VwGH 28.03.2017, Ra 2016/02/0075
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | VStG §2 Abs2; VStG §27 Abs1; WettenG Vlbg 2003 §15 Abs1 litb; WettenG Vlbg 2003 §3 Abs6; |
RS 1 | Entscheidend für die Erfüllung der Anzeigeverpflichtung gemäß § 15 Abs 1 lit b iVm § 3 Abs 6 Vlbg WettenG 2003 ist, dass die entsprechende Anzeige bei jener Behörde, welche den Bewilligungsbescheid erlassen hat eingelangt ist. Erfüllungsort für diese Verpflichtung ist demnach der Sitz dieser Behörde, der damit der Tatort der Unterlassung einer ("unverzüglichen") Anzeige ist (vgl. E , 2011/07/0171). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/02/0015 E RS 2 |
Normen | VStG §22; WettenG Vlbg 2003 §15 Abs1 litb; WettenG Vlbg 2003 §3 Abs6; |
RS 2 | Beim Delikt der unterlassenen Anzeige eines weiteren Geschäftsführers gemäß § 15 Abs. 1 lit. b iVm § 3 Abs. 6 Vlbg WettenG 2003 handelt es sich um ein Dauerdelikt (vgl. E , 98/02/0078; E , 98/02/0449). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/02/0015 E RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des M S in R, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom , Zl. LVwG-1-480/R14-2015, betreffend Übertretung des Vorarlberger Wettengesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der Vorarlberger Landesregierung wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C. GmbH - diese sei Bewilligungsinhaberin für die Tätigkeit eines Wettunternehmers ohne Wettterminals an bestimmten Betriebsstätten in Vorarlberg - schuldig erkannt, er habe es zu verantworten, dass die Bescheidauflage 3.) des Bewilligungsbescheides des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom missachtet worden sei, indem die Hinzunahme eines Geschäftsführers der Behörde nicht unverzüglich angezeigt worden sei. Anlässlich einer Zuverlässigkeitsprüfung des Geschäftsführers sei festgestellt worden, dass eine näher bezeichnete Person bereits seit die C. GmbH als Geschäftsführer vertrete. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe von EUR 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Stunden) verhängt.
2 Mit Erkenntnis vom gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 50 VwGVG keine Folge und bestätigte das angefochtene Erkenntnis unter Präzisierung der Übertretungs- sowie der Strafsanktionsnormen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für unzulässig.
3 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision erweist sich mangels Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig:
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Zu den in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision angesprochenen Fragen hinsichtlich des Tatorts der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist der Revisionswerber auf das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/02/0015, zu verweisen, wonach Erfüllungsort der auch hier gegenständlichen Anzeigeverpflichtung der Sitz der Behörde ist, die den Bewilligungsbescheid erlassen hat. Dieser ist damit auch Tatort der Unterlassung der Anzeige. Dem Revisionswerber wurde in diesem Sinne rechtsrichtig der Sitz des Amtes der Vorarlberger Landesregierung als Tatort vorgeworfen.
6 Ebenso geht das Vorbringen, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht vom Vorliegen eines Dauerdeliktes ausgegangen, ins Leere, weil der Verwaltungsgerichtshof im zuvor zitierten Erkenntnis vom klargestellt hat, dass es sich bei dem hier vorgeworfenen Delikt der unterlassenen (unverzüglichen) Anzeige eines weiteren Geschäftsführers im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. b iVm § 3 Abs. 6 Vorarlberger Wettengesetz iVm Auflagepunkt I.3. des gegenständlichen Bewilligungsbescheides um ein Dauerdelikt handelt.
7 Die Revision führt weiters aus, das Verwaltungsgericht sei durch Auslegung des § 15 Abs. 1 lit. b Wettengesetz dahingehend, dass die alleinige Verletzung einer bescheidmäßigen Auflage schon eine Verwaltungsübertretung darstelle, von der ständigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne wegen Missachtung einer bescheidmäßigen Auflage nur dann bestraft werden, wenn das den Hauptinhalt des Bescheids bildende eingeräumte Recht ausgeübt werde. Eine Verletzung der Auflage eines Bewilligungsbescheides alleine stelle keine Verwaltungsübertretung dar. Die "Ausübung" sei dem Revisionswerber jedoch nicht vorgeworfen worden. In diesem Sinne sei dem Revisionswerber auch die als erwiesen angenommene Tat nicht richtig und vollständig vorgehalten worden, da nicht spruchgemäß angeführt worden sei, dass der Revisionswerber es zu verantworten hätte, dass die C. GmbH bei "Ausübung" des bescheidmäßig eingeräumten Rechts eine Auflage verletzt habe.
Dazu ist auszuführen, dass der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG dann entsprochen wird, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Strafbescheides die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, die beschuldigte (bestrafte) Person rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. etwa ). Für den Verwaltungsgerichtshof ist nicht erkennbar, dass der Spruch diesen Anforderungen nicht entsprochen hätte. Dafür, dass die Bewilligung im vorliegenden Fall gar nicht ausgeübt worden sei, gab es im Verfahren keine Anhaltspunkte. Derartiges wurde im Übrigen weder im vorangegangenen Verfahren noch in der Revision je behauptet (zur Verletzung von Auflagen vgl. ).
8 Der Revisionswerber bringt unter Hinweis auf ein hg. Erkenntnis vor, das Verwaltungsgericht habe den Revisionswerber zudem "entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Strafbarkeit dann nicht vorliegt, wenn die behaupteterweise verletzte Bescheidauflage unbestimmt ist", bestraft. Legt der Revisionswerber jedoch - wie im vorliegenden Revisionsfall - nicht konkret dar, dass der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt dem der von ihm ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, zeigt er keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf (siehe etwa ).
9 Der Revisionswerber ist weiters der Ansicht, es existiere bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob das Günstigkeitsprinzip des § 1 Abs. 2 VStG auch hinsichtlich im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht "außer Kraft getretener" Bescheidauflagen anwendbar sei, wenn ein Beschuldigter wegen Verletzung einer Verwaltungsvorschrift, welche die Missachtung einer Bescheidauflage pönalisiere, verfolgt werde. Da der Bewilligungsbescheid mit befristet gewesen sei, sei dieser zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts nicht mehr Teil der Rechtsordnung gewesen. Das darin enthaltene Gebot, dessen Verletzung dem Revisionswerber vorgeworfen worden sei, sei zur Zeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts somit nicht mehr aufrecht gewesen. Dennoch habe das Verwaltungsgericht, für welches die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt gelte, nicht das für den Revisionswerber günstigere Recht angewendet. Mit dieser Argumentation übersieht der Revisionswerber, dass unabhängig von der Frage, ob das Günstigkeitsprinzip des § 1 Abs. 2 VStG hinsichtlich des befristeten Bewilligungsbescheides überhaupt zur Anwendung gelangen würde, bereits gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend besteht, dass im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingetretene Änderungen der Rechtslage im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht erheblich sind (vgl. u.a. mwH).
10 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit weiters vor, das Verwaltungsgericht sei von der hg. Rechtsprechung abgewichen, wonach eine mangelnde Organisation, wie auch ein fehlendes Kontrollsystem, einem sonst nach § 9 VStG Verantwortlichen nicht zum Vorwurf gereichen könne, wenn dieser seine Funktion als Geschäftsführer neu bekleide. Dies sei vom Verwaltungsgericht entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht amtswegig wahrgenommen worden.
Dem ist entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber im gesamten Verfahren kein Vorbringen zu einem funktionierenden Kontrollsystem erstattet hat und er insbesondere auch zu keinem Zeitpunkt behauptet hat, dass ihm die Einhaltung der ihm zukommenden Pflichten aufgrund des seiner Ansicht nach kurzen Zeitraumes nicht möglich gewesen sei. In Anbetracht dieser Umstände war das Verwaltungsgericht auch nicht dazu gehalten, amtswegig vorzugehen. Dass im Übrigen auch ein allenfalls neu eingetretener Geschäftsführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG grundsätzlich für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist, stellt aufgrund der eindeutigen Rechtslage entgegen den diesbezüglichen Revisionsausführungen keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG dar.
11 Insofern der Revisionswerber vorbringt, das Verwaltungsgericht sei von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es die gegenständliche Strafsanktionsnorm nicht spruchgemäß bezeichnet habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Nichtanführung dieser Norm den Revisionswerber nicht in seinen Rechten verletzt. Selbst die Anwendung einer falschen Strafsanktionsnorm verletzt den Bestraften dann, wenn die Strafdrohung mit der richtigen ident ist, in keinem subjektiven Recht (vgl. etwa ). Dass der Revisionswerber nach einer falschen Sanktionsnorm bestraft wurde, wurde nicht behauptet. Die Zulässigkeit einer Revision gem. Art 133 Abs. 4 B-VG setzt voraus, dass die in dieser Bestimmung genannte Rechtsfrage eine solche ist, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers iSd Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist (vgl. ). Mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit wird auch mit diesem Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
12 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
13 Die oberste Verwaltungsbehörde ist in Ermangelung einer ausdrücklichen Eintrittserklärung gemäß § 22 erster Satz VwGG nicht Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof im Verständnis des § 21 Abs. 1 VwGG. Erstattet sie eine - gemäß § 30a Abs. 5 und § 29 VwGG zulässige - Revisionsbeantwortung, so steht ihr gemäß § 48 Abs. 2 VwGG kein Anspruch auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes zu. Der Antrag der Vorarlberger Landesregierung auf Zuerkennung von Schriftsatzaufwand für die Einbringung einer Revisionsbeantwortung war daher abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | VStG §1 Abs2; VStG §2 Abs2; VStG §22; VStG §27 Abs1; VwGVG 2014 §38; VwRallg; WettenG Vlbg 2003 §15 Abs1 litb; WettenG Vlbg 2003 §3 Abs6; |
Schlagworte | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016020075.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAF-48864