VwGH 23.03.2017, Ra 2017/06/0037
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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RS 1 | Es besteht kein Rechtsanspruch der Parteien darauf, dass die Behörde gemäß § 39 Abs. 3 AVG (der gemäß § 17 VwGVG 2014 auch auf Verfahren vor dem Verwaltungsgerichten anzuwenden ist) das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt; dies liegt im Ermessen des Verwaltungsgerichts. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision 1. des H N, 2. der I W, 3. der D G, 4. des Dr. W G und 5. des W F, alle in A, alle vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stainerstraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , LVwG- 2016/25/0584-9, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Straßengesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Axams; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Axams; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Der Bürgermeister der Gemeinde A erteilte mit Bescheid vom der Mitbeteiligten gemäß § 44 iVm § 75 Abs. 3 lit. a Tiroler Straßengesetz die Bewilligung zum Neubau einer Verbindungsstraße zwischen der Gemeindestraße Hintermetzentaler und der Landesstraße L 12 Götzener Straße unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien als unbegründet ab und erklärte eine Revision für unzulässig. In seiner Begründung bezog sich das LVwG - soweit dies für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision relevant ist - auf das Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen vom , welches den revisionswerbenden Parteien gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt und während der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG am intensiv diskutiert wurde. Am Ende der Verhandlung erklärte der Verhandlungsleiter, er werde nach Kenntnisnahme des Inhaltes des von den revisionswerbenden Parteien übergebenen Schriftsatzes vom und allenfalls weiterer Stellungnahmen von Parteien beurteilen, ob eine weitere mündliche Verhandlung notwendig sei; verneinendenfalls werde die Entscheidung schriftlich ergehen. Mit Schriftsatz vom brachten die revisionswerbenden Parteien eine weitere Stellungnahme ein.
5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die revisionswerbenden Parteien rügen eine Verletzung ihres Parteiengehörs, weil weder in der Verhandlung am der Abschluss der Beweisaufnahme verkündet noch das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs. 3 AVG mit Verfahrensanordnung für geschlossen erklärt worden sei. Das Recht auf Parteiengehör stelle einen fundamentalen Grundsatz des Verwaltungsverfahrens dar. Da das LVwG "den Beschwerdeführern trotz Ankündigung - überraschend - keine Möglichkeit mehr gab, sich zu dem Gutachten zu äußern bzw. nachzufragen, verletzte das Verwaltungsgericht die ständige Rechtsprechung des VwGH () bzw. ist davon abgewichen."
6 Damit machen die revisionswerbenden Parteien einen Verfahrensmangel geltend. Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht außer auf die von den Revisionswerbern selbst eingebrachte Stellungnahme auf keine weiteren, nach Schluss der Verhandlung eingebrachten Schriftsätze Bedacht nahm, setzt nach der hg. Rechtsprechung die Zulässigkeit der Revision voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem allfälligen Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn in der Revision auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbenden Parteien günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom , Ro 2015/07/0038, mwN). Soweit die revisionswerbenden Parteien rügen, dass keine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, legen sie nicht dar, was sie bei dieser Verhandlung vorgebracht hätten und warum sie dieses Vorbringen nicht schriftlich - etwa in ihrer Stellungnahme vom - erstatten konnten. Sie zeigen daher die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels nicht auf (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/06/0152, mwN).
Fallbezogen kann auch keine Verletzung des Parteiengehörs erblickt werden. Den revisionswerbenden Parteien wurde das Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen vom vor der mündlichen Verhandlung übermittelt, es wurde in der Verhandlung umfassend diskutiert und die revisionswerbenden Parteien gaben auch danach noch eine schriftliche Stellungnahme ab, die vom LVwG bei seiner Entscheidung berücksichtigt wurde. Aus den Verfahrensunterlagen ergeben sich keine Hinweise, dass relevante Themenbereiche nicht erörtert worden wären oder Fragen während der mündlichen Verhandlung nicht hätten beantwortet werden können. Es besteht auch kein Rechtsanspruch der Parteien darauf, dass die Behörde gemäß § 39 Abs. 3 AVG (der gemäß § 17 VwGVG auch auf Verfahren vor dem Verwaltungsgerichten anzuwenden ist) das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt; dies liegt im Ermessen des Verwaltungsgerichts (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 43 zu § 39).
7 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Ermessen VwRallg8 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017060037.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
PAAAF-49116