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VwGH 13.12.2017, Ra 2017/08/0130

VwGH 13.12.2017, Ra 2017/08/0130

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
ASVG §4 Abs2
AVG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
RS 1
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall erforderliche Beweiswürdigung bzw. die iSd § 4 Abs. 2 ASVG im Einzelfall erforderliche Gesamtabwägung der maßgeblich für bzw. gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechenden Umstände und Merkmale in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (, und Ra 2015/08/0003).
Normen
ASVG §4 Abs2
ASVG §4 Abs4
RS 2
Liegt eine Einbindung in eine vom Dienstgeber bestimmte betriebliche Ablauforganisation vor, so wird dies bei manuellen (keine besondere Qualifikation aufweisenden) Tätigkeiten idR zu einem die persönliche Abhängigkeit bejahenden Ergebnis führen, denn diese Einbindung bedeutet, dass der Dienstnehmer nicht die Möglichkeit hat, den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit jederzeit selbst zu regeln und auch zu ändern, wie es für den freien Dienstvertrag typisch ist ().
Normen
ABGB §1151
ASVG §4 Abs2
RS 3
Ist das Vorliegen von Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zu bejahen, kommt es auf eine weitere Zuordnung zivilrechtlicher Kategorien (zB das Vorliegen eines Zielschuldverhältnisses oder eines Dauerschuldverhältnisses) nicht mehr an. Daher erübrigt sich eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Frage, ob den Erwerbstätigkeiten Werkverträge zu Grunde liegen könnten ().

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des M K in S, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 19/Top 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. 405- 7/146/1/31-2017, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber gemäß § 111 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG mit zwei Strafen (EUR 1.100,--, Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden; EUR 950,--, Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) belegt, weil er es als Geschäftsführer der M. GmbH zu verantworten habe, zwei näher genannte Dienstnehmer als Montagearbeiter krankenversicherungspflic htig beschäftigt zu haben, ohne diese gemäß § 33 Abs. 1 ASVG zur Pflichtversicherung zu melden.

5 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Es habe sich um Arbeiten auf Grund von Werkverträgen (über "einwandfrei aufgebaute Messestände") gehandelt. Ihre Tätigkeit sei mit der von Tontechnikern zu vergleichen, die vom Bundesverwaltungsgericht als selbständig Erwerbstätige betrachtet würden. Der Dienstgeber habe seine Rechtsauffassung über die Versicherungsfreiheit des Monteurs K. auf die Vorlage seines Gewerbescheins gestützt. Zur Tätigkeit eines Messestandmonteurs gebe es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das angefochtene Erkenntnis sei mangelhaft begründet. Der zu Grunde liegende Denkprozess könne nicht nachvollzogen werden.

6 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall erforderliche Beweiswürdigung bzw. die iSd § 4 Abs. 2 ASVG im Einzelfall erforderliche Gesamtabwägung der maßgeblich für bzw. gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältniss es sprechenden Umstände und Merkmale in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (, und Ra 2015/08/0003).

7 Zwar trifft es zu, dass das angefochtene Erkenntnis zum Großteil aus der Wiedergabe von Aussagen besteht, der als solcher kein Begründungswert zukommt. Das Verwaltungsgericht hat aber die wesentlichen Feststellungen - wenngleich in unbefriedigender Systematik (vgl. zu den Erfordernissen des Aufbaus einer richterlichen Entscheidung ), aber doch mit ausreichender Aussagekraft (vgl. ) - getroffen (S 20f) und daran eine nachvollziehbare rechtliche Beurteilung geknüpft. Ausgehend von der Feststellung, dass die beiden Erwerbstätigen (ohne Gewerbeschein bzw. ohne Kammermitgliedschaft) für die M. GmbH - wenn auch nicht ausschließlich für diese - nicht besonders qualifizierte, stundenweise bezahlte Montagearbeiten im Zusammenhang mit dem Aufbau von vorgefertigten Messeständen an verschiedenen Messestandorten mit eigenem geringwertigen Werkzeug sowie Arbeiten im Lager der M. GmbH verrichtet haben, bestehen gegen die rechtliche Schlussfolgerung, die Genannten seien iSd § 4 Abs. 2 ASVG persönlich abhängige, krankenversicherungspflichtig beschäftigte Dienstnehmer gewesen, keine Bedenken. Liegt - wie hier - eine Einbindung in eine vom Dienstgeber bestimmte betriebliche Ablauforganisation vor, so wird dies bei manuellen (keine besondere Qualifikation aufweisenden) Tätigkeiten idR zu einem die persönliche Abhängigkeit bejahenden Ergebnis führen, denn diese Einbindung bedeutet, dass der Dienstnehmer nicht die Möglichkeit hat, den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit jederzeit selbst zu regeln und auch zu ändern, wie es für den freien Dienstvertrag typisch ist (). Ist das Vorliegen von Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zu bejahen, kommt es auf eine weitere Zuordnung zivilrechtlicher Kategorien (zB das Vorliegen eines Zielschuldverhältnisses oder eines Dauerschuldverhältnisses) nicht mehr an. Daher erübrigt sich eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Frage, ob den Erwerbstätigkeiten Werkverträge zu Grunde liegen könnten ().

8 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
ABGB §1151
ASVG §4 Abs2
ASVG §4 Abs4
AVG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
Schlagworte
Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017080130.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-49191