Suchen Hilfe
VwGH 10.05.2017, Ra 2017/03/0016

VwGH 10.05.2017, Ra 2017/03/0016

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §52 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3;
RS 1
Nichtamtliche Sachverständige sind nach § 52 Abs 4 zweiter Satz AVG zu beeiden, wenn sie nicht schon für die Erstattung von Gutachten der erforderten Art im Allgemeinen beeidet sind. Die Eigenschaft eines Sachverständigen wird bereits durch seine Bestellung und nicht erst durch seine Beeidigung begründet. Das Unterbleiben der Beeidigung stellt zwar einen Verfahrensmangel dar. Nach § 42 Abs 2 Z 3 VwGG ist die angefochtene Entscheidung eines VwG aber nur dann wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wenn das VwG bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.
Normen
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1;
MRK Art6;
RS 2
Das VwG hat bei der Beiziehung eines (amtlichen) Sachverständigen -

gerade im Lichte des Art 47 GRC bzw des Art 6 MRK - neben der Frage seiner erforderlichen Qualifikation (vgl dazu ) stets auch gesondert zu prüfen, ob die sachverständige Person unabhängig bzw unbefangen ist (vgl , mwH). Dabei geht es insbesondere darum, dass sichergestellt ist, dass nicht die Besorgnis besteht, dass bezüglich ihrer Tätigkeit andere als rein sachliche Überlegungen eine Rolle spielen können, wobei es ausreicht, dass der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen kann (vgl dazu etwa ; ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2016/03/0027 E RS 25
Normen
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1;
RS 3
Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive (Hinweis E , 827/65, VwSlg 6772 A/1965), wobei das Element der Unsachlichkeit nicht schlechthin, wohl aber in bezug auf die konkreten, vom Sachverständigen zu beurteilenden Fachfragen gegeben sein muß.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 89/06/0212 E RS 6
Normen
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1;
RS 4
Von Befangenheit ist insbesondere dann zu sprechen, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Organ durch seine persönliche Beziehung zu der den Gegenstand einer Beratung und Beschlussfassung bildenden Sache oder zu den an dieser Sache beteiligten Personen in der unparteiischen Amtsführung bzw in einem unparteiischen Tätigwerden beeinflusst sein könnte (vgl etwa ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2016/03/0027 E RS 27
Normen
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1;
RS 5
Im Interesse der Sicherstellung der Unabhängigkeit bzw der Unbefangenheit von Sachverständigen ist es erforderlich, dass das VwG die Frage der Unbefangenheit bzw der Unabhängigkeit von sachverständigen Personen einschließlich allfälligen diesbezüglichen Vorbringens von Verfahrensparteien sorgfältig prüft und die Heranziehung in der Form eines (verfahrensleitenden) Beschlusses anordnet, wobei gegebenenfalls zu begründen ist, wann von den Parteien vorgebrachte Bedenken hinsichtlich der vollen Unbefangenheit nicht zutreffen (vgl dazu ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2016/03/0027 E RS 28
Normen
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7 Abs1;
RS 6
Jeder Vorwurf einer Befangenheit nach § 7 Abs. 1 Z. 3 AVG hat konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (Hinweis E vom , 2007/07/0050). Dieser Grundsatz gilt auch betreffend die Ablehnung eines nichtamtlichen Sachverständigen nach § 53 Abs. 1 AVG (Hinweis E vom , 2010/05/0212).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2010/06/0205 E RS 3
Normen
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
RS 7
Wenn die revisionswerbende Partei für ihr Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision auf andere fachliche Stellungnahmen, Expertisen bzw Schriftsätze hinweist oder Bezug nimmt, sind solche Verweise nicht geeignet, die nach § 28 Abs 3 VwGG erforderliche gesonderte Darlegung der Revisionszulässigkeit zu ersetzen (vgl etwa , und ).
Normen
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
RS 8
§ 53 Abs 1 AVG normiert hinsichtlich der nichtamtlichen Sachverständigen ein Ablehnungsrecht der Parteien auch für den Fall, dass die Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel steht. Dabei sind im Rahmen der Ablehnung jene Umstände glaubhaft zu machen, welche die Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel ziehen. Bei einem Sachverständigen im Sinne der §§ 52 ff AVG muss es sich nämlich um eine Person mit besonderer Fachkunde handeln. Darauf, wo sie sich dieses besondere fachliche Wissen angeeignet hat, kommt es aber nicht an ().
Normen
AVG §52 Abs1;
AVG §52;
RS 9
Der Sachverständige hat sich bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes jener Hilfsmittel zu bedienen, die seine Wissenschaft entwickelt hat, um ein verlässliches Gutachten abzugeben. Im Übrigen hängen sowohl Umfang als auch Methode der Befundaufnahme ausschließlich von objektiven fachlichen Gesichtspunkten ab, die primär einmal der Sachverständige anhand seiner Fachkunde zu beurteilen hat.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2011/12/0057 E RS 2
Normen
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
RS 10
Die mangelnde Fachkunde eines Sachverständigen kann mit Erfolg nur durch ein konkretes Vorbringen geltend gemacht werden, wonach das von dem Sachverständigen erstattete Gutachten unrichtig oder unvollständig ist ().
Normen
31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3;
EURallg;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3;
RS 11
§ 10 Abs 3 NÖ NatSchG 2000 beruht auf Art 6 Abs 3 der FFH-RL, weshalb diese Bestimmung im Sinn des Erfordernisses einer richtlinienkonformen Interpretation unter Bedachtnahme auf seine unionsrechtliche Grundlage auszulegen ist (vgl zur richtlinienkonformen bzw unionsrechtskonformen Auslegung etwa ; ; ; ua).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2015/03/0058 E RS 28
Normen
31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3;
62002CJ0127 Waddenvereniging and Vogelsbeschermingvereniging VORAB;
EURallg;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3;
RS 12
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bringt bereits der Wortlaut des Art 6 Abs 3 der FFH-RL zum Ausdruck, dass eine Prüfung der Verträglichkeit der Pläne oder Projekte für ein besonderes Schutzgebiet deren Genehmigung vorauszugehen hat, und die Gesamtwirkungen aus der Kombination dieser Pläne oder Projekte mit anderen Plänen oder Projekten im Hinblick auf die für das betreffende Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu berücksichtigen sind. Eine solche Prüfung setzt somit voraus, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtliche Gesichtspunkte des Planes oder Projekts zu ermitteln sind, die für sich oder in Verbindung mit anderen Plänen oder Projekten diese Ziele beeinträchtigen könnten (EuGH (Große Kammer) vom , C-127/02, Landelijke Vereniging tot Behoud van de Waddenzee und Nederlandse Vereniging tot Bescherming van Vogels gg Staatssecretaris van Landbouw, Natuurbeheer en Visserij, Rz 53 f; vgl idZ (VwSlg 16.618 A/2005)).
Normen
31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3;
62004CJ0418 Kommission / Irland;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3;
RS 13
Aus der Rechtsprechung des EuGH ist abzuleiten, dass die Nichtberücksichtigung der kumulativen Auswirkung von Projekten praktisch zur Folge hätte, dass sämtliche Projekte einer bestimmten Art der Verträglichkeitsprüfung entzogen werden könnten, obgleich sie zusammengenommen möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben ( C- 418/04, Kommission gg Irland, Rz 245; vgl idZ ).
Normen
31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3;
62009CJ0404 Kommission / Spanien;
EURallg;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3;
RS 14
Der EuGH hat eine Prüfung als nicht den Vorgaben des Art 6 Abs 3 der FFH-RL angemessen qualifiziert, wenn sie lückenhaft ist und keine vollständigen, präzisen und endgültigen Feststellungen enthält, die geeignet sind, jeden vernünftigen wissenschaftlichen Zweifel hinsichtlich der kumulativen Auswirkungen von Plänen oder Projekten auszuräumen (, Kommission gg Spanien, Rz 100 ff; vgl idZ ).
Normen
31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3;
EURallg;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3;
RS 15
Bei der Untersuchung kumulativer Auswirkungen im Rahmen der nach § 10 Abs 3 NÖ NatSchG 2000 durchzuführenden Naturverträglichkeitsprüfung genügt es grundsätzlich nicht, lediglich das Vorliegen von Kumulationseffekten des gegenständlichen Projekts im Zusammenwirken mit jeweils immer nur einem anderen Plan oder Projekt zu prüfen. Vielmehr ist die Entstehung solcher Kumulationseffekte stets im Zusammenwirken mit der Gesamtheit aller in Betracht zu ziehenden Pläne und Projekte zu erforschen. Ergibt die Untersuchung eines zu berücksichtigenden Projekts aber, dass von diesem Projekt keine wie auch immer gearteten Auswirkungen auf die Verträglichkeit mit den für das betroffene Europaschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen ausgehen, und liegen keine sonstigen Hinweise vor, aus denen auf Kumulationseffekte zwischen dem benachbarten Projekt und dem verfahrensgegenständlichen Projekt geschlossen werden kann, so braucht dieses benachbarte Projekt bei der Prüfung von Kumulationseffekten aus dem Zusammenwirken der Gesamtheit aller in Betracht zu ziehenden Projekte nicht - noch einmal - berücksichtigt zu werden.
Normen
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
RS 16
Ist das erstattete Gutachten eines Sachverständigen mangelhaft und reicht es nicht als Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung aus, ob ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal erfüllt ist, so hat die Behörde oder das Verwaltungsgericht zur Klärung der unzureichend beantworteten Fachfragen die sachverständigen Entscheidungsgrundlagen zu ergänzen und gegebenenfalls ein weiteres Gutachten einzuholen ().
Normen
31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3;
RS 17
Bei der im Rahmen der Naturverträglichkeitsprüfung nach § 10 Abs 3 NÖ NatSchG 2000 durchzuführenden Untersuchung kumulativer Auswirkungen sind nicht alle in räumlichem oder sachlichem Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben stehenden Pläne und Projekte zu berücksichtigen, sondern nur solche, von denen im Zusammenwirken mit diesem potentiell Kumulationseffekte ausgehen können.
Normen
31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3;
RS 18
Stand es den revisionswerbenden Parteien offen, im Rahmen der Naturverträglichkeitsprüfung nach § 10 Abs 3 NÖ NatSchG 2000 vor dem VwG auf das Vorliegen von maßgeblichen Kumulationseffekten im Einzelnen hinzuweisen und dies durch (über grundsätzliche Annahmen hinausgehende) geeignete wissenschaftliche Indizien zu untermauern, genügt es nicht, lediglich Pläne oder Projekte aufzuzählen, die nach Ansicht der Parteien in die Prüfung kumulativer Auswirkungen miteinzubeziehen gewesen wären. Vielmehr haben die Parteien in so einem Fall auch näher darzulegen, welche kumulativen Auswirkungen von dem gegenständlichen Projekt im Zusammenwirken mit den weiteren zu prüfenden Plänen oder Projekten ausgehen.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

Ra 2017/03/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der revisionswerbenden Parteien 1. A, 2. Bürgerinitiative "S", beide vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 6, ihrer gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl W102 2012548- 1/85E, betreffend Erteilung von naturschutzrechtlichen Bewilligungen im Zusammenhang mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen; mitbeteiligte Partei: ÖBB-Infrastruktur Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch Fellner Wratzfeld und Partner, Schottenring 12, 1010 Wien), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis entschied das Bundesverwaltungsgericht über die von den revisionswerbenden Parteien und einer weiteren Partei erhobenen Beschwerden gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom . Das Verwaltungsgericht änderte den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom im Spruch in einer Reihe von Punkten ab. Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden und alle im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erhobenen sonstigen Anträge ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

2 Gemäß § 30 Abs 1 VwGG kommt den Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach § 30 Abs 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung hat eine revisionserbende Partei (unabhängig vom Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses) in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl dazu VwGH (verstärkter Senat) vom , Slg Nr 10.381/A; ). Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der vorliegend angefochtenen Entscheidung nicht zu prüfen (vgl etwa , ua unter Hinweis auf die von den antragstellenden Parteien für ihren gegenteiligen Standpunkt herangezogenen Lehrmeinung).

3 Ausgehend davon vermag der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Provisorialverfahren die im angefochtenen Erkenntnis enthaltenen Erwägungen bezüglich des festgestellten Sachverhalts im Zusammenhalt mit der diesen zu Grunde liegenden Beweiswürdigung nicht etwa von vornherein als unzutreffend bzw als unschlüssig zu erkennen, zumal die Frage der Rechtmäßigkeit derartiger Erwägungen eben im ordentlichen Verfahren zu prüfen ist (vgl dazu etwa ). Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsverfahren ohnehin zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist und sich deren Kontrolle daher nur darauf beziehen kann, ob im gegebenen Fall eine Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen wurde (vgl dazu etwa , und , beide mwH). Es kann derart auch nicht gesagt werden, dass das Antragsvorbringen von vornherein als zutreffend zu erkennen wäre (vgl dazu , mwH). Von daher hat der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Zusammenhang zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichtes und davon auszugehen, dass für die antragstellenden Parteien mit der Ausübung der mit Revision bekämpften verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (unter Beachtung der vorgeschriebenen Nebenbestimmungen) durch die mitbeteiligte Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil nicht verbunden ist. Die Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides bleibt - wie erwähnt - im ordentlichen Verfahren zu prüfen. Da mit der in Revision gezogenen Entscheidung über ein Fortbetriebsrecht gemäß § 42a UVP-G 2000 nicht abgesprochen wurde, vermag schließlich das mit Blick auf diese gesetzliche Bestimmung erstatteten eingehende Vorbringen keinen unverhältnismäßigen Nachteil iSd § 30 Abs 2 VwGG für die antragstellenden Parteien aufzuzeigen.

4 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

Ra 2017/03/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. A in W, 2. Bürgerinitiative "S" in S, beide vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl W102 2012548- 1/85E, betreffend Erteilung von naturschutzrechtlichen Bewilligungen im Zusammenhang mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen; mitbeteiligte Partei: Ö Aktiengesellschaft in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 A. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen (vgl idZ etwa , mwH).

2 B. Zu den Vorverfahren wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2015/03/0058, verwiesen. Mit dem Erkenntnis vom , 2011/03/0160 ua, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom , mit dem der Mitbeteiligten die Genehmigung zur Verwirklichung des Vorhabens "Semmering-Basistunnel neu" von Kilometer 75,651 bis Kilometer 118,112 der ÖBB-Strecke Wien Süd - Spielfeld - Straß nach dem dritten Abschnitt des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G) erteilt worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf. In der Folge wurden mit Erkenntnissen vom , 2013/03/0004 und 2013/03/0028, Bescheide der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 3. und , mit denen der Mitbeteiligten die dauerhafte Enteignung im Wege von näher beschriebenen Dienstbarkeiten und die vorübergehende Beanspruchung gewisser Flächen sowie die zwangsweise Einräumung einer Reihe von näher beschriebenen dauerhaften und vorübergehenden Dienstbarkeiten zuerkannt worden waren, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

3 Mit Erkenntnissen vom , 2013/03/0144, und vom , 2013/03/0021, hob der Verwaltungsgerichtshof zwei Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom und vom wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts auf. Mit diesen Bescheiden waren Berufungen gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom und gegen den Spruchpunkt II des Bescheides des Landeshauptmanns der Steiermark vom abgewiesen worden, mit denen der Mitbeteiligten Bewilligungen im Zusammenhang mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" erteilt worden waren. Mit Erkenntnis vom , 2013/03/0062, hob der Verwaltungsgerichtshof einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats für die Steiermark vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf, mit dem Berufungen gegen den Spruchpunkt I des Bescheids des Landeshauptmanns der Steiermark vom abgewiesen worden waren, der eine der Mitbeteiligten erteilte abfallrechtliche Anlagenbewilligung im Zusammenhang mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" zum Gegenstand hatte.

4 Ferner wurde mit Erkenntnis vom , 2012/10/0088, jener Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , mit dem mehrere Berufungen gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom betreffend die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung im Zusammenhang mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" abgewiesen worden waren, vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

5 Mit Erkenntnis vom , Ra 2015/03/0058, hob der Verwaltungsgerichtshof schließlich im fortgesetzten Verfahren nach dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom im Umfang der angefochtenen Spruchpunkte B.III und B.IV.e wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf und wies die Revision, soweit sie sich gegen Spruchpunkt B.IV.a des angefochtenen Erkenntnisses richtete, zurück. Mit diesem Erkenntnis hatte das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Landeshauptmanns der Steiermark vom geringfügig abgeändert, den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom hinsichtlich einiger Auflagen geändert und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom dahingehend abgeändert, dass einige in den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft aufgenommenen Vorkehrungen durch andere Vorkehrungen ersetzt wurden.

6 C. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom entschied das Bundesverwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom über die von den revisionswerbenden Parteien und einer weiteren Partei erhobenen Beschwerden gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom . Das Verwaltungsgericht änderte den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom im Spruch unter Spruchpunkt II.B (Naturschutzrechtliche Bewilligung - Vorkehrungen) wie folgt ab:

"Die Vorkehrung 2. wird ersetzt durch:

,2. Ein präzisierendes Detailkonzept für die Maßnahmen im Ausführungsprojekt zur ökologischen Bauaufsicht, zum Monitoring der Grundwasser- und Schüttungsveränderungen und der Beweissicherung muss ein Monat vor Baubeginn in dem jeweiligen Baulos der Behörde zur fachlichen Abstimmung und Überprüfung vorgelegt werden. Es muss sich um ein nachvollziehbares Prüfbuch handeln, welches anhand der Bescheidauflagen den flächenscharfen Prüfumfang und die Tätigkeiten definiert. Weitere Detailkonzepte sind darüber zu erstellen, wann welche Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden.'

Die Vorkehrung 4. wird ersetzt durch:

,4. Die Wirksamkeit der Maßnahme (Verschüttung eines Grabens) zum Ausgleich von quantitativen Schüttungsverlusten für die Niedermoorfläche OT206 ist durch die Beweissicherung gezielt zu überprüfen.'

Die Vorkehrung 5. wird ersetzt durch:

,5. Sämtliche im naturschutzrechtlichen Einreichoperat aufgeführten ökologischen Maßnahmen sind auch tatsächlich durchzuführen. Sollte in Einzelfällen die Grundaufbringung am geplanten Ort scheitern, müssen in Absprache mit der Behörde entsprechende funktionale, räumliche und zeitliche Alternativen umgesetzt werden.'

Die Vorkehrung 6. wird ersetzt durch:

,6. Bei sämtlichen ökologischen Ausgleichsmaßnahmen, die eine Pflegemahd vorsehen, ist das Mähgut zu entfernen (nicht nur in den ersten Jahren). Mulchen ist kein akzeptabler Ersatz für Mähen. Bei Maßnahmentyp öWi-t (Trockenwiese), öWo-fr (frische Wiese) und öWif (Feuchtwiese) ist durch entsprechende Servitute sicherzustellen, dass der angestrebte Vegetationstyp auf Bestandsdauer der Anlage erhalten bleibt, wozu Mahd gegenüber Beweidung der Vorzug zu geben ist.'

Die Vorkehrung 9. wird ersetzt durch:

,9. Vor Baubeginn müssen Bodenprofile in allen von Baustellenflächen betroffenen Lebensräumen geworben und der Profilanbau dokumentiert werden. Ebenso muss das bestehende Relief vor Baubeginn dokumentiert werden. Oberboden (Humusschicht) und Aushubmaterial müssen getrennt abgeschoben und gelagert werden. Nach Beendigung der Bauarbeiten sind zum frühestens möglichen Zeitpunkt Bodenaufbau (Bodenprofil) sowie Relief entsprechend der Bodenprofile und des dokumentierten ursprünglichen Reliefs bestmöglich wiederherzustellen.'"

7 Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden und alle im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erhobenen sonstigen Anträge ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

8 D.1. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit der Revision bringen die revisionswerbenden Parteien im Wesentlichen vor, dass mit Beschluss des Verwaltungsgerichts in der gegenständlichen Beschwerdesache gemäß der §§ 12 Abs 2 und 12a UVP-G Dr. T zum nichtamtlichen Sachverständigen für den Fachbereich "Naturschutz" bestellt worden sei. Es sei aber weder dem Erkenntnis noch dem Akt zu entnehmen, dass Dr. T gemäß § 52 Abs 4 AVG vor Erstellung seines Gutachtens beeidet worden wäre. Da Dr. T nicht allgemein beeideter Sachverständiger sei, wäre seine Beeidung Voraussetzung dafür gewesen, seine Gutachten als Grundlage für die Entscheidung des Gerichts heranzuziehen. Ohne die fachlichen Gutachten des Dr. T als Entscheidungsgrundlage hätte das Verwaltungsgericht die naturschutzrechtliche Bewilligung für das Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" versagen müssen.

9 D.2.Weiters sei der Sachverständige Dr. T befangen, weil wichtige Gründe vorlägen, die geeignet seien, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dr. T habe bereits in den Jahren 1999 und 2000 als Projektleiter des Uverbands (U) Erhebungen in den vom damaligen Projekt "Semmering-Basistunnel" betroffenen Feuchtgebieten vorgenommen, um negative Auswirkungen des Projekts auf die niederösterreichischen Natura-2000-Gebiete zu prüfen. In der Folge sei Dr. T von der Niederösterreichischen Umweltanwaltschaft beauftragt worden, eine Studie zur Evaluierung der Bedeutung der naturschutzfachlichen Konfliktflächen beim Bau des Semmering-Basistunnels im Hinblick auf das gesamte Natura-2000- Gebiet "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" zu erstellen. Dieses Gutachten sei zu dem Ergebnis gekommen, dass das Projekt erhebliche negative Auswirkungen auf das Natura-2000- Gebiet hätte. Auch die Erlen-, Eschen- und Weidenauen hätten durch das Projekt beeinträchtigt werden können. Während Dr. T im Jahr 2000 die Kalktuffquellen als prioritäre Lebensräume nach der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Habitatrichtlinie) ausdrücklich angeführt und als Argument gegen das Projekt eingesetzt habe, würden im vorliegenden Verfahren die Kalktuffquellen von Dr. T - trotz mehrfacher Hinweise in den Gutachten von Dipl.-Ing. S und Dr. L - überhaupt nicht behandelt. Dass Dr. T die Vorlage seiner Gutachten aus dem Jahr 2000 verweigert und das Verwaltungsgericht dies akzeptiert habe, stelle im Übrigen einen Verfahrensmangel dar, weil dadurch die Sache nicht umfassend habe erörtert werden können.

10 Recherchen hätten zudem ergeben, dass Dr. T immer dann von niederösterreichischen Behörden mit Gutachten beauftragt werde, wenn es gelte, politisch gewünschte, aber höchst umstrittene Projekte durchzusetzen, wie beispielsweise den Windpark T. Kritische Stellungnahmen der unabhängigen Sachverständigen Dr. L und Dr. S hätten die Befangenheit von Dr. T bestätigt. Auch aus verschiedenen Äußerungen des Dr. T in seinem ergänzenden Gutachten vom sei seine Voreingenommenheit gegen eine ernsthafte Erfüllung seiner Aufgaben erkennbar. Die Behauptung des Dr. T, dass jedem Sachverständigen von vornherein klar wäre, dass bei bestimmten Plänen und Projekten keine kumulativen Auswirkungen auftreten könnten, zeige eine voreingenommene Herangehensweise. Offenbar erfolge die Prüfung schon von vornherein unter der Prämisse, dass keine kumulativen Auswirkungen auftreten könnten. Die dadurch gegebenen Zweifel an der Unbefangenheit von Dr. T würden durch die auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Expertisen der Sachverständigen Dr. L vom und Dipl.-Ing. S vom untermauert. In seiner Stellungnahme erläutere Dipl.-Ing. S nachvollziehbar und schlüssig, dass Dr. T bei der Prüfung der kumulativen Auswirkung des Semmering-Basistunnels mehrere konkrete Projekte nicht bzw unzureichend behandelt habe.

11 D.3. Darüber hinaus habe Dr. T keine Ausbildung, die ihn als Sachverständigen für das Fachgebiet "Naturschutz" qualifiziere. Das bestätige sich auch dadurch, dass er mit der Prüfung kumulativer Auswirkungen von Projekten offenbar methodisch überfordert sei. Dr. T weise auch keinerlei Qualifikation im Bereich der Hydrogeologie auf, nehme aber dennoch zu den Kritikpunkten des Sachverständigen Dr. L, insbesondere zu Fragen der hydrogeologischen Kumulation, Stellung. Insofern trete er dem Sachverständigen Dr. L nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Die Frage, inwieweit durch kumulative Auswirkung mehrerer Projekte, insbesondere der Semmering-Schnellstraße S 6, mit dem gegenständlichen Projekt negative Folgen für den Grundwasserspiegel und die Flussläufe zu erwarten seien, könne Dr. T fachlich nicht beantworten. Im Übrigen sei festzuhalten, dass Dr. T über keine Berufsberechtigung auf dem Gebiet der Geologie bzw Hydrogeologie verfüge. Seine regelmäßige und entgeltliche Tätigkeit als Sachverständiger für dieses Fachgebiet verstoße gegen die Gewerbeordnung 1994 (GewO). Indem das Verwaltungsgericht die fehlende Qualifikation von Dr. T für wesentliche Teile seines Gutachtens vom übersehen habe, habe es seine Entscheidung mit einem schweren Verfahrensmangel belastet.

12 D.4. Weiters habe sich das Verwaltungsgericht anstelle der konkreten Prüfung kumulativer Auswirkungen mehrerer Projekte mit der unvollständigen Auflistung einiger Projekte und der Feststellung durch den Sachverständigen Dr. T, dass jedes Projekt für sich alleine keine erheblichen Auswirkungen hätte, begnügt. Der rechtswidrige Zirkelschluss des Dr. T laute, dass, weil jedes Projekt für sich angeblich keine erheblichen Auswirkungen habe, auch keine kumulativen Auswirkungen vorliegen könnten. Mit dieser Scheinbegründung habe das Verwaltungsgericht die Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofs in seinem Erkenntnis vom , Ra 2015/03/0058, falsch angewendet, obwohl der Sachverständige Dipl.-Ing. S in seinem Gutachten die Prüfung auf kumulative Auswirkungen ausführlich erläutere und auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs sowie die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union explizit hinweise. Der Sachverständige Dr. T beschränke seine Analyse der kumulativen Auswirkung von anderen Projekten mit dem verfahrensgegenständlichen Projekt auf das Studium von Akten. So beziehe er sich zB hinsichtlich des Projekts Erdgas-Hochdruckleitung DN 800 zwischen Steinhaus und Bruck an der Mur ausschließlich auf einen Feststellungsbescheid vom , mit dem die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung für das Projekt verneint worden sei. Laut dem Bescheid würde es zu keinen nachhaltigen Auswirkungen auf das örtliche ökologische Wirkungsgefüge kommen.

13 Der Sachverständige - und mit ihm das Verwaltungsgericht - übersehe jedoch, dass der Feststellungsbescheid nach dem UVP-G einen anderen Prüfungshorizont habe als § 10 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes (NÖ NSchG). Aus der Behauptung, das Projekt der Erdgas-Hochdruckleitung hätte keine nachhaltigen Auswirkungen auf das ökologische Wirkungsgefüge, könne gerade nicht abgeleitet werden, dass auch keine kumulativen Auswirkungen mit anderen Projekten vorlägen. Die unzulässigerweise einschränkende Interpretation des Begriffs kumulative Auswirkung werde von Dr. T mehrfach in seinem Ergänzungsgutachten dokumentiert. Es stehe dem Sachverständigen aber natürlich nicht zu, Rechtsfragen zu lösen. Das Verwaltungsgericht habe es verabsäumt, den Sachverständigen anzuleiten, eine dem NÖ NSchG und der Habitatrichtlinie entsprechende Prüfung der kumulativen Auswirkungen durchzuführen. Damit liege eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung in einem entscheidenden Punkt vor. Denn wenn es genügte, für jedes Projekt gesondert das Fehlen relevanter Auswirkungen festzustellen, wäre eine Prüfung kumulativer Auswirkungen völlig sinnlos. Das Verwaltungsgericht habe die vom Gerichtshof der Europäischen Union beanstandete Vorgangsweise akzeptiert, dass nämlich die Beurteilung jedes einzelnen Projekts für sich herangezogen worden sei, statt Kumulationseffekte konkret zu prüfen.

14 D.5. Das Verwaltungsgericht halte selbst fest, dass der Sachverständige Dr. T das Projekt Erdgasleitung Gänserndorf - Oberaich in seinem Gutachten vom nicht behandelt habe. Offenbar im Hinblick auf das drohende Ablaufen der Frist nach § 42a UVP-G habe das Verwaltungsgericht darauf verzichtet, ein ergänzendes Gutachten einzuholen und das Projekt einschließlich seiner kumulativen Auswirkungen gleich selbst beurteilt. Das Verwaltungsgericht berufe sich dabei auf die Einschätzung des Sachverständigen Dr. T zu einer anderen Erdgasleitung und extrapoliere gewissermaßen dessen Aussagen dazu. Diese Vorgangsweise stehe nicht mit der Rechtslage im Einklang. Ein Richter, der das Projekt ausschließlich aus der Lektüre eines Feststellungsbescheids kenne, sei nicht befugt, seine Privatmeinungen zur Grundlage seines Urteils zu machen. Davon abgesehen beziehe sich der vom Verwaltungsgericht zitierte Feststellungsbescheid nur auf die steirische Seite des Projekts. Für den niederösterreichischen Teil der Erdgasleitung lägen überhaupt keine Beweisergebnisse vor. Das Verwaltungsgericht begnüge sich diesbezüglich mit Spekulationen.

15 Davon abgesehen sei die Begründung des Verwaltungsgerichts auch inhaltlich falsch und nicht nachvollziehbar. Einerseits widerspreche es gerade dem Prinzip der Prüfung kumulativer Auswirkungen, wenn aus der Nicht-Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung für ein Projekt auf das Fehlen kumulativer Auswirkungen gemeinsam mit anderen Projekten geschlossen werde. Andererseits sei aber auch die Behauptung falsch, dass eine im Erdreich verlegte Erdgasleitung nur temporäre Auswirkungen hätte. Durch die Rodung der Oberfläche, die Einbringung eines Schotterbetts und das Gewicht der Verrohrung werde die Bodensubstanz insbesondere hinsichtlich der Wasserdurchlässigkeit auf Dauer verändert. Es komme zu Drainagierungseffekten und einer Umgestaltung der Vegetation. Die Begründung des Verwaltungsgerichts, warum eine Stellungnahme des Dr. T zu diesem Projekt entbehrlich wäre, sei daher unschlüssig.

16 D.6. Die auf steirischer Seite für die S 6- Semmering-Querung errichteten Tunnels habe der Sachverständige Dr. T in seinem ergänzenden naturschutzfachlichen Gutachten vom völlig außer Acht gelassen, obwohl sie sich im unmittelbaren Nahebereich des Natura-2000 und Europaschutzgebiets "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" befänden. Eine Naturverträglichkeitsprüfung im Sinne der Habitatrichtlinie sei - wie im gegenständlichen Fall - dann erforderlich, wenn Pläne oder Projekte die für ein bestimmtes Natura-2000-Gebiet festgelegten Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigen könnten. Der Naturverträglichkeitsprüfung unterlägen somit Pläne und Projekte, die ein solches Fauna-Flora-Habitat-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten. Es sei dabei unerheblich, ob Pläne oder Projekte innerhalb des gemeldeten Gebiets lägen oder ob Einwirkungen von außen auf das Gebiet zu befürchten seien. Dh, dass auch Pläne oder Projekte - wie jene der S 6-Semmering-Querung - bezüglich kumulativer Auswirkung mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" auf das Natura-2000- bzw Europaschutzgebiet "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" zu prüfen seien, die auf steirischer Seite lägen. Denn ein wesentliches Ziel der Habitatrichtlinie sei es, die globale Kohärenz von Natura 2000 zu schützen, unabhängig von irgendwelchen Landesgrenzen.

17 Im Sinne der Habitatrichtlinie sowie aus ökologischer und naturschutzfachlicher Sicht betrachtet sei der Verlauf der politischen Landesgrenze zwischen Niederösterreich und der Steiermark unerheblich. Vielmehr gehe es um die geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse der gesamten, von der S 6-Semmering-Querung und vom Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" betroffenen Semmering-Region auf niederösterreichischer und steirischer Seite, die sich keineswegs an der Landesgrenze orientierten, sich aber wesentlich landesgrenzenüberschreitend auf die Natur - Fauna, Flora, Quellaustritte, Feuchtgebiete etc - des Schutzgebiets auswirkten. Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Naturverträglichkeitsprüfung im Sinne der Habitatrichtlinie seien daher auch all jene Pläne und Projekte auf steirischer Seite zu prüfen, die hinsichtlich des Projekts "Semmering-Basistunnel neu" kumulative Auswirkungen bzw erhebliche Beeinträchtigungen auf das Natura-2000- bzw Europaschutzgebiet "Nordöstliche Randalpen:

Hohe Wand - Schneeberg - Rax" haben könnten, wie zB der Semmering-Scheiteltunnel auf steirischer Seite, der Tunnel bei Steinhaus am Semmering und der Tunnel bei Spital am Semmering. Diese Prüfung sei im gegenständlichen naturschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zum Projekt "Semmering-Basistunnel neu" jedenfalls nicht erfolgt. Auch Dr. T habe eine derartige Prüfung nicht vorgenommen. Sein ergänzendes naturschutzfachliches Gutachten vom sei daher als nicht gesetzeskonform abzulehnen.

18 Das Verwaltungsgericht bestätige die Meinung des Sachverständigen Dr. T, dass nur solche Projekte in die Prüfung der kumulativen Auswirkung einbezogen werden müssten, die nach 1995 errichtet worden seien. Demnach gebe sich das Verwaltungsgericht mit der Prüfung des Projekts "Semmering-Schnellstraße S 6" lediglich für den Abschnitt vom Tunnelportal bis zur niederösterreich-steirischen Landesgrenze zufrieden. Das Verwaltungsgericht bzw Dr. T behaupteten jedoch fälschlich, dass die anderen Projektteile der Semmering-Schnellstraße S 6 vor 1995 errichtet worden wären. So sei zB die zweite Tunnelröhre des Ganzsteintunnels bei Mürzzuschlag von 2005 bis 2008 errichtet worden. Der Sachverständige und mit ihm das Verwaltungsgericht gingen somit in einem wesentlichen Punkt von einer faktisch falschen Annahme aus.

19 E.1. Zum ersten geltend gemachten Zulässigkeitsgrund ist anzumerken, dass nichtamtliche Sachverständige nach § 52 Abs 4 zweiter Satz AVG zu beeiden sind, wenn sie nicht schon für die Erstattung von Gutachten der erforderten Art im Allgemeinen beeidet sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgesprochen, dass die Eigenschaft eines Sachverständigen bereits durch seine Bestellung und nicht erst durch seine Beeidigung begründet wird. Das Unterbleiben der Beeidigung stellt zwar einen Verfahrensmangel dar. Nach § 42 Abs 2 Z 3 VwGG ist die angefochtene Entscheidung eines Verwaltungsgerichts aber nur dann wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wenn das Verwaltungsgericht bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern das Verwaltungsgericht dadurch, dass es den nichtamtlichen Sachverständigen Dr. T unter Einhaltung der Vorschrift des § 52 Abs 4 zweiter Satz AVG beeidet hätte, zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können (vgl VwGH (verstärkter Senat) vom , 83/05/0146 (VwSlg 12.492 A/1987); ; ). Das Verwaltungsgericht ist daher diesbezüglich bei seiner Beurteilung nicht von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abgewichen.

20 E.2. Zum zweiten vorgebrachten Zulässigkeitsgrund ist festzuhalten, dass nichtamtliche Sachverständige nach § 53 Abs 1 zweiter Satz AVG von einer Partei abgelehnt werden können, wenn diese Umstände glaubhaft macht, welche die Unbefangenheit des Sachverständigen in Zweifel ziehen. Das Verwaltungsgericht hat bei der Beiziehung eines Sachverständigen im Lichte des Art 6 EMRK und des Art 47 GRC neben der Frage seiner erforderlichen Qualifikation gesondert zu prüfen, ob die sachverständige Person unabhängig bzw unbefangen ist. Dabei geht es insbesondere darum, sicherzustellen, dass nicht die Besorgnis besteht, dass bezüglich ihrer Tätigkeit andere als rein sachliche Überlegungen eine Rolle spielen können, wobei es ausreicht, dass der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen kann. Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive, wobei das Element der Unsachlichkeit nicht schlechthin, sondern in Bezug auf die konkreten, vom Sachverständigen zu beurteilenden Fachfragen gegeben sein muss (, Rz 37). Von Befangenheit ist insbesondere dann zu sprechen, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Organ bzw ein Sachverständiger durch seine persönliche Beziehung zu der den Gegenstand einer Beratung und Beschlussfassung bildenden Sache oder zu den an dieser Sache beteiligten Personen in der unparteiischen Amtsführung bzw in einem unparteiischen Tätigwerden beeinflusst sein könnte. Im Interesse dieser Sicherstellung ist es erforderlich, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Unbefangenheit bzw der Unabhängigkeit von sachverständigen Personen einschließlich allfälliger diesbezüglicher Vorbringen der Verfahrensparteien sorgfältig prüft und die Heranziehung in der Form eines verfahrensleitenden Beschlusses anordnet, wobei gegebenenfalls zu begründen ist, wenn von den Parteien vorgebrachte Bedenken hinsichtlich der vollen Unbefangenheit nicht zutreffen (nochmals , Rz 37). Jeder Vorwurf der Befangenheit hat allerdings konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Sachverständigen in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Eindeutige Hinweise etwa, dass ein Sachverständiger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (). Mit ihrem Vorbringen, dass der vom Verwaltungsgericht herangezogene Sachverständige im Jahr 2000 im Auftrag des Uverbands ein für den Bau des Semmering-Basistunnels negatives Naturschutzgutachten abgegeben habe, während er im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen und des Verwaltungsgerichts keine negativen Auswirkungen des Projekts mehr erkenne, vermögen die revisionswerbenden Parteien nicht darzulegen, weshalb der Sachverständige in Bezug auf die konkreten, vom Sachverständigen zu beurteilenden Fachfragen in einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive gehemmt sein sollte. Auch die Behauptung, dass der Sachverständige wiederholt von niederösterreichischen Behörden mit der Erstattung von Gutachten zu politisch gewünschten, aber umstrittenen Projekten beauftragt wurde, lässt nicht erkennen, inwiefern er durch eine persönliche Beziehung zu der den Gegenstand der Beschlussfassung bildenden Sache in einem unparteiischen Tätigwerden beeinflusst sein könnte.

21 Wenn die revisionswerbende Partei in diesem Zusammenhang bzw sonst für ihr Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision auf andere fachliche Stellungnahmen, Expertisen bzw Schriftsätze hinweist oder Bezug nimmt, sind solche Verweise im Übrigen nicht geeignet, die nach § 28 Abs 3 VwGG erforderliche gesonderte Darlegung der Revisionszulässigkeit zu ersetzen (vgl etwa , und ). Vor diesem Hintergrund zeigt die Revision nicht auf, dass das Verwaltungsgericht von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abgewichen wäre.

22 E.3. Im Hinblick auf den dritten Zulässigkeitsgrund ist darauf hinzuweisen, dass § 53 Abs 1 AVG hinsichtlich der nichtamtlichen Sachverständigen ein Ablehnungsrecht der Parteien auch für den Fall normiert, dass die Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel steht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind dabei im Rahmen der Ablehnung jene Umstände glaubhaft zu machen, welche die Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel ziehen. Bei einem Sachverständigen im Sinne der §§ 52 ff AVG muss es sich nämlich um eine Person mit besonderer Fachkunde handeln. Darauf, wo sie sich dieses besondere fachliche Wissen angeeignet hat, kommt es aber nicht an (). Bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts hat sich der Sachverständige jener Hilfsmittel zu bedienen, die seine Wissenschaft entwickelt hat, um ein verlässliches Gutachten abzugeben. Im Übrigen hängen sowohl Umfang als auch Methode der Befundaufnahme ausschließlich von objektiven fachlichen Gesichtspunkten ab, die primär einmal der Sachverständige anhand seiner Fachkunde zu beurteilen hat (). Die mangelnde Fachkunde eines Sachverständigen kann mit Erfolg nur durch ein konkretes Vorbringen geltend gemacht werden, wonach das von dem Sachverständigen erstattete Gutachten unrichtig oder unvollständig ist ().

23 Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2015/03/0058, hatte das Verwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren darauf hinzuwirken, dass der naturschutzfachliche Sachverständige sein Gutachten samt Befund insoweit ergänzt und näher und nachvollziehbar darstellt, in welcher Form die Semmering-Schnellstraße S 6 im Rahmen der Befundaufnahme berücksichtigt wurde und weshalb etwaige Kumulationseffekte mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" hinsichtlich der Erhaltungsziele für das Europaschutzgebiet "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" nicht gegeben seien. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass diese Fachfrage von einem Sachverständigen des Fachgebiets "Naturschutz" hinreichend beantwortet werden kann. Der vom Verwaltungsgericht herangezogene Sachverständige hat sowohl das Diplom- als auch das Doktoratsstudium der Biologie absolviert, wurde bereits im Verfahren vor der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie zur Mitwirkung am Umweltverträglichkeitsgutachten für das Fachgebiet "Ökologie" herangezogen und hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine aktuelle Literaturliste seiner wissenschaftlichen Arbeiten vorgelegt. Unter diesen Umständen liegt das Ergebnis der Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass an der fachlichen Qualifikation und Integrität des Sachverständigen aus seiner Sicht kein Zweifel besteht, innerhalb der Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichshofes.

24 E.4. Zum vierten Zulässigkeitsgrund wird angemerkt, dass nach § 10 Abs 3 NÖ NSchG die Behörde im Rahmen des Bewilligungsverfahrens eine Prüfung des Projekts auf Verträglichkeit mit den für das betroffene Europaschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen, insbesondere die Bewahrung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in diesem Gebiet, durchzuführen hat (Naturverträglichkeitsprüfung). § 10 Abs 3 NÖ NSchG beruht auf Art 6 Abs 3 der Habitatrichtlinie, weshalb diese Bestimmung im Sinne des Erfordernisses einer richtlinienkonformen Interpretation unter Bedachtnahme auf seine unionsrechtliche Grundlage auszulegen ist (). Nach Art 6 Abs 3 der Habitatrichtlinie sind Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines besonderen Schutzgebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, einer Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung dürfen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw Projekt nur zustimmen, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.

25 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bringt bereits der Wortlaut des Art 6 Abs 3 der Habitatrichtlinie zum Ausdruck, dass eine Prüfung der Verträglichkeit der Pläne oder Projekte für ein besonderes Schutzgebiet deren Genehmigung vorauszugehen hat, und die Gesamtwirkungen aus der Kombination dieser Pläne oder Projekte mit anderen Plänen oder Projekten im Hinblick auf die für das betreffende Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu berücksichtigen sind. Eine solche Prüfung setzt somit voraus, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtliche Gesichtspunkte des Planes oder Projekts zu ermitteln sind, die für sich oder in Verbindung mit anderen Plänen oder Projekten diese Ziele beeinträchtigen könnten (EuGH (Große Kammer) vom , C-127/02, Landelijke Vereniging tot Behoud van de Waddenzee und Nederlandse Vereniging tot Bescherming van Vogels gg Staatssecretaris van Landbouw, Natuurbeheer en Visserij, Rz 53 f; vgl idZ (VwSlg 16.618 A/2005)). Ferner ist aus der Rechtsprechung des EuGH abzuleiten, dass die Nichtberücksichtigung der kumulativen Auswirkung von Projekten praktisch zur Folge hätte, dass sämtliche Projekte einer bestimmten Art der Verträglichkeitsprüfung entzogen werden könnten, obgleich sie zusammengenommen möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben ( C- 418/04, Kommission gg Irland, Rz 245; vgl idZ ). Ebenso hat der Gerichtshof eine Prüfung als nicht den Vorgaben des Art 6 Abs 3 der Habitatrichtlinie angemessen qualifiziert, wenn sie lückenhaft ist und keine vollständigen, präzisen und endgültigen Feststellungen enthält, die geeignet sind, jeden vernünftigen wissenschaftlichen Zweifel hinsichtlich der kumulativen Auswirkungen von Plänen oder Projekten auszuräumen (, Kommission gg Spanien, Rz 100 ff; vgl idZ ).

26 In seinem ergänzenden Gutachten zu kumulativen Auswirkungen auf das Natura-2000-Gebiet "Nordöstliche Randalpen:

Hohe Wand - Schneeberg - Rax" vom  legte der vom Verwaltungsgericht herangezogene Sachverständige dar, dass hinsichtlich einer Prüfung auf kumulative Auswirkungen nach Art 6 Abs 3 der Habitatrichtlinie nur Projekte nach dem EU-Beitritt Österreichs am geprüft werden könnten. Dies betreffe im konkreten Fall nur den S 6 Semmering-Scheiteltunnel einschließlich des Sondierstollens. Alle anderen Projektteile der Semmering-Schnellstraße S 6 seien bereits vor 1995 errichtet worden und daher nicht Verfahrensgegenstand. Methodisch sei in einem ersten Schritt geprüft worden, ob der S 6 Semmering-Scheiteltunnel einschließlich des Sondierstollens überhaupt relevante Auswirkungen auf das Natura-2000-Gebiet "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" besitze. Dazu lägen seit 1998 Stellungnahmen der Amtssachverständigen für Hydrogeologie, Naturschutz und Waldökologie-Jagdbare Tiere sowie die beiden Naturschutzbescheide vor. Als potentiell beeinträchtigt seien zwei Feuchtflächen im Myrthengraben eingestuft worden. Dabei sei der im Anhang I der Habitatrichtlinie normierte Lebensraumtyp "Feuchte Hochstaudenfluren" (LRT 6430) angegeben worden. In den Gutachten zu den Genehmigungsbescheiden sei aus Vorsorgegründen eine zehnjährige hydrogeologische und ökologische Beweissicherung gefordert worden, weil hinsichtlich der Auswirkungen Unsicherheiten - zB zum Auslaufen eines Aquifers - bestanden hätten. Falls in den zehn Jahren Beweissicherung erhebliche lokale Auswirkungen auf die betreffenden Feuchtflächen festgestellt worden wären, so wäre eine Ersatz-Dotation für diese Bereiche eingerichtet worden. Diese schadensvermeidende Maßnahme sei aus Vorsorgegründen formuliert worden, weil es gegolten habe, erhebliche Auswirkungen auszuschließen. Die Endbeurteilung der Beweissicherung des Amtssachverständigen für Naturschutz aus 2010 habe ergeben, dass keine relevanten Auswirkungen auf die betroffenen Feuchtbiotope und Lebensgemeinschaften feststellbar gewesen seien, welche auf den S 6 Semmering-Scheiteltunnel zurückzuführen gewesen wären. Anhand der Beweissicherungsergebnisse sei daher festgestellt worden, dass in den ursprünglichen Naturschutzgutachten nicht auszuschließende potentielle Auswirkungen nicht eingetreten seien. Eine Ersatz-Dotation der Lebensräume sei daher nicht gefordert worden. Für die Prüfung auf Kumulation der beiden Projekte "S 6 Semmering-Scheiteltunnel und Sondierstollen" und "Semmering-Basistunnel neu" bedeute dies, dass seitens des S 6 Semmering-Scheiteltunnels keine in der Beweissicherung messbaren Auswirkungen auf die Feuchtlebensräume stattgefunden hätten. Anhand dieser Ergebnisse könnten daher von dem Projekt "S 6 Semmering-Scheiteltunnel und Sondierstollen" keine relevanten kumulativen Auswirkungen mit dem Projekt "Semmering-Basistunnel neu" auf die Erhaltungsziele des Natura-2000-Gebiets "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" festgestellt werden.

27 In seinem weiteren Ergänzungsgutachten vom prüfte der Sachverständige zudem das Vorliegen von Kumulationswirkungen des Vorhabens "Semmering-Basistunnel neu" mit den Projekten Skiausbaugebiet Stuhleck-Steinbachalm-Steinhaus, Erdgasleitungsanlage Steinhaus-Oberaich im Mürztal, Deponie Emberg, Windpark Pretul, Windpark Moschkogel, Gipsbergbau Puchberg, Kurhotel Raxblick, Skigebietserweiterung Semmering-Erzkogel, Erweiterung Dolomitabbau Berndorf, Erneuerung Zementkombianlage Waldegg, B-17-Umfahrung Sollenau-Theresienfeld, Hirtenberger Defence Systems GmbH & Co KG, Sanierung der Altlast Nr. 6 - Aluminiumschlackedeponie sowie Golfresort Lanzenkirchen. Hinsichtlich sämtlicher Projekte kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass sich keine Hinweise darauf ergeben hätten, wonach relevante Schutzgüter durch diese Projekte beeinflusst worden seien, und dass eine Kumulationswirkung mit dem Projekt "Semmering-Basitunnel neu" auszuschließen sei.

28 Die revisionswerbenden Parteien haben vor dem Verwaltungsgericht Einwände gegen mehrere, aus ihrer Sicht verfehlte methodische Zugangsweisen des Sachverständigen erhoben und die Miteinbeziehung weiterer Projekte eingefordert. Sie haben aber nicht - insbesondere auch nicht in der Darlegung der Zulässigkeit der Revision - konkret aufgezeigt, dass entgegen den Schlussfolgerungen des Sachverständigen sehr wohl Kumulationswirkungen eines oder mehrerer der geprüften Projekte mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" auf das Natura-2000- Gebiet "Nordöstliche Randalpen" vorlägen. Derart haben sie den Anforderungen des § 28 Abs 3 VwGG nicht entsprochen. Vor diesem Hintergrund versagt der in Rede stehende geltend gemachte Zulässigkeitsgrund schon auf dem Boden der Darlegungspflicht nach § 28 Abs 3 VwGG.

29 Ungeachtet dessen sind sie darüber hinaus auch im Ergebnis den beiden Ergänzungsgutachten des Sachverständigen nicht mit einem inhaltlich auf gleicher fachlicher Ebene erstatteten, zu anderen Ergebnissen gelangenden Gutachten entgegengetreten. Bei der Untersuchung kumulativer Auswirkungen im Rahmen der nach § 10 Abs 3 NÖ NSchG durchzuführenden Naturverträglichkeitsprüfung genügt es grundsätzlich nicht, lediglich das Vorliegen von Kumulationseffekten des gegenständlichen Projekts im Zusammenwirken mit jeweils immer nur einem anderen Plan oder Projekt zu prüfen. Vielmehr ist die Entstehung solcher Kumulationseffekte stets im Zusammenwirken mit der Gesamtheit aller in Betracht zu ziehenden Pläne und Projekte zu erforschen. Ergibt die Untersuchung eines zu berücksichtigenden Projekts aber, dass von diesem Projekt keine wie auch immer gearteten Auswirkungen auf die Verträglichkeit mit den für das betroffene Europaschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen ausgehen, und liegen keine sonstigen Hinweise vor, aus denen auf Kumulationseffekte zwischen dem benachbarten Projekt und dem verfahrensgegenständlichen Projekt geschlossen werden kann, so braucht dieses benachbarte Projekt bei der Prüfung von Kumulationseffekten aus dem Zusammenwirken der Gesamtheit aller in Betracht zu ziehenden Projekte nicht - noch einmal - berücksichtigt zu werden. Ein solches Ergebnis hat der Sachverständige im vorliegenden Fall im Hinblick auf die von ihm in Prüfung gezogenen benachbarten Projekte festgestellt.

30 E.5. Zum fünften Zulässigkeitsgrund wird festgehalten, dass die Beiziehung eines Sachverständigen nach § 52 Abs 1 AVG dann zu erfolgen hat, wenn die Aufnahme eines Beweises durch einen Sachverständigen notwendig ist. Das ist dahingehend zu verstehen, dass die Behörde oder das Verwaltungsgericht einen Sachverständigenbeweis dann aufzunehmen hat, wenn dies entweder in den Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist oder wenn zur Erforschung der materiellen Wahrheit besondere Fachkenntnisse erforderlich sind (vgl idZ etwa , und , beide mwH). Die Behörde oder das Verwaltungsgericht dürfen Fachfragen nur dann selbst beurteilen, wenn sie über die Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, die für eine selbständige fachliche Beurteilung von Fragen eines Wissensgebiets vorausgesetzt werden müssen. Die betreffenden selbständigen Darlegungen der Behörde müssen, abgestellt auf das jeweils in Betracht kommende Wissensgebiet, methodisch und inhaltlich den gleichen Anforderungen und dem gleichen fachlichen Niveau entsprechen wie das Gutachten eines Sachverständigen (). Ist das erstattete Gutachten eines Sachverständigen mangelhaft und reicht es nicht als Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung aus, ob ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal erfüllt ist, so hat die Behörde oder das Verwaltungsgericht zur Klärung der unzureichend beantworteten Fachfragen die sachverständigen Entscheidungsgrundlagen zu ergänzen und gegebenenfalls ein weiteres Gutachten einzuholen ().

31 Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen von Kumulationseffekten aus dem Zusammenwirken der DN 800 Erdgas-Hochdruckleitung Südschiene mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" selbst geprüft, ohne den Sachverständigen mit einer diesbezüglichen Ergänzung seines Gutachtens zu beauftragen. Es ist jedoch zu beachten, dass bei der im Rahmen der Naturverträglichkeitsprüfung nach § 10 Abs 3 NÖ NSchG durchzuführenden Untersuchung kumulativer Auswirkungen nicht alle in räumlichem oder sachlichem Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben stehenden Pläne und Projekte zu berücksichtigen sind, sondern nur solche, von denen im Zusammenwirken mit diesem potentiell Kumulationseffekte ausgehen können. Mit (auch in den Ausführungen der Revision nach § 28 Abs 3 VwGG angesprochenen) Bescheiden vom haben die Niederösterreichische und die Steiermärkische Landesregierung im Einvernehmen festgestellt, dass für die Errichtung der DN 800 Erdgas-Hochdruckleitung Südschiene keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Mit Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen ferner festgestellt, dass die DN 800 Erdgas-Hochdruckleitung Südschiene zu keiner erheblichen Beeinträchtigung des Natura-2000-Gebiets "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" führen kann. Vor diesem Hintergrund hätte es einer näheren Darlegung zu den von den revisionswerbenden Parteien erwarteten Kumulationseffekten iSd § 28 Abs 3 VwGG bedurft, die (wie erwähnt) durch einen Verweis auf ein Gutachten nicht ersetzt werden kann.

32 Ungeachtet dessen durfte das Verwaltungsgericht angesichts der genannten Bescheide in einem ersten Schritt davon ausgehen, dass aus dem Zusammenwirken der DN 800 Erdgas-Hochdruckleitung Südschiene mit dem Projekt "Semmering-Basistunnel neu" potentiell keine Kumulationseffekte entstehen können. Den revisionswerbenden Parteien stand es offen, im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf das Vorliegen von maßgeblichen Kumulationseffekten im Einzelnen hinzuweisen und dies durch (über grundsätzliche Annahmen hinausgehende) geeignete wissenschaftliche Indizien zu untermauern. Dazu genügt es nicht, lediglich Pläne oder Projekte aufzuzählen, die nach Ansicht der Parteien in die Prüfung kumulativer Auswirkungen miteinzubeziehen gewesen wären. Vielmehr haben die Parteien in so einem Fall auch näher darzulegen, welche kumulativen Auswirkungen von dem gegenständlichen Projekt im Zusammenwirken mit den weiteren zu prüfenden Plänen oder Projekten ausgehen. Die Erbringung solcher konkreter und substantiierter Hinweise haben die revisionswerbenden Parteien hier verabsäumt. Da das Verwaltungsgericht zur Beantwortung der sich aus einem solchen Vorbringen der revisionswerbenden Parteien ergebenden Fachfragen somit nicht mehr angehalten war, geht die Rüge der revisionswerbenden Parteien, wonach das Verwaltungsgericht diesbezüglich ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen hätte einholen müssen, ins Leere.

33 E.6. Ausgehend davon wird zum sechsten Zulässigkeitsgrund (nochmals) darauf hingewiesen, dass bei der im Rahmen der Naturverträglichkeitsprüfung nach § 10 Abs 3 NÖ NSchG durchzuführenden Untersuchung kumulativer Auswirkungen nicht alle in räumlichem oder sachlichem Zusammenhang mit einem verfahrensgegenständlichen Vorhaben stehenden Pläne und Projekte zu berücksichtigen sind, sondern solche, von denen im Zusammenwirken mit diesem potentiell Kumulationseffekte ausgehen können. Im vorliegenden Fall ist der vom Verwaltungsgericht herangezogene Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass von dem Projekt "S 6 Semmering-Scheiteltunnel und Sondierstollen" keine relevanten kumulativen Auswirkungen mit dem Projekt "Semmering-Basistunnel neu" auf die Erhaltungsziele des Natura- 2000-Gebiets "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" festgestellt werden können. Derart wurden für den Semmering-Scheiteltunnel, der von allen auf Kumulationseffekte zu prüfenden Straßentunnel der Semmering-Schnellstraße S 6 dem Natura-2000- Gebiet "Nordöstliche Randalpen" am nächsten gelegen ist, keine relevanten kumulativen Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des Europaschutzgebiets festgestellt. Auch die revisionswerbenden Parteien haben im Hinblick auf den von ihnen geltend gemachten weiter entfernt südwestlich gelegenen (nach 1995 errichteten) Straßentunnel (abgesehen von allgemeinen Angaben) keine konkreten und substantiierten Hinweise auf das Vorliegen solcher dadurch bewirkter Kumulationseffekte erbracht, wie sie zur Darlegung nach § 28 Abs 3 VwGG erforderlich gewesen wären.

34 F. In der Revision werden somit auf dem Boden des § 28 Abs 3 VwGG keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Damit ist auf das weitere Revisionsvorbringen nicht einzugehen (vgl nochmals , mwH).

35 Die Revision war daher von dem nach § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
VwGG §30 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017030016.L00.1
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAF-49054