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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.02.2025, RV/7103383/2023

Zeitpunkt des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7103383/2023-RS1
Bei gesunden, arbeitsfähigen Personen können lange Zeiten der Arbeitslosigkeit und nur kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse auf eine mangelnde Qualifikation am Arbeitsmarkt oder auf eine mangelnde Arbeitswilligkeit hindeuten. Ist jedoch eine Person psychisch in einem derartigen Ausmaß erheblich krank, dass ihre nunmehrige Erwerbsunfähigkeit feststeht, hat die Annahme, dass es sich bei einigen wenigen kurzen Arbeitsverhältnissen um bloße Arbeitsversuche gehandelt hat und die Person originär erwerbsunfähig gewesen ist, den weitaus höheren Grad der Wahrscheinlichkeit für sich als die Annahme, die fehlende Fähigkeit dieser Person, einem geregelten Erwerb nachzugehen, sei in der Vergangenheit bloß durch die Faulheit dieser Person und nicht durch ihre psychische Erkrankung bedingt gewesen.
RV/7103383/2023-RS2
Es wäre widersprüchlich, wenn eine Behörde, die Pensionsversicherungsanstalt, eine originäre Erwerbsunfähigkeit einer Person feststellt, eine andere Behörde, das Finanzamt, dies hinsichtlich dieser Person aber verneint. Es besteht zwar keine Bindungswirkung einer Feststellung nach § 255 Abs. 7 ASVG in einem Verfahren der Zuerkennung von Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967. Es bedarf aber gewichtiger Gründe für ein Abweichen der Beihilfenbehörde von einer bescheidmäßig getroffenen Feststellung einer originären Erwerbsunfähigkeit bei gleichem Sachverhalt durch die Pensionsbehörde.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerden des ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, vertreten durch den Erwachsenenvertreter Dr. Christian Burghardt, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Am Hof 3/1/18, 1. vom , Postaufgabe , gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , Ordnungsbegriff ***5***, womit der am eingebrachte Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für den im Jänner 1984 geborenen Beschwerdeführer ab November 2017 abgewiesen wurde, und 2. vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , Ordnungsbegriff ***5***, womit der am eingebrachte Antrag auf Familienbeihilfe für den Beschwerdeführer ab November 2017 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide vom und vom werden gemäß § 279 BAO ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Anträge vom

Am langten beim Finanzamt Österreich zwei durch den Erwachsenenvertreter für den Beschwerdeführer (Bf) ***1*** ***2*** gestellte Anträge ein:

Antrag auf Familienbeihilfe

Mit dem Formular Beih 1-PDF wurde für den im Jänner 1984 geborenen ledigen Bf Familienbeihilfe ab November 2017 beantragt. Beigefügt war eine Auskunft aus dem Zentralen Melderegister, wonach der Bf an der im Spruch genannten Adresse seinen aktuellen Hauptwohnsitz habe.

Antrag auf Erhöhungsbetrag

Mit dem Formular Beih 3-PDF wurde für den Bf Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung ab November 2017 gestellt. Dieser leide an der Schizotypen Störung F21.0 und beziehe seit November 2018 Pflegegeld von der PVA.

Beigefügt war eine Kopie der Bestellungsurkunde des Bezirksgerichts Liesing vom August 2016, wonach der im Spruch genannte Rechtsanwalt gemäß § 268 ABGB zum Sachwalter bestellt wurde, unter anderem zur Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern, eine Kopie des Reisepasses des Bf, eine Kopie der Geburtsurkunde und ein Begleitschreiben des Erwachsenenvertreters vom , wonach die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe ab November 2017 beantragt werde. Alle Zustellungen einschließlich Ladungen mögen an den Erwachsenenvertreter erfolgen.

Abweisungsbescheid (Erhöhungsbetrag)

Mit Bescheid vom , Ordnungsbegriff ***5***, wies das Finanzamt Österreich den am eingebrachten "Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung" für den im Jänner 1984 geborenen Beschwerdeführer ab November 2017 ab und führte dazu aus:

Anspruch auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung besteht, wenn ein Kind voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein.

Bei Ihnen ist das nicht der Fall.

Ihre Erwerbsunfähigkeit wurde mit festgestellt.

Hinweis

Im Zuge dieser Erledigung erstellte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen im Auftrag des Finanzamtes folgende Bescheinigung(en) über das Ausmaß der Behinderung, die Ihnen durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zugesendet wird/werden:

Name des Kindes / Datum / Geschäftszahl

***2*** ***1*** / / ***6***#***7***

Wird gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben, ist (sind) der Beschwerde die oben angeführte(n) Bescheinigung(en) beizulegen.

Beschwerde

Gegen den Bescheid vom erhob der Bf durch seinen Erwachsenenvertreter mit Schreiben vom , Postaufgabe , Beschwerde und führte dazu aus:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Gegen den Bescheid vom , zugestellt am , mit dem der Antrag vom auf Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag ab 11/2017 abgewiesen wurde, wird innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.

Geltend gemacht wird unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung.

Die Behörde begründet die Abweisung damit, dass die Erwerbsunfähigkeit beim Bf mit festgestellt wurde. Wie sie zu dieser Einschätzung gelangt, ist nicht nachvollziehbar, zumal dem Vertreter des Bf das Gutachten des BASB nicht zugestellt wurde.

Dem Bf wurden von der Pensionsversicherungsanstalt Waisenpensionen nach dem verstorbenen Vater und nach der verstorbenen Mutter zuerkannt (siehe Beilagen). Diese wurden zuerkannt, weil festgestellt wurde, dass der Bf über das 18.Lj. hinaus infolge Krankheit erwerbsunfähig ist.

Die Voraussetzungen des § 2 (1) lit c FLAG liegen somit vor.

Es wird daher beantragt, dem Bf die Leistung ab 11/2017 zuzuerkennen.

Beigefügt war die Kopie eines Bescheids der Pensionsversicherungsanstalt vom . Demnach stehen dem Bf nach dem Verstorbenen ***8*** ***2*** ab Februar 2023 gemäß §§ 86, 257, 260 ASVG und § 7 APG Waisenpension in Höhe von € 708,92 monatlich zu. Die Waisenpension gebühre über das 18. Lebensjahr hinaus, solange infolge Krankheit oder Gebrechens Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Laut einem weiterem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom steht dem Bf auch nach der Verstorbenen ***38*** ***39*** ab Oktober 2022 gemäß §§ 86, 257, 260 ASVG und § 7 APG Waisenpension in Höhe von € 517,93 zuzüglich Ausgleichszulage von € 512,56 monatlich zu. Aus der Information über die Anweisung ist ersichtlich, dass Pflegegeld Stufe 1 in Höhe von € 165,40 bzw. € 175,00 berücksichtigt wurde.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung entschied das Finanzamt Österreich gemäß § 263 BAO "betreffend der Beschwerde vom , eingelangt am von ***2*** ***1***, ***4***, ***3*** gegen den Abweisungsbescheid vom ", dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde:

Sie haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Bei Ihnen trifft dies nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut Metadaten des Sozialministeriumservice wurde bei Ihnen eine 30%ige Beeinträchtigung und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren Sie bereits 32 Jahre alt.

Ihre Beschwerde musste daher abgewiesen werden.

Vorlageantrag

Mit Schreiben des Erwachsenenvertreters vom , Postaufgabe am selben Tag, wurde vom Bf Vorlageantrag gestellt:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen.

Der Bf beantragt, die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Die Behörde begründet die Abweisung damit, dass die Erwerbsunfähigkeit beim Bf per festgestellt wurde. Wie sie zu dieser Einschätzung gelangt, ist nicht nachvollziehbar, zumal als dem Vertreter des Bf das Gutachten des BASB nicht zugestellt wurde. Der Vertreter des Bf vermutet, dass dieses Datum deshalb gewählt wurde, weil er zu diesem Zeitpunkt zum Sachwalter bestellt wurde, was für die (rückwirkende) Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit naturgemäß keine Bedeutung hat.

Dem Bf wurden, wie bereits in der Beschwerde ausgeführt, von der Pensionsversicherungsanstalt Waisenpensionen nach dem verstorbenen Vater und nach der verstorbenen Mutter zuerkannt. Diese Leistungen wurden zuerkannt, weil von medizinischer Seite festgestellt wurde, dass der Bf über das 18.Lj. hinaus infolge Krankheit erwerbsunfähig ist.

Gutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen

Folgende Gutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) sind aktenkundig:

Sachverständigengutachten vom 4.4./

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, erstattete am 4.4./ folgendes Gutachten über Bf:

Sachverständigengutachten
(mit Untersuchung)
nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010)


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Name der / des Untersuchten:
Geschlecht:
***1*** ***2***
Männlich
Geburtsdatum:
***9***
Verfahrensordnungsbegriff:
***10***
Wohnhaft in:
***4***
***3***
Österreich
Identität nachgewiesen durch (Amtl. Lichtbildausweis / ausstellende Behörde / Zahl):
-


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Rechtsgebiet:
Verfahren:
Familienlastenausgleich
Begutachtung durchgeführte am
In der Zeit
Untersuchung:

Von 08:45 bis 09:00 Uhr
In der Landesstelle des Sozialministeriumservice
Dolmetsch anwesend: NEIN
Name:
Begleitperson anwesend: NEIN
Begleitperson erforderlich
Name:
Nein
Name der / des Sachverständigen:
Dr. ***12*** ***13***
Fachgebiet der / des Sachverständigen:
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie

Anamnese:

Seit 2016 stehe er in Behandlung wegen paranoider Schizophrenie, 1-2x/a stehe er in FA Behandlung bei Dr. ***11*** ( kein Befund), HS Abschluss, keine Berufsausbildung, er habe mehrere Jobs gehabt, seit 2014 arbeite er nicht mehr, er habe von seinem Erbe gelebt.

Derzeitige Beschwerden:

fühlt sich unwohl unter Menschen .

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Risperdal 4mg/d

Sozialanamnese:

lebt alleine, I Pension, Pflegestufe 1, Erwachsenvertretung

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

OWS. Aufenthalt 7.7.- : paranoide Schizophrenie

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Ernährungszustand:

Größe: cm Gewicht: kg Blutdruck:

Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:

Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt.

An den oberen Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Die Koordination ist intakt.

An den unteren Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen, Fersen/Zehenspitzen/ Einbeinstand bds. möglich, die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Die Koordination ist intakt.

Die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ.

Die Sensibilität wird allseits als intakt angegeben.

Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel unauffällig

Gesamtmobilität-Gangbild:

Psycho(patho)logischer Status:

Zeitlich, örtlich zur Person ausreichend orientiert, Auffassung regelrecht, Antrieb ausreichend, keine kognitiven Einschränkungen, Stimmung euthym, zeitweise soziale Ängste, keine Ein- und Durchschlafstörung, nicht produktiv, nicht suizidal eingeengt.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


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Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
Gdb %
1
paranoide Schizophrenie2 Stufen über unterem Rahmensatz, da im Alltag beeinträchtigt, ohne rezente FA Befunde
30

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

-

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu Vorgutachten:

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:

☒ ja ☐ nein

GdB liegt vor seit: 07/2016

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

Befund OWS

Herr ***1*** ***2*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit 07/2016

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Es besteht die Unfähigkeit sich den Unterhalt zu verschaffen bei bestehender I Pension.

☒ Dauerzustand

Gutachten erstellt am von Dr. ***12*** ***13***

Gutachten vidiert am von Dr. ***14*** ***15***

Sachverständigengutachten vom 18.8./

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, erstattete am 18.8./ folgendes Aktengutachten über Bf:

Sachverständigengutachten
aufgrund der Aktenlage
nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010)


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Name:
Geschlecht:
***1*** ***2***
Männlich
Geburtsdatum:
***9***
Verfahrensordnungsbegriff:
***16***
Wohnhaft in:
***4***
***3***
Österreich


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Rechtsgebiet:
Verfahren:
Familienlastenausgleich


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Aktengutachten erstellt am:
Name der / des Sachverständigen:
Dr. ***17*** ***18*** ***19*** ***20***
Fachgebiet der / des Sachverständigen:
Facharzt für Psychiatrie

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

VGA vorliegend von 03/2023, GdB 30%.

Dg.: paranoide Schizophrenie.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Risperdal 2mg 1-0-1 Pantoloc, Amlodipin

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


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Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
Gdb %
1
paranoide Schizophrenieeine Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da im Rahmen der Untersuchung psychopathologisch stabil.
30

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

-

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu Vorgutachten:

keine Änderung im Vergleich zum VGA

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:

☒ ja ☐ nein

GdB liegt vor seit: 07/2016

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

ja, seit 07/2016, It. VGA, es liegen keine Befunde vor, die eine Änderung belegen würden.

Herr ***1*** ***2*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit 07/2016

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

eine Erwerbsunfähigkeit liegt vor.

☒ Dauerzustand

Gutachten erstellt am von Dr. ***17*** ***18*** ***19*** ***20***

Gutachten vidiert am von Dr. ***21*** ***22***-***23***

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich, Dienststelle Spittal Villach (FA61), die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

Bezughabende Normen

§ 6 Abs. 2 lit d und 5 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967) § 8 Abs. 4 bis 6 FLAG

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Mit Eigenanträgen vom , eingebracht von seinem Erwachsenenvertreter, beantragte der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.), geboren am ***9***, die Zuerkennung von Familienbeihilfe zuzüglich des Erhöhungsbetrags wegen erheblicher Behinderung rückwirkend ab November 2017.

Die Beschwerde richtet sich gegen den Abweisungsbescheid vom mit der Begründung, dass die Feststellung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, wonach die Erwerbsunfähigkeit des Bf. erst mit eingetreten sei, nicht nachvollziehbar sei, zumal dem Bf., von der Pensionsversicherungsanstalt nach den verstorbenen Eltern des Bf. eine Waisenpension zuerkannt worden sei, weil die Feststellung getroffen worden sei, dass der Bf. über das 18. Lebensjahr hinaus erwerbsunfähig sei.

Beweismittel:

Anträge auf Zuerkennung von Familienbeihilfe und Gewährung von des Erhöhungsbetrags wegen erheblicher Behinderung vom

Beschwerde vom

Vorlageantrag vom

Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes für Soziales und Behindertenwesen vom

Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes für Soziales und Behindertenwesen vom

Stellungnahme:

Das Finanzamt beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Begründung:

Gemäß § 6 Abs. 2 FLAG haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie ...

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.

Gemäß Absatz 5 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um die dort angeführten Beträge (Erhöhungsbetrag).

Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr.261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen (§ 8 Abs. 5 FLAG).

Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen (§ 8 Abs. 6 FLAG).

Das Bundessozialamt für Soziales und Behindertenwesen hat in seinen Sachverständigengutachten vom und aufgrund der dort vorgelegten Unterlagen den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit des Bf. erst mit (zu diesem Zeitpunkt war der Bf. bereits 32 Jahre alt) bescheinigt.

Die Voraussetzungen für die Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe liegen daher im gegenständlichen Fall nicht vor.

Beschluss vom

Am fasste das Bundesfinanzgericht den Beschluss:

I. Den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird der bisherige Verfahrensgang und die aktenkundigen Gutachten des Sozialministeriumservice zur Kenntnis gebracht. Diese Gutachten sind auch als Kopie beigeschlossen. Der Beschwerdeführer möge sich dazu bis äußern.

II. Der Beschwerdeführer möge bis Beweismittel zum Beweis der Behauptung, seine festgestellte voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit wäre vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetreten, vorlegen, des weiteren die Bescheide über die Zuerkennung einer Waisenpension samt den diesbezüglichen Gutachten die Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers betreffend, weiters das der Bestellung zum Sachwalter/Erwachsenenvertreter zugrunde liegende Gutachten. Sofern der Beschwerdeführer eine Invaliditätspension bezieht, wäre auch der diesbezügliche Bescheid samt Gutachten vorzulegen.

III. Der Beschwerdeführer möge bis dem Bundesfinanzgericht bekannt geben, ob und bejahendenfalls wann er in Teilen des Beschwerdezeitraum im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern oder einem Elternteil gelebt hat, verneinendenfalls, ob diese ihm überwiegend Unterhalt geleistet haben, verneinendenfalls wovon er seinen Lebensunterhalt bestritten hat.

IV. Das Finanzamt möge bis dem Bundesfinanzgericht bekannt geben, ob und bejahendenfalls wie der Antrag vom auf Familienbeihilfe erledigt wurde.

V. Das Finanzamt möge bis einen vollständigen Versicherungsdatenauszug betreffend Versicherungszeiten des Beschwerdeführers seit seiner Geburt beischaffen und dem Bundesfinanzgericht vorlegen.

Begründend wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensgangs ausgeführt:

Rechtsgrundlagen

§ 6 FLAG 1967 lautet:

§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran, wenn sie das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder

c) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird, oder

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden, oder

(Anm.: lit. e aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

f) In dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Vollwaisen keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. k gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

g) erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

h) sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

i) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

j) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

k) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.

(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 15.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 15.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 15.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse,

d) Ausgleichszulagen und Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden.

e) Pauschalentschädigungen gemäß § 36 Abs. 1 des Heeresgebührengesetzes 2001, die für den außerordentlichen Zivildienst gemäß § 34b in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 oder den Einsatzpräsenzdienst gemäß § 19 Abs. 1 Z 5 des Wehrgesetzes 2001 gewährt werden.

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

(6) § 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.

(7) Die Anspruchsdauer nach Abs. 2 lit. a bis c und lit. f bis i verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) für volljährige Vollwaisen, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b) für volljährige Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c) für volljährige Vollwaisen, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. c bis f), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d) für volljährige Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. c bis f), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 8 FLAG 1967 lautet:

§ 8. (1) Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird.

(2) Die Familienbeihilfe beträgt monatlich

(Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

(Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

3. ab

a) 114 € (Anm. 1) für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats der Geburt,

b) 121,9 € (Anm. 2) für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 3. Lebensjahr vollendet,

c) 141,5 € (Anm. 3) für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 10. Lebensjahr vollendet,

d) 165,1 € (Anm. 4) für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet.

(3) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind

(Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

(Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

3. ab , wenn sie

a) für zwei Kinder gewährt wird, um 7,1 € (Anm. 5),

b) für drei Kinder gewährt wird, um 17,4 € (Anm. 6),

c) für vier Kinder gewährt wird, um 26,5 € (Anm. 7),

d) für fünf Kinder gewährt wird, um 32 € (Anm. 8),

e) für sechs Kinder gewährt wird, um 35,7 € (Anm. 9),

f) für sieben und mehr Kinder gewährt wird, um 52 € (Anm. 10).

(4) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist,

(Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

(Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

3. ab um 155,9 € (Anm. 11).

(5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens alle fünf Jahre neu festzustellen, wenn nach Art und Umfang eine mögliche Änderung zu erwarten ist.

(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) dem Finanzamt Österreich durch eine Bescheinigung auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die Kosten für dieses ärztliche Sachverständigengutachten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen. Das ärztliche Sachverständigengutachten ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) gegen Ersatz der Kosten aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen an die antragstellende Person zu übermitteln, eine Übermittlung des gesamten ärztlichen Sachverständigengutachtens an das Finanzamt Österreich hat nicht zu erfolgen. Der Nachweis des Grades der Behinderung in Form der Bescheinigung entfällt, sofern der Grad der Behinderung durch Übermittlung der anspruchsrelevanten Daten durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) aufgrund des Verfahrens nach § 40 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990, zur Ausstellung eines Behindertenpasses, nachgewiesen wird.

(6a) Für eine Person, bei der eine dauernde Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit. c festgestellt wurde, besteht kein Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe, wenn sie in einem Kalenderjahr ein Einkommen bezieht, das die in § 5 Abs. 1 festgelegte Grenze übersteigt. Wenn das Einkommen in einem nachfolgenden Kalenderjahr unter der in § 5 Abs. 1 festgelegten Grenze liegt, lebt der Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe wieder auf. Wenn die Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit. c als Dauerzustand festgestellt wurde, ist kein weiteres Sachverständigengutachten erforderlich.

(7) Die Abs. 4 bis 6 gelten sinngemäß für Vollwaisen, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

(8) Für jedes Kind, das in einem Kalenderjahr das 6. Lebensjahr bereits vollendet hat oder vollendet und das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erhöht sich die Familienbeihilfe für den August dieses Kalenderjahres um 100 € (Anm. 12).

(9) Die Familienbeihilfe erhöht sich für den September 2020 um eine Einmalzahlung von 360 € für jedes Kind. Der Aufwand für die Auszahlung dieser Einmalzahlung im September 2020 ist aus Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zu tragen.

(10) Die Familienbeihilfe erhöht sich für den August 2022 um eine Einmalzahlung von 180 Euro für jedes Kind.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Finanzamt Österreich zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag

Erhöhungsbetrag setzt Anspruch auf den Grundbetrag voraus

Anspruch auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung besteht nur, wenn auch Anspruch auf den Grundbetrag besteht ( RV/7102479/2013).

Erhöhte Familienbeihilfe

Besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) gemäß § 2 Abs. 1 lit. a, b, d, e, g, i, j, k oder l FLAG 1967 oder gemäß § 6 Abs. 1 oder Abs. 2 lit. a, b, c, f, h, i, j oder k FLAG 1967, steht gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 dem Bezieher der Familienbeihilfe ein Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe zu, wenn das Kind erheblich behindert ist. In diesen Fällen besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) aus anderen Gründen als zufolge einer Behinderung des Kindes, in der Regel wegen Minderjährigkeit oder wegen einer Berufsausbildung. Hingegen ist Anspruchsvoraussetzung für Familienbeihilfe (Grundbetrag und Erhöhungsbetrag) gemäß § 2 Abs. 1 lit. c oder h FLAG 1967 oder gemäß § 6 Abs. 2 lit. d oder g FLAG 1967 entweder eine behinderungsbedingte voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit (§ 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967) oder eine erhebliche Behinderung (§ 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967, § 6 Abs. 2 lit. g FLAG 1967).

Behinderung

Gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten.

Diese Definition der Behinderung entspricht grundsätzlich jener in § 3 BEinstG, wonach eine Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen ist, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren, wobei auch hier als nicht nur vorübergehend ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten gilt. Zur Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie RL 2000/78/EG hat der EuGH judiziert, dass der Begriff "Behinderung" im Sinne der RL 2000/78/EG dahin auszulegen ist, dass er einen Zustand einschließt, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese Krankheit eine Einschränkung mit sich bringt, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können, und wenn diese Einschränkung von langer Dauer ist (vgl. C-335/11, 337/11 Ring und Werge). Eine "Funktionsbeeinträchtigung" bzw. eine "Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen ist eine Einschränkung jener Funktionen, die bei einem gesunden Gleichaltrigen in der Regel vorhanden sind (vgl. 9 ObA 36/23v zu § 3 BEinstG). Nicht jede Funktionsbeeinträchtigung ist allerdings auch eine Behinderung. Zusätzlich ist nach dem BEinstG erforderlich, dass die Auswirkung der Beeinträchtigung die Teilhabe des Betroffenen am Arbeitsleben erschweren kann (vgl. 8 ObA 66/18s; OGH 28.90.2021, 9 ObA 45/21i). Bei dieser Beurteilung ist auf den abstrakten Arbeitsmarkt abzustellen (vgl. 8 ObA 66/18s).

Das BEinstG ist auch für den Bereich des FLAG 1967 von Bedeutung, da gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 für die Einschätzung des Grades der Behinderung nach dem FLAG 1967 § 14 Abs. 3 BEinstG ("Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen. Diese Bestimmungen haben die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf das allgemeine Erwerbsleben zu berücksichtigen und auf den Stand der medizinischen Wissenschaft Bedacht zu nehmen.") und die dazu ergangene Einschätzungsverordnung anzuwenden sind.

Voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit

Anspruch auf Familienbeihilfe besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 und § 6 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, und zwar auf erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967, für Kinder, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden. Selbsterhaltungsfähigkeit ist gegeben, wenn das Kind sämtliche Unterhaltsbedürfnisse im Rahmen der bestimmten konkreten Lebensverhältnisse aus eigenen Kräften zu finanzieren imstande ist, und zwar auch außerhalb des elterlichen Haushalts. Selbsterhaltungsfähig ist ein Kind nur dann, wenn es - auf sich allein gestellt - mit seinen Einkünften alle Lebensbedürfnisse, also auch den (allenfalls fiktiven) Geldaufwand zur Erlangung notwendiger Pflege- und Erziehungsleistungen, decken könnte (vgl. 4 Ob 156/19y).

"Sich selbst den Unterhalt zu verschaffen" bedeutet, dass das Kind grundsätzlich auf dem "Ersten Arbeitsmarkt", also dem regulären Arbeitsmarkt, vermittelbar ist und so imstande ist, sich selbst ohne Zuwendungen anderer und ohne staatliche Zuschüsse zu erhalten (vgl. RV/7101860/2018). Eine bloße Beschäftigungsmöglichkeit in einer "geschützten Behindertenwerkstätte" führt nicht zu einer Selbsterhaltungsfähigkeit, da sich das Kind in diesem Fall den Unterhalt nicht selbst verschafft, sondern durch staatlich oder karitativ finanzierte Einrichtungen alimentiert wird. Würde eine Person etwa nur bei Vorliegen von im Wesentlichen karitativen Motiven eines Arbeitsgebers oder zu therapeutischen Zwecken beschäftigt werden, ohne dass der Arbeitgeber realistischerweise eine Arbeitsleistung erwarten könnte und würde der Beschäftigte dabei lediglich eine Art Taschengeld erhalten, reicht dies noch nicht aus, um von der Selbsterhaltungsfähigkeit dieser Person auszugehen (vgl. 94/14/0125; 2009/16/0325).

Der Nachweis der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit ist gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 grundsätzlich durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu führen. Auch eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit infolge einer psychischen Erkrankung vermittelt einen Familienbeihilfeanspruch (vgl. RV/7101641/2016; RV/7102140/2016; Ro 2017/16/0009). Besteht keine vor dem 21. (bei Berufsausbildung: 25.) Lebensjahr eingetretene dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, steht weder Grund- noch Erhöhungsbetrag zu. Besteht eine derartige Unterhaltsunfähigkeit, steht sowohl Grund- als auch Erhöhungsbetrag zu (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG 2. A. § 8 Rz 19).

Erkrankung mit variierendem Verlauf

Eine Behinderung im Sinn des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 mit einen Grad von mindestens 50 v. H. bzw. eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit längerem vorliegt, sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Aber erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche (bei i.W. unter 21jährigen, im Fall der sich in Berufsausbildung befunden habenden unter 25jährigen) einen Grad von mindestens 50 v.H. aufweist bzw. (bei i.W. über 21jährigen bzw. im Fall der sich in Berufsausbildung befunden habenden unter 25jährigen) eine damit verbundene voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, ist - ab diesem Zeitpunkt - der Tatbestand des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erfüllt (vgl. RV/7104275/2017). Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche einen Grad von mindestens 50 v.H. erreicht bzw. die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit nach sich zieht (vgl. RV/7106028/2016; Ra 2017/16/0023; 2013/16/0170; Ra 2014/16/0010).

Nachweisführung

§ 8 Abs. 6 FLAG 1967 bestimmt zur Lösung der Frage, ob das Kind behindert oder voraussichtlich dauernd unfähig ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, die Nachweisführung durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (früher: Bundessozialamt, jetzt: Sozialministeriumservice). Diese Bescheinigung hat gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu erfolgen. Die Beweisregelung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 geht als Spezialnorm den allgemeinen Bestimmungen des § 166 BAO betreffend Beweismittel und des § 177 BAO betreffend den Sachverständigenbeweis grundsätzlich vor (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 12 m w.N.), schließt deren ergänzende Anwendung aber nicht aus (vgl. RV/7101860/2018).

Bei der Antwort auf die Frage, ob das Kind erheblich behindert war bzw. ist oder dauernd außerstande war bzw. ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist die Behörde bzw. das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten grundsätzlich gebunden. Sie hat diese aber zu prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und nicht einander widersprechend sind (vgl. 2011/16/0063; 2010/16/0068, Ra 2023/16/0133, und die bei Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 29 zitierte Rechtsprechung). Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung daher grundsätzlich von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen (vgl. 2010/16/0068). Dem um die Erstattung des Gutachtens ersuchten Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen kommt aber die Befugnis zur Entscheidung (Zuerkennung oder Abweisung) über den Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe nicht zu (vgl. 94/14/0013). Diese Entscheidung hat die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht auf Grund des Gutachtens oder der Gutachten sowie der sonstigen Beweismittel (§§ 166, 167 BAO) zu treffen.

Inhaltliche Anforderungen an Gutachten des Sozialministeriumservice

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa Ra 2015/10/0076, m.w N.) muss ein Sachverständigengutachten, das von einer Behörde - oder einem Verwaltungsgericht (vgl. Ra 2015/03/0058, m.w.N.) - der jeweiligen Entscheidung zu Grunde gelegt wird, einen Befund und das Gutachten im engeren Sinn enthalten sowie ausreichend begründet sein (vgl. Ra 2017/09/0015). Die aus dem Befund abgeleiteten fachlichen Schlüsse (Gutachten im engeren Sinn) sind in nachvollziehbarer Weise darzustellen (vgl. etwa 96/14/0043). Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten (im engeren Sinn) aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Während somit der Befund die vom Sachverständigen vorgenommenen Tatsachenfeststellungen enthält, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Fähigkeiten benötigt, das Gutachten im engeren Sinn (vgl. Ra 2016/05/0026, m.w.N.).

Ein Gutachten ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhalts durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen (vgl. für viele 2013/16/0013).

Die Behörde hat - im Rahmen ihrer Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes (§ 115 BAO) - ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und ist dabei auch gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinander zu setzen und es entsprechend zu würdigen (vgl. etwa Ra 2017/09/0015 oder Ra 2016/04/0057, m.w.N). Auch die Gutachten der Ärzte des Sozialministeriumservice haben den an ärztliche Sachverständigengutachten zu stellenden Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit zu entsprechen. Sie dürfen sich daher insbesondere nicht widersprechen oder in bloßen Behauptungen erschöpfen (vgl. etwa 96/14/0043). Es ist nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Behörden des Verwaltungsverfahrens verpflichtet sind, die Beweiskraft der Gutachten des Sozialministeriumservice zu prüfen und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen (vgl. etwa 2010/16/0068, m.w.N.). Dies setzt voraus, dass sich Behörde vor Erlassung ihrer Entscheidung Kenntnis vom gesamten Inhalt des jeweiligen Gutachtens verschafft.

Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens

Die Parteien haben die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. Ra 2016/04/0057, m.w.N.; Ra 2017/05/0268, m.w.N.). Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus, haben ebenso wie Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens auch dann Gewicht, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten erhoben werden. Die unvollständige und unrichtige Befundaufnahme vermag auch ein Laie nachvollziehbar darzulegen (vgl. Ra 2016/05/0026; 2011/06/0004; jeweils m.w.N). Das Verwaltungsgericht ist in diesem Fall verpflichtet, sich mit diesen - der Sachverhaltsfrage zuzurechnenden - Einwendungen auseinanderzusetzen (vgl. Ra 2019/07/0077, m.w.N.; Ra 2021/06/0091).

Keine unbedingte Bindung an Bescheinigungen des Sozialministeriumservice

Es besteht nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zu § 8 Abs. 6 FLAG 1967 keine unbedingte Bindung an die Bescheinigungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Entscheidung darüber, ob ein Gutachten im Sinne des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 unschlüssig oder ergänzungsbedürftig ist, in jedem Fall der Beihilfenbehörde (dem Verwaltungsgericht). Eine Gutachtensergänzung oder ein neues Gutachten stellen Beweismittel dar.

Das Verwaltungsgericht ist nicht verpflichtet, solche Gutachten in jedem Fall seiner Entscheidung über den geltend gemachten Familienbeihilfenanspruch zugrunde zu legen (vgl. RV/7101860/2018). Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 700/07, kann von solchen Gutachten nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" auch abgegangen werden. In ständiger Rechtsprechung wird diese Ansicht auch vom Verwaltungsgerichtshof vertreten (vgl. 2010/16/0068; 2009/16/0325; 2013/16/0013; Ro 2017/16/0009). Das Bundesfinanzgericht ist daher nicht in jedem Fall an die Gutachten des Bundessozialamtes (nunmehr Sozialministeriumservice) gebunden, sondern kann von diesen nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung auch abgehen und hat dies gegebenenfalls auch zu tun (vgl. RV/5100611/2020; RV/7101860/2018).

Keine Beweisregeln in der Bundesabgabenordnung

Im gegenständliche Verfahren ist gemäß § 2 lit. a BAO die Bundesabgabenordnung anzuwenden. Die Bundesabgabenordnung kennt in ihren Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren keine gesetzlichen Beweisregeln, insbesondere keine Regelung, dass die Feststellung des Eintritts einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 ausschließlich davon abhängt, ob eine zeitnah zum Eintritt erstattete ärztliche Bestätigung vorliegt (vgl. RV/7102850/2021). Nach § 166 BAO kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falls zweckdienlich ist. Die Behörde (und das Verwaltungsgericht) hat gemäß § 167 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Verfahrensergebnisse nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht (vgl. RV/7102850/2021). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. Ra 2019/16/0082; Ro 2014/13/0025; Ro 2014/13/0044; 2009/17/0132; 2010/16/0168 u.v.a.m.).

Die Beweiswürdigung ist nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut oder den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen. Ob die Beweiswürdigung materiell richtig ist, daher, ob sie mit der objektiven Wahrheit übereinstimmt, entzieht sich dagegen der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof. Dieser prüft die Beweiswürdigung somit nur auf ihre Schlüssigkeit (vgl. Ra 2023/16/0132; Ro 2014/13/0025; Ro 2014/13/0044; Ra 2014/03/0012; 2009/17/0132; 2010/16/0168 u.v.a.m.).

Schlüssigkeit der Gutachten

Sämtliche aktenkundige Gutachten des Sozialministeriumservice bescheinigen eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit des Bf. Damit wäre an sich die Anspruchsvoraussetzung nach § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 erfüllt.

Strittig ist aber, wann diese voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist. Damit ein Anspruch nach § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 besteht, muss die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit auf eine vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretene körperlichen oder geistigen Behinderung zurückzuführen sein.

Zu Spruchpunkt I

Der Bf hat angegeben, die Gutachten des Sozialministeriumservice nicht erhalten zu haben. Daher sind ihm diese im Wege der Darstellung im Verfahrensgang und als Beilage zu diesem Beschluss zur Kenntnis zu bringen. Sollten Einwendungen gegen die Schlüssigkeit der Gutachten bestehen, mögen diese begründet bis zu dem im Spruch genannten Zeitpunkt erfolgen.

Zu Spruchpunkt II

Die aktenkundigen Gutachten des Sozialministeriumsservice begründen die Feststellung des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit damit, dass für Zeiten vor dem Aufenthalt des Bf im Otto-Wagner-Spital im Juli 2016 keinerlei ärztliche Befunde vorliegen.

Der Bf ist daher aufzufordern, Beweismittel zum Beweis der Behauptung, seine festgestellte voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit wäre vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetreten, vorzulegen. Jedenfalls wären dem Bundesfinanzgericht die Bescheide über die Zuerkennung einer Waisenpension samt diesbezüglichen Gutachten die Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers betreffend und weiters das der Bestellung zum Sachwalter/Erwachsenenvertreter zugrundeliegende Gutachten vorzulegen. Da in den Gutachten des Sozialministeriumservice vom Bezug einer Invaliditätspension (I-Pension) die Rede ist, wäre, sofern der Beschwerdeführer eine Invaliditätspension bezieht, auch der diesbezügliche Bescheid samt Gutachten vorzulegen.

Zu Spruchpunkt III

Aus der Aktenlage ist nicht ersichtlich, ob der Bf mit seinen mittlerweile verstorbenen Eltern oder einem Elternteil im gemeinsamen Haushalt gewohnt hat oder ob ihm von diesen überwiegend Unterhalt geleistet wurde oder wovon er seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Dies ist für die Frage, ob dem Bf, vorausgesetzt, die dauernde Erwerbsunfähigkeit ist bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten, ein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 6 FLAG 1967 zusteht, von Bedeutung. Der Bf ist daher aufzufordern, dem Bundesfinanzgericht bekannt geben, ob und bejahendenfalls wann er in Teilen des Beschwerdezeitraum im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern oder einem Elternteil gelebt hat, verneinendenfalls, ob diese ihm überwiegend Unterhalt geleistet haben, verneinendenfalls wovon er seinen Lebensunterhalt bestritten hat.

Zu Spruchpunkt IV

Nach der Aktenlage hat der Bf durch seine Erwachsenenvertretung am sowohl den Grundbetrag an Familienbeihilfe als auch den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe beantragt.

Mit dem Bescheid vom wurde nur der Antrag auf Erhöhungsbetrag abgewiesen. Nach der Aktenlage ist der Antrag auf Familienbeihilfe nicht erledigt. Das Finanzamt ist daher aufzufordern, dem Bundesfinanzgericht bekannt geben, ob und bejahendenfalls wie der Antrag vom auf Gewährung des Grundbetrags an Familienbeihilfe erledigt wurde. Da die Erledigung der gegenständlichen Beschwerde betreffend den Erhöhungsbetrag voraussetzt, dass über den Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe entschieden wurde, und sollte über den Antrag auf Familienbeihilfe vom Finanzamt noch nicht abgesprochen worden sein, ist entweder mit Mitteilung über den Familienbeihilfebezug und Auszahlung oder mit Abweisungsbescheid vorzugehen und dem Bundesfinanzgericht über die diesbezügliche Erledigung zu berichten.

Zu Spruchpunkt V

Zur Beurteilung des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit ist die Kenntnis allfälliger versicherungspflichtiger Erwerbstätigkeiten seit Geburt des Bf wesentlich. In der Anamnese des Gutachtens vom 4.4./ wird davon gesprochen, dass der Bf mehrere Jobs gehabt und seit 2014 (also nach seinem 30. Lebensjahr) nur mehr von seinem Erbe gelebt habe. Es ist daher ein entsprechender Versicherungsdatenauszug beizuschaffen und dem Gericht vorzulegen.

Belehrung und Hinweise

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs. 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs. 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).

Die vom Gericht gesetzte Frist kann von diesem über rechtzeitigen, begründeten Antrag verlängert werden.

Äußerung des Finanzamts vom

Das Finanzamt teilte dem Gericht am mit:

Zu Pkt. IV: Das Finanzamt hat über den Antrag auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) vom bislang nicht abgesprochen. Die Erledigung dieses Antrags erfolgte erst mit Abweisungsbescheid vom (siehe Anhang).

Zu Pkt. V: Im Anhang befindet sich der auf Ersuchen des Finanzamts von der ÖGK übermittelte Versicherungsdatenauszug betreffend den Beschwerdeführer.

Abweisungsbescheid (Grundbetrag) vom

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Familienbeihilfe vom ab und begründete dies so:

Ihnen als volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung zu.

Diese Voraussetzung trifft nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Sie haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Berufsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Zudem darf der Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen werden.

Dies trifft in Ihrem Fall nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut Metadaten des Sozialministeriumservice wurde bei Ihnen eine 30%ige Beeinträchtigung und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab zuerkannt.

Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits 32 Jahre alt.

Ihr Antrag auf Familienbeihilfe musste daher abgewiesen werden.

Versicherungsdatenauszug

Der Versicherungsdatenauszug betreffend den Bf vom weist folgende Beschäftigungen aus:

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 01

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 01

- : Krankengeldbezug, Sonderfall Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Zivildienst Verein Jugend am Werk Nr. 03

- : Freier DV geringf. besch. ASVG/BKUVG Ang [Meinungsforschungsinstitut] Nr. 04

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : geringfügig beschäftigter Angestellter [Verkehrsunternehmen] Nr. 05

- : mehrfach geringfügig besch. Arbeiter ***1*** ***2*** Nr. 06

- : Freier DV geringf. besch. ASVG/BKUVG Arb [Sicherheitsunternehmen] Nr. 07

- : geringfügig beschäftigter Arbeiter ***24*** ***25*** Nr. 08

- : Freier DV geringf. besch. ASVG/BKUVG Arb [Sicherheitsunternehmen] Nr. 07

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

02.02.-2010 - : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : geringfügig beschäftigter Angestellter [Verkehrsunternehmen] Nr. 05

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : geringfügig beschäftigter Arbeiter Nr. 09

- : geringfügig beschäftigter Arbeiter ***26*** ***27*** und ***28*** ***29*** [Cateringunternehmen] Nr. 09

- Selbstversicherung § 16 Abs. 1 ASVG Nr. 02

- laufend: Waisenpensionsbezug Nr. 10

Der Versicherungsdatenauszug wurde dem Bf zu Handen seines Erwachsenenvertreters am zur Kenntnis gebracht.

Äußerung des Bf vom

Der Bf gab am durch seinen Erwachsenenvertreter folgende Äußerung ab:

Zum dg Beschluss vom , zugestellt am , wird unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen innerhalb offener Frist Folgendes ausgeführt:

Zu Pkt.l:

Der im Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom 4.4./ festgestellte GdB von 30% ist zu gering. Im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Aufstellung eines Behindertenpasses wurde in einem Beschwerdeverfahren im Auftrag des BVwG ein Gutachten eingeholt, in dem festgestellt wurde, dass der GdB 50% beträgt und der Bf aufgrund des frühen Krankheitsbeginns auch nie einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen konnte (beiliegendes Gutachten Univ.Prof.Dr. ***30*** ***31***-***32*** vom ).

Unrichtig ist im Gutachten vom 4.4./ weiters die Feststellung, dass der Bf eine Invaliditätspension bezieht (dazu mehr in Pkt.II).

Diese Ausfuhren gelten gleichennaßen iZm dem Gutachten des Sozialministeriumservice vom 18.8./, da auch in diesem der GdB lediglich mit 30% festgestellt wurde (der Hinweis auf eine "bestehende I Pension" ist unrichtig).

Zu Pkt.II:

Der Bf war infolge seines Leidenszustandes bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung außerstande, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen (Invalidität gem.§ 255 (7) ASVG auf Dauer). Hierzu werden vorgelegt: Bescheid der PVA vom , Ärztliches Gutachten der PVA vom 03., Chefärztliche Stellungnahme vom ; Bescheid der PVA vom 28. mit dem dem Bf eine Waisenpension nach der verstorbenen Mutter und Bescheid der PVA vom , mit dem dem Bf eine Waisenpension nach dem verstorbenen Vater gewährt wurden (diesen beiden Bescheiden lag nach Auskunft der PVA das Gutachten vom zugrunde).

Weiters werden vorgelegt: der Bescheid der PVA vom , mit dem dem Bf Pflegegeld zuerkannt wurde sowie das dieser Entscheidung zugrunde liegende ärztliche Gutachten vom und das im Erwachsenenschutzverfahren eingeholte Gutachten Dris. ***33*** vom .

Zu Pkt.III:

Der Bf hat im Beschwerdezeitraum weder im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern noch einem Elternteil gelebt (siehe beiliegende Hauptmieterbestätigung vom Wiener Wohnen vom ); weiters wurde dem Bf von diesen kein Unterhalt geleistet.

Der Bf bezog seit dem Jahr 2004 Sozialhilfe (siehe beiliegende "Anregung der Sachwalterschaft" durch die MA 40 vom ) sowie die Bescheide der MA 40 vom ,,, und .

Aufgrund einer Erbschaft wurde der Bezug der Mindestsicherung im Jahr 2020 eingestellt.

Hierzu wurden 16 Beilagen vorgelegt:

Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme

Das Bundesverwaltungsgericht verständigte den Bf sowie das Sozialministeriumservice am von der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von Univ. Prof. Dr. ***31***-***32***, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, im Beschwerdeverfahren betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Sachverständigengutachten Univ. Prof. Dr. ***31***-***32***

Univ. Prof. Dr. ***31***-***32***, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, erstatte im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG am nach einer Untersuchung des Bf am ein Gutachten betreffend Feststellung des Grades der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung. Auszüge:

Herr .. kommt selbständig gehend ohne Begleitung pünktlich zur Untersuchung.

Anamnese/Vorerkrankungen

Keine körperlichen Vorerkrankungen erhebbar.

Diagnose: paranoide Schizophrenie 2004, damals erstmals in Behandlung auf der Baumgartnerhöhe, dann nochmals stationärer psychiatrischer Aufenthalt 2006, und dann ca 2013 und 2016- v.a. wegen Wutausbrüchen.

Berufs- und Sozialanamnese:

Er besuchte die Volksschule und die Hauptschule, der Pflichtschulabschluss wurde gemacht, dann versuchte er die Abendschule, konnte diese aber wegen der Krankheit nicht abschließen, er konnte sich v.a. gar nicht mehr konzentrieren.

Er hat ein paar Mal geringfügig gearbeitet, er hat keinen Pensionsanspruch erworben.

Voll arbeiten konnte er nie.

Er ist ledig, wohnt alleine in einer Wohnung.

Er ist ledig, wohnt alleine in einer Wohnung.

Er bezieht Pflegegeld Stufe 1 und bekommt auch eine Waisenpension.

Seit 2016 hat er einen Erwachsenenvertreter, weil er mit dem Geld nicht umgehen könne.

Dzt Anamnese:

Seine Krankheit habe sich zwar einigermaßen stabilisiert, er höre nun keine Stimmen mehr, dadurch fühle er sich besser. Weiterhin sei aber die Konzentration eingeschränkt. Er ist nicht belastbar und immer sehr schnell müde. Alleine kann er sich nur schwer organisieren. Drogen nehme er nun keine mehr, früher schon. Oft sei er innerlich noch angespannt und nervös. Jetzt habe er es wenigstens geschafft viel Gewicht abzunehmen, dadurch fühle er sich auch körperlich etwas besser, er habe es geschafft, mehr Bewegung in seinen Alltag einzubauen.

Dzt Therapie:

Amlodipin 5 mg 1 x 1

Pantoloc 20 mg 1 x 1

Risperdal 2 x 2mg

Relevante Befunde:

Gutachten-Pflegegeld, PV Wien, Zuerkennung Stufe 1: paranoide Schizophrenie,

paranoide Schizophrenie,

Residual zustand

Untersuchungsbefund:

40-jähriger Antragsteller in ausreichendem AZ und EZ, keine Zyanose, keine Dyspnoe, ausreichend gepflegtes Auftreten

Psychisch:

Bewusstseinsstörungen: keine

Orientierung: in allen Qualitäten ausreichend

Auffassung: ausreichend

Konzentration: immer wieder reduziert, kann aber gut im Gespräch folgen

Gedächtnis: immer wieder reduziert

Merkfähigkeit: etwas reduziert

Formale Denkstörungen: keine

Patholog. Ängste: selten Panikattacken

Zwänge: keine

Wahn: nein

Sinnesstäuschungen (inkl. Halluzinationen): keine laut Angabe

ICH Störungen: keine

Stimmung/Affekt/Affizierbarkeit: etwas dysthym, depressiv, affektiv etwas verflacht

Insuffizienzgefühle: mäßig vorhanden

Antrieb/psychomotorische Störungen: immer wieder reduziert

Schlaf- und circadiane Störungen: ausreichend.

Soziales Verhalten: eher wenig Kontakte, dzt aber ausreichend gut kontaktfähig

Selbstgefährdung (SMG,SMV, Selbstverletzung): nein

Fremdgefährdung: nein

Appetit: gut

Gewicht: hat gewollt viel Gewicht abgenommen

Medikamentencompliance: laut glaubhafter Angabe gut

Krankheitseinsicht: erscheint voll erhalten

Krankheitsgefühl: mäßig ausgeprägt

Weitere Beschwerden: psychosomatisch:

Persönlichkeitsbeschreibung: wirkt selbstunsicher, grüblerisch, aber gut einsichtig, affektiv etwas verflacht, eingeschränkt schwingungsfähig, vermindert belastbar

Alkohol: neg

Drogen: jetzt neg

Neurologisch.

Eine eingehende neurologische Untersuchung wurde nicht durchgeführt, offensichtliche Paresen liegen nicht vor

Beurteilung und Stellungnahme, nervenfachärztliche Diagnosen

1. Grad der Behinderung. Richtsatzposition, Rahmensatzwert

1. Paranoide Schizophrenie 030702 50vH

Unterer RSW entsprechend dem psychischen Befund mit rezidivierender Antriebsminderung, Konzentrationsproblemen, rezidivierenden Depressionen, der verminderten Belastbarkeit und der erforderlichen Medikation bei Residualzustand

II Gesamtgrad der Behinderung (rein nervenfachärztlich): 50vH

Der GdB ergibt sich führend durch die GS1.

III. Ausführliche Stellungnahme zu den Einwendungen/Beschwerdevorbringen (Abl 32)

Die Einwendungen des BF können nachvollzogen werden. Es hat sich zwar eine gute Stabilisierung der Erkrankung eingestellt. Jedoch ist weiterhin eine Neuroleptika Therapie erforderlich. Diese und auch die bestehende Residualsymptomatik der Schizophrenie beeinträchtigen weiterhin deutlich das Allgemeinbefinden und die Leistungsfähigkeit.

Festzuhalten ist, dass der BF auch krankheitsbedingt eine Waisenpension und auch Pflegegeld der Stufe 1 bezieht, was die Einstufung mit einem Behindertengrad von 50vH weiter rechtfertigt.

Aufgrund des frühen Krankheitsbeginns konnte der BF auch nie einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen.

IV. Medizinische Beweismittel:

Der BF legt ein Pflegegeldgutachten mit Zuerkennung zur Stufe 1 vor. Dieses weist darauf hin, dass er nicht in der Lage ist, sich vollkommen selbständig zu versorgen. Auch hat der BF einen gesetzlichen Erwachsenenvertreter.

Auch das Gutachten von Dr. ***33*** vom bestätigt, dass bereits damals eine schwere psychische Erkrankung vorlag, die u.a. eine eingeschränkte Testierfähigkeit unterstreicht.

V. Ist eine Veränderung zu den Vorgutachten objektivierbar?

Nein, eine maßgebende Veränderung zu den Vorgutachten ist nicht objektivierbar. Jedoch erscheint, wie auch vom BF beeinsprucht, die Einschätzung mit 30vH unter Berücksichtigung des jahrelangen Krankheitsverlaufs und der bestehenden Residualsymptomatik zu gering.

VI. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich. Eine maßgebende Besserung ist nicht mehr zu erwarten.

IX. Nein. Es wurden bei der Begutachtung keine Befunde vorgelegt, welche der Neuerungsbeschränkung unterliegen.

Bescheid der PVA vom

Die Pensionsversicherungsanstalt lehnte mit Bescheid vom den Antrag des Bf vom auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension gemäß § 255 Abs. 7 ASVG, § 271 ASVG ab und begründete dies wie folgt:

Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension besteht auch, wenn der Pensionswerber

1. bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen,

2. dennoch aber mindestens 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat.

Das auf Grund Ihres Antrages durchgeführte Verfahren hat ergeben, dass Sie nicht die erforderliche Mindestanzahl von 120 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung erworben haben.

Der Antrag auf Berufsunfähigkeitspension ist daher abzulehnen.

Das durchgeführte Verfahren ergab auf Grund der ärztlichen Gutachten zusammenfassend folgende maßgebliche Diagnose:

Paranoide Schizophrenie

Nachgewiesene Versicherungszeiten und neutrale Zeiten

Von der PVA wurde am eine Aufstellung der nachgewiesenen Versicherungszeiten und neutralen Zeiten vorgenommen.

Folgende Zeiträume vor dem sind im oben wiedergegebenen Versicherungsdatenauszug nicht enthalten:

01.2001 - 02.2001 (2 Monate) Arbeitslosigkeit ohne Bezug - Meldezeit. Neutrale Zeit

03.2001 - 02.2002 - keine Versicherungszeit

03.2002 - 03.2002 (1 Monat) Arbeitslosigkeit ohne Bezug - Meldezeit. Neutrale Zeit

04.2002 - 05.2002 - keine Versicherungszeit

06.2002 - 07.2002 (2 Monate) Arbeitslosigkeit ohne Bezug - Meldezeit. Neutrale Zeit

08.2002 - 06.2004 - keine Versicherungszeit

07.2004 - 09.2004 (3 Monate) Arbeitslosigkeit ohne Bezug - Meldezeit. Neutrale Zeit

Ärztliches Gutachten (PVA) vom

Folgendes Ärztliches Gutachten zum Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension wurde auf Grund einer Untersuchung des Bf am durch Dr. ***35*** ***36***, FA für Psychiatrie, erstattet (Auszüge):

Erlernter Beruf: keiner

In den letzten 15 Jahren überwiegend ausgeübter Beruf:

Verkäufer, Security, letztes Dienstverhältnis 2012 geendet

Familienstruktur: ledig, keine Kinder

1. Anamnese:

Vgl. auch neurologisches VGA vom betreffend Pflegegeldbemessung

Psychiatrische Anamnese:

2004 Erstmanifestation einer paranoiden Schizophrenie, bis 2004 THC-Konsum, seither abstinent; insgesamt vier stationär-psychiatrische Aufenthalte im OWS, zuletzt vom - im Rahmen eines paranoid-halluzinatorischen Syndroms, im Vorfeld hatte der PW im Rahmen eines Wutausbruches die eigene Fensterscheibe zertrümmert, nach amtsärztlicher Begutachtung habe ihn die Polizei dann ins OWS verbracht

2. Derzeitige Beschwerden:

Der PW berichtet, dass es ihm sehr gut gehe. Im Juli habe die MA 40 ein Sachwalterschaftsverfahren eingeleitet. Der einstweilige Sachwalter sei Dr. ***37***. Der PW selbst wolle in weiterer Folge die Sachwalterschaft loswerden. Akustische Trugwahrnehmungen seien unter antipsychotischer Therapie wieder abgeklungen. Die Fensterscheibe habe er damals zerschlagen, weil er sich über ein Gutachten betreffend der Sachwalterschaft geärgert hatte, welches ihm mit einem RSB-Brief zugestellt wurde.

Bezüglich der Tagesstrukur werden Haushaltsverrichtungen angegeben. Der Schlafsei derzeit zufriedenstellend.

3. Derzeitige Therapie:

Temesta 1mg 0-0-1/2, Risperidon 3mg 1-0-1-0

4. Allgemeine Angaben:

Harn: o.B. Stuhl: o.B. Allergien: keine bekannt

Nic.: 15 Zig. pro Tag Alk.: gelegentlich

5. Gesamteindruck:

Normaler AZ, EZ und PZ

6. Status: (Verweisung auf vorhandene Fachgutachten zulässig)

Größe: 173cm Gewicht: 60kg RR:

Neurologisch: Nicht durchgeführt, vom Bewegungsablauf unbeeinträchtigt

Psychisch: Bewusstseinsklar, allseits orientiert, der Antrieb im Normbereich, die Stimmung euthym, leichtgradig nervös, in beiden Skalenbereichen affizierbar, der Ductus zielführend und kohärent, Konzentration und Aufmerksamkeit leichtgradig reduziert, Mnestik unbeeinträchtigt, akustische Trugwahrnehmungen seien unter Therapie abgeklungen, der Schlaf zufriedenstellend, kein Hinweis auf Suizidalität

7. Zusatzbefunde / mitgebrachte Befunde:

8. Diagnosen in deutscher Sprache:

(Maßgeblich für die Minderung der Erwerbsfähigkeit)

a) Hauptdiagnose:

ICD-10: F20.03

Paranoide Schizophrenie mit schubhaftem Verlauf, derzeit weitestgehend remittiert

9. Ärztliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit:

Der PW leidet seit 2004 an einer paranoiden Schizophrenie mit schubhaftem Verlauf. Derzeit ist die Symptomatik weitestgehend remittiert. Akustische Trugwahrnehmungen sind unter Therapie abgeklungen. Konzentration und Aufmerksamkeit sind leichtgradig reduziert. Zuletzt war der PW im Juli dieses Jahres nach einem Affektdurchbruch in stationär-psychiatrischer Betreuung im OWS gestanden. Er wurde auch aufgrund von Mietrückständen besachwaltet, womit er sich nicht einverstanden zeigt. Trotz der Erkrankung seit 2004 habe er bis 2012 diverse berufliche Tätigkeiten ausgeübt. Der Sachwalter hatte den Antrag auf Berufsunfähigkeitspension gestellt.

Aus fachärztlich, psychiatrischer Sicht ist derzeit keine ausreichende Stabilisierung für geregelte Tätigkeiten am freien Arbeitsmarkt gegeben, weshalb ich ein befristetes Rehabilitationsgeld für die Dauer von 6 Monaten empfehle, zumal in dieser Zeit abschätzbar ist, ob bereits eine Stabilisierung erzielt werden konnte und ob die Besachwalterung weiterhin aufrecht ist.

11. Ist der Pensionswerber / Bezieher mit der Behinderung in das 1. Dienstverhältnis eingetreten? Nein.

13. Ist durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation eine kalkülsändernde Besserung möglich? Nein.

14. Prognose: Ist eine Besserung des Gesundheitszustandes möglich? Ja. In welchem Zeitraum? 6 Monaten.

15. Anpassung und Gewöhnung:

Ist eine Anpassung und Gewöhnung an den bleibenden Leidenszustand in einem solchen Ausmaß eingetreten, dass sich das Restleistungskalkül verbessert hat? Nein.

Ist eine solche Anpassung und Gewöhnung in weiterer Folge noch möglich? Nein.

16. Bei Nachuntersuchung:

Besteht eine wesentliche Besserung gegenüberdem Gewährungsgutachten? Nein.

Ist mit einer wesentlichen (kalkülsrelevanten) Besserung noch zu rechnen? Nein.

Leistungskalkül

Geregelte Tätigkeiten sind nicht zumutbar.

Chefärztliche Stellungnahme Chefarzt Dr. ***48*** vom

Chefarzt Dr. ***48*** gab am folgende Chefärztliche Stellungnahme nach § 8 AIVG ( Korrektur des Gesamtleistungskalküls) ab:

Hauptdiagnose:

Anamnestisch bekannte Paranoide Schizophrenie ICD-10: F20.0

Berufsschutz liegt nicht vor.

Das Gesamtleistungskalkül reicht für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorübergehend mehr als 6 Monate nicht aus ab Antragstellung .

Originäre Invalidität gemäß § 255 Abs. 7 liegt vor.

Der Versicherte war infolge des Leidenszustandes bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung außerstande, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Invalidität gemäß § 255 Abs. 7 besteht auf Dauer.

Der Versicherungsfall ist vor dem 27. Lebensjahr eingetreten.

Gesamtleistungskalkül

Geregelte Tätigkeiten sind nicht zumutbar.

Waisenpension nach ***38*** ***39***

Mit Bescheid vom anerkannte die PVA den Anspruch des Bf auf Waisenpension (€ 517,93 plus Ausgleichszulage € 512,56 monatlich) nach der Verstorbenen ***38*** ***39*** ab Oktober 2022. Die Waisenpension gebühre über das 18. Lebensjahr hinaus, solange infolge Krankheit oder Gebrechens Erwerbsunfähigkeit vorliege.

Hierzu Information über die Anweisung einschließlich Pflegegeld (€ 165,40) für Oktober und November 2022.

Waisenpension nach ***8*** ***2***

Mit Bescheid vom anerkannte die PVA den Anspruch des Bf auf Waisenpension (€ 708.92 monatlich) nach dem Verstorbenen ***8*** ***2*** ab Februar 2023. Die Waisenpension gebühre über das 18. Lebensjahr hinaus, solange infolge Krankheit oder Gebrechens Erwerbsunfähigkeit vorliege. Ein Anspruch auf Ausgleichszulage bestehe nicht, weil das maßgebliche monatliche Gesamteinkommen die Höhe des in Betracht kommenden Richtsatzes erreiche bzw. übersteige.

Hierzu Information über die Anweisung einschließlich Pflegegeld (€ 165,40) für Februar 2023. Monatliche Gesamtleistung (beide Waisenpensionen) ab März 2023: € 560,44 und € 1.285,26.

Pflegegeld

Mit Bescheid vom anerkannte die PVA den Anspruch des Bf auf Pflegegeld Stufe 1 ab Juli 2018 (€ 157,30). Das Pflegegeld gebühre, weil der auf Grund der körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder Sinnesbehinderung festgestellte Pflegebedarf durchschnittlich 67 Stunden im Monat betrage.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Begutachtung sei ein Pflegebedarf bei folgenden dauernd wiederkehrenden Verrichtungen festgestellt:

* Einnahme von Medikamenten

* Motivationsgespräche

* Sonstige Körperpflege

* Hilfestellung beim Kochen

* Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten

* Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände

* Pflege der Leib- und Bettwäsche

* Mobilitätshilfe im weiteren Sinn

Hierzu Information über die Anweisung.

Ärztliches Gutachten zum Antrag auf Zuerkennung des Pflegegeldes

Dr. ***46***, ***49*** FA für Neurologie, erstattete für die PVA am nach einer Untersuchung im Rahmen eines Hausbesuchs am ein ärztliches Gutachten zum Antrag auf Zuerkennung des Pflegegeldes über den Bf. Auszüge:

1. Persönliche Angaben

Behandelnde Ärztinnen/Ärzte:

Hausarzt ...

Neurologin ...

Frühere Erkrankungen:

paranoide Schizophrenie

Beschwerden und Angaben zur Antragstellung:

Der PGW gibt an, dass er das letzte Mal 2016 im Otto-Wagner-Spital gewesen sei. Er sei das letzte Mal im Februar bei Dr. ***11*** gewesen, er gehe 1 bis 2 x im Jahr dorthin. Es gehe ihm gut, er höre keine Stimmen. Die Mutter käme alle 2 Wochen zu ihm. Einen Sachwalter habe er leider auch noch. Arbeiten könne er nicht, weil er sediert sei von den Medikamenten. Er würde gerne als Bürogehilfe arbeiten, wo er sich nicht anstrengen müsse.

Auf die Frage nach der Tagesstruktur, gibt der PW an, dass er Freunde und Familie treffe, Haushalt mache, er sehe gerne fern und beschäftige sich mit dem Internet, lesen gehe ganz gut. Durch die Medikamente habe er zugenommen.

Betreuung/Pflege erfolgt durch:

(mit Angabe der Häufigkeit)

Mutter

Vorhandene technische Hilfsmittel/Orthopädische Behelfe:

keine

Derzeitige Therapie:

Risperidon 4 mg

2. Außenanamnese mit Pflegeperson/Vertrauensperson

(mit Bezug zu Pflegebedarf und Alltagsablauf)

-

3. Relevantes aus der Pflegedokumentation

-

4. Vorliegende aktuelle Befunde

Eingesehen und berücksichtigt

5. Soziales Umfeld

Infrastruktur:

städtisch

Wohnsituation:

Neubauwohnung, 5. Stock mit Lift, WC, Dusche, Zentralheizung

6. Status

Gesamteindruck:

Nach dem Läuten öffnet der PGW die Tür zu einer kürzlich bezogenen, jedoch bereits ziemlich verwahrlosten Wohnung, welche er mit einer Katze bewohnt. Der 34jährige PGW ist von ausreichendem und mäßig gepflegtem Allgemein- und adipösem Ernährungszustand (174 cm, 102 kg). Die Stimmung ist euthym, er ist kooperativ.

Klinischer Untersuchungsbefund:

Neurologisch:

Caput/HWS: kein Meningismus, HWS in alle Richtungen frei beweglich

Hirnnerven:

I: Geruchssinn: anamnestisch unauffällig

II: Visus: mit Lesebrille korrigiert, Lesen möglich

III, IV, VI: Pupillen: rund, isocor, Lichtreaktion nicht auslösbar, Bulbusmotilität ungestört,

V: Sensibilität: stgl.

VII: Mimik: seitengleich unauffällig

VIII: Gehör: altersentsprechend unauffällig, kein Spontannystagmus

IX, X: keine Dysphagie, keine Dysarthrie

XI: Kopfwendung: symmetrisch

XII: Zunge: wird gerade herausgestreckt

An oberen Extremitäten und unteren Extremitäten keine sensomotorischen Defizite erkennbar.

Stand und Gang unauffällig

Psychiatrisch:

Bewusstsein: wach

Antrieb: herabgesetzt

Orientierung: zeitlich, örtlich, zur Person und situativ orientiert

Auffassung: unauffällig

Konzentration und Aufmerksamkeit: unauffällig

Mnestik: klinisch unauffällig

Ductus: kohärent und zielführend, kein Hinweis auf formale Denkstörung

eine produktive Symptomatik wird verneint

Stimmung: euthym

Affekt: abgeflacht

Affizierbarkeit: herabgesetzt

Kritikfähigkeit und Urteilsvermögen: erhalten

Psychomotorik: verarmt

Kontaktverhalten: kooperativ

kein Hinweis auf suizidale Einengung

Biorhythmus: unauffällig

7. Diagnose(n) (in allgemein verständlicher Formulierung)

7a. Pflegegeldrelevante Hauptdiagnose

paranoide Schizophrenie, Residualzustand ICD-10: F20.5

8. Gesamtbeurteilung

Medizinisch schlüssige, allgemein nachvollziehbare Ableitung des Pflegebedarfes, Begründungen: bei Abweichungen einzelner Zeitwerte, für Stufen 5, 6 und 7, bei diagnosebezogenen Mindesteinstufungen; Stellungnahme zu Vorgutachten)

Der PGW benötigt Motivationsgespräche um sich ausreichend zu pflegen. Unterstützung benötigt er bei der Einnahme der Medikamente und der erweiterten Körperpflege. In den übrigen ADL ist er selbständig. Er benötigt Hilfestellung beim Kochen bei der Reinigung der Wohnung und der Wäsche sowie bei der Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten und Mobilitätshilfe im weiteren Sinne.

Dies ergibt einen Pflegebedarf von 67 Stunden pro Monat und somit Pflegestufe 1.

9. Prognose

(Stellungnahme zu Besserung, Rehabilitationsmaßnahmen)

Eine Besserung ist nicht zu erwarten.

...

Nervenfachärztliches Gutachten vom

OA Dr. ***40*** ***33***, Facharzt für Neurologie [Intensivmedizin, Geriatrie], Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, erstattete am für das Bezirksgericht Liesing ein nervenfachärztliches Gutachten über den Bf. Auszüge:

Vorgeschichte:

ON 5:

Die MA 40 der Stadt Wien, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, rät die Bestellung eines Sachwalters für ***1*** ***2*** an. Dieser sei bereits seit 2004 im Bezug von Sozialhilfe beziehungsweise bedarfsorientierter Mindestsicherung. Er habe es häufig nicht geschafft Unterlagen... nachzureichen...

Nach Durchführung der Erstanhörung und sowie der Erhebung über offene Verfahren steht folgender Sachverhalt fest:

***1*** ***2*** ist Mieter einer Wohnung der Stadt Wien ... Im Juli 2015 brachte die Stadt Wien gegen ***1*** ***2*** eine Räumungsklage ein, weil er Mietzinsrückstand von ... bestand (1 C ***41***/15g).

Am schloss ***1*** ***2*** mit der Stadt Wien in diesem Verfahren einen gerichtlichen Vergleich in dem er sich verpflichtet die genannte Wohnung binnen 4 Wochen geräumt und an die klagende Partei zu übergeben. Die klagende Partei Stadt Wien erklärte sich aber zum Abschluss einer außergerichtlichen Ratenvereinbarung zur Fortsetzung desMietverhältnisses bereit, wenn ***1*** ***2*** eine Anzahlung von 1.500€ bis leiste.

Da offenbar ***1*** ***2*** dieses Geld nicht bezahlen konnte, bewilligte das Bezirksgericht Liesing, über andere Betreiben der Stadt Wien, die Räumungsexekution für die Wohnung in der .... Als Räumungstermin wurde der ... 02.2016 festgesetzt (1 E ***42***/15g). Nach Information über die Sachwalterschaftsanregung hat aber die zuständige Richterin diesen Räumungstermin abgesetzt.

Die Richterin führt am die Erstanhörung bei ***1*** ***2*** durch. ***1*** ***2*** ließ sie nicht in die Wohnung, aber es war offenkundig, dass diese in einem völlig verwahrlosten Zustand ist. Bei der Erstanhörung entstand der Eindruck, dass ***1*** ***2*** derzeit nicht in der Lage ist seine Angelegenheiten ohne der Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen. Es droht die unmittelbare Gefahr der Räumung. Trotzdem war ***1*** ***2*** nicht selbstständig in der Lage die erforderlichen Termine einzuhalten um zumindest in den Genuss einer Mindestsicherung zu kommen. Jegliche Art von Untersuchung lehnt ***1*** ***2*** ab. Nach dem Zustand der Wohnung und seinem Verhalten, nicht nur gegenüber der Richterin sondern auch gegenüber den Mitarbeitern der MA40, ist es offensichtlich, dass er Unterstützung bedarf um sein Leben zu ordnen.

ON 4, Erstanhörunq Aktenvermerk 11.02,2016 am Wohnort des Betroffenen:

Bei der Gegensprechanlage beim Haus läute ich mindestens 5 Mal an. Zum Schluss auch länger es öffnet mir aber niemand. Nach mehrmaligen Versuchen öffnet mir schließlich der Nachbar von Herrn ***1*** ***2***, der mir erklärt, dass er ***1*** ***2*** kenne, sie sich aber nur am Gang grüßen würden. Er lässt mich aber ins Haus und ich läute bei der Wohnungstür von ***1*** ***2*** an. Nach mehrmaligem Läuten öffnet mir ***1*** ***2*** schließlich, lässt mich aber nicht in die Wohnung. Aus der Wohnung kommt starker Geruch, es gibt viele Fliegen. ***1*** ***2*** hat eine Katze, die immer wieder davonlaufen will. Der Boden im Flur erscheint völlig verdreckt, auch die Türstöcke sind dreckig, es stehen viele Mistsäcke herum und den Eindruck den ich durch die Öffnung der Wohnungstür erlangen kann ist die Wohnung in einem völlig verwahrlosten Zustand.

Ich informiere ***1*** ***2***, der in der geöffneten Wohnungstüre stehen bleibt, darüber dass die MA40 für ihn die Beistellung eines Sachwalters angeregt habe. Ich stelle mich als Richterin vor und erläutere ihm, dass ich hier bin um die Erstanhörung durchzuführen...

***1*** ***2*** erklärt, dass ich eine Vertreterin des Staates sei und dieser ihn seit mehr als 10 Jahren quäle. Ich versuche ***1*** ***2*** darzulegen, dass das Sachwalterschaftsverfahren seinem Schutz dienen sollte und keine Bestrafung sei. Ich spreche ihn auf den Räumungstermin am ....02.2016 an. Er erklärt mir, dass er von dem Räumungstermin wisse. Auf mehrmaliges Nachfragen gibt er an, dass er noch heute zu Wiener Wohnen gehe und versuchen werde den Räumungsaufschub zu erreichen. Er wisse, dass derzeit ein Mietzinsrückstand von 2.000€ bestehe. Angesprochen auf sein Einkommen gibt er mir keine Auskunft.

Ich erkläre ihm, dass ich beabsichtige das Sachwalterschaftsverfahren fortzusetzen.

***1*** ***2*** erwidert, dass er diese sowieso erwartet habe. Ich erläutere, dass ichbeabsichtige eine Verfahrenssachwalterin einstweilige Sachwaltervertretung... zu bestellen.

***1*** ***2*** meint, dass er seine Angelegenheiten schon selbstständig regeln könne. Ich frage nach seinen Eltern ob er Geschwister oder sonstige Angehörige oder Freunde habe, die ihn im Sachwalterschaftsverfahren vertreten könnten. Darauf gibt er mir keine Antwort. Er erklärt nur, dass er sowieso in Kontakt mit seinen Eltern sei. Diese würden aber nicht in Wien wohnen. Er ist nicht bereit mir deren Name, Anschrift oder Telefonnummer zu nennen.

Ich frage ***1*** ***2***, ob er seine Post behebe, was er bejaht. Ich erläutere ihm, dass er in kurzer Zeit vom BG Liesing einen Beschluss erhalten werde... Er sei überhaupt nicht daran interessiert. Nach dem Ergebnis der Erstanhörung Verfahren fortzusetzen. Wohnt in einer völlig verwahrlosten Wohnung, ihm droht die Räumung. Er scheint keine andere Unterstützung zu haben und erweckt den Anschein sehr zurückgezogen zu leben. Wegen der Dringlichkeit Bestellung eines Rechtsanwaltes sinnvoll.

ON 1, Erstanregung MA40 Sozial Wien - wie oben bereits zitiert

Weiters:

Er habe den Termin bei der Gesundheitsstraße nicht eingehalten, da er eine "schwere Phase" hatte, möchte auch keine Untersuchung, er weiß welche Arbeit er sucht, möchte auch niemanden in seinen Körper sehen lassen. Murmelt ständig vor sich hin. : Spricht vor, gibt bekannt die Termine beim AMS nicht einhalten zu können, da er nicht aus dem Bett kommt. Auf die Frage warum er dies mit Medikamenten und Arztbesuchen nicht zu bekämpfen versucht, gibt der Kunde keine konkreten Antworten. Spricht nur wirres Zeug. Ein sinnvolles Gespräch ist nicht möglich. Daher wurde das Gespräch für heute abgebrochen.

... die Recherche hat ergeben, dass Herr ***2*** nicht beim psychosozialen Dienst angebunden ist....

Am hat ein Hausbesuch durch zwei Sozialarbeiterinnen stattgefunden. Da Herr ***2*** im Erdgeschoss wohnt konnte der Zustand der Fenster wahrgenommen werden. Beide Fenster waren durch Innenrollos bedeckt. Die Scheiben waren teilweise eingeschlagen und verschmutzt. Herr ***2*** hat sich erst nach mehrmaligem Anläuten über die Fernsprechanlage gemeldet. Er wollte die Sozialarbeiterinnen nicht in die Wohnung lassen, da nach Angaben die Wohnung "so ausschaut". Es machte den Eindruck, dass Herrn ***2*** die Dringlichkeit seines Anliegens nicht bekannt ist, er würde laut Angaben lediglich auf die Rückmeldung des Sozialzentrums warten. ... er wolle die Wohnung aber heute nicht verlassen und schlug einen Termin im Sozialzentrum vor. Auf Nachfrage konnte er auch seine Telefonnummer nicht nennen. Es wurde ein Termin für den vereinbart.

Herr ***2*** ist am um zirka 20 Minuten verspätet zum Termin erschienen. Er gibt an sein Handy nicht gefunden zu haben, deswegen zu spät zu sein. Er gibt an, dass er Rückstände bei der Miete und Energie habe, weil er eine Freundin gesucht habe. Er konnte nicht genau erklären wo das Geld hingekommen sei. Herr ***2*** wird auf die Vermutung einer möglichen psychischen Erkrankung angesprochen. Er gibt an, dass er dies schon öfters gehört habe, er aber der Meinung sei, dass er an keiner psychischen Erkrankung leide. Laut Angabe würde ihn sowieso niemand verstehen, er möchte seine Wahrnehmungen niemandem mitteilen. Er gibt an, dass er am Vortag ein Vorstellungsgespräch gehabt hätte, da sei ihm aber die MA40 mit dem Hausbesuch im Wege geraten. Er habe auch heute Vorstellungsgespräch gehabt, dieses könnte er aber wegen einem Termin im Sozialzentrum auch nicht wahrnehmen... Herr ***2*** ist mit dieser Entscheidung nicht glücklich, er befürchtet, dass er durch eine Sachwalterschaft keine Frau finden beziehungsweise Familie gründen kann. Auch hat er Sorge, dass eine Sachwalterschaft sein Privatleben beziehungsweise sein Sexualleben negativ beeinflussen würde. Er habe laut Aussagen bereits jetzt kein normales Leben. Dies konnte er nicht näher erläutern. Er hat mehrfach erwähnt, dass er nicht möchte, dass jemand "in ihn hineinschaut". Er möchte auch seine Wahrnehmungen nicht beschreiben. Herr ***2*** hat insgesamt zwar den Eindruck gemacht, dass er dem Gespräch folgen und passende Antworten geben kann. Er ist jedoch immer wieder sehr ausschweifend geworden, sodass man seinen Worten nicht folgen konnte. Bei genauerer Nachfrage was er damit meint, konnte er keine konkreten Antworten mehr geben. Er hat während des Gespräches mehrmals etwas "in sich hineingemurmelt". Gegen Ende des Gespräches meinte er "also wird uns die MA40 nicht unterstützen?"

3. Exploration:

Der Betroffene wird an Ort und Stelle aufgesucht. Auf mehrmaliges Läuten keine Reaktion. Nach einigen Minuten und neuerlichem Läuten sind hinter der Türe schabende Geräusche wahrnehmbar. Schließlich öffnet der Betroffene selbst die Türe. Das Äußerliche ist teilweise verwahrlost, längere Haare gewellt, Trekking-Schuhe, schmutzige Kleidung. Aus der Wohnung dringt der penetrante Geruch von Fäkalien, die Wohnung ist verdunkelt. Hinter dem Betroffenen sichtbar im offenbaren Wohnzimmer liegt ein zertrümmerter Röhrenfernseher am Boden. Am Boden im Vorzimmer Unrat.

Nach dem Öffnen wird dem Betroffenen Sinn und Zweck des Kommens dargelegt. Er antwortet er möchte hier nicht untersucht werden, er möchte lieber in die Ordination kommen.

Es wird ihm entgegengehalten, dass er drei Mal nicht gekommen sei und ob es dafür Gründe gegeben habe.

Er korrigiert, dass er glaubt, dass er nur einmal nicht gekommen sei.

Im weiteren Verlauf finden sich mehrmalige, teils widersprüchliche schablonenhafte Gesprächsinhalte.

Der Betroffene gibt an, dass er gegen die Sachwalterschaft sei und dass es ihm egal sei.

Er wird auf die Problematik und Dringlichkeit hingewiesen, dass die Gefahr droht, dass er seine Wohnung verliert. Er gibt an, dass sei ihm egal und dass er sie "hoffentlich bald" verliere.

Er wird gefragt wo er sodann wohnen möchte und kann darauf inhaltlich keine Antworten darauf gegeben.

Der Betroffene wird versucht weiter in ein Gespräch zu verwickeln und gefragt ob es Arztbesuche gegeben habe in letzter Zeit und er verneint diese.

Er habe auch keine Befunde die er vorlegen könne.

Er wird auf die aktenkundigen Dokumentationen bezüglich Selbstgespräche und offenbar Stimmeneingebungen angesprochen und zeigte dann eine Verweigerungshaltung und gibt an, dass er nicht darüber sprechen möchte.

4. vorgelegte Befunde:

Keine

5. Befund:

Der Betroffene öffnet selbstständig, frei gehend, ohne Hilfsmittel die Tür zur Wohnung. Der Visus ist nicht korrigiert, die Positionsmanöver geschehen selbstständig.

Neurostatus:

Neurologisch zeigen sich beim Betroffenen an Caput, HWS und Hirnnerven keine Auffälligkeiten, die Gesichts- und mimische Muskulatur sind seitengleich innerviert, beim Sprechen zeigt sich keine Dysarthrie und keine Zungenmotilitätsstörung, das Schlucken ist nicht beeinträchtigt, der Lidschluss und Lidschlag sind nicht beeinträchtigt.

Beide obere Extremitäten werden seitengleich bezüglich Grob- und Feinmanipulation regelrecht eingesetzt ohne erkennbare periphere oder zentrale Defizite.

Auch die unteren Extremitäten werden seitengleich bezüglich Grob- und Feinmanipulation regelrecht eingesetzt, ohne erkennbare periphere oder zentrale Defizite.

Psychischer Status:

Der Betroffene ist wach und klar, keine quantitative Bewusstseinsstörung.

Von qualitativer Seite bestehen Auffälligkeiten im Denkablauf, das Denkziel wird nur über eigene Umwege und Rationalisierungsmechanismen erreicht, der Ductus ist in sich geschlossen und kann nach außen nicht durchbrochen oder korrigiert werden.

Das Denkmuster ist zerfahren, das Sprechen ausreichend laut und vermindert moduliert.

Das Stimmungsbild ist als dysphor einzustufen und der Antrieb nicht relevant eingeschränkt.

Es zeigt sich eine affektive Armut und Reduktion der Mimik, die Gestik ist erhalten.

Aus der Anamnese sind Hinweise auf paranoide Inhalte fassbar, das Denkmuster ist jedenfalls zerfahren was dem Bild einer sogenannten schizotypen Störung entspricht.

Zum Untersuchungszeitpunkt zeigt der Betroffene kein Murmeln, bei der Frage nach sogenannten visuellen oder akustischen Eingebungen im Sinne von Halluzinationen wird diese vom Betroffenen nicht verneint, jedoch die Antwort verweigert.

Von vegetativer Seite zeigt sich kein auffälliger Befund, keine Hypersalivation, kein vermehrtes Schwitzen, keine Entzugssymptomatik.

6. Diagnosen:

Schizotype Störung F21.0

7. Zusammenfassung und Beurteilung:

Beim Betroffenen wurde vom Magistrat der Stadt Wien die Sachwalterschaft angeregt, da der Betroffene einerseits Auffälligkeiten im persönlichen Verhalten zeigte und andererseits sich an jegliche Abmachungen und teilweise auch Termine nicht gehalten hat. Er zeigte ein nihilistisches Anschauungsbild.

Dokumentiert ist, dass der Betroffene keine konkreten Antworten gibt und nur wirres Zeug gesprochen hat. Ein sinnvolles Gespräch war nicht möglich. Es wurden dem Betroffenen ein Räumungstermin und Kündigung aus der Wohnung in Aussicht gestellt. Der Betroffene hat darauf nicht adäquat reagiert.

Laut ON 1 ist der Betroffene nicht beim Psychosozialen Dienst in Betreuung angebunden.

In weiterer Folge wurde beim Betroffenen eine Erstanhörung am am Wohnort durchgeführt, dabei zeigten sich teilweise inhaltliche Antworten in Bezug auf die Familie, bei Fragen der Richterin nach konkreten Details wie dem Räumungstermin oder dem Einkommen werden vom Betroffenen keine Auskünfte gegeben.

Der endgefertigte Sachverständige hat den Betroffenen drei Mal in die Ordination zur Untersuchung geladen, er ist drei Mal unentschuldigt nicht erschienen ( - 11:30 Uhr, - 16:30 Uhr und - 17:00 Uhr).

In weiterer Folge wurde um Fristerstreckung ersucht und der Betroffene am in Form eines Hausbesuches aufgesucht.

Die äußeren Wohnverhältnisse zeigen das Bild der Verwahrlosung. Die Tür und der Türstock sind verschmutzt, nach mehrmaligem Läuten öffnet der Betroffene selbst ohne zu grüßen.

Nach Erklärung des Besuches zeigt er eine zunächst bagatellisierende und unschlüssige Haltung, kann keine Erklärung für das Nichterscheinen finden. Im weiteren Gesprächsverlauf zeigen sich auffallende Defizite in Bezug auf das Nennen und Erkennen von Detailfragen, der Betroffene zeigt keine Auffälligkeiten im Bereich der Sprachbildung oder des Sprechens, die Inhalte gleichen einem zerfahrenem Denkmuster, es zeigen sich mnestische Defizite, Lücken werden schablonenhaft gefüllt.

Bei Ansprechen auf die eigenen aktenkundigen Inhalte, insbesondre die Verhaltensauffälligkeiten, zeigt der Betroffene ein abwehrendes bagatellisierendes Verhalten.

Bei Darlegung des persönlichen Notstandes bezüglich der Wohnsituation ändert der Betroffene sein Verhalten in ein läppisches, kindliches Trotzmuster ("hoffentlich verliere ich sie").

Der Betroffene ist objektiv nicht im Stande den Überblick über seine Angelegenheiten zu halten und wiederzugeben und sich nach der üblichen Einsicht einer vernünftigen Vergleichsperson zu verhalten.

Der Betroffene leidet an einer psychischen Erkrankung (schizotype Störung ICD10 F21.0).

Der Betroffene bedarf jedenfalls der Unterstützung in Angelegenheiten vor Ämtern, Behörden, Gerichten, Sozialversicherungsträgern, vor privaten Vertragspartnern und in finanziellen Belangen.

Da der Betroffene keine Krankheitseinsicht zeigt und bei ihm eine psychische Erkrankung vorliegt die eine Behandlung erfordert um eine Besserung, insbesondere einekalkülsrelevante Besserung herbeiwirken zu können, die auch der Wiederherstellung und Erhaltung seiner Gesundheit dient, ist der Betroffene nicht in der Lage sich in medizinischen Heilbehandlungen selbstständig ausreichend zu vertreten.

Die Testierfähigkeit ist eingeschränkt, der Überblick ist gestört. Das Denken ist eingeengt, der Horizont ist eingeengt.

Der Betroffene nicht gänzlich unfähig der mündlichen Verhandlung zu folgen.

Sein Wohl wäre bei Anwesenheit in der Verhandlung nicht ernsthaft gefährdet, jedoch wäre er mit den Inhalten und den Konsequenzen überfordert.

Dies wäre seinem psychischen Wohle abträglich.

Bestätigung Wiener Wohnen

Am bestätigte Wiener Wohnen, dass der Bf seit 2008 Hauptmieter einer rund 49 qm großen Wohnung ist.

Sachwalterschaftsanregung

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, regte am beim BG Liesing eine Sachwalterschaft betreffend den Bf an. Auszüge:

Herr ***2*** ist der Magistratsabteilung 40 seit längerer Zeit bekannt. Die Recherchen der internen Dokumentation haben ergeben, dass Herr ***2*** bereits seit dem Jahr 2004 in Sozialhilfebezug war und nun in Bezug der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist. Herr ***2*** hat es immer wieder nicht geschafft Unterlagen für die Bearbeitung des Antrages auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung nachzureichen. Darüber hinaus wurde die Bedarfsorientierte Mindestsicherung des Öfteren mangels Einsatz der Arbeitskraft gekürzt. Herr ***2*** ist seit August 2015 fast durchgehend zu 100% gekürzt und hat damit lediglich ein Einkommen von EUR 206,96 monatlich.

Laut Schnittstelle zum Arbeitsmarktservice Wien sei eine Zusammenarbeit nicht möglich. Am hat Herr ***2*** einen Termin beim Arbeitsmarktservice nicht eingehalten und hat angeratene Untersuchungstermine verweigert. ...

Im Jahr 2012 hat eine Kontaktaufnahme mit der Sozialarbeit des Sozialzentrums stattgefunden. Am hat er im Journaldienst bekannt gegeben, dass ein Räumungstermin für angesetzt wurde. Ein Grund für den Mietrückstand konnte Hr. ***2*** damals nicht nennen. ...

[weitere Ausführungen analog zur Darstellung im nervenfachärztlichen Gutachten]

Mindestsicherung

Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom betreffend Mindestsicherung (Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs, Mietzinsbeihilfe) ab Juli 2016.

Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom betreffend Einstellung und neuerliche Zuerkennung von Mindestsicherung.

Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom betreffend Mindestsicherung (Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs, Mietzinsbeihilfe).

Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom betreffend Mindestsicherung (Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs).

Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom betreffend Mindestsicherung (Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs, Mietzinsbeihilfe).

Beschwerdevorentscheidung (Grundbetrag) vom

Mit Datum erging durch das Finanzamt eine "Beschwerdevorentscheidung betreffend der Beschwerde vom , eingelangt am von ***2*** ***1***, ***4***, ***3*** gegen den Abweisungsbescheid vom ". Mit dieser wurde die Beschwerde betreffend den Grundbetrag an Familienbeihilfe als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt:

Sie haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Bei Ihnen trifft dies nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut Metadaten des Sozialministeriumservice sowohl vom als auch vom wurde bei Ihnen eine 30%ige Beeinträchtigung und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab zuerkannt.

Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits 32 Jahre alt.

Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein.

Die Beschwerde musste daher abgewiesen werden.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde dem Erwachsenenvertreter am nachweislich zugestellt.

Vorlageantrag (Grundbetrag) vom

Am stellte der Bf durch seinen Erwachsenenvertreter Vorlageantrag im Beschwerdeverfahren betreffend den Grundbetrag:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen.

Der Bf beantragt, die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Die Behörde begründet die Abweisung damit, dass die Erwerbsunfähigkeit beim Bf per festgestellt wurde. Wie sie zu dieser Einschätzung gelangt, ist nicht nachvollziehbar, zumal als dem Vertreter des Bf das Gutachten des BASB nicht zugestellt wurde. Der Vertreter des Bf vermutet, dass dieses Datum deshalb gewählt wurde, weil er zu diesem Zeitpunkt zum Sachwalter bestellt wurde, was für die (rückwirkende) Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit naturgemäß keine Bedeutung hat.

Dem Bf wurden, wie bereits in der Beschwerde ausgeführt, von der Pensionsversicherungsanstalt Waisenpensionen nach dem verstorbenen Vater und nach der verstorbenen Mutter zuerkannt. Diese Leistungen wurden zuerkannt, weil von medizinischer Seite festgestellt wurde, dass der Bf über das 18.Lj. hinaus infolge Krankheit erwerbsunfähig ist.

Im Übrigen wird das im bereits anhängigen Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht zur GZ.RV/7103383/2023 erstattete Vorbringen auch in diesem Verfahren zum Vorbringen erhoben.

Beschluss vom

Das Bundesfinanzgericht fasste am folgenden Beschluss, der dem Finanzamt am und dem Bf zu Handen seines Erwachsenenvertreters am zugestellt wurde:

I. Dem Beschwerdeführer wird die Äußerung des Finanzamts vom zur Kenntnis gebracht.

II. Der belangten Behörde wird die Äußerung des Beschwerdeführers vom zur Kenntnis gebracht. Die Beilagen zu dieser Äußerung sind der für die belangte Behörde bestimmten Ausfertigung dieses Beschlusses beigefügt.

III. Das Finanzamt Österreich wird gemäß § 269 Abs. 2 BAO ersucht, ein neuerliches Gutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) über den Zeitpunkt des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit unter Zugrundelegung der Äußerungen vom (insbesondere Sozialversicherungsdaten) und vom sowie allen Beilagen zur Äußerung des Beschwerdeführers vom einzuholen und über die Erstattung des Gutachtens dem Bundesfinanzgericht unverzüglich zu berichten.

IV. Den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird unter Hinweis auf § 265 Abs. 6 BAO aufgetragen, das Bundesfinanzgericht unverzüglich über Änderungen im Stand des Verfahrens in Bezug auf den Abweisungsbescheid vom zu unterrichten.

Begründend wurde ausgeführt:

Zu Spruchpunkt I

Dem Beschwerdeführer wird die Äußerung des Finanzamts vom zur Kenntnis gebracht:

Äußerung des Finanzamts vom

Das Finanzamt teilte dem Gericht am mit:

Zu Pkt. IV: Das Finanzamt hat über den Antrag auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) vom bislang nicht abgesprochen. Die Erledigung dieses Antrags erfolgte erst mit Abweisungsbescheid vom (siehe Anhang).

Zu Pkt. V: Im Anhang befindet sich der auf Ersuchen des Finanzamts von der ÖGK übermittelte Versicherungsdatenauszug betreffend den Beschwerdeführer.

Abweisungsbescheid vom

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Familienbeihilfe vom ab und begründete dies so:

Ihnen als volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung zu.

Diese Voraussetzung trifft nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Sie haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Berufsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Zudem darf der Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen werden.

Dies trifft in Ihrem Fall nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut Metadaten des Sozialministeriumservice wurde bei Ihnen eine 30%ige Beeinträchtigung und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab zuerkannt.

Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits 32 Jahre alt.

Ihr Antrag auf Familienbeihilfe musste daher abgewiesen werden.

Versicherungsdatenauszug

Der Versicherungsdatenauszug betreffend den Bf vom weist folgende Beschäftigungen aus:

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 01

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 01

- : Krankengeldbezug, Sonderfall Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Zivildienst Verein Jugend am Werk Nr. 03

- : Freier DV geringf. besch. ASVG/BKUVG Ang [Meinungsforschungsinstitut] Nr. 04

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : geringfügig beschäftigter Angestellter [Verkehrsunternehmen] Nr. 05

- : mehrfach geringfügig besch. Arbeiter ***1*** ***2*** Nr. 06

- : Freier DV geringf. besch. ASVG/BKUVG Arb [Sicherheitsunternehmen] Nr. 07

- : geringfügig beschäftigter Arbeiter ***24*** ***25*** Nr. 08

- : Freier DV geringf. besch. ASVG/BKUVG Arb [Sicherheitsunternehmen] Nr. 07

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

02.02.-2010 - : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : geringfügig beschäftigter Angestellter [Verkehrsunternehmen] Nr. 05

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : Arbeitslosengeldbezug Nr. 02

- : geringfügig beschäftigter Arbeiter Nr. 09

- : geringfügig beschäftigter Arbeiter ***26*** ***27*** und ***28*** ***29*** [Cateringunternehmen] Nr. 09

- Selbstversicherung § 16 Abs. 1 ASVG Nr. 02

- laufend: Waisenpensionsbezug Nr. 10

Der Versicherungsdatenauszug wurde dem Bf zu Handen seines Erwachsenenvertreters am zur Kenntnis gebracht.

Zu Spruchpunkt II

II. Der belangten Behörde wird die Äußerung des Beschwerdeführers vom zur Kenntnis gebracht. Die Beilagen zu dieser Äußerung sind der für die belangte Behörde bestimmten Ausfertigung dieses Beschlusses beigefügt.

Äußerung des Bf vom

Der Bf gab am durch seinen Erwachsenenvertreter folgende Äußerung ab:

Zum dg Beschluss vom , zugestellt am , wird unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen innerhalb offener Frist Folgendes ausgeführt:

Zu Pkt.l:

Der im Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom 4.4./ festgestellte GdB von 30% ist zu gering. Im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Aufstellung eines Behindertenpasses wurde in einem Beschwerdeverfahren im Auftrag des BVwG ein Gutachten eingeholt, in dem festgestellt wurde, dass der GdB 50% beträgt und der Bf aufgrund des frühen Krankheitsbeginns auch nie einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen konnte (beiliegendes Gutachten Univ.Prof.Dr. ***30*** ***31***-***32*** vom ).

Unrichtig ist im Gutachten vom 4.4./ weiters die Feststellung, dass der Bf eine Invaliditätspension bezieht (dazu mehr in Pkt.II).

Diese Ausführungen gelten gleichermaßen iZm dem Gutachten des Sozialministeriumservice vom 18.8./, da auch in diesem der GdB lediglich mit 30% festgestellt wurde (der Hinweis auf eine "bestehende I Pension" ist unrichtig).

Zu Pkt.II:

Der Bf war infolge seines Leidenszustandes bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung außerstande, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen (Invalidität gem.§ 255 (7) ASVG auf Dauer). Hierzu werden vorgelegt: Bescheid der PVA vom , Ärztliches Gutachten der PVA vom 03., Chefärztliche Stellungnahme vom ; Bescheid der PVA vom 28. mit dem dem Bf eine Waisenpension nach der verstorbenen Mutter und Bescheid der PVA vom , mit dem dem Bf eine Waisenpension nach dem verstorbenen Vater gewährt wurden (diesen beiden Bescheiden lag nach Auskunft der PVA das Gutachten vom zugrunde).

Weiters werden vorgelegt: der Bescheid der PVA vom , mit dem dem Bf Pflegegeld zuerkannt wurde sowie das dieser Entscheidung zugrunde liegende ärztliche Gutachten vom und das im Erwachsenenschutzverfahren eingeholte Gutachten Dris. ***33*** vom .

Zu Pkt.III:

Der Bf hat im Beschwerdezeitraum weder im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern noch einem Elternteil gelebt (siehe beiliegende Hauptmieterbestätigung vom Wiener Wohnen vom ); weiters wurde dem Bf von diesen kein Unterhalt geleistet.

Der Bf bezog seit dem Jahr 2004 Sozialhilfe (siehe beiliegende "Anregung der Sachwalterschaft" durch die MA 40 vom ) sowie die Bescheide der MA 40 vom ,,, und .

Aufgrund einer Erbschaft wurde der Bezug der Mindestsicherung im Jahr 2020 eingestellt.

Dazu wurden 16 Beilagen vorgelegt.

Zu Spruchpunkt III

Zufolge der neu vorgelegten Unterlagen ist das Finanzamt Österreich gemäß § 269 Abs. 2 BAO zu ersuchen, ein neuerliches Gutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) über den Zeitpunkt des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit unter Zugrundelegung der Äußerungen vom (insbesondere Sozialversicherungsdaten) und vom sowie der Beilagen zur Äußerung des Beschwerdeführers vom einzuholen und über die Erstattung des Gutachtens dem Bundesfinanzgericht unverzüglich zu berichten.

Zu Spruchpunkt IV

Da der Ausgang des Verfahrens in Bezug auf den Abweisungsbescheid vom (Grundbetrag an Familienbeihilfe) für das gegenständliche Beschwerdeverfahren (Erhöhungsbetrag) von maßgebender Bedeutung ist (siehe Spruchpunkt IV des Beschlusses vom ), ist den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Hinweis auf § 265 Abs. 6 BAO aufzutragen, das Bundesfinanzgericht unverzüglich über Änderungen im Stand des Verfahrens in Bezug auf den Abweisungsbescheid vom zu unterrichten. Beide Parteien werden darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf das hier anhängige Beschwerdeverfahren ein allfälliges Beschwerdeverfahren in Bezug auf den Abweisungsbescheid vom mit der gebotenen Beschleunigung durchzuführen wäre.

Belehrung und Hinweise

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs. 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs. 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).

Die vom Gericht gesetzte Frist kann von diesem über rechtzeitigen, begründeten Antrag verlängert werden.

Vorlage (Grundbetrag) vom

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich, Dienststelle Spittal Villach (FA61), dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde vom (betreffend Grundbetrag an Familienbeihilfe) vor und führte aus:

Sachverhalt:

Die Beschwerde richtet sich gegen den Abweisungsbescheid betreffend den Grundbetrag an Familienbeihilfe ab November 2017 mit der Begründung, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit d FLAG vorlägen, weil im Zusammenhang mit der Zuerkennung einer Waisenpension durch die Pensionsversicherungsanstalt von medizinischer Seite festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer über das 18. Lebensjahr hinaus infolge Krankheit erwerbsunfähig sei. Die dem Abweisungsbescheid zugrunde gelegten Feststellungen laut Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen seien daher nicht nachvollziehbar.

Beweismittel:

Abweisungsbescheid vom

Beschwerde vom

Vorlagentrag vom

Stellungnahme:

Das Finanzamt beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Auf die Begründung im Vorlagebericht vom zur GZ RV 7103383/2023 wird verwiesen.

Diese Vorlage wurde beim Bundesfinanzgericht zur Zahl RV/7103220/2024 erfasst.

Gutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen

Das Bundesfinanzgericht stellte von Amts wegen durch Einsicht in das elektronische Beihilfenprogramm der Bundesfinanzverwaltung FABIAN fest, dass am dem Finanzamt elektronisch eine Bescheinigung mit folgender Aussage zur hier maßgebenden Streitfrage ("Metadaten") übermittelt wurde:

Es ist anamnestisch eine psychiatrische Erkrankung mit Erstmanifestation 2004 zu erheben. Befunde darüber liegen nicht vor. Daher kann auch rückblickend keine Aussage über den damaligen Zustand und den Verlauf der Erkrankung bis 2016 auch im Hinblick auf eine behinderungsbedingte Selbsterhaltungsunfähigkeit/ fähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt gemacht werden. Fachspezifische Befunde und Unterlagen liegen erst ab 2016 vor, wo es offensichtlich zu einer Verschlechterung gekommen ist und eine stat. psychiatrische Behandlung dokumentiert ist. (siehe Vorgutachten) Eine rückwirkende andauernde Selbsterhaltungsunfähigkeit kann demnach - gleichbleibend zu den Vorgutachten- ab 07/2016 bestätigt werden.(Dokumentation einer psychiatrischen Behandlung, Antragstellung auf eine Berufsunfähigkeitspension). Im Bescheid der PV aus 2018 wird eine originäre Invalidität attestiert und im Bescheid 2022 und 2023 eine Waisenpension. Im nervenfachärztlichen Gutachten ans BVwG Dr. ***31*** ***32*** vom bezüglich einer Behinderteneinstufung wird beschrieben, dass der BF auch nie einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen konnte. Dies ist nach der Anamnese aus nervenfachärztlicher Sicht nicht auszuschließen, aber nicht durch fachspezifische Befunde untermauert. Die Sozialversicherungsdaten geben keine Hinweise darauf ob aus medizinischer Sicht eine Selbsterhaltung möglich war oder nicht.

Eine Verständigung des Gerichts durch die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgte entgegen § 265 Abs. 6 BAO nicht.

Das Gutachten vom wurde vom Bundesfinanzgericht vom Sozialministeriumservice am vom Amts wegen beigeschafft.

Sachverständigengutachten vom

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, erstattete am folgendes Gutachten über Bf:

Sachverständigengutachten
(mit Untersuchung)
nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010)


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Name der / des Untersuchten:
Geschlecht:
***1*** ***2***
Männlich
Geburtsdatum:
***9***
Verfahrensordnungsbegriff:
***43***
Wohnhaft in:
***4***
***3***
Österreich
Identität nachgewiesen durch (Amtl. Lichtbildausweis / ausstellende Behörde / Zahl):
Reisepass ...


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Rechtsgebiet:
Verfahren:
Familienlastenausgleich
Begutachtung durchgeführte am
In der Zeit
Untersuchung:

Von 11:20 bis 11:50 Uhr
In der Landesstelle des Sozialministeriumservice
Dolmetsch anwesend: NEIN
Name:
Begleitperson anwesend: NEIN
Begleitperson erforderlich
Name:
Nein
Name der / des Sachverständigen:
Dr.in ***44*** ***45***
Fachgebiet der / des Sachverständigen:
Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie

Anamnese:

VORLIEGENDE VORGUTACHTEN:

----neurologisch/ psychiatrisches Sachverständigengutachten FLAG, :

paranoide Schizophrenie GdB 30%

seit 07/2016

Herr ***1*** ***2*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit: 07/2016

Es besteht die Unfähigkeit sich den Unterhalt zu verschaffen bei bestehender I Pension

Dauerzustand

---- aktenmäßiges psychiatrisches Sachverständigengutachten, FLAG :

paranoide Schizophrenie GdB 30%

GdB liegt vor seit: 07/2016

Herr ***1*** ***2*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit: 07/2016

eine Erwerbsunfähigkeit liegt vor.

Dauerzustand

AKTUELL:

Neuantrag ab Datum:

Neuerliche Beantragung wegen Beschwerde: nein

vorliegend :

Im Auftrag des Bundesfinanzgerichts wird um Erstellung eines neuerlichen Gutachtens über den Zeitpunkt des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit unter Zugrundelegung der im Beschluss angeführten Sozialversicherungsdaten und den ebenfalls im Beschluss angeführten Äußerungen des Herrn ***2*** vom samt Beilagen ersucht.

ANAMNESE:

2004 Erstmanifestation einer paranoiden Schizophrenie- stat. an der Baumgartner Höhe, damals auch Drogenkonsum.(Anm.: keine Befunde)

Er sei seit 5-6 Jahre drogenabstinent.

Dann einige Zeit Psychotherapie und med. Therapie und ca. 1-2 a in psychiatrischer Behandlung.

Ca. 2006 oder 2007 sei er wieder stat. an der Psychiatrie gewesen, er habe Stimmen gehört und habe sich verfolgt gefühlt. (Anm.: keine Befunde)

2013 oder 2014 sei er nochmals stationär gewesen. Er habe sich da zu Hause unabsichtlich am Kopf verletzt. In der Rettung habe er erzählt, dass er schon auf der Psychiatrie gewesen sei und diese hätten ihn dann auf die Psychiatrie geführt. (Anm.: keine Befunde)

Zuletzt stat. Psychiatrie vom - .

Dann nicht mehr so regelmäßig in psychiatrischer Behandlung.

Derzeitige Beschwerden:

Aktuell gehe es ihm ganz gut. Er gehe viel spazieren und versuche Bewegung zu machen. fühlt sich unwohl unter Menschen .

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Risperdal 2mg 2x1

Amlodipin 5 1-0-0

Pantoloc bei Bed.

Psychiater ca. 1x/Jahr

Sozialanamnese:

VS und HS Abschluss, dann Poly

dann Abendschule- 4 1/2 a jährige Maturaschule- nach ca. 3 Jahre dann abgebrochen.

keine Berufsausbildung

dann sei er auf Jobsuche gewesen.

Er habe Gelegenheitsjobs gefunden.

Er habe insgesamt ca. 3 Jahre gearbeitet, aber es seien immer kurze Arbeitsverhältnisse gewesen, max. so 2-3 Monate. Es sei immer geringfügig gewesen. Der letzte Job sei ca. 2011 gewesen.

Er habe Kurse übers AMS gemacht.

Dann habe er Mindestsicherung bekommen für eine Zeit.

Er habe jetzt seit ein paar Jahren eine Waisenpension und Ausgleichszulage.

Sozialarbeiter komme 1x Monat

Ledig. lebt alleine

Pflegestufe 1 seit ca. 2017

Erwachsenvertretung seit ca. 2016

Bundesheer: er habe Zivildienst nur einige Tage gemacht, dann beendet.

Führerschein: keiner.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Schreiben MA 40 :

Anregung einer Sachwalterschaft

......Hr ***2*** ist der Magistratsabteiiung 40 seit längerer Zeit bekannt Die Recherchen der internen Dokumentation haben ergeben, dass Herr ***2*** bereits seit dem Jahr 2004 in Sozialhilfebezug war und nun in Bezug der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist. Herr ***2*** hat es immer wieder nicht geschafft Unterlagen für die Bearbeitung des Antrages auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung nachzureichen. Darüber hinaus wurde die Bedarfsorientierte Mindestsicherung des öfteren mangels Einsatz der Arbeitskraft gekürzt. Herr ***2*** ist seit August 2015 fast durchgehend zu 100% gekürzt und hat damit lediglich ein Einkommen von EUR 206,96 monatlich.......

Bescheid MA 40 :

Mindestsicherung, Zuerkennung

Nervenfachärztliches Gutachten Dr. ***33*** ans BG Liesing bzgl. SACHWALTERSCHAFTSSACHE:

Dg.:

Schizotype Störung F21.0

........die äußeren Wohnverhältnisse zeigen das Bild der Verwahrlosung.......

....Der Betroffene bedarf jedenfalls der Unterstützung in Angelegenheiten vor Ämtern, Behörden, Gerichten, Sozialversicherungsträgern, vor privaten Vertragspartnern und in finanziellen Belangen.....

Psychiatrisches Gutachten PV zum Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension

:

Paranoide Schizophrenie mit schubhaftem Verlauf, derzeit weitestgehend remittiert

......Aus fachärztlich, psychiatrischer Sicht ist derzeit keine ausreichende Stabilisierung für geregelte Tätigkeiten am freien Arbeitsmarkt gegeben, weshalb ich ein befristetes Rehabilitationsgeld für die Dauer von 6 Monaten empfehle, zumal in dieser Zeit abschätzbar ist, ob bereits eine Stabilisierung erzielt werden konnte und ob die Besachwalterung weiterhin aufrecht ist.....

Nachweis Versicherungszeiten von 01/2001- 02/2016

Bescheid PV :

Ihr Antrag vom auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension wird abgelehnt.

.... hat ergeben, dass Sie nicht die erforderliche Mindestanzahl von 120 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung erworben haben. Der Antrag auf Berufsunfähigkeitspension ist daher abzulehnen........

Bescheid MA 40 :

Mindestsicherung, Neubemessung

Bescheid MA 40 :

Mindestsicherung, Zuerkennung

Chefärztliche Stellungnahme PV § 8 AIVG :

Hauptdiagnose:

Anamnestisch bekannte Paranoide Schizophrenie

Berufsschutz liegt nicht vor.

Das Gesamtleistungskalkül reicht für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorübergehend mehr als 6 Monate nicht aus ab Antragstellung .

Originäre Invalidität gemäß § 255 Abs. 7 liegt vor.

Der Versicherte war infolge des Leidenszustandes bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung außerstande, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

Invalidität gemäß § 255 Abs. 7 besteht auf Dauer.

Der Versicherungsfall ist vor dem 27. Lebensjahr eingetreten

Pflegegeldgutachten PV :

paranoide Schizophrenie, Residualzustand

Der PGW benötigt Motivationsgespräche um sich ausreichend zu pflegen. Unterstützung benötigt er bei der Einnahme der Medikamente und der erweiterten Körperpflege. In den übrigen ADL ist er selbständig. Er benötigt Hilfestellung beim Kochen bei der Reinigung der Wohnung und der Wäsche sowie bei der Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten und Mobilitätshilfe im weiteren Sinne.

Dies ergibt einen Pflegebedarf von 67 Stunden pro Monat und somit Pflegestufe 1.

Bescheid PV :

Der Anspruch auf Pflegegeld wird ab in der Höhe der Stufe 1 anerkannt.

Bescheid MA 40 :

Mindestsicherung, Zuerkennung

Bescheid MA 40 :

Mindestsicherung, Neubemessung

Bescheid PV :

Der Anspruch auf Waisenpension nach der Verstorbenen ***38*** ***39*** ....wird anerkannt

Bescheid PV :

Der Anspruch auf Waisenpension nach dem Verstorbenen ***8*** ***2*** wird ab anerkannt.

Gutachten Dr. ***31*** ***32*** Nervenfachärztin , betreffend BBG, Feststellung des Grades der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (ans BVwG):

Paranoide Schizophrenie GdB 50vH

Die Einwendungen des BF können nachvollzogen werden. Es hat sich zwar eine gute Stabilisierung der Erkrankung eingestellt. Jedoch ist weiterhin eine Neuroleptika Therapie erforderlich. Diese und auch die bestehende Residualsymplomaiik der Schizophrenie beeinträchtigen weiterhin deutlich das Allgemeinbefinden und die Leistungsfähigkeit.

Festzuhalten ist, dass der BF auch krankheitsbedingt eine Waisenpension und auchPflegegeld der Stufe l bezieht, was die Einstufung mit einem Behindertengrad von 50vH weiter rechtfertigt. Aufgrund des frühen Krankheitsbeginns konnte der BF auch nie einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen.

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich

Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme BVwG an [Erwachsenenvertreter] und Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien.

.....Das zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von Univ. Prof. Dr. ***31***-***32***, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie wird in der Beilage übermittelt.........

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

40 jähriger in gutem AZ

Ernährungszustand:

gut, BMI 25.1

Größe: 173,00 cm Gewicht: 75,00 kg Blutdruck:

Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:

voll mobil

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt frei gehend alleine zur Untersuchung

Psycho(patho)logischer Status:

Kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein schwerwiegendes kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent; Konzentration und Antrieb mäßig reduziert, Anamneseerhebung aber gut möglich, Stimmungslage ausgeglichen, stabil, wenig affizierbar; etwas verflacht, Auffassung in der Untersuchung erhalten, Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


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Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
Gdb %
1
paranoide SchizophrenieUnterer Rahmensatz, obwohl derzeit stabiler Verlauf ohne hochfrequente/hochdosierte Therapie, berücksichtigt aber den langjährigen Verlauf mit Residualzustand mit verminderter Belastbarkeit
50

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

-

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

--

Stellungnahme zu Vorgutachten:

Erhöhung um 2 Stufen gegenüber dem aktenmäßigen Gutachten 8/23, berücksichtigt den langjährigem Verlauf mit reduzierter Belastbarkeit.

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:

☒ ja ☐ nein

GdB liegt vor seit:12/2024

GdB 30 liegt vor seit 07/2016

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

aktuelle Untersuchung

GdB 30% lt. Vorgutachten

Herr ***1*** ***2*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit 07/2016

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Es ist anamnestisch eine psychiatrische Erkrankung mit Erstmanifestation 2004 zu erheben. Befunde darüber liegen nicht vor.

Daher kann auch rückblickend keine Aussage über den damaligen Zustand und den Verlauf der Erkrankung bis 2016 auch im Hinblick auf eine behinderungsbedingte Selbsterhaltungsunfähigkeit/ fähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt gemacht werden.

Fachspezifische Befunde und Unterlagen liegen erst ab 2016 vor, wo es offensichtlich zu einer Verschlechterung gekommen ist und eine stat. psychiatrische Behandlung dokumentiert ist. (siehe Vorgutachten)

Eine rückwirkende andauernde Selbsterhaltungsunfähigkeit kann demnach - gleichbleibend zu den Vorgutachten- ab 07/2016 bestätigt werden.(Dokumentation einer psychiatrischen Behandlung, Antragstellung auf eine Berufsunfähigkeitspension).

Im Bescheid der PV aus 2018 wird eine originäre Invalidität attestiert und im Bescheid 2022 und 2023 eine Waisenpension.

Im nervenfachärztlichen Gutachten ans BVwG Dr. ***31*** ***32*** vom bezüglich einer Behinderteneinstufung wird beschrieben, dass der BF auch nie einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen konnte.

Dies ist nach der Anamnese aus nervenfachärztlicher Sicht nicht auszuschließen, aber nicht durch fachspezifische Befunde untermauert.

Die Sozialversicherungsdaten geben keineHinweise darauf, ob aus medizinischer Sicht eine Selbsterhaltung möglich war oder nicht.

☒ Dauerzustand

Gutachten erstellt am von Dr.in ***44*** ***45***

Gutachten vidiert am von Dr. ***46*** ***47***

Parteiengehör

Mit Beschluss vom wurde das Gutachten den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur Kenntnis gebracht.

Äußerung (Beschwerdeführer) vom

Der Bf äußerte sich durch Eingabe seines Erwachsenenvertreters vom fristgerecht wie folgt:

Der im Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom festgestellte Zeitpunkt der dauernden Erwerbsunfähigkeit (neuerlich erst) ab 07/2016 lässt sich mit denvom Bf vorgelegten Unterlagen nicht in Einklang bringen.

Im Bescheid der PVA vom (nicht wie im GA angeführt: 2018) wird dem Bf originäre Invalidität gem.§ 255 (7) ASVG attestiert: er war also vor der erstmaligen Aufnahmeeiner die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung infolge Krankheit außer Stande,einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

Dem Bf wurden weiters von der PVA nach seinen verstorbenen Eltern Waisenpensionen zuerkannt, was voraussetzt, dass die Erwerbsunfähigkeit vor dem 18.Lj. eingetreten ist.

In beiden Fällen (Feststellung einer originären Invalidität sowie Zuerkennung von Waisenpensionen) ist davon auszugehen, dass den diesbezüglichen Gutachten nicht nur eine*Blickdiagnose* zugrunde liegt, zumal die Untersuchungen in der Gesundheitsstraße derPVA sehr ausführlich und umfassend sind.

Es mag zutreffen, dass sich aus dem VDA aus medizinischer Sicht eine Erwerbsunfähigkeitnicht mit Sicherheit ableiten lässt. Die Tatsache, dass im VDA "geringfügige Beschäftigungsverhältnisse" in der Dauer von mitunter nur einem Tag (!) aufscheinen, lassen wohl nicht denSchluss zu, dass der Bf in der Lage (gewesen) wäre (und das schon bei Erreichen der Volljährigkeit), eine auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewertbare Tätigkeit auszuüben.

Der Bf hält somit seine Anträge unverändert aufrecht.

Keine Äußerung der belangten Behörde

Innerhalb der mit Beschluss vom gesetzten Frist () langte beim Bundesfinanzgericht keine Äußerung der belangten Behörde ein, auch nicht bis zur Approbation der gegenständlichen Entscheidung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf ***1*** ***2*** ist im Jänner 1984 geboren. Er vollendete daher das 21. Lebensjahr im Jänner 2005. Der Bf verfügt über eine abgeschlossene Pflichtschulbildung (Volksschule, Hauptschule, Polytechnischer Lehrgang). Er besuchte danach eine 4 1/2jährige Maturaschule, die er aber nach etwa drei Jahren wegen seiner Krankheit abbrach. Danach erfolgte keine weitere Berufsausbildung mehr und meldete sich der Bf mit rund 17 oder 18 Jahren mehrmals arbeitslos. Im Jahr 2004 (im 20. Lebensjahr) wurde beim Bf erstmals eine paranoide Schizophrenie ärztlich festgestellt, die auch zu einer stationären Aufnahme an der nunmehrigen Klinik Penzing (Otto Wagner Spital, Baumgartner Höhe) führte. Zu dieser Zeit konsumierte der Bf Drogen. In weiterer Folge kam es zu wiederholten stationären psychiatrischen Aufenthalten. Von bis leistete der Bf seinen Zivildienst, den er aber nach etwas mehr als zwei Monaten vorzeitig abbrechen musste.

In den folgenden Jahren versuchte der Bf, einem Beruf nachzugehen. Hierbei konnte der Bf einige Gelegenheitsjobs finden, diese aber nur auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung und jeweils nur für höchstens ein Monat, und zwar:

1 Tag: - : Freier DV geringf. besch. ASVG/BKUVG Ang [Meinungsforschungsinstitut]

1 Monat: - : geringfügig beschäftigter Angestellter [Verkehrsunternehmen]

1 Monat: - : mehrfach geringfügig besch. Arbeiter ***1*** ***2***, Adresse des Bf [=Bf]

9 Tage: - : Freier DV geringf. besch. ASVG/BKUVG Arb [Sicherheitsunternehmen]

rund 1 Monat: - : geringfügig beschäftigter Arbeiter ***24*** ***25***

1 Monat: - : Freier DV geringf. besch. ASVG/BKUVG Arb [Sicherheitsunternehmen]

1 Monat: - : geringfügig beschäftigter Angestellter [Verkehrsunternehmen]

1 Tag: - : geringfügig beschäftigter Arbeiter ***26*** ***27*** und ***28*** ***29*** [Cateringunternehmen]

1 Tag: - : geringfügig beschäftigter Arbeiter ***26*** ***27*** und ***28*** ***29*** [Cateringunternehmen]

Im August 2016 wurde dem Bf vom Pflegschaftsgericht auf Grund einer Anregung der Magistratsabteilung 40 der Stadt Wien in Zusammenhang mit Mietzinsrückständen vom gemäß § 268 ABGB der nunmehrige Erwachsenenvertreter zum Sachwalter bestellt. Der Gerichtsgutachter OA Dr. ***40*** ***33*** diagnostizierte in seinem Gutachten vom eine Schizotype Störung F21.0-

Ein im Berufsunfähigkeitspensionsverfahren erstattetes fachärztliches Gutachten von Dr. ***35*** ***36*** vom hält fest, dass der Bf seit 2004 an einer paranoiden Schizophrenie mit schubhaftem Verlauf leide und dem Bf geregelte Tätigkeiten am freien Arbeitsmarkt nicht zumutbar seien. Laut Chefärztlicher Stellungnahme Dr. ***48*** vom im Waisenpensionsverfahren reichte gemäß § 8 AlVG das Gesamtleistungskalkül für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorübergehend mehr als 6 Monate ab Antragstellung am nicht aus. Es liege auf Dauer originäre Invalidität gemäß § 255 Abs. 7 ASVG vor. Der Bf sei infolge seines Leidenszustandes bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung außerstande gewesen, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Der Bf bezog niemals eine Invaliditätspension.

Der Bf lebte im Beschwerdezeitraum in einer eigenen Wohnung. Er bezog seit dem Jahr 2004 Sozialhilfe (Mindestsicherung), die im Jahr 2020 zufolge einer Erbschaft eingestellt wurde. Von seinen Eltern wurde ihm im Beschwerdezeitraum kein Unterhalt geleistet. Seit November 2018 wird Pflegegeld der Stufe 1 zufolge paranoide Schizophrenie, Residualzustand ICD-10: F20 und daraus resultierend eines Pflegebedarfs von durchschnittlich 67 Stunden im Monat bezogen.

Mit Bescheid vom lehnte die Pensionsversicherungsanstalt einen Antrag des Bf auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension gemäß § 255 Abs. 7 ASVG, § 271 ASVG ab, da Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension zwar auch dann bestehe, wenn der Pensionswerber bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen, aber die ebenfalls im Gesetz geforderte weitere Voraussetzung des Erwerbs von wenigstens 120 Beitragsmonaten in der Pflichtversicherung nicht erfüllt sei.

Gemäß Bescheiden der Pensionsversicherungsanstalt vom und vom steht dem Bf nach der verstorbenen Mutter ***38*** ***39*** ab Oktober 2022 und nach dem verstorbenen Vater ***8*** ***2*** ab Februar 2023 jeweils gemäß §§ 86, 257, 260 ASVG und § 7 APG Waisenpension zu, die über das 18. Lebensjahr hinaus gebühre, solange infolge Krankheit oder Gebrechens Erwerbsunfähigkeit vorliegt.

Laut Sachverständigengutachten Univ. Prof. Dr. ***31***-***32*** vom konnte der Bf auf Grund seiner paranoiden Schizophrenie nie voll arbeiten; zufolge des frühen Krankheitsbeginns konnte der Bf nie einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) hat am 4.4./14.2023, am 18.8./ und am das Vorliegen einer paranoiden Schizophrenie und eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit des Bf bescheinigt, wobei der Eintritt der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit mit Juli 2016 (belegter stationärer Aufenthalt im Otto Wagner-Spital von 7.7. bis ) angesetzt wurde. Es sei, so das letzte Gutachten, aus nervenfachärtzlicher Sicht nicht auszuschließen, dass der Bf nie einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehend konnte und daher bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig gewesen sei, dies sei "aber nicht durch fachspezifische Befunde untermauert".

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und den im Beschwerdeverfahren erfolgten weiteren Ermittlungen.

Zur Ausbildung des Bf wird auf die Ausführungen in der Sozialanamnese im Gutachten vom und auf die Anamnese im Gutachten Univ. Prof. Dr. ***31***-***32*** vom (hier auch: krankheitsbedingter Ausbildungsabbruch) verwiesen. Auch zum Beschäftigungsverlauf ist auf die Ausführungen in der Sozialanamnese im Gutachten vom , auf die Anamnese im Gutachten Univ. Prof. Dr. ***31***-***32*** vom sowie auf die Darstellung der sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisse laut Versicherungsdatenauszug vom zu verweisen. Im Abgabeninformationssystem der Bundesfinanzverwaltung finden sich bis zum Jahr 2009 keinen Lohnzettel von Arbeitgebern. Seit 2001 erfolgten Arbeitslosigkeitsmeldungen ohne Bezug, diesbezüglich ist auf die Aufstellung der nachgewiesenen Versicherungszeiten und neutralen Zeiten durch die PVA am zu verweisen.

Die Feststellung der erstmaligen Manifestierung einer paranoiden Schizophrenie im Jahr 2004 ergibt sich aus den Ausführungen in der Anamnese im Gutachten vom und deckt sich etwa mit der Anamnese in den Gutachten Dr. ***35*** ***36*** vom und Univ. Prof. Dr. ***31***-***32*** vom .

Entgegen den Ausführungen im Gutachten vom 4.4./ bezog der Bf niemals eine Invaliditätspension (siehe Äußerung vom ; Bescheid PVA vom ).

Rechtsgrundlagen

Zu den Rechtsgrundlagen und den grundsätzlichen rechtlichen Erwägungen in Bezug auf die Gewährung der Familienbeihilfe infolge voraussichtlich dauernder Erwerbsunfähigkeit siehe den Beschluss vom .

§ 252 ASVG lautet:

§ 252. (1) Als Kinder gelten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr:

1.die Kinder und die Wahlkinder der versicherten Person;

(Anm.: Z 2 und 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 86/2013)

4.die Stiefkinder;

5.die Enkel.

Die in Z. 4 und 5 genannten Personen gelten nur dann als Kinder, wenn sie mit dem Versicherten ständig in Hausgemeinschaft leben, die in Z. 5 genannten Personen überdies nur dann, wenn sie gegenüber dem Versicherten im Sinne des § 232 ABGB unterhaltsberechtigt sind und sie und der Versicherte ihren Wohnsitz im Inland haben. Die ständige Hausgemeinschaft besteht weiter, wenn sich das Kind nur vorübergehend oder wegen schulmäßiger (beruflicher) Ausbildung oder zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält; das gleiche gilt, wenn sich das Kind auf Veranlassung des Versicherten und überwiegend auf dessen Kosten oder auf Anordnung der Jugendfürsorge oder des Pflegschaftsgerichtes in Obsorge eines Dritten befindet.

(2) Die Kindeseigenschaft besteht auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind

1.sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres; die Kindeseigenschaft von Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, verlängert sich nur dann, wenn für sie

a)entweder Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird oder

b)zwar keine Familienbeihilfe bezogen wird, sie jedoch ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 311/1992 betreiben;

2.als Teilnehmer/in des Freiwilligen Sozialjahres, des Freiwilligen Umweltschutzjahres, des Gedenkdienstes oder des Friedens- und Sozialdienstes im Ausland nach den Abschnitten 2 bis 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012, tätig ist, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres;

3.seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in Z 1 oder des in Z 2 genannten Zeitraumes infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist.

(3) Die Kindeseigenschaft nach Abs. 2 Z 3, die wegen Ausübung einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit weggefallen ist, lebt mit Beendigung dieser Erwerbstätigkeit wieder auf, wenn Erwerbsunfähigkeit infolge Krankheit oder Gebrechens weiterhin vorliegt.

§ 255 Abs. 7 ASVG lautet:

(7)Als invalid im Sinne der Abs.1 bis 4 gilt der (die) Versicherte auch dann, wenn er (sie) bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen, dennoch aber mindestens 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat.

Verfahrensrechtliches

Über die zu RV/7103383/2023 vorgelegte Beschwerde vom , Postaufgabe , gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , womit der am eingebrachte Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für den im Jänner 1984 geborenen Beschwerdeführer ab November 2017 abgewiesen wurde, wird mit dieser Entscheidung ebenso wie über die zu RV/7103220/2024 vorgelegte Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , womit der am eingebrachte Antrag auf Familienbeihilfe für den Beschwerdeführer ab November 2017 abgewiesen wird, entschieden.

Eigener Haushalt, keine überwiegende Unterhaltstragung durch die Eltern, keine gänzliche Unterhaltstragung aus eigenen Mitteln

Unstrittig ist, dass der Bf im Beschwerdezeitraum einen eigenen Haushalt geführt hatte und ihm von seinen Eltern nicht überwiegend Unterhalt geleistet worden ist (siehe auch Äußerung vom ). Daher war er bis zum Tod beider Eltern "Sozialwaise" i.S.v. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 und stand ihm ein Eigenanspruch hinsichtlich Familienbeihilfe zu. Bei voraussichtlich dauernd erwerbsunfähigen Vollwaisen (sowie i.V.m. gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 "Sozialwaisen") ist gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 weitere Voraussetzung, dass der Unterhalt des Kindes "nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt". Da der Bf jedenfalls seit 2008 (Bestätigung Wiener Wohnen ) einen eigenständigen Haushalt geführt hat, steht der (frühere) Sozialhilfebezug (siehe "Mindestsicherung" im Verfahrensgang) dem Eigenanspruch nicht entgegen. Ferner wird seit 2018 Pflegegeld und seit 2022 eine Waisenpension bezogen, weiters erfolgte im Jahr 2020 eine Erbschaft in einer Höhe, die die Einstellung der Mindestsicherung zur Folge hatte (Äußerung vom ), sodass seit 2018 selbst bei Anstaltspflege ein Eigenanspruch bestünde (vgl. ; ; Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020, § 8 Rz 28).

Voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit

Ebenfalls unstrittig ist, dass der Bf außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Bestehende voraussichtliche Erwerbsunfähigkeit

Sämtliche aktenkundigen Gutachten des Sozialministeriumservice bescheinigen dem Bf eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit. Damit wäre an sich die Anspruchsvoraussetzung gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 erfüllt. Insoweit sind die Gutachten auch schlüssig.

Zeitpunkt des Eintritts der voraussichtlichen Erwerbsunfähigkeit

Strittig ist aber, wann diese voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist. Damit ein Anspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 besteht, muss die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit auf eine vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretene körperlichen oder geistigen Behinderung zurückzuführen sein.

Vorhandene Unterlagen

Die Gutachten vom 4.4./ und vom 18.8./ setzen den Zeitpunkt des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit mit Juli 2016, einem dokumentierten stationären Aufenthalt im Otto Wagner Spital an, wobei der Bf am in der Anamnese angegeben hat, seit 2016 in fachärztlicher Behandlung zu sein. Außer dem Befund des OWS lagen den Gutachtern keine weiteren Unterlagen vor, sodass aus damaliger Sicht nicht gesagt werden kann, ein früherer Eintritt der Erwerbsunfähigkeit wäre schlüssig gewesen.

Hingegen stand der Gutachterin des Gutachtens vom der mittlerweilige Akteninhalt des Beschwerdeverfahrens zur Verfügung und wurden wesentliche Aktenteile auch in der Anamnese zitiert. Im Gutachten vom wird eingeräumt, dass anamnestisch eine psychiatrische Erkrankung mit Erstmanifestation 2004 zu erheben ist. Allerdings stützt sich die auch in diesem Gutachten erfolgte Datierung des Eintritts der voraussichtlichen dauernden Erwerbsunfähigkeit mit Juli 2016 darauf, dass fachspezifische Befunde und Unterlagen erst ab 2016 vorlägen.

Maßgebende Beweismittel

§ 8 Abs. 6 FLAG 1967 sieht die Nachweisführung über den Grad der Behinderung oder das Vorliegen der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, mittels Bescheinigung des Sozialministeriumservice vor. Insoweit besteht eine Beschränkung der Beweismittel. Allerdings muss das Verfahren vor dem Sozialministeriumservice allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen folgen, wozu auch die Unbeschränktheit der in diesem Verfahren zu berücksichtigenden Beweismittel (§ 45 AVG, § 46 AVG; § 166 BAO, § 167 BAO) gehört. Weder das AVG noch die BAO sehen eine Beschränkung der Beweismittel auf bestimmte Beweismittel, nämlich ausschließlich ärztliche Befunde, vor. Es sind daher alle zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeigneten und nach Lage des einzelnen Falls zweckdienlichen Beweismittel heranzuziehen (§ 46 AVG, § 166 BAO). In einer Zusammenschau all dieser Beweismittel ist dann zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 45 Abs. 2 AVG, § 167 Abs. 2 BAO), wobei, wie bereits im Beschluss vom ausgeführt, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen ist, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Ein Gutachten, dass ausschließlich auf das Vorliegen ärztlicher Befunde aus der Vergangenheit abstellt, ohne auch auf andere bekannte Beweismittel Bedacht zu nehmen, wäre daher unschlüssig (siehe etwa ).

Divergierende fachärztliche Gutachten betreffend fehlender Arbeitsfähigkeit

Im gegenständlichen Verfahren war es zwei nervenfachärztlichen Gutachtern, einem Chefarzt der Pensionsversicherungsanstalt und einer Universitätsprofessorin kraft ihrer medizinischen Fachkenntnisse lege artis möglich festzustellen, dass der Bf auf Grund seiner psychischen Erkrankung niemals arbeitsfähig gewesen ist, obwohl diesen Gutachtern ebenfalls keine Befunde aus dem Jahr 2004 und den Folgejahren vorgelegen sind. Dagegen vertritt die Gutachterin im Gutachten vom zwar die Meinung, dass eine originäre Erwerbsunfähigkeit aus nervenfachärztlicher Sicht nicht auszuschließen sei, es fehlten aber diesbezüglich fachspezifische Befunde (aus der Zeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres), weswegen eine originäre Erwerbsunfähigkeit nicht bescheinigt werden könne. Die Sozialversicherungsdaten gäben keine Hinweise darauf, ob aus medizinischer Sicht eine Selbsterhaltung möglich war oder nicht.

Wie vorstehend ausgeführt, kennt das Abgabenverfahrensrecht, wie auch anderen Verfahrensrechte, keine Beschränkung der Beweismittel. Es bleibt Gutachtern des Sozialministeriumservice unbenommen, den Standpunkt einzunehmen, eine gutachtliche Feststellung nur bei Vorliegen bestimmter Beweismittel zu treffen und andere Beweismittel zu ignorieren. In der forensischen Praxis ist immer wieder festzustellen, dass Gutachter des Sozialministeriumservice allein auf das Vorliegen zeitnaher fachspezifischer medizinischer Befunde abstellen, und, wie auch der gegenständliche Fall zeigt, nicht bereit sind, aus anderen Verfahrensergebnissen entsprechende Rückschlüsse zu ziehen. Eine weitere Gutachtensergänzung oder die Einholung eines weiteren Gutachtens des Sozialministeriumservice würde daher zu keinem anderen Ergebnis kommen. Es kann aber nicht sein, dass die verfassungsmäßig nach Art. 20 B-VG zur Führung der Verwaltung berufenen und die ihnen nachgeordneten Organe einer Verwaltungsbehörde (und in weiterer Folge das gemäß Art. 130 B-VG zur Prüfung der Rechtswidrigkeit von Bescheiden einer Verwaltungsbehörde berufene Verwaltungsgericht) absolut an eine derartige Auffassung eines Gutachters gebunden ist. Wäre dies der Fall, wäre eine daraus resultierende Verfassungswidrigkeit von § 8 Abs. 6 FLAG 1967 im Wege eines Normprüfungsantrags nach Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Dies ist jedoch nicht erforderlich, da nach der übereinstimmenden Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts, wie unter "Keine unbedingte Bindung an Bescheinigungen des Sozialministeriumservice" im Beschluss vom dargestellt, von einem unschlüssigen Gutachten des Sozialministeriumservice, und ein Gutachten, dass nur auf bestimmte Beweismittel abstellt und andere Beweismittel als nicht zulässig erachtet, ist ein unschlüssiges Gutachten, nach qualifizierter Auseinandersetzung mit diesem abzugehen ist (vgl. ).

Vereinzelte Arbeitsversuche bei psychischer Erkrankung

Zwischen dem 17. und dem 23. Lebensjahr ist der Bf überhaupt keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Im 23. Lebensjahr musste der Zivildienst nach wenigen Wochen abgebrochen werden. Im Alter zwischen 24 und 28 Jahren war der Bf nur vereinzelt, jeweils für einen Tag oder für einen Monat, beschäftigt. Die Gutachterin im Gutachten vom ist damit im Recht, dass aus mit Sozialversicherungsdaten dokumentierten Beschäftigungsverläufen allein nicht geschlossen werden kann, ob eine Person erwerbsunfähig war oder nicht. Bei gesunden, arbeitsfähigen Personen können lange Zeiten der Arbeitslosigkeit und nur kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse auf eine mangelnde Qualifikation am Arbeitsmarkt oder auf eine mangelnde Arbeitswilligkeit hindeuten. Ist jedoch eine Person psychisch in einem derartigen Ausmaß erheblich krank, dass ihre nunmehrige Erwerbsunfähigkeit feststeht, hat die Annahme, dass es sich bei einigen wenigen kurzen Arbeitsverhältnissen im hier festgestellten Umfang um bloße Arbeitsversuche gehandelt hat und die Person originär erwerbsunfähig gewesen ist, den weitaus höheren Grad der Wahrscheinlichkeit für sich als die Annahme, die fehlende Fähigkeit dieser Person, einem geregelten Erwerb nachzugehen, sei in der Vergangenheit bloß durch die Faulheit dieser Person und nicht durch ihre psychische Erkrankung bedingt gewesen.

Höchstmöglicher Grad der Wahrscheinlichkeit

Wie ausgeführt, verlangt die Rechtsordnung nicht eine Art "absolute Gewissheit" über bestimmte Tatsachen, sondern ist im Fall mehrerer Möglichkeiten einer Tatsachenfeststellung jene zu wählen, die verglichen mit den anderen den höchstmöglichen Grad der Wahrscheinlichkeit für sich hat. Der Bf ist im Recht, wenn er (Äußerung vom ) darauf verweist, dass der Umstand, dass in den Versicherungsdaten lediglich einige "geringfügige Beschäftigungsverhältnisse" in der Dauer von mitunter nur einem Tag aufscheinen, nicht den Schluss zulässt, dass der Bf schon bei Erreichen des 21. Lebensjahres in der Lage gewesen wäre, regelmäßig eine auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgefragte Tätigkeit auszuüben.

Die beiden nervenfachärztlichen Gutachten vom und vom haben schlüssig dargelegt, dass zufolge der unstrittigen Erkrankung des Bf eine originäre Erwerbsunfähigkeit bestanden hat. Diese Gutachten stehen im Einklang mit der diagnostizierten Erkrankung des Bf und seiner dokumentierten Unfähigkeit, jeweils auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Feststellung originärer Erwerbsunfähigkeit durch die Pensionsversicherungsanstalt

Ferner hat die Pensionsversicherungsanstalt bescheidmäßig festgestellt, dass der Bf gemäß § 255 Abs. 7 ASVG niemals fähig war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Es wäre widersprüchlich, wenn eine Behörde, die Pensionsversicherungsanstalt, eine originäre Erwerbsunfähigkeit einer Person feststellt, eine andere Behörde, das Finanzamt, dies hinsichtlich dieser Person aber verneint (vgl. zur Feststellung der originären Erwerbsunfähigkeit durch die Pensionsversicherungsanstalt etwa auch , oder ). Es besteht zwar keine Bindungswirkung einer Feststellung nach § 255 Abs. 7 ASVG in einem Verfahren der Zuerkennung von Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967. Es bedarf aber gewichtiger Gründe, die hier nicht gegeben sind, für ein Abweichen der Beihilfenbehörde von einer bescheidmäßig getroffenen Feststellung einer originären Erwerbsunfähigkeit bei gleichem Sachverhalt durch die Pensionsbehörde.

Eintritt der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahrs

Das Bundesfinanzgericht hält es somit für erwiesen, dass die psychische Erkrankung des Bf spätestens im Jahr 2004, in seinem 20. Lebensjahr, einen Schweregrad erreicht hat, der dazu geführt hat, dass der Bf voraussichtlich nicht in der Lage war, regelmäßig selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Dieser Zeitpunkt ergibt sich aus dem erstmaligen stationären Aufenthalt im Otto Wagner Spital. Dass die Aufzeichnungen der Krankenanstalt hierüber offenbar auf Grund Vernichtung infolge Zeitablaufs nicht mehr existieren, kann nicht dem Bf zur Last fallen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit bereits mit dem krankheitsbedingten Abbruch der Maturaschule im 17. oder 18. Lebensjahr eingetreten ist. Auch dies läge vor Vollendung des 21. Lebensjahres des Bf.

Damit erfolgte der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit innerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 genannten Zeitraums.

Von behinderten Personen werden immer wieder, oft wiederholt, Versuche unternommen, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein werden (vgl. ). Derartige Arbeitsversuche dokumentieren keine Erwerbsfähigkeit (vgl. ).

Den Bescheinigungen des Sozialministeriumservice ist daher mit der Maßgabe zu folgen, dass die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht erst im Jahr 2016, sondern spätestens im Jahr 2004 (im 20. Lebensjahr) eingetreten ist. Diese Feststellung steht im Einklang mit den fachärztlichen Sachverständigengutachten Dr. ***48*** vom und Univ.-Prof. Dr. ***31***-***32*** vom , wobei diese beiden Gutachter überhaupt von einer originären Erwerbsunfähigkeit ausgehen, dass also der Bf bereits vor der ersten Aufnahme einer (kurzen) Erwerbstätigkeit niemals arbeitsfähig war. Auch die Pensionsversicherungsanstalt hat eine originäre Erwerbsunfähigkeit festgestellt.

Stattgabe

Da die bescheinigte voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit auf eine vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretene körperliche oder geistigen Behinderung zurückzuführen ist, besteht ein Anspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967.

Da der Bf im Beschwerdezeitraum bei seinen Eltern nicht mehr haushaltszugehörig war und eine überwiegende Unterhaltsleistung durch die Eltern nicht erfolgte, ist im Beschwerdezeitraum ein Eigenanspruch nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 i.V.m. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gegeben.

Die angefochtenen Bescheide vom , womit der am eingebrachte Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung ab November 2017 abgewiesen wurde, und vom womit der am eingebrachte Antrag auf Familienbeihilfe ab November 2017 abgewiesen wurde, sind daher rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) und gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Das FLAG 1967 kennt keine bescheidmäßige Zuerkennung von Familienbeihilfe. Gleiches gilt für den gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gemeinsam mit der Familienbeihilfe auszuzahlenden Kinderabsetzbetrag. Steht Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und darüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des (monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) auszufertigen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 3 m.w.N.; u.v.a.). Hebt das Bundesfinanzgericht einen gemäß § 13 FLAG 1967 ergangenen Abweisungsbescheid auf, weil Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) auszuzahlen ist, ist das Finanzamt gemäß § 25 Abs. 1 BFGG und § 282 BAO verpflichtet, im gegenständlichen Fall mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen und die Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags (allenfalls: des Unterschiedsbetrags zu einer ausländischen Familienleistung) vorzunehmen (vgl. ).

Revisionsnichtzulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Würdigung eines Sachverständigengutachtens, und damit auch die Frage, ob ein Verwaltungsgericht einem Gutachten folgt oder nicht, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Teil der Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Diese ist nur dahingehend der Kontrolle unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vor dem Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu überprüfen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG könnte sich in diesem Zusammenhang nur dann ergeben, wenn das Verwaltungsgericht diese im Einzelfall vorgenommenen Beurteilungen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Eine in einem Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (etwa , mwN; ; , mwN; ; ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 257 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 260 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 7 APG, Allgemeines Pensionsgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004
§ 86 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 13 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. c oder h FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 6 Abs. 2 lit. d oder g FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 6 Abs. 2 lit. g FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 177 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 255 Abs. 7 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 252 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 45 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 46 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
Art. 20 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103383.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
JAAAF-48467