VwGH 29.06.2017, Ra 2017/06/0095
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Der VwGH hat in seinem zu § 16 Abs. 1 Tir ROG 1997 ergangenen Erkenntnis vom , 2005/06/0003, ausgesprochen, dass es sich bei der in dieser Bestimmung enthaltenen Frist zur Anmeldung von Freizeitwohnsitzen um eine materiellrechtliche Frist handelt (vgl. zur Unterscheidung zwischen verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Fristen im Übrigen etwa das E vom , 2011/10/0179, mwN). In diesem Erkenntnis hat der VwGH weiters dargelegt, dass das "Estoppel-Prinzip" (gemeint: die Gemeinde sei wegen der Vorschreibung eines Freizeitwohnsitz-Pauschales gehindert, die Eigenschaft einer Wohnung als Freizeitwohnsitz in Zweifel zu ziehen) nicht zum Tragen kommt. Diese Rechtsprechung ist auf die inhaltlich vergleichbare Regelung des im Revisionsfall anwendbaren § 17 Abs. 1 Tir ROG 2016 übertragbar, sodass insofern eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt. |
Normen | ROG Tir 2016 §17 Abs1; VwRallg; |
RS 2 | Bei der in § 17 Abs. 1 Tir ROG 2016 normierten Frist handelt es sich um eine materiellrechtliche Frist. |
Normen | |
RS 3 | Dass die in § 17 Abs. 1 Tir ROG 2016 vorgesehene Anmeldung der Schriftform bedarf, ergibt sich klar aus dessen Abs. 2, wonach der Anmeldung die darin genannten Unterlagen oder sonstigen Beweismittel anzuschließen sind und wonach die Anmeldung die Angaben nach § 14 Abs. 1 lit. a bis d Tir ROG 2016 zu enthalten hat. Auch in Bezug auf die Feststellung der Unzulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz regelt § 17 Abs. 3 dritter Satz in Verbindung mit dem zweiten Satz Tir ROG 2016 klar, dass eine solche Feststellung unter anderem dann zu treffen ist, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1, wozu auch die Wahrung der in dieser Bestimmung genannten Frist zu zählen ist, nicht vorliegen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des Dr. S K in G, vertreten durch Stolitzka & Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Kärntner Ring 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , LVwG-2017/22/0451-1 und 0452-1, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Feststellung der Unzulässigkeit der Verwendung eines Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Kitzbühel vom , mit welchem sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur nachträglichen Anmeldung näher bezeichneter, in seinem Eigentum stehender Wohnsitze als Freizeitwohnsitze abgewiesen und gemäß § 17 Abs. 3 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 - TROG 2016 festgestellt worden war, dass die betreffenden Wohnsitze nicht als Freizeitwohnsitze verwendet werden dürfen, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
5 In der Zulässigkeitsbegründung führt der Revisionswerber aus, die vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsansicht, wonach es sich bei der in § 17 Abs. 1 TROG 2016 normierten Frist zur nachträglichen Anmeldung von Freizeitwohnsitzen um eine materiellrechtliche Frist handle, weshalb eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist ausgeschlossen sei, sei unrichtig und es bedürften mehrere erhebliche Rechtsfragen einer (erstmaligen) Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof. So gebe es keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob es sich bei der Frist des § 17 Abs. 1 TROG 2016 um eine verfahrensrechtliche, materiellrechtliche oder auch doppel-funktionelle Frist handle. Zudem fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Erlassung eines (Negativ-)Bescheides gemäß § 17 Abs. 3 TROG 2016 auch dann zulässig ist, wenn die Anmeldung verspätet erfolgt ist, sowie zur Frage, ob die "Anmeldung" im Sinn des § 17 TROG 2016 an eine bestimmte (insbesondere Schrift-)Form gebunden ist oder die Frist auch dadurch gewahrt ist, dass dem Bürgermeister das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 TROG 2016 für die Feststellung als Freizeitwohnsitz bereits bekannt gewesen sei.
Mit diesem Vorbringen wird in der Revision keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
6 Eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nicht vor, wenn diese durch zu früheren Rechtslagen ergangene und auf die aktuelle Rechtslage übertragbare Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt wurde (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2017/05/0074, mwN).
Dies ist hier der Fall: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem zu § 16 Abs. 1 TROG 1997 ergangenen Erkenntnis vom , 2005/06/0003, ausgesprochen, dass es sich bei der in dieser Bestimmung enthaltenen Frist zur Anmeldung von Freizeitwohnsitzen um eine materiellrechtliche Frist handelt (vgl. zur Unterscheidung zwischen verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Fristen im Übrigen etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/10/0179, mwN, sowie Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 12 und 13). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof weiters dargelegt, dass das "Estoppel-Prinzip" (gemeint: die Gemeinde sei wegen der Vorschreibung eines Freizeitwohnsitz-Pauschales gehindert, die Eigenschaft einer Wohnung als Freizeitwohnsitz in Zweifel zu ziehen), das im Revisionsfall vom Revisionswerber offenbar angesprochen werden sollte, nicht zum Tragen kommt. Diese Rechtsprechung ist auf die inhaltlich vergleichbare Regelung des im Revisionsfall anwendbaren § 17 Abs. 1 TROG 2016 übertragbar, sodass insofern eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.
7 Da es sich bei der in § 17 Abs. 1 TROG 2016 normierten Frist um eine materiellrechtliche Frist handelt, kommt der vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage zum Wesen einer doppelfunktionellen Frist keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, sodass auch mit dem sich darauf beziehenden Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargelegt wird.
8 Auch dann, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2016/06/0137, mwN).
9 Dass die in § 17 Abs. 1 TROG 2016 vorgesehene Anmeldung der Schriftform bedarf, ergibt sich klar aus dessen Abs. 2, wonach der Anmeldung die darin genannten Unterlagen oder sonstigen Beweismittel anzuschließen sind und wonach die Anmeldung die Angaben nach § 14 Abs. 1 lit. a bis d TROG 2016 zu enthalten hat. Auch in Bezug auf die Feststellung der Unzulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz regelt § 17 Abs. 3 dritter Satz in Verbindung mit dem zweiten Satz TROG 2016 klar, dass eine solche Feststellung unter anderem dann zu treffen ist, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1, wozu auch die Wahrung der in dieser Bestimmung genannten Frist zu zählen ist, nicht vorliegen. Da im Revisionsfall die nach § 17 Abs. 1 TROG 2016 erforderliche Voraussetzung der fristgerechten Anmeldung nicht vorlag, erfolgte die Feststellung der Unzulässigkeit der Verwendung der betreffenden Wohnsitze als Freizeitwohnsitze zu Recht.
10 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Planung Widmung BauRallg3 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017060095.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-49122