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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.02.2025, RV/5100715/2024

Zweckmäßigkeit der Festsetzung einer Zwangsstrafe nach dem WiEReG

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100715/2024-RS1
Zur „Zweckmäßigkeit“ iSd § 20 BAO gehört auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie (zB Ritz, ÖStZ 1996, 70). Bei der Ermessensübung ist auch das, ua aus Art 126b B-VG ableitbare (zB , Slg 5421) Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung zu beachten (Ritz, ÖStZ 1996, 70; Werndl in Hofer-Zeni-FS, 278f; ). Dies spricht etwa dagegen, Zwangsstrafen festzusetzen, wenn die Abgabennachforderung beim Abgabepflichtigen selbst sowie bei allfälligen Haftungspflichtigen uneinbringlich ist (vgl zB Ritz in Holoubek/Lang, Die allgemeinen Bestimmungen der BAO, 113).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Johann Fischerlehner, der Richterin Maga. Susanne Feichtenschlager sowie die fachkundigen Laienrichter Michael Hinterreiter LLB und Leopold Pichlbauer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zwangsstrafen 2024 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Schriftführers Markus Blöchl LL.B. LL.M. zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit verfahrensleitendem Bescheid der belangten Behörde vom wurde die beschwerdeführende Partei unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € aufgefordert, die gem. § 5 WiEReG vorzunehmende jährliche Meldung bis nachzuholen.

Da die Meldung auch innerhalb der gesetzten Nachfrist nicht erfolgt ist, wurde die Zwangsstrafe mit dem angefochtenen Bescheid vom festgesetzt.

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass "im Dezember" ein Konkursverfahren eröffnet wurde und der Masseverwalter ab diesem Zeitpunkt keine jährlichen Meldungen an das Register der Wirtschaftlichen Eigentümer übermittelt hat. Nach Aufhebung des Konkursverfahrens seien die Liquidatoren der Meinung, dass keine Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer erfolgen müsste.

Die belangte Behörde führte im Vorlagebericht aus, dass am TT.12.2020 über das Vermögen der Beschwerdeführerin ein Konkursverfahren eröffnet wurde.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom TT.03.2023, fn wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben.

Nach Aufhebung des Konkurses haften bei der beschwerdeführenden Partei folgende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 142.836,34 Euro zu Steuernummer xxx unberichtigt aus:

[...]

In der Stellungnahme vom führte die belangte Behörde aus, dass die festgesetzte Zwangsstrafe von 1.000 Euro bei der beschwerdeführenden Partei voraussichtlich nicht einbringlich ist.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 3 Abs. 1 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) haben die Rechtsträger (u.a. Gesellschaften mit beschränkter Haftung, § 1 Abs. 2 Z 4 WiEReG) die Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen. Diese Feststellung ist nach § 3 Abs. 3 WiEReG zumindest jährlich durchzuführen, wobei insbesondere zu prüfen ist, ob die an das Register gemeldeten wirtschaftlichen Eigentümer noch aktuell sind.

Gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG haben die Rechtsträger näher genannte Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde (dies ist der Bundesminister für Finanzen, § 14 Abs. 1 WiEReG) zu melden. Diese Daten sind binnen vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister (z.B. Firmenbuch, vgl. ) zu übermitteln. Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 WiEReG von der Meldepflicht befreit sind, haben weiters binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung (§ 3 Abs. 3 WiEReG) die festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.

Nach § 5 Abs. 2 WiEReG hat die Meldung der Daten von den Rechtsträgern im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal (§ 1 USPG) zu erfolgen. Eine Übermittlung der Daten durch berufsmäßige Parteienvertreter gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 USPG ist zulässig.

Wird eine Meldung gemäß § 5 WiEReG nicht erstattet, so kann nach § 16 Abs. 1 WiEReG das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen. Zwangsstrafen nach § 16 Abs. 1 WiEReG gelten nach Abs. 2 leg. cit. als Abgaben im Sinne des § 213 Abs. 2 BAO. Zwangsstrafen nach § 111 BAO sind - gemäß § 3 Abs. 2 lit. c BAO - Nebenansprüche. Betreffend die hier geforderte Meldung von Daten nach dem WiEReG besteht aber keine Abgabenpflicht als Hauptanspruch. Die durch die Zwangsstrafe zu erzwingende Hauptleistung ist die (bloße) Meldung, an die keine Festsetzung von Abgaben anschließt. Die Zwangsstrafe ist nach § 16 Abs. 2 WiEReG eine Abgabe iSd § 213 Abs. 2 BAO und demnach gesondert von den wiederkehrend zu erhebenden Abgaben zu verbuchen. Die Zwangsstrafe nach § 16 WiEReG dient zur Erzwingung der Meldung.

Im Rahmen der Ermessensprüfung (§ 20 BAO) in Zusammenhang mit der Festsetzung der gegenständlichen Zwangsstrafe war zu prüfen, ob die Festsetzung zweckmäßig ist.

Zur "Zweckmäßigkeit" iSd § 20 BAO gehört auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie (zB Ritz, ÖStZ 1996, 70). Bei der Ermessensübung ist auch das, ua aus Art 126b B-VG ableitbare (zB , Slg 5421) Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung zu beachten (Ritz, ÖStZ 1996, 70; Werndl in Hofer-Zeni-FS, 278f; ). Dies spricht etwa dagegen, Zwangsstrafen festzusetzen, wenn die Abgabennachforderung beim Abgabepflichtigen selbst sowie bei allfälligen Haftungspflichtigen uneinbringlich ist (vgl zB Ritz in Holoubek/Lang, Die allgemeinen Bestimmungen der BAO, 113).

Der belangten Behörde oblag es daher dem Gericht darzulegen, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe trotz der prekären Einbringungssituation bei der beschwerdeführenden Partei dennoch zweckmäßig ist.

In der Stellungnahme vom führte die belangte Behörde aus, dass die festgesetzte Zwangsstrafe von 1.000 Euro bei der beschwerdeführenden Partei voraussichtlich nicht einbringlich ist. Damit ergibt sich, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe nicht zweckmäßig war, sodass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im gegenständlichen Fall zu klärenden Rechtsfragen sind durch die zitierte höchstgerichtliche Judikatur geklärt, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100715.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
DAAAF-48725