VwGH 03.12.2020, Ro 2020/18/0004
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat, muss die Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion inne hat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor. Die Darstellung der Amtssignatur (§ 19 Abs. 3 E-GovG 2004) ersetzt nicht die Genehmigung, vielmehr ist darin lediglich die Urheberschaft der Behörde dokumentiert (vgl. ). Diese zur wirksamen Erlassung von Erledigungen einer Verwaltungsbehörde gemäß § 18 Abs. 3 AVG angestellten Überlegungen sind mangels abweichender Regelungen im VwGVG 2014 ebenso für die Erlassung von Entscheidungen eines VwG maßgeblich (§ 17 VwGVG 2014). |
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RS 2 | Im vorliegenden Fall ist aus dem Akt des BVwG klar ersichtlich, dass keine richterliche Genehmigung für die neuerliche Erlassung einer mit dem - vom VwGH bereits aufgehobenen - Erkenntnis des BVwG identen Entscheidung erfolgt ist. Vielmehr wurde zu einem späteren Zeitpunkt - unter Anbringung einer Amtssignatur mit diesem Datum - irrtümlich und ohne eine richterliche Genehmigung das Erkenntnis des BVwG erneut abgefertigt. Damit wurde kein verwaltungsgerichtliches Erkenntnis wirksam erlassen. Ist aber ein Erkenntnis eines VwG nicht rechtswirksam erlassen worden, hat eine dagegen erhobene Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG der Zurückweisung mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zu verfallen (vgl. , mwN). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W147 1306574-2/18E, betreffend eine Asylangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Z G), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte ist ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, dem in Österreich im Jahr 2009 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.
2 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom wurde dem Mitbeteiligten der Status des Asylberechtigten aberkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei, und gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.
3 Mit Erkenntnis vom gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der gegen den Aberkennungsbescheid des BFA erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten statt, hob diesen Bescheid ersatzlos auf und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
4 Aufgrund einer dagegen gerichteten Amtsrevision hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2018/01/0014, diese Entscheidung des BVwG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf.
5 Am übermittelte das BVwG - aus der Aktenlage erkennbar irrtümlich - den Verfahrensparteien im Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs bzw. über einen elektronischen Zustelldienst neuerlich das Erkenntnis vom , versehen mit einer Amtssignatur, die mit datiert ist.
6 Mit Erkenntnis vom , den Verfahrensparteien zugestellt am 28. bzw. , gab das BVwG der Beschwerde des Mitbeteiligten wiederum statt und hob abermals den Bescheid des BFA vom ersatzlos auf.
7 Die vorliegende ordentliche Amtsrevision wendet sich gegen das Erkenntnis des BVwG „vom [...] (Amtssignatur vom , zugestellt am )“. Sie erweist sich als nicht zulässig.
8 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist, Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Vorweg ist festzuhalten, dass das Erkenntnis des BVwG vom durch das hg. Erkenntnis vom , Ro 2018/01/0014, gemäß § 42 Abs. 3 VwGG mit „ex-tunc“-Wirkung aufgehoben wurde. Das bedeutet, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. ).
10 Im vorliegenden Fall erweist sich als entscheidungsrelevant, ob das BVwG mit der neuerlichen Übermittlung des Erkenntnisses vom am an die Verfahrensparteien unter Anbringung einer mit datierten Amtssignatur ein Erkenntnis erlassen hat, das Anfechtungsgegenstand einer Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof sein kann.
11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat, die Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion inne hat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor. Die Darstellung der Amtssignatur (§ 19 Abs. 3 E-GovG) ersetzt nicht die Genehmigung, vielmehr ist darin lediglich die Urheberschaft der Behörde dokumentiert (vgl. ). Diese zur wirksamen Erlassung von Erledigungen einer Verwaltungsbehörde gemäß § 18 Abs. 3 AVG angestellten Überlegungen sind mangels abweichender Regelungen im VwGVG ebenso für die Erlassung von Entscheidungen eines Verwaltungsgerichtes maßgeblich (§ 17 VwGVG).
12 Im vorliegenden Fall ist aus dem Akt des BVwG klar ersichtlich, dass im Mai 2020 keine richterliche Genehmigung für die neuerliche Erlassung einer mit dem - vom Verwaltungsgerichtshof bereits aufgehobenen - Erkenntnis des BVwG vom identen Entscheidung erfolgt ist. Vielmehr wurde am - unter Anbringung einer Amtssignatur mit diesem Datum - irrtümlich und ohne eine richterliche Genehmigung das Erkenntnis des BVwG vom erneut abgefertigt. Damit wurde nach dem oben Gesagten kein verwaltungsgerichtliches Erkenntnis wirksam erlassen.
13 Ist aber ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts nicht rechtswirksam erlassen worden, hat eine dagegen erhobene Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG der Zurückweisung mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zu verfallen (vgl. , mwN).
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020180004.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-48219