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VwGH 28.06.2018, Ra 2018/02/0185

VwGH 28.06.2018, Ra 2018/02/0185

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs2;
AVG §13 Abs5;
AVG §13;
VwRallg;
RS 1
Aus dem klaren Wortlaut des § 13 Abs. 1 iVm Abs. 2 AVG ergibt sich, dass Einbringungen per E-Mail zwar noch zusätzlichen Beschränkungen unterworfen werden dürfen, sie sind grundsätzlich aber iSd § 13 legcit. auch als schriftliche (im Gegensatz zu mündlichen oder telefonischen) Anbringen zu verstehen. Hat die Behörde keine Einschränkung der Geltung der Amtsstunden für bestimmte Formen von schriftlichen Anbingen vorgenommen, erweist sich eine außerhalb der kundgemachten Amtsstunden per E-Mail am letzten Tag der Frist eingebrachte Beschwerde als verspätet. Sie ist nach § 13 Abs. 5 AVG daher erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht anzusehen (vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Dr. N. Bachler und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des M in W, vertreten durch Mag. Ulrike Kargl, Rechtsanwältin in 1190 Wien, Grinzinger Allee 17/8, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-S-587/001-2017, betreffend Übertretung des KFG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde der Revisionswerberin gegen ein Straferkenntnis als verspätet zurück und erklärte die Revision für nicht zulässig. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus, die Beschwerde sei per E-Mail außerhalb der gemäß § 13 Abs. 1 iVm Abs. 5 AVG auf der Internetseite der Bezirkshauptmannschaft B unter einem näher genannten Link kundgemachten Amtsstunden zur Entgegennahme schriftlicher Eingaben eingebracht worden und daher verspätet.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es die Rechtsansicht vertrete, dass schriftliche Eingaben, die am selben Tag, aber nach den Amtsstunden, per E-Mail erfolgreich an eine Behörde übermittelt werden, auch dann als am nächsten Tag eingebracht gelten sollen, wenn die Behörde nicht ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden kundgemacht hat. Entgegen der Annahme des Landesverwaltungsgerichts habe die Behörde aber von dieser Ausnahmeregelung keinen Gebrauch gemacht.

6 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

7 Das Verwaltungsgericht hat unbestritten festgestellt, dass auf der Internetseite der Behörde "Amtsstunden für die Entgegennahme schriftlicher Eingaben" kundgemacht worden sind. Allerdings vertritt die Revision die Ansicht, dass die kundgemachten Amtsstunden nur für schriftliche Eingaben gälten, die physisch entgegenzunehmen wären, nicht aber für elektronische Eingaben, weil diese keiner (persönlichen) Entgegennahme bedürften. Davon ausgehend sei für die Eingaben per E-Mail keine zeitliche Beschränkung auf bestimmte Amtsstunden kundgemacht worden und die Beschwerde, welche laut Empfangsbestätigung am letzten Tag der Beschwerdefrist um 19:55 Uhr eingelangt sei, somit rechtzeitig eingebracht worden.

8 Dem klaren Wortlaut des § 13 Abs. 1 AVG zufolge können Anbringen bei der Behörde "schriftlich, mündlich oder telefonisch" eingebracht werden; gemäß Abs. 2 leg. cit. können der Behörde "schriftliche Anbringen (...) in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen."

9 Daraus ergibt sich, dass E-Mails zwar noch zusätzlichen Beschränkungen unterworfen werden dürfen, grundsätzlich aber im Sinn des § 13 AVG auch als schriftliche (im Gegensatz zu mündlichen oder telefonischen) Anbringen zu verstehen sind (vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG §13 Rz 9).

10 Davon ausgehend gelten aber die im vorliegenden Fall kundgemachten Amtsstunden auch für die Einbringung von E-Mails. Eine Einschränkung der Geltung der Amtsstunden für bestimmte Formen von schriftlichen Anbringen hat die Behörde nicht vorgenommen, weshalb auch Einbringen per Fax oder per E-Mail davon umfasst sind.

11 Damit erweist sich die per E-Mail außerhalb der kundgemachten Amtsstunden eingebrachte Beschwerde als verspätet, weshalb sie nach § 13 Abs. 5 AVG daher erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht anzusehen war (vgl. ). Entgegen der Annahme der Revision liegt somit kein Abweichen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs2;
AVG §13 Abs5;
AVG §13;
VwRallg;
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut
des Gesetzes VwRallg3/2/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020185.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-49473