Arbeitnehmerveranlagung, Werbungskosten und Zahnarztkosten als außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf) machte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2022 verschiedene Werbungskosten und Aufwendungen für außergewöhnliche Belastung geltend. Mit Einkommensteuerbescheid vom wurden lediglich Werbungskosten von 2.320,10 Euro in Abzug gebracht. Die außergewöhnlichen Belastungen von 2.305 Euro fanden wegen des anzuwendenden Selbstbehaltes von 2.427,28 Euro keine Berücksichtigung. Dazu führte die Abgabenbehörde aus, dass von den geltend gemachten Werbungskosten für digitale Arbeitsmittel ein Privatanteil von 40% ausgeschieden worden sei. Außerdem habe das Finanzamt trotz Aufforderung nicht alle Unterlagen erhalten und daher nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigt.
In der Beschwerde vom machte der Bf geltend, er sei vom Finanzamt aufgefordert worden, insgesamt 18 Belege einzureichen. Aufgrund technischer Begrenzung sei die gleichzeitige elektronische Übermittlung aller Belege nicht möglich gewesen, sodass er die Dokumente entsprechend der telefonischen Auskunft des Finanzamtes mit mehreren separaten Einreichungen übermittelt habe. Er ersuche daher um Berücksichtigung aller bereits elektronisch vorgelegten Dokumente. Er füge dem Schreiben nochmals alle Dokumente bei. Insbesondere seien die Ausbildungskosten laut Rechnungen zu berücksichtigen sowie die außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von insgesamt 3.505 Euro.
In der Folge erging eine Beschwerdevorentscheidung vom , mit welcher die Ausbildungskosten anerkannt wurden, der Einkommensteuerbescheid dennoch zu Ungunsten des Bf abgeändert wurde. Das Finanzamt anerkannte nunmehr lediglich Werbungskosten von lediglich 1.975,79 Euro (plus Gewerkschaftsbeiträge von 345 Euro) und außergewöhnliche Belastungen von 2.195 Euro. In der Bescheidbegründung führte das Finanzamt die folgenden anerkannten Rechnungen an:
Gewerkschaftsbeiträge 345 Euro
digitale Arbeitsmittel 230,93 Euro
andere Arbeitsmittel 24,19 Euro
Fachliteratur insgesamt 145,67 Euro (4 Rechnungen)
Weiterbildung abzüglich Förderung 1.575 Euro (2 Rechnungen)
Krankheitskosten 2.195 Euro (4 Rechnungen)
Eine Rechnung vom für digitale Arbeitsmittel über 329 Euro sei nicht berücksichtigt worden, da die Rechnung schon im Vorjahr bezahlt worden sei.
Der Bf beantragte mit Eingabe vom die Vorlageder Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, da das Finanzamt nicht alle Rechnungen berücksichtigt habe. Der Bf stellte im Detail den chronologischen Ablauf und die verzögerte Bearbeitung der Arbeitnehmerveranlagung dar. Das Finanzamt habe in der Beschwerdevorentscheidung zwei Rechnungen über insgesamt 1.310 Euro ignoriert, was zu einer fehlerhaften Rückforderung geführt habe. Beigelegt sind in Kopie sämtliche bisherigen Bescheide, das Ergänzungsersuchen, Eingaben des Bf und die Belege.
Mit Eingabe vom hat der Bf seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf hatte im Jahr 2022 Aufwendungen für digitale Arbeitsmittel (Laptop, iPad, Stylos Stift), Fachliteratur und Weiterbildung, die er insgesamt in Höhe von 2.335,03 Euro belegmäßig nachgewiesen hat. Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid wurden Werbungskosten von 2.320,10 Euro in Abzug gebracht. Mit der Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt die Kosten für ein iPad von 329 Euro nicht anerkannt, da dieser Betrag bereits im Jahr 2021 bezahlt wurde. Die berücksichtigten Werbungskosten verringerten sich somit auf 1.975,79 Euro. Diese Kürzung der Werbungskosten wurde vom Bf nicht beeinsprucht.
Bei den geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen handelt es sich um folgende Rechnungen für Zahnarztkosten von insgesamt 3.505 Euro:
X. vom 100,00 Euro
X. vom 1.800,00 Euro
Dr. Y. vom 210,00 Euro
Dr. Y. vom 85,00 Euro
X. vom 1.200,00 Euro
Dr. Y. vom 110,00 Euro
Das Finanzamt berücksichtigte Zahnarztkosten von lediglich 2.305 Euro, da die Rechnung vom (1.200,00 Euro) nicht anerkannt wurde. In der Beschwerdevorentscheidung wurde zusätzlich die Rechnung vom (110,00 Euro) nicht anerkannt.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere den Belegen des Bf.
Was die Aufwendungen für digitale Arbeitsmittel betrifft, hat der Bf die Rechnung für das iPad unbestritten bereits im Jahr 2021 bezahlt. Zusätzlich zu dem unter den Werbungskosten berücksichtigten Laptop hat der Bf einen Stylus Stift um 30,24 Euro als Zubehör für das iPad mit Rechnung vom erworben (siehe die vorgelegten Rechnungen).
Die Aufwendungen für Zahnarztkosten hat der Bf ebenfalls mit Belegen nachgewiesen (6 Rechnungen). Strittig sind nunmehr lediglich zwei Rechnungen vom und vom . Festzustellen ist, dass die Zahnarztrechnung vom für Mundhygiene in Höhe von 110 Euro an die Gattin des Bf gerichtet ist. Die Rechnung X. vom über 1.200 Euro betrifft Zahnarztkosten des Bf.
Der Bf hat keinen Anspruch auf einen Alleinverdienerabsetzbetrag. Die Ehegattin bezog im Jahr 2022 Einkünfte von 37.787,98 Euro, welche die Einkünfte des Bf übersteigen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 sind Ausgaben für Arbeitsmittel als Werbungskosten abzuziehen.
Gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Das Finanzamt hat daher zu Recht mit der Beschwerdevorentscheidung aus den anzuerkennenden Werbungskosten die Aufwendungen für ein iPad von 329 Euro ausgeschieden, da dieser Betrag bereits im Jahr 2021 bezahlt wurde.
Zusätzlich sind jedoch die Aufwendungen für den Stylus Stift von 30,24 Euro unter die Werbungskosten für digitale Arbeitsmittel zu subsumieren, da der Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit außer Streit steht (Stellungnahme des Finanzamtes vom ). Dieser Betrag ist dem in der Beschwerdevorentscheidung bereits berücksichtigten Betrag für Werbungskosten hinzuzurechnen, sodass insgesamt 2.006,03 Euro als Werbungskosten abzuziehen sind.
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Krankheitskosten des Steuerpflichtigen selbst erwachsen ihm aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Bezieht die Ehegattin eigene Einkünfte, so stellen Krankheitskosten bei ihr eine außergewöhnliche Belastung dar.
Im vorliegenden Fall stellen die zahnärztlichen Behandlungen des Bf iZm Zahnimplantaten außergewöhnliche Belastungen dar. Die Rechnung X. vom über 1.200 Euro ist daher - was auch der Ansicht des Finanzamtes in der Stellungnahme vom entspricht - gemeinsam mit den übrigen Zahnbehandlungskosten des Bf als außergewöhnliche Belastung in Höhe von insgesamt 3.395 Euro anzuerkennen.
Anders verhält es sich mit der Zahnarztrechnung vom für Behandlungskosten der Ehegattin in Höhe von 110 Euro. Ein Steuerpflichtiger könnte allenfalls im Rahmen seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung dazu angehalten sein, (Zahn)Arztkosten für seine Ehegattin zu tragen. Bezieht die Ehegattin jedoch eigene Einkünfte, so ist primär sie verpflichtet, diese Kosten selbst abzudecken.
Da die Einkünfte der Ehegattin im gegenständlichen Fall im Jahr 2022 höher als jene des Bf waren, trifft den Bf keine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Ehegattin. Es kommt daher die Berücksichtigung von Zahnarztkosten der Ehegattin als außergewöhnliche Belastung beim Bf von vorneherein nicht in Betracht, da mangels rechtlicher Verpflichtung des Bf zur Kostentragung die Voraussetzung der Zwangsläufigkeit iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 nicht gegeben ist.
Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von mehr als 14.600 Euro bis 36.400 Euro 10%. Er vermindert sich um je einen Prozentpunkt für jedes Kind iSd § 106 EStG 1988. Der Selbstbehalt beträgt daher im konkreten Fall 8% (2 Kinder).
Für die Berechnung des Selbstbehaltes ist § 34 Abs. 5 EStG 1988 zu beachten, wonach neben den zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 anzusetzen sind.
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Berechnung Selbstbehalt: | |
steuerpflichtige Bezüge | 28.391,01 |
sonstige Bezüge gemäß § 67 EStG, lt. Lohnzettel | 5.568,34 |
SV-Beiträge für sonst. Bezüge lt. Lohnzettel | -953,30 |
Gewerkschaftsbeiträge | -345,00 |
Werbungskosten lt. BFG | -2.006,03 |
30.655,02 | |
Selbstbehalt 8% | 2.452,40 |
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Berechnung Einkommensteuer: | |
steuerpflichtige Bezüge | 28.391,01 |
Gewerkschaftsbeiträge | -345,00 |
Werbungskosten lt. BFG | -2.006,03 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 26.039,98 |
außergewöhnliche Belastungen lt. BFG | -3.395,00 |
Selbstbehalt 8% | 2.452,40 |
Einkommen | 25.097,38 |
Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 EStG: | |
0% für die ersten 11.000 | 0,00 |
20% für die weiteren 7.000,00 | 1.400,00 |
32,5% für die restlichen 7.097,38 | 2.306,65 |
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge | 3.706,65 |
Verkehrsabsetzbetrag | -400,00 |
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge | 3.306,65 |
Steuer für die sonstigen Bezüge lt. Bescheid | 239,70 |
Einkommensteuer | 3.546,35 |
anrechenbare Lohnsteuer | -4.573,88 |
Rundung | -0,47 |
Festgesetzte Einkommensteuer neu | -1.028,00 |
3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall betrafen die strittigen Beschwerdepunkte ausschließlich im Wege der Beweiswürdigung zu klärende Sachverhaltsfragen. Eine Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7102579.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
AAAAF-48713