VwGH 12.09.2017, Ra 2015/16/0061
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Norm | |
RS 1 | § 17 Abs. 4 GebG normiert eine Ausnahme vom Grundsatz, wonach die Gebührenpflicht ein wirksam zustande gekommenes Rechtsgeschäft voraussetzt (vgl. Twardosz, GebG6, § 17 Rz 58). Auch eine (mit der Adaptierung des Bestandgegenstands) bedingte Vertragsverlängerungsvereinbarung ist daher geeignet, die Gebührenschuld auszulösen. Gleiches gilt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch für eine Option, durch deren Ausübung ein bestehender Vertrag verlängert oder ein neuer Vertrag abgeschlossen wird. Auch dies ist - aus der Sicht des GebG - als Fall eines durch ihre Ausübung aufschiebend bedingten Vertrags anzusehen und unter den in § 17 Abs. 4 GebG besonders geregelten Tatbestand zu subsumieren (vgl. das Erkenntnis vom , 2010/16/0053, VwSlg 8558 F/2010). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der T in L, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7103424/2012, betreffend Vorschreibung von Rechtsgeschäftsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Die Revisionswerberin bringt in der Zulässigkeitsbegründung vor, für die gebührenrechtliche Beurteilung der Vertragsverlängerungsvereinbarung sei die zivilrechtliche Vorfrage zu entscheiden, ob es überhaupt zu einer Verlängerung des Bestandvertrags gekommen sei. Aufgrund des mit Schriftsatz vom im Revisionsverfahren nachgereichten Urteils des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , 38 R 294/15i, stehe "rechtskräftig und für den Verwaltungsgerichtshof bindend" fest, dass keine rechtswirksame Vereinbarung zwischen ihr und der Bestandgeberin auf Vertragsverlängerung bestanden habe. Daher sei auch die Vorschreibung der Rechtsgeschäftsgebühr zu Unrecht erfolgt.
5 Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass das Bundesfinanzgericht nach §§ 116 iVm 269 BAO berechtigt ist, eine im Ermittlungsverfahren auftretende Vorfrage, die als Hauptfrage von einem Zivilgericht zu entscheiden wäre oder bereits entschieden wurde, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Eine Bindung an die vom Zivilgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung besteht - entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin im ergänzenden Schriftsatz vom - auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht.
6 Darüber hinaus ist es für die gebührenrechtliche Beurteilung aber auch nicht entscheidend, ob es tatsächlich zu einer Verlängerung des Bestandvertrags gekommen ist. Wie das Bundesfinanzgericht ausführt, ist es nach § 17 Abs. 4 GebG auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts von einer Bedingung oder der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt. § 17 Abs. 4 GebG normiert eine Ausnahme vom Grundsatz, wonach die Gebührenpflicht ein wirksam zustande gekommenes Rechtsgeschäft voraussetzt (vgl. Twardosz, GebG6, § 17 Rz 58). Auch eine (mit der Adaptierung des Bestandgegenstands) bedingte Vertragsverlängerungsvereinbarung ist daher geeignet, die Gebührenschuld auszulösen. Gleiches gilt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber auch für eine Option, durch deren Ausübung ein bestehender Vertrag verlängert oder ein neuer Vertrag abgeschlossen wird. Auch dies ist - aus der Sicht des GebG - als Fall eines durch ihre Ausübung aufschiebend bedingten Vertrags anzusehen und unter den in § 17 Abs. 4 GebG besonders geregelten Tatbestand zu subsumieren (vgl. das Erkenntnis vom , 2010/16/0053, VwSlg 8558/F).
7 Die Revisionswerberin bringt selbst vor, sie habe sich mit der Bestandgeberin darauf geeinigt, dass sie die Möglichkeit habe, den Bestandvertrag um weitere fünf Jahre zu verlängern, wenn sie die Adaptierung des Bestandobjekts vornehme.
8 Warum das Bundesfinanzgericht - unter Zugrundelegung dieses Vorbringens - nicht zum Ergebnis hätte gelangen dürfen, dass auch in diesem Fall von einer für die Gebührenschuld bedeutsamen übereinstimmenden Willenserklärung der Vertragsparteien auf Einräumung einer Option zur Vertragsverlängerung unter der (weiteren) Bedingung der Adaptierung des Bestandgegenstands auszugehen wäre (s. Erk. des BFG S. 9), macht die Revision aber nicht einsichtig.
9 Da in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision daher nach § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
10 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015160061.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-48847