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VwGH 30.05.2017, Ra 2017/16/0071

VwGH 30.05.2017, Ra 2017/16/0071

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AWG 2002 §73 Abs1;
AWG 2002 §73 Abs4;
AWG 2002 §74 Abs1;
AWG 2002 §74 Abs2;
AWG 2002 §74;
RS 1
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2013/07/0164, und vom , 2009/07/0118) ist eine Rechtsnachfolge in die Verursacherposition als Verpflichteter eines abfallwirtschaftsrechtlichen Auftrages nach § 73 AWG nicht vorgesehen. Nach § 74 AWG ist subsidiär als Adressat eines solchen Auftrages der aktuelle Liegenschaftseigentümer heranzuziehen, wobei gemäß § 74 Abs. 2 AWG je nachdem, ob es sich dabei um den Eigentümer im Ablagerungszeitpunkt handelt oder um einen Rechtsnachfolger, für das Heranziehen unterschiedliche Voraussetzungen gelten. Ein historischer, nicht mehr aktueller Liegenschaftseigentümer darf auf der Grundlage des § 74 AWG nicht herangezogen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/07/0105, und das erwähnte Erkenntnis vom ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, in der Revisionssache des Landeshauptmannes von Kärnten gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , Zl. KLVwG-2469/2/2016, betreffend Maßnahmen zur Sicherung der Sanierung von Altlasten (mitbeteiligte Partei: T AG in A, vertreten durch die WT Tautschnig Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A/7), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Spruchpunkt 1 des Bescheides vom ordnete der Landeshauptmann von Kärnten der mitbeteiligten Partei gemäß § 17 Abs. 1 des Altlastensanierungsgesetzes iVm § 73 Abs. 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 und § 138 Abs. 1 lit. b und § 105 des Wasserrechtsgesetzes 1959 ein (ergänzendes) Beweissicherungsprogramm bei einer näher genannten Altlast an.

2 Das Landesverwaltungsgericht Kärnten gab der dagegen erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge, hob den Bescheid des Landeshauptmannes hinsichtlich des Spruchpunktes 1 ersatzlos auf und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

3 Die in Rede stehende Altlast K 7 Deponie R. befinde sich auf zwei näher bezeichneten Grundstücken und sei "mit BGBl. II 104/2013" mit als Altablagerung ausgewiesen. Die erwähnten Grundstücke stünden im Eigentum der M GesmbH und seien mit Kaufvertrag vom von dieser erworben worden.

4 Die TC AG habe bis Anfang der 90er-Jahre die in Rede stehende Deponie betrieben. Ihr seien mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom entsprechende Sicherungsmaßnahmen als Betreiberin der Deponie vorgeschrieben worden. Im Jahr 1994 sei sie mit der W AG als übernehmender Gesellschaft verschmolzen worden.

5 Die Mitbeteiligte sei am (im Firmenbuch) beim Landesgericht Klagenfurt eingetragen worden und habe auch das Eigentum an den Liegenschaften erworben, auf denen sich die in Rede stehende Deponie befinde. Mit Kaufvertrag vom habe - wie erwähnt - die M GesmbH das Eigentum an diesen Liegenschaften erworben. Die Mitbeteiligte sei zu keinem Zeitpunkt als Betreiberin der in Rede stehenden Deponie aufgetreten.

6 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Gemäß § 17 Abs. 1 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) ist der Landeshauptmann zuständige Behörde zur Entscheidung über die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung oder Sanierung von Altlasten u.a. nach den §§ 73 und 74 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG).

10 Gemäß § 73 Abs. 1 AWG hat die Behörde, wenn Abfälle nicht bestimmungsgemäß gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder wenn die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen geboten ist, die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.

11 Sind nach rechtlicher oder faktischer Stilllegung oder Schließung bei einer Deponie Maßnahmen, wie Untersuchungen, regelmäßige Beprobungen, die Vorlage eines Sicherungs- oder Sanierungskonzeptes, Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen, im öffentlichen Interesse erforderlich, so hat die Behörde gemäß § 73 Abs. 4 AWG die erforderlichen Maßnahmen demjenigen, der die Deponie betrieben hat, innerhalb einer angemessenen Frist mit Bescheid aufzutragen.

12 Auf Ablagerungen, bei denen gemäß § 73 Abs. 1 bis 4 AWG vorzugehen ist, findet gemäß § 73 Abs. 6 leg. cit. der § 138 des Wasserrechtsgesetzes 1959 keine Anwendung.

13 § 74 AWG lautet samt Überschrift auszugsweise:

"Subsidiäre Haftung für Behandlungsaufträge

§ 74. (1) Ist der gemäß § 73 Verpflichtete nicht feststellbar, ist er zur Erfüllung des Auftrages rechtlich nicht imstande oder kann er aus sonstigen Gründen nicht beauftragt werden, so ist der Auftrag nach Maßgabe der folgenden Absätze dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die Abfälle befinden, zu erteilen. Ersatzansprüche des Liegenschaftseigentümers an den gemäß § 73 Verpflichteten bleiben unberührt.

(2) Eine Haftung des Liegenschaftseigentümers besteht, wenn er der Lagerung oder Ablagerung entweder zugestimmt oder diese geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Die Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers haften, wenn sie von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mussten. Die Haftung des Liegenschaftseigentümers und der Rechtsnachfolger besteht nicht bei gesetzlichen Duldungspflichten.

(3) Erfolgte die Lagerung oder Ablagerung von Abfällen vor ...

..."

14 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2013/07/0164, und vom , 2009/07/0118) ist eine Rechtsnachfolge in die Verursacherposition als Verpflichteter eines abfallwirtschaftsrechtlichen Auftrages nach § 73 AWG nicht vorgesehen.

15 Nach § 74 AWG ist subsidiär als Adressat eines solchen Auftrages der aktuelle Liegenschaftseigentümer heranzuziehen, wobei gemäß § 74 Abs. 2 AWG je nachdem, ob es sich dabei um den Eigentümer im Ablagerungszeitpunkt handelt oder um einen Rechtsnachfolger für das Heranziehen unterschiedliche Voraussetzungen gelten. Ein historischer, nicht mehr aktueller Liegenschaftseigentümer darf auf der Grundlage des § 74 AWG nicht herangezogen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/07/0105, und das erwähnte Erkenntnis vom ).

16 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, die Revision hänge von der Lösung folgender Rechtsfragen ab, zu der es bisher auch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gäbe:

"-

Ist es zulässig, dass ein Deponiebetreiber seine

Verantwortung für eine Betriebsdeponie (nunmehr Altlast K7 ‚Deponie (R)') hinsichtlich Sicherungs- bzw. etwaige Sanierungsmaßnahmen mittels Notariatsakt einer Tochtergesellschaft des Deponiebetreibers vertraglich überträgt, mit der offensichtlichen Absicht, sich aus der Verantwortung hinsichtlich etwaiger zu erfüllenden Maßnahmen zu Lasten der öffentlichen Hand zu entziehen?

-

Kann der Rechtsnachfolger eines Deponiebetreibers einer

behördlich genehmigten und stillgelegten Deponie (heute als Altlast ausgewiesen) zur Haftung herangezogen werden oder ist in dem Fall auch der Liegenschaftseigentümer heranzuziehen?"

17 Vor dem Hintergrund der in der Zulässigkeitsbegründung nicht bekämpften Sachverhaltsannahme des Verwaltungsgerichtes, dass die Mitbeteiligte nicht Betreiberin der Deponie gewesen ist, hängt die Revision von der Antwort auf die erste der beiden vom Revisionswerber gestellten Fragen nicht ab.

18 Die zweite der vom Revisionswerber gestellten Frage zur Heranziehbarkeit eines Rechtsnachfolgers eines Deponiebetreibers wurde durch die erwähnte Rechtsprechung zu § 73 AWG bereits beantwortet. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen.

19 Im Übrigen ist nach den insoweit unbekämpften Feststellungen des Verwaltungsgerichtes die Mitbeteiligte nicht aktuelle Eigentümerin der Liegenschaften.

20 Der Revisionswerber wirft somit keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 B-VG auf.

21 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AWG 2002 §73 Abs1;
AWG 2002 §73 Abs4;
AWG 2002 §74 Abs1;
AWG 2002 §74 Abs2;
AWG 2002 §74;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017160071.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-49344