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Verfahrensleitender Beschluss, BFG vom 14.02.2025, RV/7100078/2025

Unklares Anbringen ist kein - verfristeter - Vorlageantrag

Entscheidungstext

Verständigung

Das Bundesfinanzgericht teilt durch den Richter Dr. Hans Blasina in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, zur Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2022, Steuernummer ***BF1StNr1*** mit:

Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts wurde in Bezug auf die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2022 kein Vorlageantrag eingebracht.

Die Parteien werden hierüber gemäß § 281a BAO formlos in Kenntnis gesetzt.

Begründung

1. Sachverhalt

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom hat der Beschwerdeführer (Bf) am über FinanzOnline Beschwerde erhoben. Darüber hat die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am selben Tag über FinanzOnline, abgesprochen.

Mit Eingabe über FinanzOnline vom unter dem Betreff "Steuererklärungen 2020 2021 2022 2023 Nachreichung der Unterlagen" bringt der Bf vor, er habe bereits am per Post Unterlagen übermittelt, die er nunmehr elektronisch nochmals vorlege. Beigelegt sind dem Schreiben Dokumente vom , die jeweils als "Beschwerde" tituliert sind und sich gegen die Einkommensteuerbescheide 2020-2023 richten. Das Jahr 2022 betreffend macht er "ergänzende absetzbare Werbungskosten" im Gesamtausmaß von 1.415 Euro geltend.

Die belangte Behörde hat dieses Anbringen betreffend das Jahr 2022 als Vorlageantrag gewertet und dem Bundesfinanzgericht den Akt am zur Entscheidung vorgelegt.

Auf Nachfrage des Bundesfinanzgerichtes beim Bf, ob es sich um einen Vorlageantrag, einen Antrag auf Bescheidaufhebung nach § 299 BAO, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 303 BAO) oder einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 308 BAO) handle, gibt dieser per Mail vom bekannt, hiermit stelle er gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2021, 2022 und 2023.

2. Beweiswürdigung.

Der Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus dem Akt.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

Nach der Äußerung des Bf vom hat er nicht beabsichtigt, einen Vorlageantrag zu stellen. Daher werden die Parteien hiermit darüber informiert, dass eine Erledigung mangels Vorlageantrages nicht erfolgt.

Für das Bundesfinanzgericht war auch ohne die Äußerung des Bf zweifelhaft, ob es sich um einen Vorlageantrag handeln könnte, denn

  • einen Einkommensteuerbescheid 2022 vom gibt es nicht;

  • ein Anbringen betreffend Einkommensteuer 2022 kann sich nur gegen die Beschwerdevorentscheidung vom richten;

  • gegen eine Beschwerdevorentscheidung ist ein Vorlageantrag zu richten, keine Beschwerde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dem Anbringen einer Partei, welches sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, im Zweifel nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (zB ; , Ra 2018/16/0102; , Ra 2018/15/0036; , Ra 2019/15/0005; , Ra 2019/16/0073; , Ra 2018/16/0042; , Ra 2020/13/0046).

Indem die belangte Behörde die gegenständliche Eingabe als Vorlageantrag gemäß § 264 BAO auslegte, obwohl ein solcher aufgrund des Fristablaufs zwingend zurückzuweisen wäre, während eine andere Auslegung - nämlich insbesondere eine Auslegung als Antrag gemäß § 299 BAO - dem Bf zu einer materiellen Entscheidung verhelfen könnte, hat sie diesen Grundsatz missachtet.

Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens hat die Abgabenbehörde - im Hinblick auf § 115 BAO - die Absicht der Partei zu erforschen (zB ; , 2010/15/0035; , 2011/13/0082; , Ra 2019/15/0005; , Ra 2020/13/0046). Es obliegt somit der belangten Behörde, zu beurteilen, ob ein Antrag gemäß § 299 BAO oder ein auf einen anderen Verfahrenstitel gestützter Antrag vorliegt. Gegebenenfalls wird die belangte Behörde dann über diesen Antrag entscheiden müssen (vgl ).

Gegen diese Verständigung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig (vgl ).

Belehrung und Hinweise

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).

Verneint das Bundesfinanzgericht zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle an einer Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei ) des Verfahrens der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen ().

Zum Vorbringen des - unvertretenen - Beschwerdeführers, es handle sich um einen Antrag auf Wiederaufnahme, sei angemerkt, dass dieser wenig erfolgversprechend erscheint, weil für ihn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sein müssen.

Es steht dem Beschwerdeführer aber binnen eines Jahres ab Bekanntgabe der Beschwerdevorentscheidung die Möglichkeit offen, beim zuständigen Finanzamt dagegen einen Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 BAO zu stellen, wenn sich der Spruch als nicht richtig erweist. Für diesen - schriftlich oder über FinanzOnline einzubringenden - Antrag hat er daher noch bis Zeit.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100078.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
EAAAF-48499