VwGH 20.12.2016, Ra 2016/15/0067
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , 2013/15/0222 und 2013/15/0225, - unter Verweis auf frühere Rechtsprechung - ausgesprochen hat, reicht eine Überlassung gegen einen bloßen Anerkennungszins oder gegen Ersatz der Betriebskosten nicht aus, um einen zivilrechtlichen Bestandvertrag und damit eine umsatzsteuerliche Vermietung im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG 1994 zu begründen. Wird eine für die Anerkennung eines Mietvertrages zivilrechtlich erforderliche Mindestmiete nicht erreicht, kann nicht von einem entgeltlichen Mietverhältnis ausgegangen werden und ist die Gebrauchsüberlassung dem Hoheitsbereich der Körperschaft öffentlichen Rechts zuzuordnen. |
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RS 2 | Das Bundesfinanzgericht hat bei einer der beiden streitgegenständlichen Überlassungen eine monatliche Brutto-Miete von 415 Euro für die Überlassung von Räumlichkeiten im Ausmaß von 389 m2 festgestellt, wovon 410,12 Euro auf die Betriebskosten und lediglich 4,88 Euro auf das Mietentgelt entfielen. Soweit das Bundesfinanzgericht darin einen bloßen Anerkennungszins erblickt hat, ist es nicht von der Rechtsprechung des VwGH abgewichen (vgl. ). Auch die Vereinbarung einer Wertsicherung ändert daran nichts, denn diese mag zwar einen "Anerkennungszins" über die Bestanddauer hinweg wertstabil halten; sie kann aber nicht darüber hinweg helfen, dass von Anfang des Bestandverhältnisses an ein bloßer "Anerkennungszinssatz" und damit keine für ein entgeltliches Mietverhältnis erforderliche Mindestmiete vorgelegen hat. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision der Römisch-katholische Pfarrpfründe St. Maria in Fernitz in Fernitz bei Graz, vertreten durch K&E Wirtschaftreuhand GmbH in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100496/2016, betreffend u.a. Umsatzsteuer 2008 und 2009, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, die Pfarrpfründe X, hat den in ihrem Eigentum stehenden Pfarrhof bereits vor den Streitjahren umgebaut. In weiterer Folge hat sie zwei revisionsgegenständliche Bestandverhältnisse abgeschlossen. Zum einen hat sie laut Mietvertrag vom der Pfarrkirche X Kanzlei-, Seminar-, Besprechungs- und Pastoralräumlichkeiten mit einer Nutzfläche von 389 m2 um monatlich 415 Euro inklusive Betriebskosten vermietet, wobei die Betriebskosten laut Mietvertag 410,12 Euro betragen. Zum anderen hat sie - nach Übertragung eines Baurechts auf ihrem Grundstück und Abschluss eines Mietvertrags mit dem Baurechtsinhaber mittels Untermietvertrag (Anbot vom ) - rund 222 m2 große Räumlichkeiten um monatlich 565,33 Euro (inklusive Betriebskosten von 404,08 Euro) an die Pfarre X vermietet.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Bundesfinanzgericht - im fortgesetzten Verfahren nach dem Erkenntnis des , - der (nunmehrigen) Beschwerde der Revisionswerberin teilweise Folge gegeben. Begründend führte es aus, der VwGH habe im Revisionsfall zu Recht erkannt, dass für die Vermietungstätigkeit einer Körperschaft öffentlichen Rechts eine Untergrenze für Mietentgelte im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit iSd § 2 Abs. 3 UStG 1994 bestehe, deren Erreichen das Bundesfinanzgericht im fortgesetzten Verfahren zu prüfen habe. Dabei habe der VwGH unter Verweis auf seine Erkenntnisse vom , 94/13/0025, und vom , 2003/13/0086, festgehalten, dass eine Überlassung gegen einen bloßen Anerkennungszinssatz oder gegen Ersatz der Betriebskosten nicht ausreiche, um einen zivilrechtlichen Bestandvertrag und damit eine umsatzsteuerliche Vermietung iSd § 2 Abs. 3 UStG 1994 zu begründen. Den Begriff "Anerkennungszins" habe der VwGH nicht näher definiert. Grundsätzlich verstehe man unter einem Anerkennungsbetrag eine Zahlung, die im Verhältnis zur empfangenen Leistung so gering sei, dass sie wirtschaftlich nicht ins Gewicht falle. Einer derartigen Zahlung komme nur "symbolischer Charakter" und nicht Entgeltscharakter zu. Aus dem Verweis auf das Zivilrecht leite die hA im Falle einer Vermietung ab, dass ab Unterschreiten der "10 Prozent-Grenze" (Zahlung von weniger als 10% der ortsüblichen Miete) im Allgemeinen von Unentgeltlichkeit auszugehen sei (Hinweis auf Achatz/Leitner, Die Besteuerung der Körperschaften öffentlichen Rechts 81).
3 Hinsichtlich der beiden revisionsgegenständlichen Mietverhältnisse bedeute dies: Bei der ersten Überlassung von Räumlichkeiten im Ausmaß von 389 m2 entfielen bei einer monatlichen Brutto-Miete von 415 Euro 410,12 Euro auf die Betriebskosten und 4,88 Euro auf das Mietentgelt. Die Überlassung von fast 400 m2 um knapp 5 Euro sei schon nach dem allgemeinen Verständnis als "Anerkennungszins" zu verstehen. Der Zuschlag von 1% der Betriebskosten reiche nicht aus, um eine zivilrechtliche Vermietung anzunehmen, weil die Rechtsprechung des VwGH eine entgeltliche Vermietung für den Fall verneine, dass bloß geringfügige Mehreinnahmen über den Betriebskosten erzielt würden.
4 Anders verhalte es sich bei der Untervermietung der Räumlichkeiten von 222 m2, für die ein Nettomietentgelt von 161,25 Euro angesetzt sei. Für die Beurteilung, ob dieser Betrag einen Anerkennungszins übersteige, sei ein Vergleich mit der ortsüblichen Miete anzustellen. Da eine genaue Vergleichsmiete für Pfarrräumlichkeiten nicht einfach zu ermitteln sei, werde näherungsweise der Mietpreisspiegel des Fachverbandes der Immobilen- und Vermögenstreuhänder der WKO herangezogen. Für das Jahr 2007 liege dabei die Büroraummiete im Raum Graz-Umgebung mit einem einfachen Nutzwert bei 4,5 Euro pro m2. Tatsächlich handle es sich bei den vermieteten Räumlichkeiten um ein neu errichtetes Gebäude, das wahrscheinlich einen guten (6,1 Euro) bzw. sehr guten (7,7 Euro) Nutzwert habe. Die Räumlichkeiten würden allerdings auch als Seminarräume und Pastoralräume genutzt, was wiederum einen Abschlag rechtfertige. Aus diesem Grund könne für die hier angestrebten Vergleichswerte der einfache Nutzwert herangezogen werden. Vergleiche man das Mietentgelt von 161,25 Euro mit den Mieten laut Mietpreisspiegel von 4,5 Euro/m2 für Büroräume, so wären für das Objekt zumindest 999 Euro zu entrichten. Im Sinne der zivilrechtlichen Rechtsprechung sei im Revisionsfall ein Mietentgelt anzunehmen, weil die gezahlte Miete den von der Rechtsprechung geforderten zehnten Anteil (99,9 Euro) übersteige.
5 Die Revisionswerberin übe durch die Nutzungsüberlassung von Räumlichkeiten an die Pfarrkirche X daher nur insoweit eine unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 Abs. 3 UStG 1994 aus, als sie ihr die Räumlichkeiten von 222 m2 untervermiete. Die Vorsteuern, die im Zusammenhang mit der Anmietung des Pfarrhauses angefallen seien, seien daher abzugsfähig, weil die Revisionswerberin hinsichtlich der Vermietung gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 auf Umsatzsteuerpflicht optiert habe. Soweit das Finanzamt nicht nur die Vermietung der Räumlichkeiten im Ausmaß von 389 m2, sondern auch die Untervermietung der Räumlichkeiten von 222 m2 nicht als unternehmerische Tätigkeit beurteilt habe, seien die angefochtenen Bescheide abzuändern.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, in der zur Zulässigkeit vorgebracht wird, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des VwGH ab, weil das Entgelt des ersten Mietvertrages kein "Anerkennungszins" sei, sondern die höchstgerichtlich definierte Untergrenze für eine Anerkennung als umsatzsteuerliche Vermietung iSd § 2 Abs. 3 UStG 1994 sehr wohl überschreite.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , 2013/15/0222 und 2013/15/0225, - unter Verweis auf frühere Rechtsprechung - ausgesprochen hat, reicht eine Überlassung gegen einen bloßen Anerkennungszins oder gegen Ersatz der Betriebskosten nicht aus, um einen zivilrechtlichen Bestandvertrag und damit eine umsatzsteuerliche Vermietung im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG 1994 zu begründen. Wird eine für die Anerkennung eines Mietvertrages zivilrechtlich erforderliche Mindestmiete nicht erreicht, kann nicht von einem entgeltlichen Mietverhältnis ausgegangen werden und ist die Gebrauchsüberlassung dem Hoheitsbereich der Körperschaft öffentlichen Rechts zuzuordnen.
11 Mit dem vorliegenden Erkenntnis hat das Bundesfinanzgericht die im ersten Rechtsgang teilweise fehlenden Feststellungen zu den Miethöhen beider Überlassungen für die Streitjahre getroffen und sich im Lichte der obigen Rechtsprechung mit dem Vorliegen eines entgeltlichen Mietverhältnisses in beiden Fällen näher auseinandergesetzt.
12 Dabei hat das Bundesfinanzgericht bei einer der beiden streitgegenständlichen Überlassungen eine monatliche Brutto-Miete von 415 Euro für die Überlassung von Räumlichkeiten im Ausmaß von 389 m2 festgestellt, wovon 410,12 Euro auf die Betriebskosten und lediglich 4,88 Euro auf das Mietentgelt entfielen. Soweit das Bundesfinanzgericht darin einen bloßen Anerkennungszins erblickt hat, ist es nicht von der Rechtsprechung des VwGH abgewichen (vgl. bereits ).
13 Auch die Vereinbarung einer Wertsicherung ändert daran nichts, denn diese mag zwar einen "Anerkennungszins" über die Bestanddauer hinweg wertstabil halten; sie kann aber nicht darüber hinweg helfen, dass von Anfang des Bestandverhältnisses an, ein bloßer "Anerkennungszinssatz" und damit keine für ein entgeltliches Mietverhältnis erforderliche Mindestmiete vorgelegen hat.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016150067.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAF-48988