1. Erhöhte Familienbeihilfe 2. Zeitpunkt des Eintritts der erheblichen Behinderung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, betreffend erhöhte Familienbeihilfe für das Kind ***K.***, VNR: **********, für den Zeitraum Oktober 2012 bis Dezember 2022 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte mit dem am beim Finanzamt eingebrachten Formular "Beih 3" die Zuerkennung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung für ihren Sohn ***K.*** ab der Geburt im Oktober 2012. Als erhebliche Behinderung bzw. Erkrankung gab sie "Asperger-Syndrom" an.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag für die Zeiträume Oktober 2012 bis Dezember 2022 ab, weil beim Sohn der Bf. ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 v. H. erst ab Jänner 2023 festgestellt worden sei.
Es wurde auf das im Wege des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) erstellte ärztliche Sachverständigengutachten vom , VOB: ***GA1***, verwiesen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Beim Asperger-Syndrom handle es sich um eine Entwicklungsstörung, die bereits von Geburt an bestehe. Daher dauere die Behinderung bereits seit mehr als drei Jahren an. Sie sei lediglich später festgestellt worden. Wie die Behörde bereits erwähnt habe, sei der Grad der Behinderung in der Höhe von 50 Prozent vom Sozialministeriumservice bereits bestätigt worden. Aufgrund dieser Fakten seien alle Voraussetzungen erfüllt, dass die Bf. die erhöhte Familienbeihilfe für ihren Sohn auch rückwirkend (vor dem Jänner 2023) erhalte.
Das Finanzamt wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, weil laut übermittelten Daten des Sozialministeriumservice beim Sohn der Bf. neuerlich eine Behinderung im Ausmaß von 50 v.H. ab Jänner 2023 festgestellt worden sei.
Dagegen richtet sich der über FinanzOnline fristgerecht eingebrachte Vorlageantrag vom , in dem die Bf. zur Begründung sinngemäß Folgendes vorbringt :
Nur weil es für die Zeit vor der Diagnoseerstellung keine Befunde gebe, bedeute dies nicht automatisch, dass es keine Schwierigkeiten gegeben habe. Das Asperger-Syndrom sei erblich bedingt und nicht erworben. Diese Form des Autismus werde daher meist erst im Vorschul- oder Schulalter deutlich. Der Sohn der Bf. habe bereits vor der Diagnose Schwierigkeiten in der Schule gehabt (z.B. bei sozialen Interaktionen). Damals habe aber nichts auf Autismus hingewiesen. Dass der Sohn der Bf. die Diagnose überhaupt erhalten habe, sei purer Zufall gewesen. Er sei zu dieser Zeit im Rahmen einer klinischen Diagnostik auf Legasthenie und Dyskalkulie getestet worden.
Das Finanzamt legte in der Folge mit Vorlagebericht vom die Beschwerde samt den Verfahrensakten dem Bundesfinanzgericht vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass beim Kind ***K.***, VNR: **********, eine erhebliche Behinderung im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 mit einem Grad von mindestens 50 v. H. ab Jänner 2023 vorliegt.
2. Rechtslage
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.
Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 1 FLAG 1967 nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird, und wird danach abgestuft in § 8 Abs. 2 FLAG 1967 näher festgelegt.
Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich monatlich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um die dort näher angeführten Beträge.
Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v. H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Die erhebliche Behinderung ist spätestens alle fünf Jahre neu festzustellen, wenn nach Art und Umfang eine mögliche Änderung zu erwarten ist (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967).
Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) dem Finanzamt Österreich durch eine Bescheinigung auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die Kosten für dieses ärztliche Sachverständigengutachten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen (§ 8 Abs. 6 FLAG 1967).
Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt und ist die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4 leg. cit.) besonders zu beantragen.
Nach Absatz 2 der bezeichneten Gesetzesstelle wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In Bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.
Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal (§ 10 Abs. 3 und 4 FLAG 1967).
Unter Behinderung im Sinne der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, ist nach deren § 1 die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt.
3. Beweiswürdigung
Der Verfahrensgang und der dargestellte Sachverhalt ergeben sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten, aus den nachstehend angeführten ärztlichen Sachverständigengutachten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.
Der Grad der Behinderung ist vor der Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht durch folgende ärztliche Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle OÖ (Sozialministeriumservice) festgestellt worden:
Erstgutachten vom , VOB: ***GA1***, GdB 50 v. H. ab 01/2023, und
Zweitgutachten vom , VOB: ***GA2***; GdB 50 v. H. ab 01/2023.
Im zuletzt angeführte Sachverständigengutachten vom heißt es (auszugsweise):
"[…]
[...]
[...]
Gutachten erstellt am von ***Dr1***
Gutachten vidiert am von ***DR2***"
Im ärztlichen Erstgutachten vom stellte der Gutachter beim Sohn der Bf. als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung die dort näher angeführten Funktionseinschränkungen (Asperger-Syndrom) fest. Der Grad der Behinderung wurde ab Jänner 2023 mit 50 v H. bestimmt.
Dass der Sohn der Bf. voraussichtlich dauernd außerstande wäre, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, haben weder die Gutachter festgestellt noch wird solches von der Bf. behauptet.
Der medizinische Sachverständige hat seine im Gutachten getroffenen Feststellungen ausreichend begründet und die von der Bf. vorgelegten Befunde und Unterlagen berücksichtigt.
Hinsichtlich der rückwirkenden Anerkennung eines Grades der Behinderung von 50 v.H. vor dem Zeitpunkt der Untersuchung im Rahmen des Erstgutachtens am bezog sich der Gutachter auf das vorgelegte klinisch-psychologische Gutachten ***GA_01/2023***.
Auch das Zweitgutachten vom begründete die rückwirkenden Anerkennung eines Grades der Behinderung von 50 v.H. ab Jänner 2023 mit dem bereits genannten klinisch-psychologischen Befund, ***GA_01/2023***, vom ***1/2023***. Die begutachtende medizinische Sachverständige stellte fest, dass eine rückwirkende Anerkennung vor 01/2023 aufgrund fehlender aussagekräftiger Befunde nicht beurteilt werden könne.
Die Parteien haben die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde oder dem Verwaltungsgericht aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. ). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH, dass durch die Vorlage von Privatgutachten oder weiterer Befunde die Schlüssigkeit der vom Sozialministeriumservice eingeholten Gutachten widerlegt werden könnte (z.B. ; ).
In der Beschwerde und im Vorlageantrag wird vorgebracht, beim Asperger Syndrom handle es sich um eine Entwicklungsstörung, die bereits von Geburt an bestehe. Die Diagnose sei zufällig erfolgt. Das Asperger-Syndrom sei nicht erst im Jänner 2023 aufgetreten. Beeinträchtigungen, insbesondere in der Schule und bei sozialen Interaktionen, seien bereits zu früheren Zeitpunkten aufgetreten.
Mit diesem Vorbringen wird jedoch nicht aufgezeigt, dass das Finanzamt zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass beim Sohn der Bf. bereits in den Zeiträumen vor Jänner 2023 eine erhebliche Behinderung im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 vorlag.
Autismus und Asperger-Syndrom zählen zu den sogenannten Störungen des Autismus-Spektrums. Dabei treten vor allem Probleme in der Kommunikation und im sozialen Miteinander auf. Der Beginn ist in der frühen Kindheit. Jedoch ist es möglich, dass sich stärkere Symptome auch manchmal erst im späteren Kindesalter oder im Erwachsenenalter bemerkbar machen. Die Beeinträchtigungen können sich im Lauf des Lebens verändern (Quelle: https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/psyche/autismus-asperger.html#asperger-syndrom).
Der Verwaltungsgerichtshof stellte im Erkenntnis , in einem Fall, wo die Tochter der Beschwerdeführerin am Asperger-Syndrom leidet, fest, dass eine Behinderung iSd § 8 Abs. 5 FLAG 1967 mit einen Grad von mindestens 50 v.H. durchaus die Folge einer Krankheit sein könne, die schon seit längerem vorliege (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiere. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche einen Grad von mindestens 50 v.H. aufweise, sei der Tatbestand des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erfüllt. Mithin komme es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußere, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führe. Maßgeblich sei der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintrete, welche einen Grad von mindestens 50 v.H. erreiche (vgl. auch , ).
Nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung in § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ist eine "erhebliche Behinderung" nicht nach der zugrundeliegenden Ursache, sondern nach der vorhandenen Funktionsbeeinträchtigung zu beurteilen. Auch nach § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die "Auswirkung" der Funktionsbeeinträchtigung zu verstehen und ist das Ausmaß dieser Auswirkungen als Grad der Behinderung zu beurteilen.
Im Beschwerdefall steht außer Streit, dass beim Sohn der Bf. Beeinträchtigungen in der Schule und bei sozialen Interaktionen bereits zu früheren Zeitpunkten, d.h. vor Jänner 2023, aufgetreten sind. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sich der Grad der Behinderung auch hinsichtlich seiner zeitlichen Festlegung, also ab wann der jeweilige Grad der Behinderung vorliegt, nicht nach der ursprünglichen Ursache, sondern nach der jeweils (je nach Alter) vorhandenen Beeinträchtigung richtet. Die Diagnose Asberger-Syndrom hat daher nicht - wie in der Beschwerde und im Vorlageantrag sinngemäß vorgebracht wurde - die Annahme eines Eintritts einer erheblichen Behinderung bereits ab der Geburt zur Folge.
Liegen keine aussagekräftigen Befunde für bestimmte vergangene Zeiträume vor, ist es einem ärztlichen Gutachter in der Regel nicht möglich, für solche Zeiträume das Vorliegen einer erheblichen Behinderung festzustellen. Ein Sachverständiger kann in derartigen Fällen lediglich auf Grund von Indizien in Verbindung mit seinem spezifischen Fachwissen Rückschlüsse ziehen, zu welchem Zeitpunkt eine erhebliche Behinderung im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 eingetreten ist.
Auch das Ausmaß eines Entwicklungsrückstandes kann sich abhängig vom Alter des Kindes verschieden darstellen, da die jeweils zu beherrschenden und erwarteten Fähigkeiten des Kindes sich altersbedingt wesentlich voneinander unterscheiden.
Vor diesem Hintergrund ist es jedoch nicht als unschlüssig anzusehen, dass sich die medizinischen Sachverständigen des Sozialministeriumservice auf die von der Bf. vorgelegten Befunde stützten und eine rückwirkende Anerkennung des Gesamtgrades der Behinderung von mindestens 50 v.H. mit dem vorgelegten klinisch-psychologischen Befund, ***GA_01/2023***, vom ***1/2023*** annahmen.
Auch das Bundesfinanzgericht sieht es daher als erwiesen an, dass beim Sohn der Bf. erst für die Zeiträume ab Jänner 2023 ein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. und somit das Vorliegen einer erheblichen Behinderung im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 festgestellt werden konnte.
4. Rechtliche Beurteilung
Strittig ist im Beschwerdefall, ob für die Bf. in den vom angefochtenen Bescheid umfassten Zeiträumen ein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe (§ 8 Abs. 4 FLAG 1967) besteht, weil ihr Sohn erheblich behindert im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ist.
Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides umfasst die Anspruchszeiträume Oktober 2012 bis Dezember 2022.
Die Bf. brachte den Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung am ein.
Nach § 10 Abs. 3 FLAG 1967 ist für Zeiträume, die weiter als fünf Jahre, gerechnet vom Beginn des Monats der Antragstellung, zurückliegen, Familienbeihilfe nicht zu gewähren. Mit Ablauf dieser Frist ist der Anspruch auf Familienbeihilfe für weiter zurückliegende Zeiträume erloschen (vgl. ). Die Begrenzung des Beihilfenanspruches für vergangene Zeiträume ist vom Zeitpunkt des Antrages um Beihilfengewährung an zu berechnen (vgl. )
Im Beschwerdefall ist daher im Hinblick auf die Fünfjahresfrist des § 10 Abs. 3 FLAG 1967 der Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe für die Zeiträume Oktober 2012 bis Mai 2018 erloschen.
Voraussetzung für die Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe ist das Vorliegen einer erheblichen Behinderung im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 mit einem Grad von mindestens 50 v.H.
Den Zeitpunkt des Eintritts einer erheblichen Behinderung hat die belangte Behörde aufgrund der ihr vorliegenden Gutachten mit Jänner 2023 angenommen.
Durch die Bestimmung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 hat der Gesetzgeber die Feststellung des Grades der Behinderung der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt. Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und können von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen (). Daraus folgt, dass de facto eine Bindung an die Feststellungen der im Wege des Bundessozialamtes (Sozialministeriumservice) erstellten Gutachten gegeben ist. Die Tätigkeit der Behörden hat sich daher im Wesentlichen auf die Frage zu beschränken, ob die Gutachten als schlüssig, vollständig und nicht einander widersprechend anzusehen sind (z.B. mit Hinweis auf , und ; Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 29).
Auch das Bundesfinanzgericht hat somit für seine Entscheidung die ärztlichen Sachverständigengutachten heranzuziehen, sofern diese als vollständig und schlüssig anzusehen sind.
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zur Beweiswürdigung (Punkt 3.) ergibt erachtet das Bundesfinanzgericht nach eingehender Befassung mit den Gutachten die darin getroffenen Feststellungen als vollständig, schlüssig und nachvollziehbar und sieht auch keinen Widerspruch in den Gutachten.
Die belangte Behörde hat sich daher zu Recht an den in den Gutachten enthaltenen Zeitpunkt gehalten, zu dem das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen des Sohnes der Bf. einen Grad von 50 v.H. erreicht habe.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
5. Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt ().
Das vorliegende Erkenntnis beruht im Wesentlichen auf der Beweiswürdigung, ob und in welchen Zeiträumen beim Sohn der Bf. eine erhebliche Behinderung im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 vorliegt.
Weder die im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen noch die einzelfallbezogene rechtliche Beurteilung weisen eine Bedeutung auf, die über den Beschwerdefall hinausgeht.
Die Revision ist daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 10 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100500.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
DAAAF-48469