Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Beschwerden
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr*** vertreten durch die ***A*** Steuerberatung GmbH, ***StV-Adr***, über die Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2016 und 2017, ***Bf-StNr***, beschlossen:
Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Mit am über FinanzOnline in die DataBox des Beschwerdeführers eingebrachten Bescheiden setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2016 und 2017 fest, wobei jeweils anstelle der beantragten Werbungskosten das Vertreterpauschale in Höhe von 2.190,00 € berücksichtigt wurde.
2. Am brachte die steuerliche Vertretung über FinanzOnline ein Ansuchen um Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 bis zum ein. Darüber hat das Finanzamt nicht mit Bescheid abgesprochen.
3. Mit am elektronisch eingebrachtem Anbringen ersuchte die steuerliche Vertretung um eine weitere Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum . Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag als verspätet eingebracht zurück.
4. Mit Schreiben vom erhob die steuerliche Vertretung gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 Beschwerde und beantragte die Berücksichtigung im Einzelnen angeführter Werbungskosten.
5. Das Finanzamt wies die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen vom unter Verweis auf die am 20. 0ktober 2022 abgelaufene Frist für die Einbringung als verspätet zurück.
6. Mit als Vorlageantrag zu wertendem Schreiben vom beantragte die steuerliche Vertretung, die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 als fristgerecht eingebracht zu behandeln und die geltend gemachten Werbungskosten anzuerkennen. Die vom Finanzamt angeführte verspätete Einreichung des Fristverlängerungsantrages sei darin begründet, dass er krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, auf den Ablauf der Beschwerdefrist zu reagieren und die Verlängerung der Beschwerdefrist rechtzeitig zu beantragen. Erst als er sich wieder halbwegs erholt gehabt habe, habe er am den Fristverlängerungsantrag beim Amt einreichen können. Erschwerend sei noch hinzugekommen, dass sein Bruder schwer erkrankt und im Dezember 2022 verstorben sei. Er beantrage, den Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2016 und 2017 Folge zu geben und die um zwei Tage verspätet eingereichten Fristverlängerungsansuchen als fristgerecht eingebracht zu werten. Die Steuerbescheide für die Jahre 2016 und 2017 seien inhaltlich rechtswidrig, da die beantragten Kilometergelder ua. deshalb nicht anerkannt worden seien, weil die angeführten Kilometerstände mit den Ständen laut Serviceheft nicht übereingestimmt hätten. Nach Überprüfung sei festgestellt worden, dass dies ausschließlich ein Fahrzeug und ausschließlich den Jänner 2016 betreffe, da beim Anfangsstand infolge eines Zahlensturzes ein falscher Wert angeführt worden sei. Diese neuen Erkenntnisse würden bereits zu einer gravierenden Änderung der Steuerbescheide führen. Das vom Finanzamt berücksichtigte Vertreterpauschale decke bei weitem nicht die beantragten tatsächlichen Werbungskosten ab und lägen somit unrichtige Steuerbescheide vor.
7. Mit an das Finanzamt gerichtetem Schreiben vom stellte die steuerliche Vertretung unter Hinweis auf die Belastung des Beschwerdeführers ua. infolge der seit Jahren unerledigten Veranlagungen der Jahre 2016 und 2017 Eventualanträge auf Berücksichtigung nur mehr eines Teiles der ursprünglich geltend gemachten Werbungskosten.
II. Rechtliche Würdigung
Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist (lit. a) oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b).
Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat. Nach § 245 Abs. 3 BAO ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.
Nach § 245 Abs. 4 BAO beginnt die Hemmung des Fristenlaufes mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung (Abs. 3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den Fällen des Abs. 3 kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.
Gemäß § 108 Abs. 2 erster Satz BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Beginn und Lauf einer Frist werden nach § 108 Abs. 3 BAO durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
Für den Beginn der Frist ist nach § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem die behördliche Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).
Gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.
Elektronisch zugestellte Dokumente gelten nach § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
Im Falle von über FinanzOnline übermittelten Dokumenten gilt die Zustellung nach Lehre und Rechtsprechung somit grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Data-Box als bewirkt (vgl. , sowie Ritz/Koran, BAO7, § 98 Tz 4, mwN). Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zustellung ist, dass der Empfänger Zugang zu diesem Speicherbereich hat (vgl. , mwN).
Im Beschwerdefall steht außer Streit, dass die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 am über FinanzOnline in die DataBox des Beschwerdeführers eingebracht und damit wirksam zugestellt wurden. Aufgrund des Fristerstreckungsantrages vom wurde der Lauf der Beschwerdefrist, die mit Ablauf des geendet hätte, gemäß § 245 Abs. 3 BAO gehemmt. Nach § 245 Abs. 4 zweiter Satz BAO kann die Hemmung iSd § 245 Abs. 3 BAO nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt worden ist, abläuft. Diese Regelung kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Abgabenbehörde - wie im Beschwerdefall - über einen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist nicht bis zum beantragten Fristende entschieden hat (vgl. , mwN). Die Beschwerdefrist war somit bis zum , ein Donnerstag, gehemmt und hat, nachdem das Fristende nicht auf einen der in § 108 Abs. 3 zweiter Satz BAO angeführten Tage gefallen ist, mit Ablauf dieses Tages geendet. Der Fristverlängerungsantrag vom wurde somit erst nach Ablauf der Beschwerdefrist gestellt. Dies wird auch von der steuerlichen Vertretung nicht in Abrede gestellt. Damit kam dem Fristverlängerungsantrag vom aber keine fristhemmende Wirkung mehr zu, kann ein Antrag auf Fristverlängerung rechtswirksam doch nur innerhalb der (noch offenen) Rechtsmittelfrist gestellt werden (vgl. , sowie Ritz/Koran, BAO7, § 245 Rz 14, mwN).
Vor dem Hintergrund dieser Sach- und Rechtslage wurden die Beschwerden vom , beim Finanzamt eingegangen am , sohin verspätet eingebracht und waren daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen.
Eine Entscheidung über die Beschwerden in der Sache ist damit nicht zulässig (vgl. , und ). Eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen betreffend die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Bescheide erübrigt sich daher und war an dieser Stelle sohin auch den mit Schreiben vom gestellten Eventualanträgen nicht näher zu treten.
Die Ausführungen betreffend die Gründe für den verspätet eingebrachten Fristverlängerungsantrag vermögen daran nichts zu ändern, besteht doch für eine nachträgliche Erstreckung einer bereits abgelaufenen Beschwerdefrist bzw. dafür, einen nach Ablauf der maßgeblichen Frist übermittelten Antrag als fristgerecht eingebracht anzusehen, kein Raum. Die angeführten Gründe hätten im Hinblick auf die versäumte Frist allenfalls einen Antrag auf Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO zu begründen vermögen.
III. Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beurteilung, ob die Beschwerden fristgerecht eingebracht wurden, erfolgte auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen. Die Rechtsfolge der Zurückweisung einer verspätet eingebrachten Beschwerde wiederum ergibt sich unmittelbar aus § 260 Abs. 1 BAO. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG wird durch diesen Beschluss somit nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.1100087.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
IAAAF-48690