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VwGH 15.03.2017, Ra 2017/16/0025

VwGH 15.03.2017, Ra 2017/16/0025

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Dass die Bestellung eines "Geschäftsführers auf dem Papier" an seiner Stellung als Organwalter und am Bestand der ihn nach § 80 BAO treffenden Pflichten nichts ändert, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung wiederholt zum Ausdruck gebracht. Auf den Grund der Übernahme der Geschäftsführerfunktion sowie auf allfällige Einflüsse Dritter auf die Geschäftsführung kommt es nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/13/0078, mwN). Dies trifft auch zu, wenn ein handelsrechtlicher Geschäftsführer erst ab einem bestimmten Zeitpunkt "nur mehr am Papier" als Geschäftsführer aufscheint, hingegen ein anderer die faktische Geschäftsführung wahrnimmt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2013/16/0166 E RS 2 (hier ohne den letzten Satz)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des S, der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7103071/2016, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Eine Revision hat gemäß § 30 Abs. 1 VwGG keine aufschiebende Wirkung.

2 Jedoch hat gemäß § 30 Abs. 2 VwGG bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

3 Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist gemäß § 30 Abs. 2 letzter Satz VwGG von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

4 Gemäß §  30 Abs. 3 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision Beschlüsse nach § 30 Abs. 2 leg. cit. von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

5 Den im Revisionsschriftsatz gestellten Antrag des Revisionswerbers, seiner außerordentlichen Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, hat das gemäß § 30 Abs. 2 VwGG dafür zuständige Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom mit der Begründung abgewiesen, der für zwei Kinder unterhaltspflichtige Revisionswerber verfüge über ein "monatliches Nettoeinkommen" von 2.300 EUR, nicht aber über weitere Guthaben, Ersparnisse oder Grundbesitz. Die Kosten für Energie und Miete beliefen sich auf zusammen 780 EUR, außer den Haftungsschuldigkeiten bestünden keine weiteren Verbindlichkeiten. Würde bei Einkommens- oder Vermögensverhältnissen des Geldschuldners, die ihm die Abstattung der (unbesicherten) Geldforderung nicht ermöglichen, die aufschiebende Wirkung zuerkannt, so könnte die Behörde weder notwendige Sicherheiten erwerben noch auf laufende Einkünfte des Geldschuldners und auch nicht auf neu auftauchende oder dem Geldschuldner zufallende Vermögenswerte greifen. Dies könnte zu endgültigen Forderungsausfällen des Bundes führen, was nach der im Beschluss zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zwingenden öffentlichen Interessen widerspräche. Im vorliegenden Fall erscheine die Einbringlichkeit der mit dem angefochtenen Erkenntnis dem Revisionswerber als Haftenden im Instanzenzug vorgeschriebenen Abgabenschuldigkeiten im Betrag von rund 700.000 EUR gefährdet.

6 Das Bundesfinanzgericht legte sodann gemäß § 30a Abs. 7 VwGG die außerordentliche Revision dem Verwaltungsgerichtshof vor.

7 Mit Schriftsatz vom stellte der Revisionswerber neuerlich einen Antrag, seiner Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

8 Eine wesentliche Änderung der Voraussetzungen, die für den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom maßgebend waren, behauptet der Revisionswerber nicht. Eine Änderung des genannten Beschlusses gemäß § 30 Abs. 3 VwGG beantragt der Revisionswerber nicht.

9 Der neuerliche Antrag war daher zurückzuweisen. 10 Zu einer Abänderung des erwähnten Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes vom von Amts wegen (§ 30 Abs. 3 zweiter Fall VwGG) sieht sich der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen nicht veranlasst.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, in der Revisionssache des J S in W, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4/29, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7103071/2016, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Wien 8/16/17), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis zog das Bundesfinanzgericht den Revisionswerber im Instanzenzug zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der G. GmbH in Höhe von 698.203,53 EUR heran und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Der Revisionswerber habe die Gesellschaft seit als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer vertreten und sei mit Gesellschafterbeschluss vom  mit sofortiger Wirkung von dieser Funktion abberufen worden. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer sei er verpflichtet gewesen, für die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften im Zeitraum seiner Geschäftsführung Sorge zu tragen. Diese Pflicht habe der Revisionswerber nicht erfüllt, weshalb er für die noch offenen bei der Primärschuldnerin uneinbringlichen Abgaben für Zeiträume der Jahre 2006 bis 2008 hafte.

3 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

4 Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

5 Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege im Revisionsfall vor,

"weil zum angefochtenen Erkenntnis eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt bzw. die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, dies insbesondere dahingehend, inwieweit eine Pflichtverletzung eines nur rechtlich bestellten Geschäftsführers - der ohne sein Verschulden zu dieser Funktion kam - und sohin nach der in der Entscheidung zitierten Rechtsprechung eine Haftung angenommen werden kann".

Der Revisionswerber sei zwar als Geschäftsführer der G. GmbH bestellt gewesen, faktisch habe jedoch eine andere Person, nämlich R.T., als Geschäftsführer fungiert.

9 Dass die Bestellung eines "Geschäftsführers auf dem Papier" an seiner Stellung als Organwalter und am Bestand der ihn nach § 80 BAO treffenden Pflichten nichts ändert, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung wiederholt zum Ausdruck gebracht. Auf den Grund der Übernahme der Geschäftsführerfunktion sowie allfällige Einflüsse Dritter auf die Geschäftsführung kommt es nicht an (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2013/16/0166, und vom , 2009/13/0078; vgl. auch Fischerlehner, Abgabenverfahren2, Anmerkung 1 zu § 9 BAO, und Ritz, BAO5, § 9 Rz 1).

10 Der Revisionswerber wirft somit keine Frage auf, welcher iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §80;
BAO §9;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §30 Abs3;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017160025.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-49330