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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 02.09.2024, RV/7101101/2019

Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss bei einer wegen Vermögenslosigkeit (§ 40 Abs. 1 FBG) gelöschten GmbH, bei der kein Abwicklungsbedarf (mehr) besteht

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101101/2019-RS1
Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO erfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist (vgl. ).
RV/7101101/2019-RS2
Da in der Bundesabgabenordung die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss nicht ausdrücklich vorgesehen ist, in § 274 Abs. 3 BAO aber normiert ist, dass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann, wenn die in dieser Bestimmung angeführten Formalentscheidungen zu erfolgen haben, liegt eine planwidrige Lücke vor, die durch das Bundesfinanzgericht in analoger Anwendung der Bestimmung des § 274 Abs. 3 BAO zu schließen war. Von der beantragten mündlichen Senatsverhandlung war daher abzusehen (siehe Ritz/Koran BAO7 zu § 274 Rz 11; Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, § 274, 762; ). Die Einstellung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens durch das Bundesfinanzgericht hatte mittels Beschluss zu erfolgen (). In analoger Anwendung von § 272 Abs. 4 BAO iVm § 274 Abs. 3 Z 2 BAO obliegt die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss im gegenständlichen Fall dem Berichterstatter.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Name des Richters*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf, nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle Wien 12/13/14 Purkersdorf, vom betreffend Körperschaftsteuer 2009, Umsatzsteuer 2010, Umsatzsteuer 2011, Umsatzsteuer 2012, Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2009, Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2010, Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2011, Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2012, Wiederaufnahme § 303 BAO / KSt 2009, Wiederaufnahme § 303 BAO / KSt 2010, Wiederaufnahme § 303 BAO / KSt 2011, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2009, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2010, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2011, Körperschaftsteuer 2010, Körperschaftsteuer 2011, Körperschaftsteuer 2012, Körperschaftsteuervorauszahlungen 2018 und Umsatzsteuer 2009 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

I. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

Bei der ***Bf1***, vormals ***früherer Name der Bf.*** (in der Folge als Beschwerdeführerin "Bf." bezeichnet) wurde im Jahr 2012 eine Betriebsprüfung begonnen. Am legte die bisherige steuerliche Vertretung (die ECOVIS Austria Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH) das Mandat zurück.

Die Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 bis 2012, die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2009 bis 2012 und die Anspruchszinsenbescheide 2009 bis 2012 wurden am (2009) und am (2010 bis 2012) erlassen.

Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 bis 2012 sowie die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2009 bis 2012 wurde nach Erstreckung der Frist zur Einbringung der Beschwerde durch Dr. Tibor Laszlo Robert Nagy am eingebracht. In dieser Beschwerde beantragte der steuerliche Vertreter eine mündliche Verhandlung und eine Entscheidung durch einen Senat.

Am brachte die Bf. eine Klage gegen ihren ehemaligen steuerlichen Vertreter ein. Das Verfahren war vor dem Handelsgericht Wien zur GZ ***XX Cg XXX/XX*** anhängig.

Am wurde über das Vermögen der Bf. ein Insolvenzverfahren zur GZ ***Y S YY/YY*** des Handelsgerichts Wien eröffnet. Bis war im Abgabeninformationssystem die KITZ Consult Steidler KG als steuerliche Vertretung eingetragen.

Mit Urteil des Handelsgerichts Wien vom ***TT.MM.JJJJ*** wurde die Klage der Bf. gegen ihren ehemaligen steuerlichen Vertreter abgewiesen.

Mit Beschluss vom wurde die Bf. gemäß § 40 FBG amtswegig gelöscht.

Mit Schreiben vom teilte Dr. Tibor Laszlo Robert Nagy mit, dass diesem keine Zustellvollmacht erteilt worden wäre.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache der Gerichtsabteilung 1005 zur Erledigung zugewiesen.

Mit Schreiben vom informierte die belangte Behörde das Bundesfinanzgericht davon, dass ob der Bf. ein Abwicklungsbedarf nicht gegeben sei.

Mit Amtshilfeersuchen vom ersuchte der zuständige Richter des Bundesfinanzgerichts das Handelsgericht Wien um Übermittlung des im Verfahren zur GZ des HG Wien ***XX Cg XXX/XX*** erstellten Sachverständigengutachtens und des eventuell in der Zwischenzeit ergangenen Urteils. Die vom Bundesfinanzgericht angeforderten Unterlagen langten am im Bundesfinanzgericht ein und wurden diese Unterlagen am der belangten Behörde zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Frist von 3 Wochen übermittelt. Die belangte Behörde hat innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme abgegeben.

Das Bundesfinanzgericht nahm am in das Abgabenkonto der Bf. Einsicht und war aus dem Abgabenkonto der Bf. ersichtlich, dass auf diesem ein Rückstand von € 2.748.934,25 bestand. Von diesem Abgabenrückstand wurde ein Betrag von € 2.597.287,93 gemäß § 212a BAO ausgesetzt. Die Bf. hat in Ansehung der in Folge der Betriebsprüfung durch die belangte Behörde erlassenen Anspruchszinsen-, Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2009 bis 2012 betreffend die in diesen Bescheiden festgesetzten Abgaben keinerlei Zahlungen geleistet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

1. Sachverhalt

In Folge einer im Jahr 2012 begonnenen und im Jahr 2018 abgeschlossenen Betriebsprüfung wurden der Bf. nach Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2009 bis 2012 die Umsatzsteuern und Körperschaftsteuern 2009 bis 2012 und die Anspruchszinsen 2009 bis 2012 vorgeschrieben.

In der Beschwerde vom hat die steuerliche Vertretung der Bf. eine mündliche Verhandlung und eine Entscheidung durch den gesamten Senat beantragt.

Am wurde über das Vermögen der Bf. ein Insolvenzverfahren zur GZ ***Y S YY/YY*** des Handelsgerichts Wien eröffnet. Mit Beschluss vom wurde die Bf. gemäß
§ 40 FBG amtswegig gelöscht.

Mit Schreiben vom informierte die belangte Behörde das Bundesfinanzgericht davon, dass ob der Bf. ein Abwicklungsbedarf nicht gegeben sei.

Die Klage der Bf. gegen ihren ehemaligen steuerlichen Vertreter wurde mit Urteil des Handelsgerichts Wien vom ***TT.MM.JJJJ*** zur GZ ***XX Cg XXX/XX*** abgewiesen. Aus diesem Verfahren waren zu Gunsten der Bf. sohin keine Zahlungen zu erwarten und lag daher auch in Ansehung dieses Zivilverfahrens ein Abwicklungsbedarf nicht vor.

Auf dem Abgabenkonto der Bf. bestand und besteht ein Rückstand von € 2.748.934,25. Von diesem Abgabenrückstand wurde ein Betrag von € 2.597.287,93 gemäß § 212a BAO ausgesetzt.

Die Bf. hat in Ansehung der in Folge der Betriebsprüfung durch die belangte Behörde erlassenen Anspruchszinsen-, Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2009 bis 2012 betreffend die in diesen Bescheiden festgesetzten Abgaben keinerlei Zahlungen geleistet.

2. Beweiswürdigung

Der unter dem Punkt "I. Sachverhalt" dargelegte Sachverhalt ergibt sich

  • aus dem vorgelegten Veranlagungsakt des Finanzamtes,

  • aus dem öffentlichen Firmenbuch,

  • aus dem dem Bundesfinanzgericht übermittelten Akt des Handelsgerichts Wien zur GZ ***XX Cg XXX/XX*** und

  • aus dem Abgabenkonto der Bf.

und ist dieser Sachverhalt unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Einstellung)

Gemäß § 78 Abs. 1 BAO ist Partei im Abgabenverfahren der Abgabepflichtige (§ 77), im Beschwerdeverfahren auch jeder, der eine Beschwerde einbringt (Beschwerdeführer), einem Beschwerdeverfahren beigetreten ist (§§ 257 bis 259) oder, ohne Beschwerdeführer zu sein, einen Vorlageantrag (§ 264) gestellt hat.

Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit im Abgabenverfahren die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozessordnung ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 80 Abs. 1 bis 3 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Flexiblen Kapitalgesellschaft nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

Der § 272 Abs. 4 BAO normiert: Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegen auch zunächst die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen (§ 85 Abs. 2) und von Aufträgen gemäß § 86a Abs. 1 sowie Zurückweisungen (§ 260), Zurücknahmeerklärungen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1), Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3, § 261), Verfügungen der Aussetzung der Entscheidung (§ 271 Abs. 1) und Beschlüsse gemäß § 300 Abs. 1 lit. b.

Gemäß § 274 Abs. 3 BAO kann der Senat ungeachtet eines Antrages (Abs. 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde
1. als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260),
2. als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären ist oder
3. wenn eine Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erfolgt (§ 278).

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklarativen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Aktivvermögen vorhanden ist (ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, z.B. ; , 6 Ob 244/22h) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 79, Tz 10 f; ; , 2006/13/0187).

Die Rechts- und Parteifähigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren13, § 79 Anm 4), was dann der Fall ist, wenn eine Abgabenfestsetzung etwa durch Anrechnung von bereits entrichteten Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern in einem Abgaben- oder Beschwerdeverfahren zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann. Abwicklungsbedarf und somit Parteifähigkeit besteht trotz bereits erfolgter Löschung im Firmenbuch ferner, wenn eine Abgabe bereits entrichtet wurde und in einem Abgaben- oder Beschwerdeverfahren ein möglicher Rückforderungsanspruch und somit eine etwaige Forderung geltend gemacht wird (; , Ra 2015/16/0074). An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide können daher bei bestehendem Abwicklungsbedarf grundsätzlich rechtswirksam ergehen (; , 2006/16/0220; , 2007/15/0112; , Ro 2014/13/0035).

Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter. Grundsätzlich fungiert der vormalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator" (; ).

Der Auflösung folgt in der Regel die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). Während dieser Zeit wird eine Kapitalgesellschaft durch die im Firmenbuch eingetragenen Liquidatoren oder Abwickler (§ 93 GmbHG) vertreten.

Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch (§ 93 GmbHG). Mit ihr endet auch das Liquidatorenamt. Sollten in weiterer Folge noch Bescheide an die im Firmenbuch gelöschte Gesellschaft erlassen werden, regelt § 80 Abs. 3 BAO, dass Zustellungsvertreter einer gelöschten GmbH nach Beendigung der Liquidation ist, wer gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG auf die Dauer von sieben Jahren zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war. Bei diesem "Verwahrer", der in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses durch das Gericht bestimmt wird, kann es sich um einen Gesellschafter oder um eine dritte Person handeln.

Keine Liquidation findet hingegen im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft und im Falle der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 Abs. 1 FBG statt (vgl. Haberer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 89 Rz 11 f).

Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO erfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist (vgl. ).

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu auch ), jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft durch die bisherigen Geschäftsführer oder Liquidatoren verbunden, selbst wenn die Gesellschaft noch fortbesteht, weil etwa noch Aktivvermögen vorhanden ist (ständige Rechtsprechung des OGH, z.B. ; , 6 Ob 244/22h). Demnach können in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden (vgl. Knechtl/Mitterlehner/ Panholzer, Die Kapitalgesellschaft in der Steuererklärung 2018, 31 mit weiteren Nachweisen). Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. ; ).

Mit der Konkurseröffnung ist die zuvor von der Bf. erteilte Vollmacht an einen Rechtsanwalt gemäß § 1024 ABGB kraft Gesetzes erloschen. Die Vollmacht erlischt endgültig, sie lebt auch mit Aufhebung der Insolvenz nicht wieder auf (vgl. etwa Perner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1024 Rz 1f mit weiteren Nachweisen).

Da somit weder die frühere Masseverwalterin noch die rechtsfreundliche Vertretung die Bf. vertritt und eine andere Person, der eine Erledigung für die Bf. zugestellt werden kann, soweit ersichtlich nicht besteht, kann eine Erledigung durch das erkennende Gericht im gegenständlichen Verfahren ohne Kuratorbestellung für die gelöschte GmbH nicht mehr zugestellt werden, selbst wenn diese als Steuersubjekt noch existieren sollte (vgl. etwa mit weiteren Nachweisen).

Eine Kuratorbestellung setzt ein zwar handlungsunfähiges, jedoch existentes Steuersubjekt voraus. Sofern kein Abwicklungsbedarf besteht, liegt aber gar kein Rechtssubjekt mehr vor. Mangels Abwicklungsbedarf besteht auch keine Parteifähigkeit mehr. Zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO besteht in einem solchen Fall kein Anlass () und ist diese Kuratorenbestellung sohin auch rechtlich nicht zulässig.

Die Aufhebung des Konkurses nach Verteilung des Massevermögens ist ein Indiz dafür, dass die GmbH vermögenslos ist (). Die amtswegige Löschung nach § 40 FBG hat das Vorliegen von Vermögenslosigkeit der Gesellschaft zur Voraussetzung. Die Bf. im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist vermögenslos und besteht auch ein Abwicklungsbedarf ob der Bf. nicht (mehr). Die beschwerdegegenständlichen Abgaben samt Nebenansprüchen sind daher uneinbringlich (vgl. nochmals ).

Wurde eine Abgabe bereits entrichtet, stellt ein möglicher Rückforderungsanspruch ein Aktivvermögen der gelöschten GmbH dar, weswegen diesfalls Parteifähigkeit weiterbestünde. Die Parteifähigkeit setzt freilich Aktivvermögen voraus (; , Ra 2017/17/0066; , Ra 2017/17/0147; , Ra 2015/16/0074).

Da die streitgegenständlichen Abgabennachforderungen bislang nicht entrichtet wurden, würde selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde zu keinem Aktivvermögen der gelöschten GmbH führen und auch aus dem durch die Bf. anhängig gemachten, beim Handelsgericht Wien zur GZ ***XX Cg XXX/XX*** geführten Zivilverfahren war in Folge der Klagsabweisung ein Aktivvermögen nicht gegeben. Weder die Bf. selbst noch in weiterer Folge deren Gläubiger könnten ein Abgabenguthaben lukrieren. Somit liegt im gegenständlichen Fall eine Vollbeendigung der gelöschten GmbH vor (vgl. ). Es besteht daher auch aus diesem Grund - wie auch schon oben dargelegt - keine Veranlassung zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 1 BAO ( mit Verweis auf Stoll, BAO, 809; ).

Die mangelnde Parteifähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten (Ritz, BAO-Kommentar7, § 79 Tz 4 mit Verweis auf ). An nicht parteifähige juristische Personen zugestellte Bescheide oder Erkenntnisse sind nichtig ("Nichtbescheide"), so zum Beispiel die Zustellung an eine rechtlich nicht mehr existente GmbH (Ritz, BAO-Kommentar7, § 79 Tz 4 mit Verweis auf , ; ). Das gegenständliche Beschwerdeverfahren ist durch das Verwaltungsgericht mittels Beschluss einzustellen ().

Auch wenn in den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss nicht ausdrücklich vorgesehen ist, entspricht dies jenen Fällen des § 33 Abs. 1 VwGG, in denen es zum Wegfall der Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Partei kommt (vgl. ; , RV/5100334/2016 mit weiteren Nachweisen).

Da an nicht parteifähige juristische Personen zugestellte Bescheide oder Erkenntnisse nichtig ("Nichtbescheide") sind, konnte an die Bf. auch keine Ladung zu einer mündlichen Verhandlung mehr zugestellt werden, da auch eine solche Ladung eine verfahrensleitende Verfügung (Bescheid) darstellt und eine Zustellung dieser Ladung an die Bf. sohin nichtig gewesen wäre.

Da in der Bundesabgabenordung die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss nicht ausdrücklich vorgesehen ist, in § 274 Abs. 3 BAO aber normiert ist, dass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann, wenn die in dieser Bestimmung angeführten Formalentscheidungen zu erfolgen haben, liegt eine planwidrige Lücke vor, die durch das Bundesfinanzgericht in analoger Anwendung der Bestimmung des § 274 Abs. 3 BAO zu schließen war. Von der beantragten mündlichen Senatsverhandlung war daher abzusehen (siehe Ritz/Koran BAO7 zu § 274 Rz 11; Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, § 274, 762; ).

Die Einstellung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens durch das Bundesfinanzgericht hatte mittels Beschluss zu erfolgen (). In analoger Anwendung von § 272 Abs. 4 BAO iVm § 274 Abs. 3 Z 2 BAO obliegt die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss im gegenständlichen Fall dem Berichterstatter.

Der Beschluss ergeht mangels Zustellungsmöglichkeit an die Bf ausschließlich an die Amtspartei (; ).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit einer Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der gegenständliche Beschluss folgt der zitierten Judikatur des VwGH (insbesondere ). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß der höchstgerichtlichen Judikatur auch keine Revisionslegitimation eines allfälligen zur Haftung in Anspruch genommenen (juristischen) Person besteht ().

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
UAAAF-48715