Geld- und Naturalvergütung für Präsenz- oder Zivildienst schließen Anspruch auf FB und KAB aus (keine Doppeltragung der Unterhaltslasten durch die öffentliche Hand)
Rechtssätze
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RV/7105193/2019-RS1 | Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes will die Familienbeihilfe den Unterhaltsbelasteten entlasten und den Mindestunterhalt des Kindes sichern (vgl etwa , und Mair, Österreichische Richterzeitung 2006, 162). Dieser Normzweck ergibt sich aus § 1 FLAG 1967. Mit der monatlichen Grundvergütung wurde der Sohn während der Zeit beim Zivildienst von der öffentlichen Hand ausreichend versorgt. Eine Belastung der Bf mit Unterhaltsleistungen für ihren Sohn, während er den Zivildienst leistete, besteht daher nicht. Für die Zeit des Zivildienstes bestehen grundsätzlich auch keine Ansprüche nach den sozialrechtlichen Bestimmungen (vgl , und JBl 1973, 539). Es besteht daher keine Veranlassung, von der in ständiger Rechtsprechung von den Höchstgerichten vertretenen Auffassung, dass die Ableistung des Zivildienstes den Anspruch auf Familienbeihilfe für ein volljähriges Kind beseitigt, abzugehen (vgl. nochmals VwGH 98/13/0067, mwN). |
RV/7105193/2019-RS2 | Ob der Präsenz(Zivil)diener auf Grund einer besonders gelagerten Situation oder durch besonderen Fleiß während der Ableistung seines Dienstes seine Ausbildung an einer Universität auch durch Ablegung von Prüfungen und nicht nur durch die Meldung zur Fortsetzung weiterführt, ist für den Anspruch auf Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) nicht entscheidend (vgl nochmals mwN). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe 10.2018-02.2019 für den Sohn ***2***, geb ***3***, SVN ***4***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte die Rückforderung der Familienbeihilfe für den volljährigen Sohn für die Zeit, während der seinen Präsenzdienst leistete. Die belangte Behörde begründete die Rückforderung dahin, dass "Während der Ableistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes […] keine Berufsausbildung angenommen werden [könne], da die Erfüllung der Wehrpflicht eine Haupttätigkeit darstell[e]."
Strittig ist allein, ob die Beschwerdeführerin (Bf) gegen die Rückforderung deshalb gerechtfertigt ist, weil sie im Zuge einer Überprüfung des Beihilfenanspruchs vom mit Schriftsatz vom , eingelangt bei der belangten Behörde am , als Tätigkeitsnachweis den Bescheid über die Zuweisung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes vom , GZ ***1***, vorgelegt hatte. Darin wurde der Dienstantritt mit dem bestimmt. Aus weiteren Nachweisen ergab sich, dass der Sohn zum Abschluss der achten Klasse eines Gymnasiums eine Wiederholungsprüfung ableben müsse und dann im ersten Nebentermin 2017/18 zur Reifeprüfung antreten dürfe. Auch im erwähnten Schriftsatz erwähnte die Bf den Zivildienst, der am 1. Oktober begonnen hatte und für den der Sohn ebenfalls Prüfungen ablegen müsse. Im amtlichen Formular Beih100 machte die Bf keine Angaben zur Schulausbildung ihres Sohnes.
Mit weiterem Schriftsatz vom reichte die Bf fehlende Dokumente bzw. der Bestätigungen der Schule nach.
Aufgrund der nachgereichten Schulunterlagen gewährte die belangte Behörde die Familienbeihilfe mitsamt Kinderabsetzbetrag.
Am erfolgte eine neuerliche Überprüfung des Beihilfenanspruchs. Im amtlichen Formular gab sie als Ausbildungsstätte an: "ZIVILDIENST, Österreichsiches RK, … GRUNDVERGÜTUNG 339,00/MONAT". Das Formular langte am bei der Behörde ein. Zur Ablegung der Reifeprüfung führte sie darin aus, dass der Sohn zu dieser infolge des Zivildienstes nicht wie geplant habe antreten können. Der Sohn möchte entweder im Herbst 2019 bzw Jänner 2020 nochmals zur Matura antreten oder eine Krankenpflegeschule besuchen.
Sodann erging der gegenständlich angefochtene Rückforderungsbescheid vom , zu dem kein Zustellnachweis vorgelegt wurde.
Elektronischer Schriftsatz
Via Finanzonline brachte die Bf am ein "sonstiges Anbringen" ein und bezeichnete im Betreff die "Buchungsmitteilung vom ". Darin trug sie vor, dass die Buchungsmitteilung keine näheren Angaben, Zeitraum und den Grund für die Rückforderung enthalte. Sie habe immer alle notwendigen Unterlagen vorgelegt, um die Familienbeihilfe weiter beziehen zu können. an. Die Bestätigung über den Zivildient habe sie vorgelegt, woraufhin die Familienbeihilfe bis Feber 2019 vom Finanzamt bewilligt wurde. Leider habe der Sohn trotz aller Bemühungen und Zielstrebigkeit, diese Reifeprüfung nicht bestanden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass er in diesem Zeitraum auch für die Ausbildung zum Sanitäter habe lernen müssen.
Die Bf sehe sich derzeit nicht in der Lage, den ausstehenden Betrag zurückzuzahlen. Sie habe zwei Kredite von insgesamt 55 000 Euro zu bewältigen, Fixkosten von 1074 Euro im Monat, ein überzogenes Konto bei einem Einkommen von rund 1440 Euro netto pro Monat. … Hätten wir vorher gewusst, dass dieser Anspruch - der von ihnen bewilligt wurde - nicht gerechtfertigt ist, hätten wir ihn niemals bezogen. Abschließend bat sie um Aussetzung der Einhebung laut §212a BAO und um eine neuerliche Überprüfung der Ansprüche zu den von ihnen angegebenen Zeiträumen unter Berücksichtigung der genannten Gründe.
Beschwerdevorentscheidung vom
Ergänzend zum angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde aus:
"§ 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) in der geltenden Fassung normiert, dass wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen hat, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist. […]. Die Rückzahlungspflicht für die strittigen Ansprüche stützt sich auf die oben angeführte gesetzliche Bestimmung. Diese normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Geldbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. Verwaltungsgerichtshof (VwGH) vom , 2005/15/0080).
Wie auch schon vom VwGH abgesprochen wurde, ergibt sich aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, ohne Rücksicht darauf, ob die bezogenen Beträge gutgläubig empfangen worden sind."
Vorlageantrag vom
Darin verwehrte sich die Bf gegen den Vorwurf, sie habe die Anspruch zu Unrecht bezogen und hob hervor, dass der belangten Behörde im Zeitpunkt der Bewilligung bekannt war, dass ihr Sohn mit Oktober 2018 den Zivildienst absolvieren werde.
Das Finanzamt fordere in der Regel, dass für die Weitergewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages, der nächstmögliche Termin für die Nachmatura angetreten werden und diese mit einer Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit verfolgt werden müsse. Dies habe ihr Sohn trotz der Einberufung zum Zivildienst auch verfolgt. Die Begründung "während der Ableistung des Zivildienstes kann kein Berufsausbildung angenommen werden, da die Erfüllung der Wehrpflicht eine Haupttätigkeit darstellt", sei widersprüchlich, da jeder, der eine Haupttätigkeit ausübt, sich auch währenddessen fortbilden könne.
Ihr Sohn sei immer bemüht gewesen, bestrebt und mit vollem Einsatz dahinter, für die anstehende Nachmatura zu lernen. Vielmehr sehe sie hier eine Lücke im Familienlastenausgleichsgesetz, nämlich darin, dass wenn Nachmatura und Zivildienst kollidierten. Auf der einen Seite werde gefordert den nächstmöglichen Termin wahrzunehmen oder man sei gezwungen, den Beginn des Zivildienst zu verschieben. Da aber dem Antrag auf FB und KAB stattgegeben wurde, gingen wir davon aus, dass alles seine Richtigkeit habe.
Da das Finanzamt über den Beginn des Zivildienst informiert gewesen sei, dem Antrag und der Auszahlung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrages (bis einschließlich Februar 2019) trotz diesem Wissen stattgegeben habe und es hier zu einer "unrichtigen Auszahlung" geführt hat, könnten ihr Sohn oder sie nicht für diesen Fehler seitens des Finanzamt zur Rechenschaft gezogen werden.
Da die Nachmatura im Jänner 2019 stattgefunden habe, könnten höchstens die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrages für Februar 2019 rückgefordert werden.
Alle nötigen Unterlagen lägen dem Finanzamt bereits vor. Abschließend bat sie nochmals um Überprüfung, mit besonderem Augenmerk rauf, dass dem Finanzamt ab Weitergewährung der Zivildienst bekannt war. Hier werde sich ergeben, dass der Fehler der angeblich zu Unrecht bezogenen Bezüge, nicht bei ihr gelegen sei.
Mit Vorlagebericht vom , in dem die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde beantragte, wurde die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung elektronisch vorgelegt. Die zunächst erfolgte Gewährung erklärte die belangte Behörde dahin, dass die Nachreichung ausschließlich Schulunterlagen betroffen habe.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Beschwerde und Vorlageantrag sind form- und fristgerecht. Die Beschwerde ist aus nachfolgenden Gründen unbegründet.
Es bestehen keine Bedenken, dass die belangte Behörde den elektronischen Schriftsatz vom als Bescheidbeschwerde gewertet hat. Aus dessen Inhalt iVm dem Ansuchen nach § 212a BAO ergibt sich, dass sich die Bf gegen den Rückforderungsbescheid wandte. Erkennbar begehrte sie dessen Aufhebung.
1. Rechtsgrundlagen
§ 1 FLAG 1967 lautet:
"Zur Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie werden die nach diesem Bundesgesetz vorgesehenen Leistungen gewährt."
Gemäß § 2 Abs 1 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder unter den in lit b bis lit l leg.cit. näher bezeichneten Voraussetzungen.
§ 2 Abs 1 lit d bis lit g FLAG 1967 sehen vor:
"d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr nochnicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung desPräsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und den Beginn oderder Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildungzum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- undZivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,
f) für volljährige Kinder, die das 21. Lebensjahr nochnicht vollendet haben, wenn sie
aa) weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch denZivildienst leisten und
bb) bei der regionalen Geschäftsstelle desArbeitsmarktservice als Arbeitsuchende vorgemerkt sind und weder einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, haben noch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes durch das Arbeitsmarktservice erhalten; das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch eine Bestätigung des Arbeitsmarktservice nachzuweisen,
g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,"
§ 10 FLAG 1967 lautet auszugsweise:
"(1) Die Familienbeihilfe wird […] nur auf Antrag gewährt; […].
2. Sachverhalt
Im Rückforderungszeitraum Oktober 2018 bis Februar 2019 absolvierte der volljährige Sohn der Bf den Zivildienst. Nebenbei versuchte er, seine Schulausbildung weiter zu betreiben und die Reifeprüfung im ersten Nebentermin nachzumachen, was ihm nicht gelangt.
Den Umstand, dass der Sohn beginnend mit Oktober 2018 den Zivildienst absolvieren werde, legte die Bf im Zuge einer Überprüfung des Beihilfenanspruchs mit Schriftsatz vom offen und schloss dem Schriftsatz den Bescheid über die Zuweisung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes vom , GZ ***1***, an.
3. Beweiswürdigung
Obiger Sachverhalt ergab sich schlüssig und widerspruchsfrei aus dem Beschwerdevorbringen und der Aktenlage und ist zwischen beiden Parteien unstrittig.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zu Spruchpunkt I.
Die Bf wendet sich erstens gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass ihr für den Sohn von Oktober 2018 bis Februar 2019 wegen der Ableistung des Zivildienstes, der dem Präsenzdienstes gleichzusetzen ist, kein Anspruch auf Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages zusteht und sieht eine "Lücke" im FLAG. Zweitens hält sie der Rückforderung entgegen, dass sie den Zivildienst des Sohnes offengelegt habe und ihr der Fehler der belangten Behörde, die ihr die Familienbeihilfe trotz Kenntnis aller Umstände gewährt hat, nicht angelastet werden könne.
Eine erfolgreiche Berufsausbildung schließt den Präsenz- und Zivildienst als Hinderungsgrund aus (). Ob der Sohn neben dem Zivildienst mit vollem Zeiteinsatz seine Ausbildung vorangetrieben hat und sich um die Nachholung der Matura ernsthaft und zielstrebig bemüht, wurde weder nachgewiesen noch ermittelt. Gegen ein zielstrebiges Bestreben, die Matura ehestmöglich nachzuholen, spricht das im Zuge der zweiten Überprüfung erstattete Vorbringen, dass der Sohn der Sohn zur Matura nicht angetreten ist und der Sohn in seinem Berufsweg unklar war, ob er also entweder im Herbst 2019 bzw Jänner 2020 nochmals zur Matura antreten oder eine Krankenpflegeschule besuchen wolle.
"Nach dem klaren Wortlaut der zitierten lit. d besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die die Berufsausbildung vor Vollendung des 26. Lebensjahres abgeschlossen haben und nicht sofort eine Erwerbstätigkeit aufnehmen können für die Dauer von drei Monaten. Wird dagegen nach Abschluss der Berufsausbildung vor Vollendung des 26. Lebensjahres der Präsenz(Zivil)dienst geleistet, besteht kein Anspruch. Die Leistung des Präsenz(Zivil)dienstes innerhalb der 3-Monats-Frist hebt den Anspruch auf Familienbeihilfe auf. Die lit. e leg. cit. normiert für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz(Zivil)dienstes und den Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz(Zivil)dienstes begonnen oder fortgesetzt wird, den Anspruch auf Familienbeihilfe. Diese Regelung stellt klar, dass die Ableistung des Präsenzdienstes für den Gesetzgeber eine Unterbrechung der Ausbildung des Kindes darstellt. Andernfalls könnte nicht von einer "Fortsetzung der Berufsausbildung" die Rede sein. Nach der lit. f leg. cit. besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn sie arbeitslos gemeldet sind und keine Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten. Dieser Anspruch wird wiederum aufgehoben, wenn sie den Präsenz(Zivil)dienst leisten. Schließlich wird nach der lit. g leg. cit. der Anspruch für volljährige Kinder bis längstens zur Vollendung des 27. Lebensjahres erstreckt, wenn sie in dem Monat, in dem sie das 26. Lebensjahr vollenden, den Präsenz(Zivil)dienst leisten, sofern sie nach der Ableistung dieses Dienstes u.a. für einen Beruf ausgebildet werden; für Kinder, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der im § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorgesehenen Studiendauer. Gemeinsames Element dieser Bestimmungen ist, dass ein Anspruch normiert wird, der aber durch die Ableistung des Präsenz(Zivil)dienstes aufgehoben wird (lit. d, f) bzw. nach Ableistung des Präsenz(Zivil)dienstes - unter bestimmten weiteren Voraussetzungen - weiterbesteht. Aus diesem Regelungswerk des § 2 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich einerseits der Grundsatz, dass während der Ableistung des Präsenz(Zivil)dienstes kein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder besteht und andererseits die Ableistung dieses Dienstes eine Unterbrechung der Ausbildung des Kindes darstellt" (nochmals ).
Der Beschwerdefall 2004/1Präsenz(Zivil)dienstes 5/0103 betraf wie der vorliegende Fall die Kollision von Berufsausbildung und Präsenz(Zivil)dienst und ist daher auf im konkreten Fall einschlägig. Die von der Bf vermutete Lücke besteht daher nicht.
Nach dem zitierten VwGH-Erkenntnis könnte selbst eine erfolgreiche Ablegung Reifeprüfung im konkreten Fall der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Die Bf hat im Zuge der zweiten Überprüfung überdies angegeben, dass der Sohn eine Grundvergütung von monatlich EUR 339,00 bezogen hat. Während des Zivildienstes muss die Einrichtung dem Zivildienstleistenden darüber hinaus eine angemessene Verpflegung in Form von Naturalverpflegung zur Verfügung stellen. Wenn diese nicht oder nur teilweise möglich ist, ist ein Verpflegungsgeld gemäß der Verpflegungsverordnung zu leisten. Der Zivildienstleistende ist weiters bei der Gesundheitskasse (ÖGK) in dem Bundesland versichert, in dem er seinen Hauptwohnsitz hat. Das Beitragskonto wird von der Zivildienstserviceagentur beantragt. Diese Geldleistung der öffentlichen Hand liegt über dem Gesamtbetrag von Familienbeihilfe und KAB für ein volljähriges Kind und die weiteren Leistungen kommen noch hinzu.
Die Erfüllung des Zivildienstes ist ein Ersatzdienst für die Wehrpflicht, die für männliche Staatsbürger verfassungsrechtlich angeordnet wird (Art 9a B-VG) und in Lehre und Rechtsprechung werden Präsenzdienst und Zivildienst gleichgesetzt und gleichmäßig entschieden.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes will die Familienbeihilfe den Unterhaltsbelasteten entlasten und den Mindestunterhalt des Kindes sichern (vgl etwa , und Mair, Österreichische Richterzeitung 2006, 162). Dieser Normzweck ergibt sich aus § 1 FLAG 1967. Mit der monatlichen Grundvergütung wurde des Sohn während der Zeit beim Zivildienst von der öffentlichen Hand ausreichend versorgt. Eine Belastung der Bf mit Unterhaltsleistungen für ihren Sohn, während er den Zivildienst leistete, besteht daher nicht. Für die Zeit des Zivildienstes bestehen grundsätzlich auch keine Ansprüche nach den sozialrechtlichen Bestimmungen (vgl , und JBl 1973, 539). Es besteht daher keine Veranlassung, von der in ständiger Rechtsprechung von den Höchstgerichten vertretenen Auffassung, dass die Ableistung des Zivildienstes den Anspruch auf Familienbeihilfe für ein volljähriges Kind beseitigt, abzugehen (vgl. nochmals VwGH 98/13/0067, mwN).
Ob der Präsenz(Zivil)diener auf Grund einer besonders gelagerten Situation oder durch besonderen Fleiß während der Ableistung seines Dienstes seine Ausbildung an einer Universität auch durch Ablegung von Prüfungen und nicht nur durch die Meldung zur Fortsetzung weiterführt, ist für den Anspruch auf Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) nicht entscheidend (vgl nochmals mwN).
Durch die Verwendung des kombinierten Begriffes "Präsenz(Zivil)diener" im Erkenntnis , das den Fall eines Präsenzdieners betraf, ergibt sich, dass diese höchstgerichtlichen Ausführungen auch auf den Zivildiener übertragbar sind.
Bleibt zu prüfen, ob der Bf gegen die Rückforderung gerechtfertigt war.
Zunächst ist zu sagen, dass das Beihilfenverfahren ein Antragsverfahren ist. Es liegt daher am Antragsteller, nachzuweisen, dass er den Beihilfenanspruch erfüllt. Aufgrund der Entscheidung des , die im Zeitpunkt der ersten Überprüfung bereits vorlag, hätten die belangte Behörde und die Bf bereits wissen können, dass eine Doppeltragung der Unterhaltslasten durch die öffentliche Hand für einen volljährigen Sohn, der den Präsenz(Zivil)dienst leistet, einerseits durch die Grundvergütung und daneben durch Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, ausgeschlossen ist. Da es nach dem zitierten VwGH-Erkenntnis auf einen Ausbildungserfolg weiters nicht ankam, war bereits im Zeitpunkt der ersten Überprüfung Entscheidungsreife gegeben. Feststellungen zum Schulbesuch hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht getroffen.
Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, kommt es laut ständiger Rechtsprechung des VwGH auf ein subjektives Verschulden, wodurch und von wem die irrtümliche Gewährung der Familienbeihilfe ausgelöst wurde, nicht an.
"[§ 26 FLAG 1967] normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich" (VwGH 29.04.2024E, Ra 2024/16/0020 mHa 904/62; ). Zu Unrecht bezogen bedeutet allein, dass die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren, was im Beschwerdefall der Fall war.
Bemerkt wird, dass die Familienbeihilfe kein öffentlicher Beitrag zu den allgemeinen Haushaltskosten darstellt. Gemäß dem Normzweck des § 1 FLAG hat die Familienbeihilfe dem Kind zu Gute zu kommen.
4.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Falllösung konnte sich das BFG auf eine gesicherte Rechtsprechung des VwGH stützen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. d bis g FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 9a B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7105193.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
GAAAF-48455