VwGH 26.01.2017, Ra 2015/15/0053
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Die dem Erkenntnis vom , 2010/13/0155, zugrundeliegende Entscheidung wurde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Daraus erhellt, dass der Verwaltungsgerichtshof - im Falle einer in sich schlüssigen Begründung - keine Bedenken gegen die vom Finanzamt vorgenommene Verknüpfung der "offiziellen Einkäufe" von Gastronomieprodukten durch einen Gastwirt mit den zeitlich unmittelbar davor oder danach feststellbaren "inoffiziellen Bareinkäufen" dieses Gastwirts hegt. Es trifft daher nicht zu, dass sich der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, inwiefern die für die Zurechnung der anonymen Barkäufe angewandte Methode (Verschränkung, chronologische Abfolge) überhaupt ein zuverlässiges/geeignetes Beweismittel darstelle, noch nicht geäußert habe. |
Entscheidungstext
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2015/15/0054 B
Ra 2015/15/0055 B
Ra 2015/15/0056 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision der A W in S, vertreten durch Dr. Raimund Danner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 46a, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100594/2008, betreffend Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 1999 und 2000, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit aus, das Finanzamt habe im Rahmen von Erhebungen beim Großhandelsunternehmen M die "offiziellen Einkäufe" von Gastronomieprodukten durch einen Gastwirt mit den zeitlich unmittelbar davor oder danach feststellbaren "inoffiziellen Bareinkäufen" dieses Gastwirts verknüpft. Obwohl die vorgenommene Verknüpfung in der Fachliteratur höchst umstritten gewesen sei und das Großhandelsunternehmen M in einem offiziellen Informationsschreiben erklärt habe, es sei weder technisch noch faktisch möglich, Bareinkäufe einzelnen Kunden zuzuordnen, seien in der Folge österreichweit abgabenbehördliche Prüfungen ("Massenverfahren") durchgeführt worden; u.a. auch bei der Revisionswerberin. Im Erkenntnis vom , 2010/13/0155, habe sich der Verwaltungsgerichtshof mit einem dieser Verfahren auseinandergesetzt und festgestellt, "dass die Ergebnisse genau aufgeschlüsselt gehören, und eine kumulative Zurechnung in zeitlicher Hinsicht oder durch nur Verschränkung eben nicht ausreicht, um es als ‚lebensnah' oder ‚natürlich' erscheinen zu lassen, dass der Gastwirt zu seinen offiziellen auch Schwarzeinkäufe tätigte, die er dann über das Geschäft wieder verkaufte. Zudem wurde erkannt, dass ‚inhaltsgleicher Bedarf auch im Privatleben vorkommt' und muss auf ‚aussagekräftige Weise' ermöglicht werden, die bar eingekauften Waren mit dem Unternehmen in Verbindung zu bringen." Das Erkenntnis vom habe zwar nicht einen Gastwirt, sondern einen Kioskbetreiber betroffen, der Sachverhalt sei aber ident. Auch das hier angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts werde den vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebenen Beweisanforderungen nicht gerecht. Zudem habe sich der Verwaltungsgerichtshof noch nicht konkret zur Frage geäußert, inwiefern die für die Zurechnung der anonymen Barkäufe angewandte Methode (Verschränkung, chronologische Abfolge) überhaupt ein zuverlässiges/geeignetes Beweismittel darstelle.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom , 2010/13/0155, mit der für die Zurechnung anonymer Bareinkäufe angewandten Methode (Verschränkung, chronologische Abfolge) auseinandergesetzt und gerügt, dass der unabhängige Finanzsenat "zur Widerlegung des Einwandes zufälliger ‚Verschränkungen' durch das Zusammentreffen von Kunden verschiedener Erfassungsbänder an derselben Zahlkassa im Wesentlichen nur Teile des Prüfungsberichtes" wiederholt habe, wohingegen "das naheliegende Argument, die ‚verschränkten' Käufe kämen jeweils - an der Erfassernummer erkennbar - vom selben Erfassungsband (vgl. etwa Kopf in )" im angefochtenen Bescheid und auch noch in der Gegenschrift fehlte. Einen weiteren Begründungsmangel hat der Verwaltungsgerichtshof im Fehlen konkreter Ausführungen zum "Vergleich der Warengruppen" und zur "Überprüfung des Kaufverhaltens" des dortigen Beschwerdeführers erblickt. In veröffentlichten Entscheidungen des unabhängigen Finanzsenats zu anderen Fällen dieser Art sind laut Erkenntnis vom Wiedergaben aus dem Datenmaterial enthalten, die ein ‚Splitting' des Kaufs manchmal ein und derselben unternehmensbezogenen Ware zeigen oder es auf andere aussagekräftige Weise ermöglichen, die bar eingekauften Waren mit dem Unternehmen oder dem Unternehmer in Verbindung zu bringen. In der dem Erkenntnis vom zugrundeliegenden Entscheidung habe sich der unabhängige Finanzsenat hingegen mit der Feststellung begnügt, dass keine "grundsätzlichen Unterschiede" in der "Produktpalette feststellbar gewesen seien.
6 Die dem Erkenntnis vom , 2010/13/0155, zugrundeliegende Entscheidung wurde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Daraus erhellt, dass der Verwaltungsgerichtshof - im Falle einer in sich schlüssigen Begründung - keine Bedenken gegen die vom Finanzamt vorgenommene Verknüpfung der "offiziellen Einkäufe" von Gastronomieprodukten durch einen Gastwirt mit den zeitlich unmittelbar davor oder danach feststellbaren "inoffiziellen Bareinkäufen" dieses Gastwirts hegt. Es trifft daher nicht zu, dass sich der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, inwiefern die für die Zurechnung der anonymen Barkäufe angewandte Methode (Verschränkung, chronologische Abfolge) überhaupt ein zuverlässiges/geeignetes Beweismittel darstelle, noch nicht geäußert habe.
7 Soweit die Revisionswerberin vermeint, der im vorliegenden Revisionsfall zu beurteilende Sachverhalt sei mit jenem vergleichbar, der dem Erkenntnis vom , 2010/13/0155, zugrunde gelegen sei, ist ihr zu entgegnen, dass das Bundesfinanzgericht im hier angefochtenen Erkenntnis die Feststellung traf, dass die Zuordnung der Bareinkäufe an die Revisionswerberin im Wesentlichen darauf basiere, "dass die Bareinkäufe unmittelbar vor oder nach Rechnungseinkäufen (‚offizielle' Einkäufe von Waren bei (M)) auf demselben Band, an der selben Kassa und großteils über ein einschlägiges Sortiment stattgefunden haben". Abweichend zur Entscheidung, die dem Erkenntnis vom zugrunde lag, sind im hier angefochtenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts auch Wiedergaben aus dem Datenmaterial enthalten, die ein ‚Splitting' des Kaufs manchmal ein und derselben unternehmensbezogenen Ware zeigen. Der im vorliegenden Revisionsfall zu beurteilende Sachverhalt ist daher mit jenem, der dem Erkenntnis vom zugrunde lag, nicht vergleichbar.
8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015150053.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAF-48839