VwGH 10.01.2017, Ra 2016/10/0151
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Nichtstattgebung - naturschutzbehördliche Bewilligung - Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Voraussetzung für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Vollzugstauglichkeit der bekämpften Entscheidung. Unter Vollzug einer Entscheidung ist ihre Umsetzung in die Wirklichkeit zu verstehen und zwar sowohl im Sinne der Herstellung der dem Inhalt entsprechenden materiellen Rechtslage als auch des dieser Rechtslage entsprechenden faktischen Zustandes. Vollzugstauglichkeit fehlt bei der Abweisung oder Zurückweisung von Ansuchen dann, wenn an die - als Folge der Sistierungswirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wieder eintretende - Anhängigkeit des Verfahrens über den Antrag vor dem Verwaltungsgericht keine für den Antragsteller günstigen Rechtsfolgen geknüpft sind (vgl. etwa den zu § 30 Abs. 2 VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 ergangenen, aber auf die geltende Rechtslage übertragbaren hg. Beschluss vom , Zl. AW 2012/10/0026, mwN). |
Normen | NatSchG Slbg 1999 §46 Abs1; VwGG §30 Abs2; |
RS 2 | Nichtstattgebung - naturschutzbehördliche Bewilligung - Das auf naturschutzbehördliche Bewilligung gerichtete Ansuchen der revisionswerbenden Parteien wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis - in Bestätigung des Bescheides der Verwaltungsbehörde - abgewiesen. Auch bei einer infolge der Sistierungswirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wieder eintretenden Anhängigkeit des diesbezüglichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht wäre für die revisionswerbenden Parteien nichts gewonnen, weil die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht dazu führen würde, dass dem Bewilligungsbegehren für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insofern Rechnung getragen worden wäre. Die (bloße) Anhängigkeit eines Bewilligungsverfahrens steht der Erlassung eines Entfernungsauftrages gemäß § 46 Abs. 1 Salzburger Naturschutzgesetz 1999 aber nicht hindernd entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/10/0048, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/10/0061). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Naturschutzangelegenheiten ist erst eine nachträgliche Bewilligung eines Antrages der Vollstreckung eines Entfernungsauftrages hinderlich, sofern sich aus den maßgeblichen landesgesetzlichen Regelungen - wie im vorliegenden Fall - nicht Gegenteiliges ergibt (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2014/10/0014, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/10/0261). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. der E und
2. des A, beide vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. LVwG- 1/223/37-2016, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde das Ansuchen der revisionswerbenden Parteien auf naturschutzbehördliche Bewilligung zum Um- und Zubau eines Pferdestalles mit Auslauf sowie die Neuerrichtung einer Bewegungshalle für Pferde auf näher genannten Grundstücken im Landschaftsschutzgebiet Salzburg-Süd abgewiesen.
2 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der revisionswerbenden Parteien, die zudem den Antrag gestellt haben, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wird dieser Antrag im Wesentlichen damit, dass die Gefahr bestehe, dass ein Wiederherstellungsauftrag erlassen und noch vor Abschluss des Revisionsverfahrens vollstreckt werden könnte. Ein Wiederherstellungsverfahren sei bereits eingeleitet worden. Bei Vollzug des Wiederherstellungsauftrages seien nicht nur die Baukosten von EUR 600.000,-- verloren, sondern es entstünden Kosten der Wiederherstellung von über EUR 200.000,--. Diese Kosten könnten auch bei Stattgebung der Revision nicht wieder hereingebracht werden.
3 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
4 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Voraussetzung für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Vollzugstauglichkeit der bekämpften Entscheidung. Unter Vollzug einer Entscheidung ist ihre Umsetzung in die Wirklichkeit zu verstehen und zwar sowohl im Sinne der Herstellung der dem Inhalt entsprechenden materiellen Rechtslage als auch des dieser Rechtslage entsprechenden faktischen Zustandes. Vollzugstauglichkeit fehlt bei der Abweisung oder Zurückweisung von Ansuchen dann, wenn an die - als Folge der Sistierungswirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wieder eintretende - Anhängigkeit des Verfahrens über den Antrag vor dem Verwaltungsgericht keine für den Antragsteller günstigen Rechtsfolgen geknüpft sind (vgl. etwa den zu § 30 Abs. 2 VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 ergangenen, aber auf die geltende Rechtslage übertragbaren hg. Beschluss vom , Zl. AW 2012/10/0026, mwN).
5 Das auf naturschutzbehördliche Bewilligung gerichtete Ansuchen der revisionswerbenden Parteien wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis - in Bestätigung des Bescheides der Verwaltungsbehörde - abgewiesen. Auch bei einer infolge der Sistierungswirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wieder eintretenden Anhängigkeit des diesbezüglichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht wäre für die revisionswerbenden Parteien nichts gewonnen, weil die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht dazu führen würde, dass dem Bewilligungsbegehren für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insofern Rechnung getragen worden wäre. Die (bloße) Anhängigkeit eines Bewilligungsverfahrens steht der Erlassung eines Entfernungsauftrages gemäß § 46 Abs. 1 Salzburger Naturschutzgesetz 1999 aber nicht hindernd entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/10/0048, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/10/0061). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Naturschutzangelegenheiten ist erst eine nachträgliche Bewilligung eines Antrages der Vollstreckung eines Entfernungsauftrages hinderlich, sofern sich aus den maßgeblichen landesgesetzlichen Regelungen - wie im vorliegenden Fall - nicht Gegenteiliges ergibt (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2014/10/0014, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/10/0261).
6 Soweit die revisionswerbenden Parteien unter Verweis auf den - nicht in einer naturschutzrechtlichen, sondern in einer baurechtlichen Angelegenheit ergangenen - hg. Beschluss vom , Zl. AW 90/06/0068, die Auffassung vertreten, das angefochtene Erkenntnis sei einem Vollzug zugänglich, ist darauf hinzuweisen, dass eine mit diesem Fall vergleichbare Konstellation hier schon deshalb nicht vorliegt, weil mit dem angefochtenen Erkenntnis nicht eine von der Verwaltungsbehörde erteilte Bewilligung aufgehoben, sondern die von der Verwaltungsbehörde ausgesprochene Versagung der Bewilligung bestätigt wurde.
7 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher schon mangels Vollzugstauglichkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. E W und 2. A W, beide in Salzburg und vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. LVwG- 1/223/37-2016, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - im fortgesetzten Verfahren nach Aufhebung des Bescheides der Salzburger Landesregierung vom durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Zl. 2011/10/0058, - das Ansuchen der revisionswerbenden Parteien auf naturschutzbehördliche Bewilligung für den Um- und Zubau eines Pferdestalles mit Auslauf sowie die Neuerrichtung einer Bewegungshalle für Pferde auf näher genannten Grundstücken im Landschaftsschutzgebiet Salzburg-Süd abgewiesen.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Die Revision macht in der Zulässigkeitsbegründung geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche vom genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Erkenntnis "die Wertung, dass der Umsetzung der beantragten Maßnahmen im konkreten (Einzel-)Fall der Vorrang vor den Interessen des Naturschutzes zukommen kann, nicht bemängelt". Vielmehr habe der Gerichtshof bloß gerügt, dass die Frage, ob alle Alternativlösungen weniger geeignet seien als die beantragte Maßnahme, nicht vollständig beantwortet worden sei. Von dieser vom Verwaltungsgerichtshof "anerkannten Wertung" weiche das angefochtene Erkenntnis ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe "keinen Zweifel daran gelassen, dass den existenzsichernden Maßnahmen, die von den Bewilligungswerbern beantragt worden waren, im Einzelfall der Vorrang gegenüber den Naturschutzinteressen zukommen würde".
6 Mit diesem Vorbringen wird schon deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, weil die zuletzt wiedergegebene Annahme der revisionswerbenden Parteien nicht zutrifft: Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom den dort angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil schon die Annahme der Salzburger Landesregierung, zur beantragten Maßnahme bestehe gemäß § 3a Abs. 2 Z. 2 Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (Sbg. NSchG) nachweislich keine geeignete, die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Alternativlösung, nicht auf einem mängelfreien Verfahren beruhte. Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Parteien hat der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, ob gemäß § 3a Abs. 2 Z. 1 Sbg. NSchG den anderen öffentlichen Interessen im Einzelfall der Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommt, keine Aussagen getroffen. Der Gerichtshof hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen - das auch die Beurteilung nach § 3a Abs. 2 Z. 1 Sbg. NSchG betraf - erübrigte. Ein Abweichen vom hg. Erkenntnis vom kann mit dem wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen somit nicht dargelegt werden.
7 Die Revision macht in der Zulässigkeitsbegründung auch geltend, die Klärung der Frage, "wann einem anderen öffentlichen Interesse der Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommt und welche Kriterien dafür erfüllt sein müssen", stelle eine grundsätzliche Rechtsfrage dar. Dazu genügt es auf das Vorerkenntnis vom zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf Vorjudikatur u. a. Folgendes ausgeführt hat:
"Der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt darauf hingewiesen, dass einem auf Grund einer Interessenabwägung ergehenden Bescheid eine Wertentscheidung zu Grunde liegt; in der Regel sind die konkurrierenden Interessen nicht berechen- und damit an Hand zahlenmäßiger Größen konkret vergleichbar. Dieser Umstand erfordert es, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzise zu erfassen und einander gegenüber zu stellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen. Die Rechtmäßigkeit der Wertentscheidung ist somit im Allgemeinen daran zu messen, ob das ‚Abwägungsmaterial' in einer diesen Grundsätzen entsprechenden Weise in der Begründung des Bescheides dargelegt wurde und die Abwägung der konkurrierenden Interessen im Einklang mit Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und - gegebenenfalls - Erkenntnissen der Wissenschaft erfolgte. Entspricht die Begründung eines Bescheides, der auf einer Interessenabwägung beruht, diesen Anforderungen, so kann mit der bloßen Behauptung, die Behörde habe zu Unrecht den einen oder den anderen öffentlichen Interessen höheres Gewicht beigemessen, keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt werden; liegt es doch im Wesen einer solchen Interessenabwägung, dass sich die Behörde für die Zurückstellung der einen oder der anderen Interessen zu entscheiden hat ..."
Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Parteien wurde die in der Zulässigkeitsbegründung angesprochene Frage in der hg. Judikatur daher bereits behandelt.
8 Soweit die Revision in der Zulässigkeitsbegründung zudem unter bloß auszugsweiser Wiedergabe von Begründungsteilen des angefochtenen Erkenntnisses behauptet, mit seiner "den Anforderungen des VwGH an eine Interessensabwägung nicht genügenden Wertentscheidung" sei das Verwaltungsgericht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wird damit schon mangels jeglicher Konkretisierung eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt.
9 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | NatSchG Slbg 1999 §46 Abs1; VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016100151.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
PAAAF-48948