VwGH 29.01.2018, Ra 2017/04/0133
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Gemäß § 24 Abs. 1 zweiter Satz VwGG sind Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der gemäß § 61 Abs. 3 leg. cit. über derartige Anträge entscheidet. Mangels diesbezüglicher näherer Vorschriften im VwGG - § 46 Abs. 3 und 4 VwGG enthält Regelungen betreffend die Wiedereinsetzung nach erfolgter Einbringung der Revision bzw. für den Fall der Versäumung der Revisionsfrist - sind Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages zur Einbringung einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen und hat der Verwaltungsgerichtshof über diese Anträge zu entscheiden (§ 62 Abs. 1 VwGG iVm § 71 Abs. 4 AVG). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2014/01/0070 B VwSlg 18929 A/2014 RS 1 |
Normen | VwGG §24 Abs2 idF 2013/I/033; VwGG §26 Abs1 idF 2013/I/033; VwGG §26 Abs3 idF 2013/I/033; VwGG §46 Abs1 idF 2013/I/033; |
RS 2 | Der Wiedereinsetzungsantrag ist entgegen § 24 Abs. 2 VwGG nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet. Ein Auftrag an den Revisionswerber, den Wiedereinsetzungsantrag zu verbessern, erübrigt sich jedoch, wenn der Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keine Anhaltspunkte für die Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrages gegeben sind und somit auch nach Behebung dieses Formgebrechens die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausgeschlossen wäre (vgl. B , 2013/02/0152). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2014/02/0056 B RS 2 |
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RS 3 | Eine krankheitsbedingte Säumnis erfüllt die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann, wenn die Krankheit zu einer Dispositionsunfähigkeit des Betroffenen geführt hat oder die Dispositionsfähigkeit so stark beeinträchtigt hat, dass das Unterbleiben der fristwahrenden Handlung in einem milderen Licht - nämlich als bloß minderer Grad des Versehens - zu beurteilen ist (Hinweis E vom , 2004/20/0122, mwN). Für die Wiedereinsetzung reicht es nicht aus, wenn die Partei gehindert war, die fristwahrende Handlung selbst zu setzen. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nur vor, wenn die Partei auch gehindert war, der Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen - im Besonderen durch Beauftragung eines Vertreters - entgegen zu wirken (Hinweis E vom , 2007/21/0308) bzw ihr auch insofern nur ein leicht fahrlässiges Fehlverhalten vorgeworfen werden könnte. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2009/03/0163 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrat Dr. Kleiser und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über den Antrag der B KG in I auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages für die Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG- 2017/28/0181-4, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident der Wirtschaftskammer Tirol) betreffend Festsetzung der Grundumlage nach dem Wirtschaftskammergesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom wurde die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid der belangten Behörde, mit welchem Art und Ausmaß der Grundumlagenpflicht der Antragstellerin für das Kalenderjahr 2016 mit EUR 589 festgesetzt worden war, als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.
2 Dieses Erkenntnis wurde dem Geschäftsführer der Antragstellerin - dies ergibt sich aus dem im Akt erliegenden Rückschein - am ausgehändigt. Von diesem Zustelldatum ausgehend endete die sechswöchige Revisionsfrist am .
3 2. Mit dem am zur Post gegebenen Schriftsatz eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof am beantragte die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und stellte unter einem den Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der außerordentlichen Revision.
4 Zur Wiedereinsetzung brachte die Antragstellerin vor, der Geschäftsführer der Antragstellerin sei etwa zwei Wochen nach Zustellung des anzufechtenden Erkenntnisses an einem schweren und außergewöhnlich langwierigen grippalen Infekt erkrankt, weshalb er nicht fähig gewesen sei, die laufenden Schreibtischarbeiten zu erledigen. In der Folge habe er die Rechtsmittelfrist versäumt. Diese Erkrankung stelle ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar. Eine Besserung des gesundheitlichen Zustandes sei erst ungefähr am eingetreten. Der Antragsteller (gemeint wohl: der Geschäftsführer) habe sich erst ab diesem Zeitpunkt um die liegen gebliebenen Arbeiten kümmern können. Die versäumte Prozesshandlung - der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe - werde unter einem nachgeholt.
5 Dem gegenständlichen Antrag sind Kopien einer ärztlichen Bestätigung und einer "Bestätigung" des Bruders des Geschäftsführers "als Beweismittel" beigeschlossen.
6 3.1. Gemäß § 24 Abs. 1 zweiter Satz VwGG sind Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der gemäß § 61 Abs. 3 leg. cit. über derartige Anträge entscheidet. Mangels diesbezüglicher näherer Vorschriften im VwGG - § 46 Abs. 3 und 4 VwGG enthält Regelungen betreffend die Wiedereinsetzung nach erfolgter Einbringung der Revision bzw. für den Fall der Versäumung der Revisionsfrist - sind Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages in derartigen Angelegenheiten gemäß § 62 Abs. 1 VwGG iVm § 71 Abs. 4 AVG beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen und hat der Verwaltungsgerichtshof über diese Anträge zu entscheiden (vgl. VwGH, , Ra 2014/01/0070).
7 3.2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist entgegen § 24 Abs. 2 VwGG nicht von einem Rechtsanwalt eingebracht. Ein Auftrag an den Antragsteller, den Wiedereinsetzungsantrag, der entgegen der Bestimmung des § 24 Abs. 2 VwGG nicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht wurde, zu verbessern, erübrigt sich, wenn der Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keinerlei Anhaltspunkte für die Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrages gegeben sind und somit auch nach Behebung des Formgebrechens die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausgeschlossen wäre (vgl. etwa , mwN). Davon ist fallbezogen aufgrund nachstehender Begründung auszugehen.
8 § 46 Abs. 1 VwGG lautet: "(1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt." Im Wiedereinsetzungsantrag ist konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu bezeichnen, das den Wiedereinsetzungswerber an der Einhaltung der Frist gehindert hat (vgl. etwa , mwN).
9 Im vorliegenden Fall ist das "Ereignis", welches die Antragstellerin nach dem Antragsvorbringen an der Einhaltung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrags gehindert hat, darin gelegen, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin krankheitsbedingt keine Schreibtischarbeiten habe erledigen können.
10 Nach der hg. Rechtsprechung erfüllt eine krankheitsbedingte Säumnis die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann, wenn die Krankheit zu einer Dispositionsunfähigkeit des Betroffenen geführt hat oder die Dispositionsfähigkeit so stark beeinträchtigt hat, dass das Unterlassen der fristwahrenden Handlung als auf einem Versehen bloß minderen Grades beruhend zu beurteilen ist (vgl. , mwN). Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nur vor, wenn die Partei auch daran gehindert war, der Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen - im Besonderen durch Beauftragung eines Vertreters - entgegen zu wirken (vgl. ).
11 Dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag ist - auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Dokumente - keinerlei substanziierter Hinweis dafür zu entnehmen, dass die Dispositionsfähigkeit des Geschäftsführer der Antragstellerin derart beeinträchtigt gewesen wäre, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, der Fristversäumung - zumindest durch Bestellung eines Vertreters - entgegenzuwirken, zumal das anzufechtende Erkenntnis laut Zustellnachweis bereits zwei Wochen vor Auftreten der vorgebrachten Erkrankung zugestellt worden war und eine Unkenntnis des Zustellvorgangs seitens des Geschäftsführers nicht behauptet wurde.
12 Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattzugeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017040133.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-49080