Suchen Hilfe
Verfahrensleitender Beschluss, BFG vom 12.02.2025, RV/4100040/2025

Verständigung nach § 281a BAO in einem Verfahren betreffend Rückerstattung gemäß § 15 Abs. 2 COFAG-NoAG

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Eduard Edlinger Steuerberatung GmbH, Getreidegasse 13/Stg. 1/4, 9020 Klagenfurt/Wörthersee, zur Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückerstattung gemäß § 15 Abs. 2 COFAG-NoAG, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

I. Gemäß § 281a BAO werden die Parteien davon in Kenntnis gesetzt, dass nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes in gegenständlicher Beschwerdesache noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist. Die Beschwerde wird an das vorlegende Finanzamt Österreich rückgeleitet.

II. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

1. Zu Spruchpunkt I.

Am erließ das Finanzamt Österreich einen Rückerstattungsbescheid gemäß § 15 Abs. 2 COFAG-NoAG gegenüber der beschwerdeführenden Partei, in dem ausgesprochen wurde, dass gemäß §§ 13ff COFAG-NoAG ein Rückerstattungsanspruch iHv € 11.860,76 bestehe. Die Bescheidbegründung lautet wie folgt:

"Der Rückerstattungsanspruch gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 COFAG-NoAG berechnet sich wie folgt:

Die allgemeinen Antragsvoraussetzungen wurden nicht erfüllt, da das Unternehmen den geforderten Umsatzausfall von mindestens 30% (Richtlinienpunkt 3.1.7.) nicht erlitten hat. Im gegenständlichen Antrag wurden Umsätze im Vergleichszeitraum i. H. v. € 23.464,97 und Umsätze im Betrachtungszeitraum i. H. v. € 4.737.57 angegeben.
Im Rahmen der Außenprüfung wurde festgestellt, dass noch nicht abgerechnete Leistungen i. H. v. € 139.700,00, zwar verbucht, jedoch nicht in den Umsätzen des Betrachtungszeitraumes berücksichtigt wurden.
Gem. FAQ zum FKZ 800.000; Pkt B.IV.l. sind noch nicht abgerechnete Leistungen bei der Berechnung des Umsatzausfalles zu berücksichtigen, wenn sie in der Bilanz des Unternehmens zu aktivieren wären.
Die Aktivierung der nicht abgerechneten Leistungen ist aufgrund der Buchhaltung evident.
Ein Hinzurechnung der nicht abgerechneten Leistungen führt im Ergebnis dazu, dass kein Umsatzausfall vorliegt."

Diesem Bescheid ist eine Prüfung gem. § 6 Abs. 2 COVID-19-Förderprüfungsgesetz vorausgegangen, bei der in der Schlussbesprechung am seitens des steuerlichen Vertreters ua. festgehalten wurde, dass die noch nicht abgerechneten Leistungen bei der Antragstellung noch nicht absehbar gewesen seien. Die nicht abgerechneten Leistungen seien nicht werthaltig, da die installierte Photovoltaikanlage abgebrannt sei und der Zeitpunkt des Brandes nicht genau angegeben werden könne. Zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung habe die Anlage noch existiert.

Die gegen den Rückerstattungsbescheid am eingebrachte Beschwerde enthält folgende Begründung:

"Im zeitlichen Ablauf wurde zuerst der Fixkostenzuschuss auf Basis der damals bestehenden Richtlinien durch Vergleich von Umsätzen in bestimmten Zeiträumen und auf Grundlage von angefallenen Fixkosten ermittelt. Später wurde ein Punkt B.IV.1 als angebliche bloße Klarstellung (als Anmerkung 38: Korrektur eines Redaktionsversehens) in die Richtlinien aufgenommen. Der Fixkostenzuschuß wurde also richtlinienkonform erstellt, ein Gedanke an allenfalls einzubeziehende bestehende noch nicht abrechenbare Leistungen war damals nicht vorhanden. Das hätte auch wenig geändert, denn die Richtlinien gaben dazumals keinen Hinweis auf eine entsprechend nötige Korrektur von Vergleichsgrößen. Eine Änderung von Richtlinien mit rückwirkender Geltung widerspricht den Grundsätzen der Rechtsordnung in Österreich, dies sodann als Klarstellung zu bezeichnen, ist ein untauglicher Versuch, die Rückwirkung zu kaschieren. Wir begehren daher die Aufhebung des bezeichneten Bescheides, der mit Verfassung und der Rechtsordnung im Allgemeinen und auch mit den Grundsätzen der BAO und des Steuerrechtes im Besonderen nicht im Einklang steht. Wir ersuchen um antragsgemäße Erledigung unserer Beschwerde."

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor ohne zuvor eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen. Das Finanzamt stützte die direkte Vorlage auf § 262 Abs. 3 BAO, da ausschließlich die Gesetzwidrigkeit der Verordnung zum FKZ 800T behauptet werde.

Rechtslage

Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist - im Allgemeinen - nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid über Bescheidbeschwerden abzusprechen.

Gemäß § 262 Abs. 2 BAO hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

§ 262 Abs. 3 BAO lautet wie folgt:

"Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen."

Weiters ist gemäß § 262 Abs. 4 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

§ 281a BAO lautet wie folgt:

Wenn das Verwaltungsgericht nach einer Vorlage (§ 265) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, hat es die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

Erwägungen

Im gegenständlichen Fall wurde in der Beschwerde kein Antrag auf Unterlassung der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 2 BAO gestellt.

Die belangte Behörde stützt die direkte Vorlage ausdrücklich auf § 262 Abs. 3 BAO und führte dazu im Vorlagebericht aus, dass in der Beschwerde ausschließlich die Gesetzwidrigkeit der Verordnung zum FKZ 800T behauptet werde.

Die in § 262 Abs. 3 BAO enthaltene Aufzählung ist taxativ (Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I [3. Aufl.], Rz 13 zu § 262 BAO). Schon nach dem Wortlaut umfasst § 262 Abs. 3 BAO daher nicht den Fall, dass in einer Beschwerde behauptet wird, innerstaatliche Bestimmungen würden gegen Unionsrecht verstoßen. Auch eine analoge Anwendung des § 262 Abs. 3 BAO auf derartige Fälle kommt nicht infrage (vgl. ).

Werden in der Bescheidbeschwerde auch andere als die in § 262 Abs. 3 BAO aufgezählten Gründe wie zB die rechtswidrige Anwendung einer Abgabenvorschrift für das Vorliegen einer Rechtswidrigkeit geltend gemacht, kommt die Ausnahme von der Verpflichtung der Abgabenbehörde zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht zum Tragen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 262 Tz 11; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 262 Anm 8).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu einer Beschwerde in der dargelegt wurde, dass die "Nachverrechnung aufgrund der GPLA" aus zwei Gründen unrechtmäßig sei: Einerseits weil die Bestimmung des § 4 Abs. 6 der Sachbezugswerteverordnung auf Mitarbeiter von KFZ-Händlern nicht anwendbar sei, andererseits weil die genannte Bestimmung dem EStG widerspreche und ihr damit eine gesetzliche Grundlage fehle, entschieden, dass damit nicht ausschließlich ("lediglich") die (teilweise) Gesetzwidrigkeit der Sachbezugswerteverordnung geltend gemacht wurde und der Tatbestand des § 262 Abs. 3 BAO nicht erfüllt war. Mangels Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmungen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO wäre die Abgabenbehörde verpflichtet gewesen, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen. Da das Bundesfinanzgericht dies verkannte und über die Beschwerde der Revisionswerberin absprach, nahm es eine Zuständigkeit in Anspruch, die ihm nicht zukam. Dadurch belastete es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichts (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall wird in der Beschwerde ebenfalls neben der Gesetzwidrigkeit einer Verordnung (hier: Verordnung gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines begrenzten Fixkostenzuschusses bis EUR 800.000 durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), (VO über die Gewährung eines FKZ 800 000), BGBl. II Nr. 497/2020, in der Fassung BGBl. II Nr. 73/2021 vom ) und Verfassungswidrigkeit auch ein Verstoß des Bescheides gegen "die Grundsätze der BAO und des Steuerrechtes im Besonderen" und damit gegen einfachgesetzliche Regelungen - auch wenn diese Verstöße nicht näher konkretisiert wurden - geltend gemacht.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes liegt damit ein Fall, in dem eine Beschwerdevorentscheidung ausnahmsweise zu unterbleiben hat, nicht vor und sind die Parteien daher gemäß § 281a BAO formlos zu verständigen, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (190 BlgNR 26. GP 56) wurde zu dieser Bestimmung auszugsweise wie folgt ausgeführt:

"Wenn wegen einer fehlenden Beschwerdevorentscheidung oder wegen eines fehlenden Vorlageantrages eine Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde oder des Vorlageantrages trotz erfolgter Vorlage (§ 265) nicht auf das Verwaltungsgericht übergehen konnte, besteht kein Erfordernis, dass das Verwaltungsgericht darüber einen Unzuständigkeitsbeschluss fasst (vgl. ). Auch aus Gründen des Rechtsschutzes ist es nicht erforderlich, über eine Unzuständigkeit durch das Verwaltungsgericht mittels eines Feststellungsbeschlusses abzusprechen. Im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens soll das Verwaltungsgericht eine ihm von der Abgabenbehörde (zumeist nur irrtümlich) vorgelegte Beschwerde, über die es seiner Ansicht nach in Ermangelung einer Beschwerdevorentscheidung oder eines Vorlageantrages nicht zu entscheiden hat, der Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken und den Beschwerdeführer davon verständigen. Die neue Verständigungspflicht gemäß § 281a BAO soll, insbesondere im Hinblick auf die Verständigung des Beschwerdeführers vom Zeitpunkt und Inhalt der zunächst erfolgten Vorlage, gewährleisten, dass beide Parteien rasch und einfach mittels formloser Mitteilung des Verwaltungsgerichtes davon Kenntnis erlangen, dass sich das Verwaltungsgericht für unzuständig hält."

Der Gesetzgeber geht somit davon aus, dass in den genannten Fällen das Verwaltungsgericht die vorgelegte Beschwerde an die Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken soll, was der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge bereits kraft eines Größenschlusses aus § 53 iVm § 2a BAO folgt. § 281a BAO sieht in diesem Zusammenhang (lediglich) die ausdrückliche Verpflichtung des Verwaltungsgerichts vor, die Parteien über diese Weiterleitung zu verständigen (vgl , mwN).

Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen. Wenn § 281a BAO vorsieht, dass die Verständigung "formlos" erfolgen soll, so ist dies dahin zu verstehen, dass eine bestimmte Form hiefür nicht vorgesehen ist. Zweckmäßig erfolgt diese Verständigung dadurch, dass eine Ausfertigung des verfahrensleitenden Beschlusses (samt Begründung, in der die Ansicht des Bundesfinanzgerichts dargelegt wird) den Parteien zugestellt wird (vgl , mwN).

2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist demnach eine abgesonderte Revision nicht zulässig (vgl zB ; , Ra 2018/03/0072, mwN). Gleiches gilt auch für die "formlose" Verständigung über die Weiterleitung (Rückleitung) samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichts, die der Bekanntgabe des Inhalts des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht ().

Belehrung und Hinweise

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).

Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei ) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen ().

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 262 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 15 Abs. 2 COFAG-NoAG, COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz, BGBl. I Nr. 86/2024
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.4100040.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
SAAAF-48691