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VwGH 29.06.2017, Ra 2017/16/0095

VwGH 29.06.2017, Ra 2017/16/0095

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §500;
RS 1
Das Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an jenem nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. die ErläutRV 1618 BlgNR XXIV. GP 16). Danach liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird (vgl. den Beschluss vom , Ra 2015/16/115, mwN, sowie jenen vom , Ra 2016/02/0123).
Normen
RS 2
Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Rechtsprechung schon zur Rechtslage vor der GSpG-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, erkannt, dass in Fällen, in denen Geräte mit einem ausgelagerten Rechner, der die Entscheidung über das Spielergebnis herbeiführt, verbunden sind, das Spielergebnis "zentralseitig" herbeigeführt wird und in einem solchen Fall daher auch weder ein Glücksspielapparat nach § 2 Abs. 2 GSpG 1989 noch ein Glücksspielautomat nach § 2 Abs. 3 GSpG 1989 vorliegt (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2011/02/0127, mwN). Auch zum Glücksspielgesetz in der Fassung nach der genannten Novelle vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass in Fällen, in denen die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht durch den Apparat selbst getroffen, sondern einem ausgelagerten Server übertragen wird, eine zentralseitige Entscheidung gegeben ist. Auch § 2 Abs. 3 GSpG 1989 in der Fassung der GSpG-Novelle 2008 verlangt, dass die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgen muss (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2011/02/0224, sowie vom , 2012/02/0299, jeweils mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision der H GmbH in D als Masseverwalterin der T GmbH in F, vertreten durch die LeitnerLeitner GmbH Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4040 Linz, Ottensheimer Straße 32, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/2100738/2013, betreffend Rechtsgebühr nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde gegen die Vorschreibung von Rechtsgebühr nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG für den Abschluss von "Wetten" auf Hunderennen durch die Gemeinschuldnerin betreffend Zeiträume der Jahre 2005 bis 2009 als unbegründet ab. Das Gericht ging hiebei im angefochtenen Erkenntnis von folgendem "vorliegenden Sachverhalt" aus:

"Im zu beurteilenden Fall verfügt die Bf. über technische Möglichkeiten zur Veranstaltung (Ausstrahlung) von bereits aufgezeichneten Hunderennen, auf deren Ausgang von ihr Geldeinsätze, welche entweder an eigenen Standorten der Beschwerdeführerin oder an fremden von Gastronomiebetrieben, in Form der Einbezahlung bei einer Kasse (Kassensystem) oder in Form von Wettterminals (Wettgerät) entgegengenommen werden. Die technische Ausstattung wird von einer englischen Firma angemietet und zur Verfügung gestellt. Neben dem Wettterminal ist an der Wand ein schriftlicher Hinweis angebracht, der dem Spieler ersichtlich macht, dass es sich bei den Hunderennen um Videoaufzeichnungen und nicht um aktuelle Live-Rennen handelt.

Bedingung für die ordnungsgemäße Abwicklung der Quick Draw-Funktion ist der Bestand sowohl einer Satellitenempfangsantenne als auch einer ADSL-Datenleitung.

Die Spielteilnahme erfolgt auf zwei Varianten:

1. Wettgerät:

Am Wettgerät wird die "Wette" Hunderennen aufgerufen, wobei am Bildschirm entweder ein derzeit abgespieltes Hunderennen oder die Vorschau auf das nächste aufscheint. Vor dem Abspielen des Rennens werden die aktuellen Quoten übermittelt. Der Spielteilnehmer stellt die "Wette" anhand der Quoten zusammen und wettet durch Bezahlung und Drücken von bestimmten Tastenkombinationen. Das abzuspielende Hunderennen wird mittels Zufallsgenerator in der Sendeanlage ausgewählt, wobei das Signal von einem digitalen Satellitenreceiver weiterverarbeitet und an einen lokalen Server weitergeleitet wird. Es werden jede Sekunde von zwei unabhängigen Systemen zwei Zahlen aus einer Unzahl von durch Zufallsgeneratoren generierten Zahlen ausgewählt und als Steuerimpuls per Satellit an einen Server übertragen. Bei Trennung der Serververbindung wird (lediglich) das begonnene Spiel beendet. Nach erfolgter Wette erhält der Teilnehmer einen Wettschein, welcher bei einem Gewinn nach Ablauf des Rennens durch Eingabe einer Zahlenkombination eingelesen wird. Das Gerät druckt einen Gewinnschein, mit dem der Gewinn an der Kasse in bar behoben werden kann.

2. Kassensystem/Lokalwette:

Im Wettlokal besteht an einer zentralen Wettannahmestelle die Möglichkeit Spiel-/Wetteinsätze zu leisten. Im Lokal wird ständig alle vier bis fünf Minuten ein Rennen gestartet/abgespielt. ...

Der Ausgang der einzelnen Rennen ist aufgrund der Vielzahl (rund 800) der eingespeisten Aufzeichnungen sowie der nicht beeinflussbaren computergesteuerten Auswahl der Einzelrennen weder dem Buchmacher noch dem Wettkunden vor Vertragsabschluss bekannt."

2 In rechtlicher Hinsicht schloss das Gericht daraus, dass die Gemeinschuldnerin "Wetten" auf aufgezeichnete Hunderennen und nicht auf ein zukünftiges Ereignis mit ungewissen Ausgang angeboten habe und die Beschickung der Terminals in vierbis fünfminütigem Abstand mit zufallsgeneriert ausgewählten Rennen erfolgt sei. Dem Wettenden/Spielteilnehmer werde nur die durch den Server zufallsgeneriert veränderte Originalquote sowie eine Rennnummer, ansonsten jedoch keinerlei Information übermittelt. In Anbetracht einhelliger höchstgerichtlicher Rechtsprechung sei davon auszugehen, dass ein Glückspiel vorliege. Die Wett-Terminals könnten von sich aus keine Entscheidung über Gewinn und Verlust herbeiführen (nur zentralseitig über Satellitensignal). Für das Tätigen eines Wetteinsatzes und die Durchführung einer Wette sei zwingend der Empfang eines gültigen Satellitensignals erforderlich. Die Gebührenbefreiung nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 dritter Teilstrich GebG für Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten sei im Revisionsfall nicht anzuwenden, weil es sich zweifellos nicht um Glücksspielautomaten im Sinn des § 2 Abs. 3 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 54/2010 handle. Damit erfüllten die angebotenen aufgezeichneten Hunderennen die Voraussetzungen nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG.

3 Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Gericht damit, es handle sich im vorliegenden Fall um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil das Gericht in rechtlicher Hinsicht der in den Entscheidungsgründen dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folge.

4 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht auf Gebührenbefreiung für Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 dritter Teilstrich GebG aF verletzt. Sie erachtet die Zulässigkeit dadurch begründet, dass der Verwaltungsgerichtshof die Frage, ob die Entscheidung über Gewinn und Verlust bei aufgezeichneten Hunderennen aufgrund der technischen Verbindung zum Server zentralseitig oder im Terminal (bzw. Glücksspielautomat) falle, bisher nicht beantwortet habe. Zu anderen Glücksspielprodukten habe der Verwaltungsgerichtshof in Fällen, in denen Geräte mit einem ausgelagerten Rechner verbunden seien, der die Entscheidung über das Spielergebnis herbeiführe, ausgeführt, dass damit eine zentralseitige Ermittlung des Spielergebnisses vorliege. In diesen bereits entschiedenen Fällen habe aber jeweils eine Verbindung mit einem ausgelagerten Rechner bestanden, der die Entscheidung über das Spielergebnis herbeigeführt habe. Dem gegenüber bestehe jedoch im hier vorliegenden Fall keine bidirektionale Internetverbindung zu einem ausgelagerten Rechner zur Ermittlung der Zufallszahl bei Anfrage für ein bestimmtes Spiel, sondern erfolge der Verbindungsaufbau einseitig per Satellitensignal. Die mittels Zufallsgenerator ermittelten Zahlen würden im Sekundentakt gesendet, die Entscheidung über Gewinn und Verlust falle jedoch erst im Terminal. Hier werde durch Bestätigen der Wette mit der "Wett-Taste" festgelegt, welche der aufgefangenen Zufallszahl für das aktuelle Spiel Verwendung finde. Über die Frage, ob bei einem Wettterminal, das über Satellitensignal eine große Anzahl von Zufallszahlen erhalte, darauf nach Anstoß für das konkrete Spiel die entsprechende Zufallszahl auswähle und die weiteren Schritte einleite, eine selbsttätige (Glücksspielautomat) oder zentralseitige Gewinnermittlung vorliege, habe der Verwaltungsgerichtshof bisher nicht abgesprochen.

5 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 144 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

7 Das Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an jenem nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. die ErläutRV 1618 BlgNR XXIV. GP 16). Danach liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird (vgl. den Beschluss vom , Ra 2015/16/115, mwN, sowie jenen vom , Ra 2016/02/0123).

8 Die Revisionswerberin beruft sich auf die Befreiungsbestimmung nach § 33 TP 17 Z 7 dritter Teilstrich GebG, wonach von der Gebührenpflicht nach Z 7 Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten ausgenommen sind.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Rechtsprechung schon zur Rechtslage vor der GSpG-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, erkannt, dass in Fällen, in denen Geräte mit einem ausgelagerten Rechner, der die Entscheidung über das Spielergebnis herbeiführt, verbunden sind, das Spielergebnis "zentralseitig" herbeigeführt wird und in einem solchen Fall daher auch weder ein Glücksspielapparat nach § 2 Abs. 2 GSpG 1989 noch ein Glücksspielautomat nach § 2 Abs. 3 GSpG 1989 vorliegt (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2011/02/0127, mwN).

10 Auch zum Glücksspielgesetz in der Fassung nach der genannten Novelle vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass in Fällen, in denen die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht durch den Apparat selbst getroffen, sondern einem ausgelagerten Server übertragen wird, eine zentralseitige Entscheidung gegeben ist. Auch § 2 Abs. 3 GSpG 1989 in der Fassung der GSpG-Novelle 2008 verlangt, dass die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgen muss (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2011/02/0224, sowie vom , 2012/02/0299, jeweils mwN).

11 Das Gericht hat im vorliegenden Fall nähere Feststellungen über den Spielverlauf bei Inanspruchnahme des "Wettgerätes" getroffen, die im Rahmen der Darstellung der Zulässigkeit der Revision von der Revisionswerberin nicht in Zweifel gezogen werden. Die von der Revisionswerberin im Rahmen der Darlegung der Zulässigkeit der Revision ins Treffen geführten technischen Details fanden sich weder in der Berufung vom , noch finden sie sich in den der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses zu Grunde zu legenden Sachverhaltsfeststellungen, womit sie sich als unzulässige Neuerung darstellen. Legt man gemäß § 41 VwGG allein den vom Gericht festgestellten Sachverhalt zu Grunde, wirft die fallbezogene rechtliche Beurteilung des Gerichtes, das die Entscheidung über Gewinn und Verlust als außerhalb des einzelnen Wettgerätes gelagert und damit zentralseitig sah und daher den Geräten die Eigenschaft als Glücksspielautomat iSd § 33 TP 17 Z 7 dritter Teilstrich GebG absprach, keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf, die über den Revisionsfall hinausweisen würden.

12 Im Übrigen ist die revisionsgegenständliche Befreiungsbestimmung des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 dritter Teilstrich GebG in der Fassung vor der Glücksspielnovelle 2008 bereits vor geraumer Zeit außer Kraft getreten, sodass der Auslegung des darin enthaltenen Begriffes "Glücksspielautomat" im Sinne dieser Bestimmung keine grundsätzliche Bedeutung mehr zuzubilligen ist.

13 Die Revision ist daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 

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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017160095.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-49349