Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde mangels Säumnis
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Ralph Trischler, Puchsbaumplatz 2/5+6, 1100 Wien, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich betreffend Entscheidung über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom mit dem der Antrag vom auf Gewährung von Familienbeihilfe ab April 2022 abgewiesen worden war, beschlossen:
Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 284 Abs. 7 lit. b BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
§ 284 BAO lautet auszugsweise:
(1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.
(2) Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.
(3) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.
(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die Abgabenbehörde, deren Säumnis geltend gemacht wird.
(7) Sinngemäß anzuwenden sind
…………
b) § 260 Abs. 1 lit. a
Gemäß § 260 Abs. 1 lit.a BAO ist eine Beschwerde zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Der Beschwerdeführer (Bf.) ***1*** hat mit Eingabe vom , eingelangt beim Bundesfinanzgericht am , gemäß § 284 Abs. 1 BAO eine Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Entscheidung über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom , mit dem der Antrag vom auf Gewährung von Familienbeihilfe ab April 2022 abgewiesen worden war, erhoben.
Der belangten Behörde wurde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom gemäß § 284 Abs. 2 BAO aufgetragen, innerhalb von drei Monaten-somit bis spätestens -ab Einlangen der Beschwerde den säumigen Bescheid zu erlassen und eine Abschrift der Entscheidung vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Pflicht zur Erlassung des Bescheides nicht oder nicht mehr vorliegt.
Die belangte Behörde teilte in einer Stellungnahme vom auszugsweise folgendes mit:
…………
Am ging bei der Behörde ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe sowie ein Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrags zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung ein.
…………………
Am wurden die Anträge vom mit je einem eigenen Bescheid abgewiesen. Die Bescheide wurden in die Databox zugestellt.
Am ging bei der Behörde eine Säumnisbeschwerde sowie eine Beschwerde wegen dem Antrag auf Erhöhungsbetrag verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein.
…………………..
Gemäß § 284 Abs 1 BAO kann eine Partei Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wenn die Abgabenbehörde Bescheide nicht innerhalb von sechs Monaten ab Einlangen von Anbringen bekanntgibt.
Die Sechsmonatsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt des Einlangens des Anbringens (Ritz/Koran, BAO7 § 284 BAO Rz 4).
Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde gegen den Bescheid gleichzeitig mit der Säumnisbeschwerde bei der belangten Behörde eingebracht. Dies fand laut Eingangsstempel am statt. Eine frühere Einbringung der Beschwerde ist nicht erfolgt.
Es sind keine sechs Monate seit Einbringung eines Anbringens verstrichen. Die Behörde hat ihre Entscheidungspflicht nicht verletzt."
Dieses Schreiben wurde dem Bf. bzw. dessen Erwachsenenvertreter mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom zur Kenntnis gebracht und darauf hingewiesen, dass die Säumnisbeschwerde aus derzeitiger Sicht zurückzuweisen sein werde. Dem Bf. wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme bis eingeräumt.
Der Erwachsenenvertreter teilte per E-Mail an das Bundesfinanzgericht vom folgendes mit:
Ich habe versucht, eine Nachforschung bei der Post zu beauftragen, um die Angaben der belangten Behörde verifizieren zu können. Ich wurde jedoch unter gleichzeitiger Ablehnung jeder Haftung von der Post informiert, dass eine derartige Nachforschung nur sechs Monate nach der Postaufgabe möglich wäre. Zu diesem Zeitpunkt war mir aber nicht der mal noch bekannt, dass meine am per Einschreiben versandte Beschwerde (vermeintlich) nicht bei der belangten Behörde eintraf.
Zusammengefasst habe ich daher keine Möglichkeit, die Angaben der belangten Behörde weiter zu überprüfen. Eine weitere Stellungnahme ist daher entbehrlich und ersuche ich, aufgrund der Aktenlage zu entscheiden.
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Dies gilt auch für das Bundesfinanzgericht.
Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB. ), Ritz, BAO6, § 167 Tz 8).
Wie dem Bf. bereits im Anschreiben vom mitgeteilt, erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders.
Wörtlich spricht der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2016/13/0039 u.a. aus:
"Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders erfolgt. Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft den Absender. Dafür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht aus (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2008/13/0149, auf welches der angefochtene Beschluss ebenfalls verweist; nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus dem in der Zulässigkeitsbegründung der Revision angesprochenen Erkenntnis vom , 2002/13/0165, VwSlg 8109/F, in dem die erwähnten Grundsätze nur auf die Übermittlung im Wege der elektronischen Datenverarbeitung übertragen wurden). Folglich wird mit der - unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgetragenen - Rüge, das Bundesfinanzgericht habe der Revisionswerberin hinsichtlich der Frage der erfolgten (rechtzeitigen) Postaufgabe nicht ausreichend Gehör gewährt, kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt."
Die belangte Behörde hat glaubwürdig dargestellt, dass die Beschwerde hinsichtlich deren Erledigung der Bf. Säumnis geltend gemacht hat, nicht vor dem , dem Datum der Einbringung der Säumnisbeschwerde, bei der belangten Behörde, ebendort einlangte.
Der Bf. konnte trotz der ihn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes treffenden Nachweispflicht hinsichtlich des rechtzeitigen Einlangens der Beschwerde diesbezüglich keinen tauglichen Nachweis erbringen.
Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass das Anbringen hinsichtlich dessen Säumigkeit behauptet wird, gleichzeitig mit der gegenständlichen Säumnisbeschwerde am bei der belangten Behörde eingebracht wurde.
Da somit die behauptete Säumnis nicht vorliegt, war die Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 7 lit. b BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Zulässigkeit der Zurückweisung der Säumnisbeschwerde ergibt sich einerseits aus den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung und andererseits aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Beweislast für das rechtszeitige Einlangen eines Anbringens bei der Behörde. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 284 Abs. 7 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RS.7100274.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
HAAAF-48446