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VwGH 04.04.2018, Ra 2018/02/0040

VwGH 04.04.2018, Ra 2018/02/0040

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AVG §69 Abs1 Z2 impl;
B-VG Art133 Abs4;
StVO 1960 §44b Abs1 litb;
VwGG §34 Abs1;
RS 1
Bei der Beurteilung der Gesetzmäßigkeit einer Geschwindigkeitsbeschränkung gemäß § 44b Abs. 1 lit. b StVO 1960 handelt es sich um eine rechtliche Beurteilung, die weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel iSd § 69 Abs. 1 Z 2 AVG darstellt.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des T in M, vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. 405-4/1557/1/5-2017, betreffend Wiederaufnahme iA Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Zell am See), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom wurde der Revisionswerber einer Übertretung gemäß § 52 lit. a Z 10a StVO schuldig erkannt. Über ihn wurde gemäß § 99 Abs. 2d StVO eine Geldstrafe von EUR 160,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Stunden) verhängt. Diese Strafverfügung blieb unbeeinsprucht und erwuchs in Rechtskraft.

2 In weiterer Folge stellte der Revisionswerber bei der Bezirkshauptmannschaft Zell am See am einen Antrag auf Wiederaufnahme dieses Verfahrens, der von der Behörde abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Verwaltungsgericht als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der der Revisionswerber zusammengefasst im Wesentlichen die Ansicht vertritt, es sei ihm erst nach Rechtskraft der Strafverfügung im Juni 2017 durch seine Rechtsvertretung im Rahmen eines anderen Strafverfahrens bekannt geworden, dass die in Rede stehende Geschwindigkeitsbeschränkung nicht verordnet worden sei, sondern sich auf § 44b Abs. 1 lit. b StVO stütze. Die Voraussetzungen für die Anbringung von Verkehrszeichen durch den Straßenerhalter nach § 44b Abs. 1 lit. b StVO lägen nicht vor, weshalb die Geschwindigkeitsbeschränkung gesetzwidrig sei.

4 Weiters führt der Revisionswerber aus, ihn treffe kein Verschulden, weil er seinen subjektiven Fähigkeiten nach nicht in der Lage gewesen sei zu erkennen, dass es sich bei der Geschwindigkeitsbeschränkung um eine gesetzwidrige Verkehrsbeschränkung hätte handeln können. Zudem sei er zum Zeitpunkt der Strafverfügung nicht anwaltlich vertreten gewesen, sodass er keineswegs von der Vermutung der gesetzwidrigen Verkehrsbeschränkung habe wissen können.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

6 Der Revisionswerber stützte seinen Wiederaufnahmeantrag erkennbar auf § 69 Abs. 1 Z 2 AVG. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss es sich bei den darin bezeichneten "Tatsachen und Beweismitteln" um neu hervorgekommene, d.h. um solche handeln, die bereits zur Zeit des Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge bildet das nachträgliche Erkennen, dass im abgeschlossenen Verfahren Verfahrensmängel oder gar eine unrichtige rechtliche Beurteilung seitens der Behörde vorgelegen seien, keinen Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG. Nachträglich sich ergebende rechtliche Bedenken gegen die Richtigkeit eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides sind kein Wiederaufnahmegrund (vgl. zu diesen Ausführungen  mwH).

7 Bei der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der gegenständlichen Geschwindigkeitsbeschränkung gemäß § 44b Abs. 1 lit. b StVO handelt es sich um eine rechtliche Beurteilung, die im Sinne der zitierten Rechtsprechung weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel darstellt. Selbst wenn das Verwaltungsgericht in dem vom Revisionswerber angesprochenen Verfahren gegen eine dritte Person zum Ergebnis gelangen würde, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen habe, wäre für den Revisionswerber nichts gewonnen, weil die Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache weder eine neue Tatsache noch ein (neu hervorgekommenes) Beweismittel darstellt (vgl. ). (Gleiches würde im Übrigen für das nachträgliche Bekanntwerden von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes oder Verfassungsgerichtshofes gelten, aus denen sich ergibt, dass eine von der Behörde im abgeschlossenen Verfahren vertretene Rechtsauffassung verfassungs- oder gesetzwidrig war (vgl. erneut  mwN).)

8 Dass sich der Antrag auf Wiederaufnahme - abgesehen von der Rechtsansicht des Revisionswerbers zur gegenständlichen Geschwindigkeitsbeschränkung - auf sonstige Tatsachen oder Beweise stützt, die dem Revisionswerber erst nachträglich bekannt geworden wären, wird von ihm nicht geltend gemacht.

9 Aus den dargestellten Gründen ist es für den gegenständlichen Fall weiters nicht von Belang, ob den Revisionswerber ein allfälliges Verschulden an der unterlassenen Geltendmachung trifft, weshalb auf dieses Vorbringen nicht einzugehen war.

10 Ob eine abschließende Beurteilung der Geschwindigkeitsbegrenzung allenfalls als Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z 3 AVG in Betracht kommt, kann vorliegend ebenso dahingestellt bleiben, weil im Verfahren kein Vorbringen dahingehend erstattet wurde, dass diese Frage von einer hierfür zuständigen Behörde als Vorfrage bereits entschieden wurde.

11 In der Revision werden insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
AVG §69 Abs1 Z2 impl;
B-VG Art133 Abs4;
StVO 1960 §44b Abs1 litb;
VwGG §34 Abs1;
Schlagworte
Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta
nova producta
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020040.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-49464