der Feststellung der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG nicht überschritten (vgl. zu den Grenzen der Sache des Beschwerdeverfahrens allgemein etwa , 0032).

28 Der Revisionswerber wendet sich außerdem - ebenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung -

gegen die Annahme einer aufrechten betrieblichen Tätigkeit im verfahrensgegenständlichen Zeitraum. Dazu genügt es, auf die auch vom BVwG zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zu verweisen, wonach eine tatsächliche Beendigung der betrieblichen Tätigkeit eines noch im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführers einer GmbH schon auf Grund der Pflichten, die dem Geschäftsführer nach dem GmbHG zukommen, nicht angenommen werden kann (vgl. ).

29 Es trifft auch nicht zu, dass die Feststellung der Pflichtversicherung wegen Überschreitung der Frist nach § 194 Z 4 GSVG nicht erfolgen hätte dürfen. Die Überschreitung dieser Frist hätte zur Erhebung von Säumnisrechtsbehelfen ermächtigt, macht die verspätete Entscheidung aber nicht unzulässig (vgl. allgemein zu den Rechtsfolgen einer Überschreitung von Entscheidungsfristen etwa , mwN).

30 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher nach Durchführung des Vorverfahrens (in dem keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde) gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
VwGG §30 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018080086.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-49526